Eine Hernie, oft als Bruch bezeichnet, entsteht durch eine Schwachstelle in der Bauchwand, durch die Bauchfell und/oder innere Organe hervortreten können. Aus medizinischer Sicht handelt es sich um das Hervortreten von Gewebe oder Organen aus ihrer normalen anatomischen Position.
Leistenbruch (Leistenhernie)
Mehr als jeder vierte Mann erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Leistenhernie, die gehäuft im Kindesalter sowie bei Männern über 65 Jahren auftritt. Im Vergleich dazu haben Frauen eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, eine Leistenhernie zu entwickeln. Dies ist auf anatomische Unterschiede in Bezug auf den Leistenkanal zwischen den Geschlechtern zurückzuführen.
Weitere Faktoren, die zur Entstehung eines Leistenbruchs beitragen können, ist eine entsprechende familiäre Veranlagung, Rauchen, schwere Lungenerkrankungen sowie eine, insbesondere im Alter zunehmende Bindegewebsschwäche.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose einer Leistenhernie erfolgt durch eine gründliche körperliche Untersuchung durch eine Spezialistin oder einen Spezialisten. Eine beidseitige Untersuchung ist dabei unerlässlich, da bei jedem 10. Patienten sowohl links- als auch rechtsseitig eine Hernie nachgewiesen werden kann.
«Nicht jeder Leistenbruch erfordert einen sofortigen chirurgischen Eingriff», erklärt Dr. Sattler. Während bei Frauen eine Operation aufgrund des erhöhten Komplikationsrisikos meist notwendig ist, ist bei Männern eine differenzierte Betrachtung erforderlich. «Verursacht der Bruch keine oder nur geringe Beschwerden, kann unter strenger individueller Risikoabwägung und ausführlicher Aufklärung ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt sein», so der Arzt.
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Therapeutisch wird eine Anpassung des Lebensstils empfohlen, um zusätzlichen Druck auf die Bauchwand zu vermeiden. Reichen konservative Massnahmen nicht aus oder verursacht die Leistenhernie Beschwerden, ist eine operative Therapie unumgänglich. Die häufigsten Gründe für eine Operation sind lokale Beschwerden mit ziehenden Schmerzen im Leisten- oder Genitalbereich, ein Fremdkörpergefühl oder eine störende Vorwölbung.
Wichtig ist, dass mögliche Komplikationen der Erkrankung nicht vernachlässigt werden. So kann es bei Anspannung der Bauchdecke, beispielsweise durch Husten, zu einer Einklemmung des Bruchsackinhalts kommen, was äusserst schmerzhaft sein kann. Ist dabei der Darm betroffen, kann es zu einem Darmverschluss oder durch Abschnürung der versorgenden Gefässe zu einer Minderdurchblutung («Strangulation») bis zum Absterben des betroffenen Darmabschnitts kommen.
Operationsmethoden
Die meisten Leistenhernienoperationen werden ambulant durchgeführt. Die Planung der Operation erfordert ein ausführliches ärztliches Gespräch. Dabei werden die Beschwerden, die persönlichen Erwartungen und die Lebensqualität der Patientin oder des Patienten besprochen. «Bei beidseitigen Leistenbrüchen oder bei Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten ist in der Regel ein stationärer Aufenthalt von einer Nacht erforderlich», so der Arzt.
Prinzipiell kann ein Leistenbruch offen oder minimal-invasiv operiert werden. Zu den minimal-invasiven Verfahren zählen die Laparoskopie und die roboter-assistierte Operation, die in spezialisierten Zentren wie im Kantonsspital Aarau durchgeführt wird. «Selbst bei älteren Patientinnen und Patienten ist eine Leistenbruchoperation möglich - und zwar unter lokaler Betäubung. Eine Vollnarkose ist nicht notwendig», betont Dr. Sattler.
Die Phase nach der Operation ist entscheidend für den Erfolg der Behandlung von Leistenbrüchen. Eine sorgfältige Nachsorge und Rehabilitation tragen dazu bei, mögliche Komplikationen zu minimieren und die Genesung zu beschleunigen. Nach der Operation wird eine körperliche Schonung für etwa 2 Wochen empfohlen.
