Das sogenannte Messie-Syndrom, auch als Unordnungskrankheit bezeichnet, betrifft hauptsächlich Menschen, die unter einem ausgeprägten Desorganisationsproblem leiden. Doch was genau ist ein Messie?
Was ist ein Messie?
Der Begriff "Messie" stammt vom englischen Wort "mess" (= Chaos, Unordnung). Messies sind nicht einfach nur unordentliche Sammler, die man im Strassenbild oder im Bus erkennt. Sie sind gekleidet und gepflegt wie andere, ganz ihrer sozialen Schicht entsprechend. Oft sind es Bekannte, die man nie in ihre Wohnung einlädt und sich stattdessen ausserhalb trifft. Das Messie-Syndrom ist in allen Schichten zu finden.
Messies halten soziale Regeln, Raum und Zeit oft nicht ein, weil sie diese unbewusst als aufgezwungen erleben. Zwanghaft unpünktliche Messies sammeln vielfach genauso wie ihre pünktlichen Leidensgenossen. Sie leiden unter beklemmender sozialer Unordnung.
Symptome des Messie-Syndroms
Welches sind die Symptome? Messies leiden oft unter Paniken und Depressionen. Sie verschliessen sich gegenüber anderen und machen sich unerreichbar. Die individuellen Unterschiede sind bei Messies erheblich; manche sammeln nur Gedrucktes, andere alles.
Betroffene leiden darunter, dass ihre Gedanken immer wieder um die Bewältigung der einfachsten täglich anfallenden Arbeiten kreisen, und sie erleben oft eine Hoffnungslosigkeit, dieses Problem jemals in den Griff zu bekommen.
Lesen Sie auch: Behandlung von Tinnitus bei psychosomatischen Ursachen
Nachbarn sind oftmals die ersten Personen, die bemerken, dass ihr Nachbar ein Problem hat. Diese vermuten, dass es sich um einen Messie handeln könnte, wenn einem der Zutritt permanent verwehrt wird, aber auch, wenn ein beissender, anhaltender Geruch in die Nase steigt. Sie beobachten ihren Nachbarn zwangsläufig und stellen fest, dass dieser nur unregelmässig seinen Müll entsorgt oder sogar gar nicht.
Ursachen des Messie-Syndroms
Die Messie Syndrom Ursachen können sehr vielfältig sein. Oft stecken auch Schicksalsschläge dahinter, wenn etwa ein Lebenspartner oder ein Kind verstorben ist. In einigen Fällen sind psychische Hintergründe der Auslöser für eine solche Erkrankung.
Ein Messie-Syndrom kann viele Ursachen haben. Oft kommt es zu immer wiederkehrenden Gedankenkreisen, aus denen die Betroffenen nicht herauskommen. Sie können keine Entscheidung treffen, etwas aufzuheben oder wegzuwerfen - und so füllt sich die Wohnung. Das Messie-Syndrom wird den Zwangserkrankungen zugeordnet und tritt oft zusammen mit anderen Krankheiten auf, zum Beispiel mit Depressionen.
Veronika Schröter hat in ihrer Arbeit mit Betroffenen erlebt, dass die Wurzel für pathologisches Horten oft in der Kindheit liegt. Eine häufige Ursache ist es, dass Menschen sehr früh die Erfahrung gemacht haben, zu etwas gezwungen worden zu sein. Diese Personen haben früh gelernt, alles in vorgegebenen Bahnen zu regeln und haben keine eigenen Strategien für den Alltag entwickelt.
Es kommt auch vor, dass die Familie des Betroffenen materiell sehr gut aufgestellt war, aber die emotionale Zuwendung fehlte. Sie wurden emotional tief im Stich gelassen und haben dies durch materielle Dinge kompensiert. Deshalb fällt es noch Jahrzehnte später schwer, sich von Gegenständen zu trennen. Auch Menschen, die einen Krieg erlebt haben, können ein Messie-Syndrom entwickeln.
