Essstörungen wie Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht) oder Binge-Eating-Störung (periodische Essanfälle ohne regulierende Massnahmen wie Erbrechen oder exzessiver Sport) sind relativ häufig. Gemäss einer nationalen Studie im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit aus dem Jahr 2012 leiden hierzulande 3,5 Prozent der Bevölkerung an einer Essstörung. Der europäische Durchschnitt liegt bei 2,5 Prozent.
Ob Magersucht, Bulimie oder Binge-Eating-Störung - gemeinsames Leitsymptom der Essstörungen ist der gestörte Umgang mit Ernährung, der das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen bestimmt. In der Behandlung der Erkrankung ist es deshalb wichtig, symptomorientiert vorzugehen und das gestörte Essverhalten gezielt zu betrachten. Ein weiterer Fokus der Psychotherapie wird darauf gelegt, den Kampf um Autonomie und Identität besser zu verstehen und die damit verbundenen Abwehrstrategien zu bearbeiten.
Oft leiden Menschen mit Essstörungen an weiteren psychischen Störungen. 50 bis 75 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Essstörungen haben zusätzlich Depressionen. Bulimie, Magersucht und andere Formen von Essstörungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen. Die moderne Psychotherapie gibt aber Anlass, optimistisch zu sein. Mit erfahrenen und qualifizierten Spezialisten können heute auch schwere und lang andauernde Essstörungen im Rahmen einer individuellen Therapie mit gutem Erfolg behandelt werden.
Was sind Essstörungen?
Essstörungen entstehen aufgrund von mehreren Faktoren. Dazu gehören biologisch-genetische Faktoren wie Geschlecht und individuelles Normalgewicht, aber auch Persönlichkeitsmerkmale wie ein geringes Selbstwertgefühl und Schwierigkeiten Stress zu bewältigen. Daneben können schwierige Familienkonstellationen oder das von den Medien verbreitete Schlankheitsideal eine Essstörung auslösen.
Beschäftigen Sie sich übermässig mit dem Thema Essen oder mit Ihrem körperlichen Aussehen, das Sie mit Ihrem Essverhalten beeinflussen möchten? Haben Sie oft Schuldgefühle nach dem Essen oder starke Angst vor Gewichtszunahme? Erleben Sie Kontrollverluste über Ihren Hunger und überessen sich? Diese Essverhalten können den Alltag stark beeinflussen und zu beträchtlichem Leiden führen.
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Essen kann zur Qual werden. Das meist zwanghafte Kontrollieren des eigenen Gewichts oder der Kalorienzufuhr kann beträchtliches Leiden verursachen. Teufelskreise von unkontrollierbaren Essanfällen mit oder ohne anschliessendes Erbrechen können den Lebensalltag stark beeinträchtigen. Manchmal liegt dabei eine Essstörung zugrunde.
Zu den häufigsten Essstörungen zählen die Anorexie (Magersucht), die Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und die Binge-Eating-Störung (Esssucht).
Diagnose von Essstörungen
Die Diagnose von Essstörungen umfasst:
- ausführliches Gespräch, teilweise auch Tests mit Fragebögen oder umfassende Interviews
 - familiäre Vorgeschichte, Erkrankungen der Eltern und Essverhalten in der Familie
 - biografische Vorgeschichte einschliesslich möglicher emotionaler Vernachlässigung und Missbrauch
 - Vorliegen weiterer psychischer Störungen wie Depressionen, Angststörungen, Substanzmissbrauch und -abhängigkeit (Alkohol, Drogen, Medikamente) oder Persönlichkeitsstörungen
 - umfassende medizinische Untersuchung (Labor, EKG)
 
Behandlung von Essstörungen
Je früher die Therapie beginnt, desto besser ist die Prognose. Früherkennung und therapeutische Unterstützung können in vielen Fällen dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu einer krankhaften Essstörung kommt. Psychotherapie ist die Behandlungsmethode der ersten Wahl (kognitive Verhaltenstherapie, interpersonelle Therapie).
Insbesondere bei magersüchtigen Patientinnen im Jugendalter ist die Einbindung der Familie in die Psychotherapie ratsam (Angehörigenberatung). Ein BMI von mindestens 15 ist Voraussetzung für eine weitergehende psychotherapeutische Behandlung. Eine Hospitalisierung sollte in enger Zusammenarbeit mit psychologisch-psychiatrisch geschulten Personen erfolgen, wenn das Körpergewicht deutlich unter dem Normalgewicht liegt (BMI < 12) und/oder lebensbedrohliche Situationen oder schwere Störungen des Elektrolyt-Haushalts vorliegen.
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Ziele der Psychotherapie
Welche Ziele können mit der Psychotherapie bei Essstörungen erreicht werden?
- Normalisierung des Essverhaltens und Gewichts
 - falsche Körperideale über Schlankheit und Gewicht zu korrigieren
 - gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers und Gewichts ändern (Förderung von Selbstwahrnehmung, Körpertherapie)
 - angemessenes Selbstwertgefühl und soziale Kompetenzen entwickeln
 - nicht funktionierende Emotions- und Impulsregulation bearbeiten
 
Grundsätzlich gibt es keine nachgewiesene medikamentöse Therapie für Essstörungen. Medikamente werden nur bei gleichzeitig auftretenden psychischen Erkrankungen eingesetzt.
