In den vergangenen Monaten hat die Ausbreitung des Coronavirus die Medienberichterstattung dominiert. Es ist nachvollziehbar, dass sich in der Schweizer Bevölkerung eine gewisse Verunsicherung einstellt. Um in der Informationsflut nicht den Kopf zu verlieren, werden im Folgenden wichtige, praxisrelevante Fragen beantwortet. Die Ausführungen sind bewusst einfach und pragmatisch gehalten und als Orientierungshilfe zu verstehen.
Fragen und Antworten nach Themengebiet
Covid-Zertifikate und Testen
Unter welchen Voraussetzungen kann der Arbeitgeber den Vorweis eines Covid-Zertifikats verlangen?
Gemäss Art. 25 Abs. 2bis Covid-Verordnung besondere Lage darf der Arbeitgeber das Vorliegen eines Covid-Zertifikats überprüfen, wenn dies der Festlegung angemessener, nach dem STOP-Prinzip zu treffender Schutzmassnahmen oder der Umsetzung des Testkonzepts nach Art. 7 Abs. 4 dieser Verordnung dient. Das Verlangen eines Covid-Zertifikats muss verhältnismässig sein. Der Arbeitgeber hat schriftlich zu dokumentieren, wenn er anhand des Covid-Zertifikats Schutzmassnahmen oder Massnahmen zur Umsetzung eines Testkonzepts zu treffen gedenkt. Die Mitarbeitenden bzw. ihre Vertretung müssen vorgängig konsultiert werden.
Kann der Arbeitgeber seine Mitarbeitende auf Covid-19 testen lassen?
Ja, der Test muss aber freiwillig erfolgen. Das BAG empfiehlt, dass alle Personen mit Covid-Symptomen sich möglichst schnell testen lassen.
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Betriebsaufrechterhaltung und Schutz der Mitarbeitenden
Wie kann ich im Falle einer Pandemie den Betrieb aufrechterhalten und meine Mitarbeitenden schützen?
Der Arbeitgeber hat gegenüber den Mitarbeitenden eine Fürsorgepflicht. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer alle erforderlichen und geeigneten Massnahmen zu treffen. Die Grenze dieser Schutzpflicht ist das wirtschaftlich Zumutbare und technisch Mögliche. In der aktuellen Situation geht die Fürsorgepflicht sicherlich weiter als sonst. Die Pflicht des Arbeitgebers, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen, ergibt sich nicht nur aus dem Arbeitsvertrag bzw. der daraus fliessenden Fürsorgepflicht. Auch das Arbeitsgesetz schreibt vor, dass der Arbeitgeber Massnahmen zum Gesundheitsschutz treffen muss.
In der aktuellen Situation haben Arbeitgeber ausreichend Flüssigseife und Einwegtücher für das Händewaschen zur Verfügung zu stellen. In grösseren Kantinen wurden weiter etwa gestaffelte Essenszeiten eingeführt und die Mitarbeitenden angewiesen, am Tisch jeweils einen Stuhl zwischen zwei Personen frei zu lassen. In anderen Unternehmen wurden die Mitarbeitenden angewiesen, auf das Händeschütteln als Begrüssungsritual zu verzichten und Meetings nicht mehr persönlich, sondern als Telefon- oder Videokonferenz abzuhalten.
Arbeitgeber sind gut beraten, wenn sie die behördlichen Empfehlungen umsetzen und auf die gesundheitlichen Anliegen der Arbeitnehmer möglichst Rücksicht nehmen. Den Unternehmen ist zu empfehlen, täglich die Webseiten des Bundesamtes für Gesundheit BAG und der kantonalen Stellen zu konsultieren. Die behördlichen Empfehlungen zeigen konkret auf, wie in der aktuellen Situation vorgegangen werden soll. Die empfohlenen Massnahmen können in einem gewissen Mass an die jeweiligen Verhältnisse im Betrieb angepasst werden.
Arbeitnehmer sind dazu verpflichtet, die konkreten Massnahmen im Betrieb umzusetzen. Sie müssen insbesondere die Hygieneregeln einhalten und sollten ihre Teamkollegen nicht unnötig gefährden. Dazu gehört auch, den Arbeitgeber umgehend zu informieren, wenn Fieber oder andere Krankheitssymptome auftreten. Arbeitnehmer können aktuell vom Arbeitgeber verlangen, dass ihnen ausreichend die Möglichkeit geboten wird, sich die Hände zu waschen und genügend Abstand zu Mitarbeitern und Kunden zu halten.
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Dürfen Arbeitnehmer aus Angst vor einer Ansteckung der Arbeit fernbleiben?
Nein. Ohne behördliche Anweisung gilt das Fernbleiben von der Arbeit als unentschuldigte Absenz.
Besonders gefährdete Personen
Wir haben Mitarbeiter, die als besonders gefährdete Personen gelten. Was gilt es hier zu tun?
