Verhaltensänderung: Wie man Gewohnheiten dauerhaft ändert

Wie schafft man es, schlechte Gewohnheiten auf Dauer loszuwerden? Das ist gar nicht so einfach, aber möglich. Eine Gewohnheit zu ändern, ist eine Herausforderung - doch es ist möglich, wenn wir verstehen, wie unser Gehirn arbeitet und wie wir es durch Achtsamkeit umtrainieren können.

Wie Gewohnheiten entstehen und funktionieren

Wenn wir unser Verhalten ändern wollen, müssen wir wissen, was denn überhaupt ein Verhalten oder eine Gewohnheit ist. Auch müssen wir verstehen, wie sie entstehen und welche Merkmale sie aufweisen. Gewohnheiten ändern können wir nur, wenn wir verstehen, was sie eigentlich sind und wie sie funktionieren.

Gewohnheiten sind Verhaltensweisen, die sich durch Regelmässigkeit auszeichnen. Es sind immer wiederkehrende Verhaltensmuster, die durch häufige Wiederholung erworben werden und oft unbewusst ablaufen.

Eigenschaften von Gewohnheiten:

  • Automatisierung: Sie laufen meist unbewusst ab und erfordern keine bewusste Anstrengung oder Entscheidung.
  • Erlernt durch Wiederholung: Gewohnheiten entstehen durch konsequente Wiederholung und Verstärkung.
  • Kontextabhängigkeit: Gewohnheiten werden stark durch ihre Umgebung geprägt.
  • Einfluss auf Gedanken und Emotionen: Sie beeinflussen nicht nur unser Verhalten, sondern auch unsere Wahrnehmung, unser Denken und unsere Gefühle.

Eine Gewohnheit kann als Bindeglied zwischen einem Stimulus (Reiz) und einer Reaktion verstanden werden. Sie dient als mentale Verbindung zwischen einem Triggergedanken oder Ereignis (Reiz) und unserer Reaktion auf diesen Auslöser (Antwort). Wenn wiederholt dieselbe Verbindung angesprochen wird, sprechen wir von einer Gewohnheit. Diese beeinflusst alle nachfolgenden Entscheidungen und Handlungen.

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Zum Beispiel könnte Stress ein Auslöser für übermässiges Essen sein. Der Stress kann physisch, emotional oder mental bedingt sein und beispielsweise durch eine eingeschränkte Ernährung, Müdigkeit, Streit, einen schlechten Tag bei der Arbeit oder sogar negatives Denken ausgelöst werden. Ein erlernter Umgang mit diesem Stress kann beispielsweise Essen sein. Im Laufe der Zeit kann diese Assoziation so stark werden, dass es zur automatischen oder gewohnheitsmässigen Reaktion wird, bei Stress zu essen. In der Psychologie wird dies als klassische Konditionierung bezeichnet.

Gewohnheiten sind erlernte Verhaltensmuster, die durch regelmäßige Wiederholung automatisiert werden. Sie entstehen durch die Verknüpfung eines bestimmten Reizes mit einer Handlung und einer Belohnung.

  • Reiz (Trigger): Ein bestimmter Auslöser signalisiert unserem Gehirn, eine gewohnte Handlung auszuführen. Dies kann ein äusserer Reiz (z. B. das Klingeln des Weckers) oder ein innerer Reiz (z. B. Hunger) sein.
  • Routine (Verhalten): Die ausgelöste Handlung wird entweder bewusst oder unbewusst ausgeführt.
  • Belohnung: Damit sich eine Gewohnheit festigt, muss sie eine positive Rückmeldung liefern. Diese Belohnung kann in Form von angenehmen Gefühlen, Erleichterung oder physischen Effekten auftreten.
  • Häufigkeit: Je öfter eine Handlung wiederholt wird, desto stabiler wird sie im Gehirn verankert.

Unser Gehirn spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Verstärkung von Gewohnheiten.