Therapieangebote in Deutschland
In den UPK Basel gibt es verschiedene therapeutische Angebote für den ambulanten, teilstationären und stationären Bereich. Für Essstörungen gibt es spezifische und hochwirksame psychotherapeutische Verfahren. In unserer Spezialsprechstunde für Essstörungen helfen wir mittels ausführlicher Abklärung die geeignete Behandlung zu finden und zu beginnen.
Unsere stationären und teilstationären Behandlungsprogramme richten sich an schwerer betroffene Patientinnen und Patienten, insbesondere mit niedrigem Körpergewicht, die eine intensivere Unterstützung benötigen. Die Behandlungsteams bestehen aus Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Psychologie und Psychotherapie, Pflege, Sozialdienst sowie Spezialistinnen und Spezialisten der Medizinisch-Therapeutischen Dienste. Jede Behandlung wird individuell auf die Bedürfnisse der Patientin und des Patienten abgestimmt.
Therapiezentrum für Kinder und Jugendliche mit Essstörungen
Die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der UPD eröffnete im Herbst 2018 in Moosseedorf ein neues Therapiezentrum für Kinder und Jugendliche mit Essstörungen wie Anorexie, Bulimie oder Binge Eating. Das TZE bietet sowohl ambulante und (teil-) stationäre Spezialangebote an.Essstörungen entwickeln sich aus einer Vielzahl von Ursachen.
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Sie treten überwiegend bei Mädchen und jungen Frauen auf, der Anteil an Buben und jungen Männern nimmt jedoch zu - und die Betroffenen werden immer jünger! Essstörungen können folgenschwere Auswirkungen auf die körperliche und seelische Entwicklung haben. Eine frühzeitige Diagnostik und Therapie erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Behandlung. Das neu eröffnete TZE arbeitet nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und integriert moderne und empirisch gesicherte Methoden der Diagnostik und Behandlung in allen Behandlungssettings.
Ambulante Angebote
Das Ambulatorium des Therapiezentrums für Essstörungen bietet eine Spezialsprechstundefür alle Formen von Essstörungen (Anorexie, Bulimie, Binge Eating) bei Kindern und Jugendlichen. Hier finden diagnostische Abklärungen, niederschwellige Beratungen, ambulante Therapien (Einzel-, Gruppe-, Familientherapie) sowie aufsuchende Programme (Hometreatment) statt.
Stationäre Behandlung
Das Konzept für die stationäre Behandlung basiert auf einem mehrstufigen Therapieprogramm,gemäss dessen Jugendliche (12-18 Jahre) mit Anorexie oder Bulimie nach Mahlzeitennormalisierung und kontrollierter Gewichtszunahme zunehmend Verantwortung für Nahrungsaufnahme und andere Lebensbereiche zurück gewinnen.
Die Behandlung integriert eine Tagesstruktur mit Schulunterricht, Gruppenleben, handwerkliche Ateliers, Körpertherapie, Mahlzeitenbegleitung, Ernährungsberatung und Lehrküche sowie eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung gemäss dialektiv-behavioraler Therapie und Mehrfamilien-therapie (MFT).
Stationäre Behandlung in der Sonnenhalde
Genderorientiert: Sie richtet die stationäre Behandlung gezielt frauenspezifisch aus.
Störungsspezifisch: Sie bietet eine wirksame, störungsspezifische Behandlung bei Abhängigkeitserkrankungen und Essstörungen an.
In der Sonnenhalde arbeiten wir nach einem integrativen psychiatrisch-psychotherapeutischen Konzept, das psychodynamische, systemische und verhaltenstherapeutische Aspekte in einer auf die individuelle Patientin* ausgerichteten Weise integriert.
Wir verstehen eine Abhängigkeitserkrankung oder eine Essstörung als multifaktorielle Erkrankung, deren Ursachen sowohl biologisch (z.B. Körper, Genetik), psychisch (z.B. Traumata, Emotionen) als auch sozial (z.B. Familie, Arbeitsplatz, gesellschaftliche Identität als Frau) bedingt sind.
Behandlung in der Privatklinik Aadorf
An der Privatklinik Aadorf werden alle Essstörungen behandelt: Anorexia nervosa (Magersucht), Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht), Binge-Eating-Störung sowie atypische Essstörungen und Orthorexie. Wir können Patientinnen und Patienten ab einem Alter von 16 Jahren aufnehmen und im Rahmen einer stationären Therapie behandeln.
Spezialsprechstunde Essstörungen
Menschen, die an Essproblemen leiden, möchten diese typischerweise alleine lösen und keine fremde Hilfe beanspruchen. Es ist aber schwierig, den Teufelskreis der Essstörung alleine zu durchbrechen. In unserer Spezialsprechstunde Essstörungen finden Abklärungen, Standortbestimmungen und Psychotherapien statt.
Patienten und Patientinnen mit Essstörungen und mit Gewichtsverlust werden zunächst abgeklärt, um eine gesicherte, manchmal auch alternative Diagnose zu ermöglichen. Die Weiterbehandlung richtet sich nach der gestellten Diagnose.
Das Therapeutenteam arbeitet vorwiegend nach verhaltenstherapeutischen und/oder systemischen Ansätzen. Das heisst, das Essverhalten und die damit verbundene Gefühle werden analysiert, um die Voraussetzungen für Änderungen zu schaffen, und Angehörige werden in die Therapie mit einbezogen. Biographische Zusammenhänge mit dem Essproblem können ebenfalls berücksichtigt werden.
Einstieg in unser Therapieangebot ist diese Sprechstunde.
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