Es galt Art. 27a Covid-19-Verordnung 3. Demnach sollen besonders gefährdete Personen, wenn immer möglich von zu Hause aus zu arbeiten (Abs. 1). Ist dies mit den angestammten Aufgaben nicht möglich, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmenden bei gleichem Lohn eine gleichwertige Ersatzarbeit zuweisen, die er von zu Hause aus erledigen kann (Abs. 2). Ist die Erfüllung der Arbeitspflicht von zu Hause aus nicht möglich, weil aus betrieblichen Gründen die Präsenz vor Ort ganz oder teilwiese unabdingbar ist, dürfen sie unter folgenden Voraussetzungen vor Ort beschäftigt werden (Abs. Ist es nicht möglich Betroffene nach den Abs. 1-3 zu beschäftigen, so weist ihnen der Arbeitgeber bei gleichem Lohn eine Ersatzarbeit vor Ort zu, bei der die Vorgaben nach Abs. 3 erfüllt sind (Abs.
Bevor der Arbeitgeber die vorgesehenen Massnahmen trifft, hört er die betroffenen Arbeitnehmenden an. Er dokumentiert die beschlossenen Massnahmen und teilt sie den Arbeitnehmenden mit (Abs. Betroffene Arbeitnehmende können die Übernahme der ihm zugewiesenen Arbeit ablehnen, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1-4 nicht erfüllt sind oder sie die Gefahr einer Ansteckung trotz den getroffenen Massnahmen aus besonderen Gründen als zu hoch erachten. In diesem Fall kann der Arbeitgeber ein ärztliches Attest verlangen (Abs. Ist es nicht möglich, betroffene Arbeitnehmende nach den Abs. 1-4 zu beschäftigen, oder lehnen diese die zugewiesene Arbeit ab, so befreit sie der Arbeitgeber unter Lohnfortzahlung von ihrer Arbeitspflicht (Abs. 7).
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Arbeitnehmende machen ihre besondere Gefährdung durch eine persönliche Erklärung geltend. Der Arbeitgeber kann ein ärztliches Attest verlangen (Abs. Besonders gefährdete Arbeitnehmende haben Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz, wenn es nicht möglich ist, sie nach den Abs. 1-4 zu beschäftigen, oder wenn sie die zugewiesene Arbeit ablehnen (vgl. Art. 2 Abs.
Wir haben Mitarbeiter, die mit besonders gefährdeten Personen zusammenwohnen. Was gilt es zu tun?
Es sind die vom BAG empfohlenen Verhaltens- und Hygieneregeln umzusetzen (vgl.
Schulschliessungen und Kinderbetreuung
Auf behördliche Anordnung werden Kitas/Schulen geschlossen. Einer meiner Mitarbeiter kann keine alternative Betreuung sicherstellen und bleibt zuhause. Bin ich zur Lohnfortzahlung verpflichtet?
Gemäss Art. 2 COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall haben Eltern mit Kindern grundsätzlich bis zum vollendeten 12. Altersjahr, die ihre Erwerbsarbeit aufgrund von Schulschliessungen unterbrechen müssen, um ihre Kinder zu betreuen, ab dem 4. Tag Anspruch auf eine Entschädigung. Zudem anspruchsberechtigt sind auch Eltern von Kindern bis zum vollendeten 18. Grundsätzlich besteht während den offiziellen Schulferien kein Anspruch auf eine Entschädigung. Die Erwerbsausfälle werden in Anlehnung an die Erwerbsersatzordnung (EO) geregelt und als Taggeld ausgerichtet. Vgl.
Reisebeschränkungen und Quarantäne
Einer meiner Mitarbeiter war in seinen Ferien in China und kann nicht mehr ausreisen. Trifft mich als Arbeitgeber eine Lohnfortzahlungspflicht?
Nein. Es handelt sich hierbei nicht um eine Verhinderung, die in der Person des Arbeitnehmers liegt.
Einer meiner Mitarbeiter war in China auf einer Geschäftsreise und kann nicht mehr ausreisen. Trifft mich als Arbeitgeber eine Lohnfortzahlungspflicht?
Es handelt sich zwar auch hier um eine Verhinderung, die nicht in der Person des Arbeitnehmers liegt. Allerdings fällt die Verhinderung in die Risikosphäre des Arbeitgebers.
Was gilt, wenn einer meiner Mitarbeiter hier unter Quarantäne steht und nicht zur Arbeit erscheinen kann?
Bei einem Erwerbsunterbruch aufgrund von einer durch den Kantonsarzt oder einer anderen Behörde verordneten Quarantäne haben Angestellte Anspruch auf Entschädigung. Die Erwerbsausfälle werden in Anlehnung an die Erwerbsersatzordnung (EO) geregelt und als Taggeld ausgerichtet. Dieses entspricht 80 Prozent des Einkommens und beträgt höchstens 196 Franken pro Tag. Die Entschädigung ist auf 7 Taggelder begrenzt. Vgl.
Kann ich meinen Mitarbeitern eine private Auslandreise verbieten?
