Wie eine Zeitbombe können sich verengte Blutgefässe am Herzen oder an der Halsschlagader verhalten: Verschliesst sich das Gefäss komplett, droht Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Hintergrundinformationen
Seit Kardiologen vor über 20 Jahren auf die Idee kamen, verstopfte Gefässe mit einem über die Leiste eingeführten Ballonkatheter aufzuweiten und mit einem Metallgitter (Stent) zu stützen, führen Ärzte diesen Eingriff jährlich an Tausenden von Patienten durch. Viele glauben, Stents seien schonender als eine Operation, weil der Arzt den Katheter in lokaler Betäubung über eine Arterie in der Leiste einführt.
«Beide Studien zeigen, dass herkömmliche Operationen einen wichtigen Platz haben und bestimmte Patienten damit weniger Komplikationen haben oder seltener sterben als nach einer Stent-Einlage», sagt Ludwig von Segesser, Direktor der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie an der Uniklinik in Lausanne (CHUV).
Stent vs. Operation bei Carotisstenose
Besonders riskant scheint der Stent als Alternative zur Operation an der Halsschlagader zu sein: In der Carotis-Studie zeigen die Harvard-Forscher, dass Patienten nach einer Stent-Einlage ein höheres Risiko als Operierte hatten, innert eines Monats einen Schlaganfall zu bekommen oder zu sterben. Während es bei den Operierten ungefähr 4 von 100 waren, waren es bei denen mit Stent 6 von 100.
Auch nach durchschnittlich drei Jahren war das Risiko immer noch etwas höher. Ausserdem verschloss sich bei dreimal mehr Stent-Patienten das Gefäss nach dem Eingriff wieder - genau das soll der Stent eigentlich verhindern.
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«Als Carotis-Stents aufkamen, haben die Hersteller das extrem positiv verbreitet», sagt Lorenz Gürke, Gefässchirurg am Unispital Basel. «Jetzt gibt es aber klare Daten, dass die Operation oft besser ist.» Der Eingriff sei längst nicht so gross, wie viele sich vorstellten. «In der Regel brauchen wir nicht einmal eine Vollnarkose, sondern können in lokaler Betäubung operieren.»
Ein Problem der Operation bleiben allerdings Nervenverletzungen, die zu einer Lähmung von Gesichts- oder Zungenmuskeln führen können. Diese traten in der Harvard-Studie bei den Operierten häufiger auf. «Diese Lähmungen verschwinden aber meist nach einer Weile von selbst», verspricht Gürke. Ein weiterer Nachteil der Operation könnten Herzprobleme sein: Die Operierten bekamen in der Studie etwas häufiger einen Herzinfarkt.
Einen Stent empfiehlt er nur in besonderen Fällen, zum Beispiel wenn ein Patient im Halsbereich operiert oder bestrahlt wurde oder er zu krank für eine Operation ist.
Herzstudie
Die Herzstudie zeigt, dass vor allem Patienten mit schwerer Krankheit von einer Operation profitieren: Waren bei einem Patienten alle drei Herzkranzgefässe gleichzeitig verengt oder befand sich die Engstelle in der grossen linken Hauptstammarterie, bekamen Operierte weniger häufig einen Herzinfarkt als Patienten mit Stent. Ausserdem mussten sie seltener noch einmal operiert werden, weil sich das Gefäss wieder verschlossen hatte.
Unbestritten besser sei der Stent aber bei einem akuten Verschluss, zum Beispiel bei einem Herzinfarkt.
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Obwohl diese Entscheidungskriterien bei Verengungen der Herzkranzgefässe schon länger definiert sind, fehlen solche Regeln bisher für Operationen an der Halsschlagader.