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Nabelbruch (Nabelhernie)
Beim Erwachsenen sind Nabelhernien oder Nabelbrüche relativ häufig zu beobachten. Wie bei allen Bauchwandhernien handelt es sich um eine Schwäche oder sogar um einen Defekt in der Bauchdecke, durch welchen Bauchinhalt austreten kann. Oft haben die Betroffenen keine oder nur wenig Beschwerden, die Operation wird aber vor allem bei grösseren Hernien immer empfohlen.
Operationsmethoden beim Nabelbruch
Bei einer Nabelbruch-OP verschliessen Chirurgen die Lücke in der Bauchwand im Rahmen einer Operation. Hierfür kommen zwei verschiedene Operationsmethoden in Frage: eine konventionelle, offene Operation oder ein endoskopischer Eingriff (laparoskopische oder minimalinvasive Operation).
Bei einer Nabelbruch-OP wird der Patient in der Regel in Vollnarkose versetzt. Je nach Lebensalter sowie Grösse des Nabelbruchs reicht es manchmal aber auch aus, den Patienten während der Operation in einen Dämmerschlaf zu versetzen (Analgosedierung).
Endoskopische Nabelbruch-OP
Bei der endoskopischen oder geschlossenen Operation operiert der Chirurg nach der sogenannten Schlüssellochmethode (laparoskopische Nabelbruch-OP). Er setzt nur kleine Schnitte seitlich an der Bauchdecke, über die er seine feinen Instrumente einführt. Mit ihnen wird der Inhalt des Bruchsacks zurück in die Bauchhöhle gebracht und die Bruchpforte verschlossen.
Eine laparoskopische Nabelbruch-OP ist ein schonendes Verfahren: Es bestehen hinterher weniger Schmerzen als nach einer offenen Operation. Zudem ist das Risiko für Wundinfektionen geringer, und die Patienten sind schneller wieder körperlich belastbar.
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Offene Nabelbruch-OP
Bei einer konventionellen, offenen Nabelbruch-Operation gibt es verschiedene Herangehensweisen. Welche davon zum Einsatz kommt, richtet sich unter anderem danach, wie gross die zu schliessende Lücke in der Bauchwand ist.
Bei einem kleinen, unkomplizierten Bruch setzt der Operateur einen bogenförmigen Schnitt um den Nabel herum, löst den Bruchsack vom Hautnabel ab, schiebt ihn zurück und trägt ihn anschliessend ab. Dann verschliesst er die Öffnung des Bruchs (Nabelbruchpforte) mit einer Naht. Den Hautschnitt vernäht er mit speziellen Nahttechniken, sodass danach nur eine kaum sichtbare Narbe bleibt.
Bei sehr grossen Hernien oder wiederholt auftretenden Brüchen ist es sinnvoll, zusätzlich ein Kunststoffnetz einzunähen. Es stabilisiert die Bauchwand und beugt erneuten Nabelbrüchen vor.
Mögliche Komplikationen der Nabelbruch-OP
Wie bei jeder Operation besteht bei der Nabelbruch-OP die Gefahr, dass sich Blutergüsse (Hämatome) oder Serome (Flüssigkeitsansammlungen) bilden. Bei kleineren Blutergüssen helfen zum Beispiel kühlende Kompressen. Grössere Blutergüsse, die sich schnell nach der Nabelbruch-OP entwickeln, werden operativ entfernt. Das beschleunigt den Heilungsverlauf.
Serome treten häufiger auf, wenn ein Plastiknetz zur Stabilisierung vernäht wurde. Kleinere Flüssigkeitsansammlungen werden vom Körper aufgenommen. Grössere Serome punktiert der Arzt mithilfe von Ultraschall mit einer Nadel und löst sie damit auf.
Eine weitere mögliche Komplikation ist eine Wundinfektion. Das Infektionsrisiko ist bei einer offenen Operation grösser als bei einer geschlossenen. Wundinfektionen sind immer eine Gefahr für die Haltbarkeit der Bauchwandnaht. Eventuell wird der Arzt die Naht wieder eröffnen, um die Infektion frühzeitig zu begrenzen. Zudem kommen Antibiotika zum Einsatz.
Allgemeine Verhaltensweisen nach einer Hernien-OP
Die Zeit direkt nach der Operation ist für eine erfolgreiche Heilung essentiell. Hier sind einige allgemeine Verhaltensweisen, die nach einer Hernien-OP beachtet werden sollten:
- Körperliche Schonung: Nach der Operation wird eine körperliche Schonung für etwa 2 Wochen empfohlen.