Die Ferienplanung ist Privatsache des Arbeitnehmers. Entsprechend kann der Arbeitgeber eine Auslandreise nicht verbieten. Hingegen darf der Arbeitgeber entsprechende Empfehlungen abgeben. Gemäss Art. 7 COVID-19-Verordnung im Bereich des internationalen Personenverkehrs müssen Personen für 10 Tage in Quarantäne, wenn sie aus einem Staat oder Gebiet mit erhöhtem Ansteckungsrisiko (vgl. Anhang zu dieser Verordnung) zurückkehren. Art. 4-8 sieht Ausnahmen von der Test- und Quarantänepflicht vor. Für einreisende Personen besteht eine Meldepflicht (Art. 9). Ist die Quarantäne unverschuldet, besteht Anspruch auf die Corona Erwerbsersatzentschädigung. Vgl. Kreisschreiben CE des BSV vom 17. September 2020, Rz.
Impflicht
Kann ich meine Mitarbeiter zu einer Impfung verpflichten?
Wenn eine Impfpflicht nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgehalten ist, ist eine Verpflichtung über das Weisungsrecht denkbar. Eine generelle Verpflichtung für das ganze Personal ist nicht durchsetzbar. Z.T. wird die Meinung vertreten, dass bei Personen, die z.B. in einem Altersheim oder in einem Spital ständig in Kontakt mit besonders gefährdeten Personen sind, es ausnahmsweise möglich sein soll, sie über das Weisungsrecht zu verpflichten. Dies ist allerdings umstritten.
Ferien und Homeoffice
Kann ich im Pandemiefall kurzfristig Betriebsferien anordnen?
Nein. Es trifft zwar zu, dass der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien festlegt. Er hat dabei jedoch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.
Kann ich im Pandemiefall kurzfristig ein Ferienverbot beschliessen?
Ja. Der Arbeitgeber bestimmt den Zeitpunkt der Ferien.
Kann ich im Pandemiefall Homeoffice anordnen?
Ja, sofern es möglich ist, kann der Arbeitnehmer verpflichtet werden seine Arbeitstätigkeit ganz oder teilweise von Zuhause aus vorzunehmen. Gemäss Beschluss des Bundesrats vom 14. Das heisst konkret: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmenden keine Auslagenentschädigung (Stromkosten, Beiträge an Mietkosten etc., Art. 327a OR) zahlen, da es sich um eine vorübergehende Anordnung handelt. Anders verhält es sich, wenn Materialkosten anfallen, die auch im Büro angefallen wären und die nun die Arbeitnehmenden bezahlen müssen, wie etwa Kosten für Druckerpatronen, Papier etc. (Art. 327 OR).
Kann ich meinen Mitarbeitern für den Arbeitsweg die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel verbieten?
Nein.
Meine Mitarbeiter wollen die eingegebenen und bewilligten Ferien nun doch nicht beziehen, weil Auslandreisen kaum möglich und Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe geschlossen sind. Muss ich den Ferienrückzug akzeptieren?
Nein. Es gilt auch hier der Grundsatz, wonach der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien bestimmt. Der Ferienzeitpunkt wurde gegenseitig in guten Treuen vereinbart. Solange der Erholungszweck der Ferien noch gewährleistet ist, muss ein Ferienrückzug durch die Mitarbeiter nicht akzeptiert werden.
Kurzarbeitsentschädigung
Kann ich bei einer behördlich angeordneten Betriebsschliessung oder aus anderen Umständen, die nicht vom Arbeitgeber zu vertreten sind, für meine Mitarbeitenden eine Kurzarbeitsentschädigung geltend machen?
Grundsätzlich kann eine Kurzarbeitsentschädigung nur geltend gemacht werden, wenn der Arbeitsausfall auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen ist. In Härtefällen werden jedoch auch Arbeitsausfälle angerechnet, die auf behördliche Massnahmen oder andere vom Arbeitgeber nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen sind. Der Coronavirus dürfte als solcher Härtefall zu qualifizieren sein.
Lohnfortzahlung bei Betriebsschliessung
Bin ich zur Lohnfortzahlung verpflichtet, wenn ich den Betrieb oder Betriebsteile aus eigenem Anlass schliesse?
Ja. Der Arbeitnehmer ist nicht zur Nachleistung von Arbeitszeit verpflichtet.
Was gilt, wenn ein einzelner Betrieb auf behördliche Anordnung schliessen muss?
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Wie ist die Situation, wenn auf behördliche Anordnung hin flächendeckend bestimmte Betriebe schliessen müssen?
In diesem Fall ist die Lohnfortzahlung umstritten. Wir sind der Meinung, dass eine solche Anordnung, die ganze Betriebszweige und Branchen betrifft, nicht mehr vom Betriebsrisiko des Arbeitgebers gedeckt ist und keine Lohnfortzahlung auslöst. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung löst u.E. die allgemeinen Verzugsfolgen von Art. 119 OR aus, wonach gilt: „ohne Arbeit, kein Lohn“. In dieser Situation gilt es über die Kurzarbeitsentschädigung den anrechenbaren Arbeitsausfall geltend zu machen.
Erhalte ich eine Entschädigung für die dadurch entstehenden Betriebsausfälle?
Selbständigerwerbende, die wegen behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus Erwerbsausfälle erleiden, werden entschädigt, sofern nicht bereits eine Entschädigung oder Versicherungsleistung besteht. Vgl.