Klare Kriterien sind vor allem wichtig für Patienten ohne Beschwerden, bei denen Ärzte die Verengung zufällig entdecken. «Hier richteten wir uns bisher meist danach, wie sehr die Halsschlagader eingeengt ist», sagt Schroth. «Inzwischen wissen wir aber, dass dies vermutlich kein sehr verlässliches Kriterium ist.» Viel wichtiger könnte die Hirndurchblutung sein.
Weitere Gefässerkrankungen
- Aneurysma: Ein Aneurysma entsteht durch eine Gefässerweiterung der Arterien, vor allem der Hauptschlagader (Aorta).
 - Diabetisches Fusssyndrom: Wer seit vielen Jahren an Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) leidet, hat das Risiko, am diabetischen Fusssyndrom zu erkranken.
 - Chronische Wunden: Wenn Wunden nicht oder nur schlecht heilen, dann sind die natürlichen Heilmechanismen der Haut und der Schleimhäute gestört.
 - Fettstoffwechselstörung: Eine sogenannte Lipidstoffwechselstörung führt zu erhöhten Fettanteilen im Blut, beispielsweise Cholesterin.
 - Hirnschlag: Zu einem Hirnschlag bzw. einem Schlaganfall (Carotis-Stenose) kommt es, wenn die Durchblutung der Halsschlagader gestört ist.
 - Raynaud-Syndrom: Das Raynaud-Syndrom ist eine funktionelle Durchblutungsstörung.
 - Schaufensterkrankheit (PAVK): Müssen Sie beim Gehen immer wieder stehen bleiben, weil Ihre Beine schmerzen?
 - Verschlossene Nierenarterien & Bluthochdruck: Wenn Nierenarterien oder ihre Äste verkalken und sich dadurch ganz oder teilweise verschliessen, führt dies bei den Betroffenen zu einem erhöhten Blutdruck (Hypertonie).
 
Neurochirurgische Aspekte
Das Gehirn und das Rückenmark, auch das «zentrale Nervensystem» genannt, steuern beinahe alle Funktionen im Körper.
Vaskuläre Neurochirurgie
Die vaskuläre Neurochirurgie ist eine Subspezialisierung der Neurochirurgie, welche sich mit Erkrankungen von Hirngefässen befasst und diese behandelt.
Aneurysma
Ein Aneurysma ist eine sackartige Ausstülpung, welche durch eine Gefässwandschwäche entsteht. Die dünnhäutige Wand eines Aneurysmas kann reissen und eine lebensgefährliche Blutung im Gehirn verursachen (Subarachnoidalblutung), was zu Symptomen wie heftigen, plötzlich auftretenden Kopfschmerzen, neurologischen Ausfällen wie Lähmung oder sogar zum Koma führen kann.
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Arteriovenöse Malformationen (AVM)
Verschlingungen und Kurzschlüsse von Gefässen werden als arteriovenöse Malformationen (AVM) bezeichnet.
Kavernome
Kavernome (kavernöse Hämangiome) sind in der Regel erworbene Gefässmissbildungen des Gehirns.
Hirnschlag
Ein Hirnschlag tritt auf, wenn die Sauerstoffzufuhr des Gehirns unterbrochen wird.
Carotisstenose
Eine Carotisstenose wird als Einengung der Halsschlagader (Carotis) bezeichnet. Ziel der Behandlung bei Nachweis einer Carotisstenose ist die Vermeidung eines Hirnschlags.
Schädelhirntrauma
Ein Schädelhirntrauma umschreibt die Verletzung des Schädels und der Gehirnstrukturen, meist verursacht durch Unfälle oder auch tätliche Angriffe.
- Epidurale Blutung: Es handelt sich um eine Blutung zwischen Knochen und harter Hirnhaut (Dura).
 - Akute subdurale Blutung: Es handelt sich um eine frische Blutung zwischen harter Hirnhaut (Dura) und Hirnoberfläche.
 - Chronische subdurale Blutung: Es handelt sich um eine alte Blutung zwischen harter Hirnhaut (Dura) und Gehirn, welche sich langsam über mehrere Wochen ansammelt und oft erst im Verlauf zu Symptomen führen kann.