- Aufstehen und Bewegen: Meist ist es möglich, dass Sie bereits einige Stunden nach der Operation wieder aufstehen - das wird auch empfohlen, um einer Thrombose vorzubeugen.
- Ernährung: Bereits kurz nach der Operation kann der Patient leichte Kost zu sich nehmen. Ausserdem ist es wichtig, viel zu trinken.
- Verstopfung vermeiden: Beugen Sie Verstopfung vor und achten Sie darauf, dass der Stuhl ausreichend weich ist, um zu starkes Pressen auf der Toilette zu vermeiden.
- Alltag: In der Regel starten Sie nach ein paar Tagen wieder in den Alltag. Vermeiden Sie starke körperliche Belastung, und reizen Sie nie ihre Schmerzgrenze aus.
- Heben von Lasten: Heben Sie in den ersten zwei Wochen nach der Operation keine Lasten, die schwerer als zehn Kilogramm sind, in den ersten sechs Wochen nicht schwerer als 30 Kilogramm.
- Krankmeldung: Wie lange Sie krankgeschrieben werden müssen und wann Sie wieder arbeitsfähig sind, ist abhängig von Ihrem Zustand, aber auch von Ihrem Beruf. Körperlich anstrengende Tätigkeiten bleiben besser noch etwas länger ruhen. Im Durchschnitt sind Patienten nach einer offenen Hernien-Operation nach zwei bis sechs Wochen wieder im Einsatz. Grundsätzlich gilt, dass Patienten nach endoskopischen Eingriffen schneller wieder mobil sind als nach offenen Operationen.
- Körperliche Belastbarkeit: Auch die Frage, wie schnell jemand nach einer Nabelbruch-OP wieder körperlich belastbar ist, hängt vom Einzelfall ab. Der behandelnde Arzt wird dem Patienten hierzu individuelle Tipps geben. Im Allgemeinen ist es so, dass eine verheilende Naht erst nach drei bis vier Monaten stabil ist. Bei kleinen Nabelbrüchen sind leichte körperliche Aktivitäten etwa drei Wochen nach der Nabelbruch-OP möglich.
Wenn bei der Nabelbruch-OP ein Kunststoffnetz eingenäht wurde, ist dieses nach 24 bis 72 Stunden weitgehend stabil und nicht mehr verschiebbar.
Schmerzen nach der Operation
Um Schmerzen nach der Operation zu lindern, kommen Schmerzmittel und kühlende Auflagen zum Einsatz. Wie lange die Schmerzen andauern und wie stark sie sind, ist von Patient zu Patient verschieden. Spätestens wenn die Wunde vollständig verheilt ist, sind auch die Schmerzen abgeklungen.
Komplikationen und Risiken
Probleme nach Hernien-OPs sind relativ selten. Mögliche Risiken sind aber zum Beispiel:
- Blutungen und blaue Flecken (Blutergüsse)
- Ansammlung von Gewebsflüssigkeit (Serom)
- Schmerzen
- Nervenschäden (an der Haut, in der Leistenbruch-OP-Region, beim Einsetzen des Netzes)
- Wundheilungsstörungen
- Wundinfektion
- Ausbildung einer Hydrozele (Wasserbruch)
- Verletzung von Strukturen in der Leistenregion
Um eine Infektion zu verhindern, kann der Arzt Antibiotika verschreiben.
Langzeitverlauf
Ein Monat nach der Operation sind leichte z.T. ziehende Beschwerden noch möglich. Diese haben aber eine sehr schwache Intensität und verschwinden mit der Zeit. Die unangenehmste Komplikation nach Bruchoperation ist sicher die Rezidivhernie, das heisst die Ausbildung einer neuen Hernie auf der gleichen, bereits operierten Seite.
Nach Implantation eines Kunststoffnetzes kann dies nur dann auftreten, wenn das Netz am Rand aufgerollt resp. das ganze Netz verschoben ist und damit ein Teil der Bruchlücke nicht mehr bedeckt ist. Dies kommt aber nur in etwa 3-5 % der Fälle vor.
Aus diesem Grund wird den Patienten dringend empfohlen, sich während zwei Wochen sich konsequent zu schonen. Falls wegen einer Rezidivhernie eine erneute Operation nötig wird, muss nach einfacher Naht ein Netz implantiert werden. Wenn primär offen operiert wurde, wird die Reoperation laparoskopisch durchgeführt.