  • Neuronale Bahnen und Musterbildung: Jede Handlung wird durch elektrische Impulse in den Nervenbahnen des Gehirns gesteuert.
  • Myelinisierung: Um stark beanspruchte neuronale Bahnen zu optimieren, werden sie mit einer schützenden Schicht aus Myelin ummantelt.
  • Prägung in der Kindheit: Viele unserer Gewohnheiten wurden bereits in jungen Jahren durch Eltern, Vorbilder oder unser soziales Umfeld geformt.

Das Wissen darüber, wie Gewohnheiten entstehen, ermöglicht es uns, ungewünschte Routinen gezielt zu durchbrechen und neue, positive Gewohnheiten zu etablieren.

Strategien zur Verhaltensänderung

Hier sind einige Strategien, die helfen können, Verhaltensweisen dauerhaft zu ändern:

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  1. Wenn wir unsere Gewohnheiten ändern müssen, zum Beispiel bei einem Fahrplanwechsel, können wir das als Chance sehen. Der Ausbruch aus der Routine gibt uns die Möglichkeit, schlechte Gewohnheiten zu überdenken und Verhaltensweisen zu ändern.
  2. Will man schlechte Gewohnheiten durchbrechen, kann man Situationen vermeiden, in welchen diese normalerweise auftreten. Das proaktive Vermeiden von solchen Situationen kann einem leichter fallen, als das bereits angewöhnte Verhalten durch Selbstkontrolle zu unterdrücken.
  3. Diverse Studien haben gezeigt, dass vage formulierte Ziele wie «Ich will mehr Sport treiben», nicht gut geeignet sind, um diese Ziele auch wirklich zu erreichen. Besser ist es, wenn man solche Ziele als Wenn-Dann-Plan formuliert.
  4. Damit sich eine Gewohnheit etablieren kann, ist die konstante Wiederholung des Verhaltens über längere Zeit in einem stabilen Kontext nötig.
  5. Das Verhalten sollte so gestalten werden, dass man dieses auch über längere Zeit aufrechterhalten kann. Nimmt man sich zu viel vor, kann es sein, dass man bereits aufgibt, bevor sich die Gewohnheit überhaupt etablieren konnte.
  6. Seien Sie auf Rückschläge gefasst und verzweifeln Sie nicht daran.
  7. Bleiben Sie dran und schreiten Sie gelassen zum Ziel. Die Suche nach dem geeigneten Feierabendritual, nach der auf Sie zugeschnittenen Sportart lohnt sich. Machen Sie sich die tiefe Entspannung und das gute Körpergefühl nach der sportlichen Aktivität bewusst.

Die RAIN-Methode

Wenn du merkst, dass du eine schädliche Gewohnheit hast, die du ändern möchtest, kann die Achtsamkeitsübung RAIN eine hilfreiche Technik sein:

  • R - Recognize/Relax: Erkenne das Verlangen, das aufkommt.
  • A - Accept/Allow: Akzeptiere das aufkommende Verlangen. Es ist völlig normal, dass wir das Bedürfnis haben, das Verlangen zu unterdrücken oder ihm nachzugeben.
  • I - Investigate: Erforsche neugierig, was in deinem Körper und Geist passiert. Warum taucht dieses Verlangen jetzt auf? Welche Emotionen und Gedanken sind damit verbunden?
  • N - Note: Nimm zur Kenntnis, was du fühlst, und benenne es. Wenn du Emotionen oder Gedanken benennst, verlieren sie oft ihre Macht.

Ein weiterer wertvoller Schritt ist die Reflexion. Was habe ich über mein Verhalten gelernt? Was ist der Auslöser meines Verhaltens? Bestimmte Situationen, Emotionen oder Personen können Auslöser sein. Wie könnte ich in Zukunft anders reagieren?