 - Intrazerebrale Blutung (Kontusionsblutung): Es handelt sich um Blutungen direkt im Hirngewebe.
 - Scherverletzungen des Gehirns: Auch «diffuse axonal injury» oder «shearing injuries» genannt, sind eine Spezialform des Schädelhirntraumas mit einer relativ schlechten Prognose.
 - Schädelfrakturen: Im Rahmen von Schädelhirnverletzungen sind Schädelkalottenbrüche, auch Schädelfrakturen genannt, nicht selten.
 
Hirntumore
Abnormales Gewebe, welches durch unkontrollierte Zellspaltung wächst und das umgebende Gewebe beschädigt, wird als Tumor bezeichnet.
Gliome
Gliome sind die häufigsten hirneigenen Tumore bei Erwachsenen. Sie entwickeln sich aus dem Stützgewebe (Gliazellen) des Nervensystems.
Behandlung der Carotisstenose
Die Verengungen der Halsschlagadern lassen sich auf zweierlei Arten behandeln: mit oder ohne Eingriff. Beide Therapien zielen darauf ab, das Risiko eines Schlaganfalls zu senken.
Am USZ wird die Erstabklärung von symptomfreien Patientinnen und Patienten in der Regel in der Klinik für Angiologie durchgeführt, da bei betroffenen Personen mit einer Carotisstenose meistens die Arterien im gesamten Körper verändert sind und auf zusätzlich vorliegende Arterienerkrankungen untersucht werden sollte. Sobald neurologische Symptome auftreten, sollte eine Untersuchung durch die Neurologie erfolgen.
Ist die Halsschlagader noch nicht so stark verengt (unter 60 Prozent) und haben Sie keine Symptome, empfehlen wir Ihnen zunächst eine Behandlung mit Medikamenten und einer Veränderung des Lebensstils. Die Massnahmen entsprechen jenen, mit denen Sie auch eine Gefässverkalkung vorbeugen können: Nicht rauchen, viel bewegen und gesund ernähren. Auch Blutdruck, Blutzucker und die Blutfette sollten, gegebenenfalls medikamentös, auf gesunde Werte eingestellt sein.
Ziel ist es, das Fortschreiten der Arteriosklerose zu bremsen. Daneben können blutverdünnende Medikamente aus der Gruppe der Blutplättchenhemmer das Risiko für Blutgerinnsel und damit einen Schlaganfall senken, zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS). Sie müssen regelmässig Ihre Ärztin oder Ihren Arzt besuchen und den Zustand der Halsschlagader per Ultraschall kontrollieren lassen.
Verengt sie sich weiter, folgt eine weitere Behandlung.
Carotis-Angioplastie mit Stenting
Über die Leistenarterie führt die Ärztin oder der Arzt nach örtlicher Betäubung einen Katheter mit einem kleinen Röhrchen aus Draht (Stent) in die verengte Carotisarterie ein, entfaltet es und kann je nach Erfolg den Stent noch mit einem Ballon nachdehnen. Der Stent dient als „Gefässstütze“. Meistens wird als Schutz ein Filter weiter oben in der Arterie platziert, um allfällig abgehende Blutgerinnsel oder Kalkpartikel aufzufangen. Nach der sog. Stentimplantation wird der Filter wieder aus der Arterie entfernt. Dieser Eingriff heisst Carotis-Angioplastie mit Stenting.
Während des Eingriffs bleiben Sie wach. Die Vorteile im Vergleich zur Operation: Der Blutstrom wird nicht unterbrochen und es ist kein Schnitt am Hals und keine Vollnarkose nötig. Der Nachteil: Es können sich Ablagerungen lösen und einen Schlaganfall verursachen. Die Behandlung eignet sich besonders für Patientinnen und Patienten mit bestehenden Grunderkrankungen, zum Beispiel von Herz, Lunge oder Niere.