Lesen Sie auch: Mehr über Anorexia Nervosa
Aus psychologischer Sicht liegen die Ursachen des Messie-Syndroms in der Diskrepanz zwischen äusserer und innerer Welt der Betroffenen. Ein Messie schafft es nicht, die eigenen Wünsche und Triebe mit den äusseren Anforderungen der Umgebung in Einklang zu bringen und scheint auf ständiger Suche nach etwas zu sein, das er nicht benennen kann.
Frühkindliche traumatische Verlusterlebnisse, Bindungsstörungen und kritische Lebensereignisse können eine Einschränkung des emotionalen Erlebens hervorrufen. Es wird dann versucht, dies mit Besitz zu kompensieren: Die Unfähigkeit zu fühlen, bringt Messies dazu, sich für das „Haben“ statt für das „Sein“ (nach Erich Fromm) zu entscheiden.
Weitere mögliche Ursachen und Zusammenhänge:
- Zwangsstörung: Das Sammeln von Objekten, die nur einen subjektiven und keinen objektiv erkennbaren Wert haben, kann Ausdruck einer Zwangsstörung sein.
 - Sucht: Häufiger wird das Messie-Phänomen mit Suchterkrankungen konnotiert.
 - Depression: Häufig sind einsame, depressive Menschen vom Messie-Syndrom betroffen. Es ist jedoch selten das Leitsymptom, sondern eine Nebenproblematik.
 - Altersverwahrlosung: Die Verwahrlosung und „Vermüllung“ im Alter ist häufig Ausdruck altersbedingter Krankheiten oder sozialer Isolation.
 - Psychosen: Weitere Krankheitsbilder, die vom Messie-Verhalten begleitet werden können, sind Schizophrenie oder affektive Psychosen.
 - ADHS: ADHS wurde früher vor allem bei hyperaktiven, unruhigen und lernschwachen Kindern diagnostiziert. Wissenschaftler gehen inzwischen häufig davon aus, dass auch das Messie-Syndrom bei Erwachsenen auf eine Stoffwechselstörung zurückgeführt werden kann.
 
Abgrenzung: Sammelleidenschaft vs. Messie-Sein
Viele Leute sammeln leidenschaftlich und halten ihre Sammlungen in Ordnung. Wo hört Sammelleidenschaft auf und wo fängt Messie-Sein an? Die Grenzen sind fliessend, aber ein wesentliches Merkmal ist, dass Messies teilweise grenzenlos sammeln, bis ihre Wohnungen und Häuser schier unbewohnbar werden.
Folgen des Messie-Syndroms
Die Wohnung ist dann teilweise nicht mehr begehbar, sie kann einem Schrottplatz oder gar einer Müllhalde ähneln. Eine Messie-Wohnung beräumen zu müssen, ist keine einfache Aufgabe, die in vielen Fällen auch mit grossem emotionalem Stress verbunden sein kann. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Bekannte und/oder Familien erst zum Zeitpunkt des Ablebens eines Familienmitglieds erfahren, dass dieser unter dem Messie Syndrom litt.
Das Horten von Müll in einer Wohnung geht immer mit dem Vorhandensein von riesigen Mengen an Bakterien bis zu Schimmel einher. Die Entsorgung des Unrats reicht bei einer Messieauflösung nicht aus. Bakterien und Viren setzen sich im Laufe der Zeit in einer Messiewohnung ab. Diese vollständig zu eliminieren, stellt einen Arbeitsaufwand dar, der von Privatpersonen nicht bewerkstelligt werden kann.
Lesen Sie auch: Mehr über Hämorrhoiden
Eine Messie-Störung kann massiv Selbstwertgefühl, Lebensqualität und Sozialleben der Betroffenen beeinträchtigen. Aus Scham ziehen sie sich oft zunehmend vom sozialen Leben zurück.