Auch wenn diese Achtsamkeitsübung einfach klingt, eine Gewohnheit zu ändern ist oft ein langer Prozess. Es wird Rückschläge geben, und das ist vollkommen in Ordnung - sie gehören zum Lernprozess dazu. Sei geduldig mit dir selbst und belohne dich für deine Fortschritte, denn dein Gehirn liebt positive Verstärkung.

Die RAIN-Methode eignet sich nicht nur für den Umgang mit ungesunden Gewohnheiten, sondern auch hervorragend zur Stressreduktion und zum Aufbau von Resilienz. Besonders in stressigen Momenten kannst du durch RAIN innehalten und dich zentrieren. Anstatt automatisch mit Anspannung oder impulsivem Handeln auf Stress zu reagieren, ermöglicht dir diese Übung, bewusst wahrzunehmen, was in dir passiert, und sanfter mit dir selbst umzugehen.

Das Transtheoretische Modell (Stufenmodell der Verhaltensänderung)

Das Transtheoretische Modell, auch Stufenmodell der Verhaltensänderung genannt, stammt aus der Verhaltenspsychologie.

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  • Absichtslosigkeit: Auf der ersten Stufe ist man sich des Problems noch nicht bewusst und sieht keinen Bedarf, das Verhalten zu ändern.
  • Absichtsbildung: Auf dieser Stufe wird das Problem erkannt und es entsteht ein Interesse, das Verhalten zu verändern.
  • Vorbereitung: Jetzt hat man sich dazu entschlossen, das erkannte Problem anzugehen. Die Vorbereitung auf die Verhaltensänderung beginnt. Dabei werden konkrete Pläne entwickelt und Informationen gesammelt. Tipp: Ziele so klar und realistisch wie möglich formulieren.
  • Handlung: Nun kommt die Aktivphase. Der Plan für die Veränderung steht und kann jetzt in die Tat umgesetzt werden. Tipp: Mit kleinen Schritten starten.
  • Aufrechterhaltung: In dieser Phase geht es vor allem darum, das veränderte Verhalten zu sichern und dran zu bleiben. Die Veränderung hat sich zur Routine gefestigt und benötigt weniger Energie, um sie aufrechtzuerhalten. Tipp: Stolpersteine erkennen und angehen.
  • Stabilisierung: Konnte die Verhaltensveränderung über drei bis sechs Monate beibehalten werden, befindet man sich in der Stabilisierungsphase.
  • Potenzieller Rückfall: Stolperer oder Rückfälle sind üblich und bei einer langfristigen Verhaltensveränderung zu erwarten. Das Transtheoretische Modell sieht Rückfälle als normales Ereignis im Prozess der Veränderung vor.

Wie lange dauert es, eine Gewohnheit zu ändern?

Laut einer Studie von Lally et al. muss man ein Verhalten über 66 Tage täglich wiederholen, um es zu einer automatisierten Gewohnheit zu verdichten. Genau genommen hatte es nach 66 Tagen die Hälfte der Versuchsteilnehmenden automatisiert, wobei es Ausschläge nach oben und unten gab: Ein Versuchsteilnehmer internalisierte die Gewohnheit bereits nach 18 Tagen, eine andere Person brauchte dagegen 256 Tage. Wichtig war aber ein stabiles Umfeld, von dem das automatisierte Verhalten ausgelöst wird.

Dr. Caroline Leaf, Neurowissenschaftlerin, stellt fest, dass unser Gehirn tatsächlich dreimal so lange braucht, um eine neue Gewohnheit fest zu verankern. «Es dauert nicht 21 Tage, sondern 63», so die Expertin. In den ersten drei Wochen beginnt das Gehirn, neue Verbindungen zu schaffen, aber es braucht mehr Zeit, um eine echte Gewohnheit zu entwickeln.

Erst nach weiteren 42 Tagen - also insgesamt 9 Wochen - sind diese Verbindungen so stabil, dass eine Gewohnheit wirklich nachhaltig wird.

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