Carotis-Endarterektomie
Bei dieser klassischen Operation legt die Gefässchirurgie die Halsschlagader über einen Schnitt am Hals frei, klemmt das Blutgefäss ab und unterbricht den Blutstrom. Dann öffnet man das betroffene Gefäss, entfernt die Kalkablagerungen und verschliesst es wieder. Anschliessend kann das Blut wieder hindurch fliessen. Carotis-Endarterektomie heisst diese Methode. Meist erhalten Sie eine Vollnarkose, seltener eine regionale Betäubung.
Transcarotidales Stenting (TCAR)
Ein neues modernes Verfahren, welches erst seit kurzem am USZ angeboten wird, ist das transcarotidale Stenting (kurz TCAR). Es handelt sich um eine Kombination der Carotis-Angioplastie mit Stentversorgung und der offenen Operation. Durch einen kleinen Schnitt am Hals (ca. 2cm), wir die gemeinsame Halsschlagader (A. carotis communis) aufgesucht und punktiert. Im Anschluss erfolgt die Anlage eines Shunts (Kurzschlusses) zwischen der Halsschlagader und der Leistenvene. Hierdurch resultiert eine Flussumkehr und das Blut fliesst an der zu behandelnden Seite nicht mehr rauf zum Gehirn, sondern rückwärts zur Leistenvene. Im Anschluss kann über die Punktion an der A. carotis com. ein Stent in die Engstelle eingebracht werden.
Der Vorteil ist das sich die Blutgerinnsel, die im Rahmen des klassischen Stentings aus dem Aortenbogen (durch den der Draht beim klassischen Verfahren geführt werden muss) oder aus der Engstelle selbst in einem dazwischen geschalteten Filter aufgefangen werden und nicht einen Schlaganfall im Gehirn auslösen kann. Auch dieser Eingriff kann in lokaler Betäubung durchgeführt werden.
Zusammenfassung der Behandlungsmethoden
| Behandlungsmethode | Beschreibung | Vorteile | Nachteile | 
|---|---|---|---|
| Carotis-Angioplastie mit Stenting | Katheter mit Stent wird über die Leiste eingeführt | Kein Schnitt am Hals, keine Vollnarkose | Ablagerungen können sich lösen und Schlaganfall verursachen | 
| Carotis-Endarterektomie | Offene Operation mit Schnitt am Hals zur Entfernung der Ablagerungen | Vollständige Entfernung der Ablagerungen | Vollnarkose, Unterbrechung des Blutstroms | 
| Transcarotidales Stenting (TCAR) | Kombination aus Stenting und offenem Eingriff mit Flussumkehr | Blutgerinnsel werden herausgefiltert | Kleiner Schnitt am Hals | 
Nachsorge nach Carotis OP
Nehmen Sie butverdünnende Medikamente sollten Sie uns diese im Vorfeld mitteilen, sodass wir entscheiden können, welches Medikament Sie wie lange vor der Operation pausieren sollten.
Dauer des Eingriffs: ca.
Wir verwenden Nahtmaterial, dass sich von selbst auflöst, sodass keine Fäden gezogen werden müssen. Nach sechs Wochen sollte als Kontrolle ein Ultraschall von der Halsschlagader gemacht werden. Wir bieten Ihnen an, diese Kontrolle am USZ durchzuführen. Gerne können Sie dies aber auch bei einem niedergelassenen Angiologen oder einer Angiologin heimatnah durchführen lassen.
Am USZ werden jedes Jahr zahlreiche Patienten und Patientinnen interdisziplinär durch Spezialisten und Spezialistinnen aus den Fachbereichen Angiologie, Gefässchirurgie, Neurologie und Radiologie behandelt. Dadurch besitzen unsere Ärzte und Ärztinnen ein grosses Erfahrungswissen in der Diagnosestellung und Verlaufskontrolle der Carotisstenose.