Tabelle: Mögliche Ursachen und Auswirkungen des Messie-Syndroms
| Ursache | Auswirkung | 
|---|---|
| Traumatische Erlebnisse | Kompensation durch Sammeln, emotionale Bindung an Objekte | 
| Psychische Erkrankungen (Depression, Zwangsstörung, ADHS) | Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, Kontrollverlust, soziale Isolation | 
| Soziale Isolation im Alter | Verwahrlosung, Horten von Erinnerungsstücken als Ersatz für soziale Kontakte | 
| ADHS | Planungs- und Organisationsschwierigkeiten, Vermeidung von Aufgaben | 
Was tun bei einer Zwangsräumung?
Ein Vermieter kann seinem Mieter, der unter dem Messie-Syndrom leidet, nicht einfach die Wohnung aus diesem Grund kündigen. Es müssen gewichtige Gründe vorliegen, damit eine Zwangsräumung, falls der Mieter die Wohnung nicht räumen möchte, durchgesetzt werden kann. Mieter sind in der Schweiz stark geschützt. Der Vermieter kann diese nicht einfach aus der Mietwohnung werfen. Eine Messie-Wohnung als Grund einer Wohnungskündigung ist immer Auslegungssache.
Nehmen andere Mieter extreme Gerüche wahr, die bis in das Treppenhaus dringen, so handelt es sich um eine unzumutbare Mietsituation. Bevor dem Messie-Mieter die Wohnung gekündigt wird, ist immer das persönliche Gespräch zu suchen. Es ist anzuraten dem Mieter eine Frist zu setzen, bis wann dieser die unhygienischen Zustände beseitigt haben muss. Stossen Sie als Vermieter in diesem Gespräch auf taube Ohren, so können Sie eine schriftliche Abmahnung an den Mieter senden. Es besteht zudem die Möglichkeit das Betreuungsgericht über die Situation zu informieren.
Ist die Zwangsräumung einmal gerichtlich beschlossene Sache, was einige Zeit dauern kann, so kommt es oftmals knall auf fall zur Zwangsräumung. Der Vermieter kann das erste Mal die Messie-Wohnung betreten und in vielen Fällen trifft ihn der Schlag. Er ist überfordert und möchte seine Wohnung schnellmöglich erneut vermieten. Eine Entrümpelung durch ein erfahrenes Team, welches sich mit Messie-Wohnungen auskennt, ist in einem solchen Fall die beste Wahl.
Behandlung des Messie-Syndroms
Der erste Schritt zur Überwindung des äusseren Chaos ist die Einsicht, etwas ändern zu wollen. Es reicht allerdings nicht, die Ursachen des Messie-Syndroms aufzudecken, sondern es bedarf einer Verhaltensänderung.
Hilfreich ist ein integrativer Beratungs- und/oder Psychotherapieansatz, der sowohl Elemente der Verhaltenstherapie wie auch der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie miteinbezieht. Vor allem, wenn Depression, Sucht, Zwang oder eine Psychose vorliegen, sollte der Betroffene psychotherapeutisch/psychiatrisch behandelt werden.
Bei Ängsten, Depressionen oder Traumata müssen diese in einer Therapie auch behandelt werden. Beim Messie-Syndrom hat sich die kognitive Verhaltenstherapie als hilfreich erwiesen. Dann muss man die Sucht bekämpfen, was das ständige Kaufen, Sammeln und Horten in gewisser Weise ist. Es soll eine innere Leere füllen, und man versucht, Alternativen dafür zu finden.
Am besten wären mehr soziale Kontakte und neue Freizeitbeschäftigungen, um das Interesse weg von Gegenständen hin zu anderen Themen zu lenken.
Die Drei-Kisten-Strategie hat sich gut bewährt: In die eine kommen Dinge, die man sicher behalten möchte, in die zweite solche, die man weggeben kann, und in die dritte Dinge, die man vielleicht nochmal braucht.
Für eine langfristige Veränderung muss man dem Auslöser des Messie-Syndroms auf den Grund gehen. Warum hat zum Beispiel der Tod der Mutter ein solches Trauma ausgelöst?