Stoma und Depression: Ursachen und Behandlung

Ein Stoma, ein künstlicher Darmausgang, kann für Betroffene eine große Veränderung im Leben bedeuten. Neben den körperlichen Aspekten spielen auch psychische Faktoren eine wesentliche Rolle, insbesondere das Risiko, an einer Depression zu erkranken. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für Depressionen im Zusammenhang mit einem Stoma und stellt Behandlungsansätze vor.

Psychosomatische Aspekte von Krankheiten

Viele Menschen kennen den Begriff Psychosomatik, aber was bedeutet er eigentlich? Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass jede körperliche Krankheit auch eine Auswirkung auf die Seele hat. Umgekehrt kann es auch sein, dass länger andauernde psychische Belastungen zu körperlichen Beschwerden führen.

Psychosomatik befasst sich mit Menschen, die ein somatisches, also ein körperliches, und ein psychisches Leiden haben. Kopf und Körper lassen sich eben nicht trennen. Das ist eine dauernde Wechselwirkung. Wer depressiv ist, spürt die Schmerzen stärker, und wer starke Schmerzen hat, kann depressiv werden. Kommt es dadurch zu längeren Ausfällen auf der Arbeit, kommt die Angst vor Stellenverlust hinzu. Ein Teufelskreis beginnt.

Ursachen für Depressionen bei Stomaträgern

Ein Stoma beeinträchtigt das Selbstwertgefühl, schürt damit Versagensängste, welche schließlich zu einem Lustmangel und zur Vermeidung von sexuellen Kontakten führt: dieser Teufelskreis wirkt als echter Erektionskiller. Ausgedehnte Operationen bedeuten bereits für sich allein betrachtet einen massiven Eingriff in das persönliche Körperempfinden oder «body image».

Patienten mit Stoma sind verständlicherweise noch gefährdeter, eine Depression zu entwickeln. Auch soziale Isolation und die Angst vor Stigmatisierung können eine Rolle spielen. Durch die Krankheit bin ich allmählich ein anderer geworden. Ich habe gelernt, dass es für mich das Beste ist, wenn ich mich öffne und ohne Umschweife sage, was ist.

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Viele haben halt auch Angst, um die Arbeitsstelle vor allem, weil es tatsächlich Ausfälle geben kann, wenn wieder ein Krankheitsschub kommt. Deshalb verheimlichen sie die Krankheit und sprechen nicht gern darüber. Es ist ja auch unangenehm, denn es geht um WC, um Gestank usw. Es ist wirklich nichts Schönes. Eine Chronisch entzündliche Darmerkrankung ist definitiv keine «sexy Krankheit».

Allein x Mal aufs WC gehen zu müssen, kann einem sehr peinlich werden, zumal ja auch mal ein Unfall passieren kann. Ja, man macht in die Hose, das ist auch mir mehr als einmal passiert, denn je nach Krankheitsphase kann die Sache so dringend werden, dass es nicht mehr aufs WC reicht. Das ist dann wirklich sehr erniedrigend für einen selber, ein ganz schlechter Tag in einem ohnehin belasteten Leben.

Diagnose von Depressionen

Beklagen Sie häufig eine niedergedrückte Stimmung, Antriebsminderung, Konzentrationsstörungen, negative Zukunftsgedanken, Schuldgefühle und Lebensüberdrussgedanken? Stellen Sie allenfalls auch körperliche Symptome fest?

Depressionen verursachen weltweit die meisten gelebten Lebensjahre mit einer Behinderung. Durch keine andere Erkrankung gehen mehr gesunde Lebensjahre verloren als durch Depressionen. Bei den Betroffenen führen Depressionen zu erheblichem Leiden und häufig zu Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung.

Behandlungsmöglichkeiten

Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie ist das Teamwork. Manchmal findet das Teamwork zwischen dem medizinischen Arzt, also dem Somatiker, und dem Psychiater statt, manchmal hat unser Sozialdienst eine wichtige Funktion, mal ist es die Psychotherapie. Dabei soll der Patient - bildlich gesprochen - nicht in der Mitte sitzen und wir reden im Kreis über ihn, sondern er soll mit im Kreis sitzen und eigenverantwortlich werden, sozusagen als Teammitglied. Ziel ist es, den Patienten zum Experten seiner Krankheit zu machen.

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Ich mache oft die Erfahrung, dass man zu lange nach einer körperlichen Ursache sucht und dabei die psychische Komponente vergisst. Oft gehen Patienten mit psychosomatischen Leiden von Arzt zu Arzt, von Spezialist zu Spezialist und fühlen sich zunehmend nicht ernst genommen. Aber auch die Behandelnden kommen an ihre Grenzen. Oft sind es also lange Leidensgeschichten und demnach auch schlechte Erfahrungen mit Ärzten.

Was meistens schon mal hilft, ist, den Patienten ihre Leiden zu erklären, sie verstehen zu lassen, wie Schmerz neurologisch funktioniert und wie er ausstrahlen kann. Wir erklären in unseren Therapien relativ viel, bis wir den Punkt erreichen, an dem der Patient seine Schmerzen versteht und nicht nur bekämpft.

Man muss dem Patienten auf Augenhöhe begegnen und in einer verständlichen Sprache beschreiben, woran er leidet und wie wir die körperlichen und psychischen Zusammenhänge sehen. Es gibt viele, die danach bemerken: «Ah, warum hat man mir das nicht schon vorher erklärt?» Die Patienten sollen mithilfe des Therapeuten neue Wege gehen, zum Beispiel im Umgang mit Schmerzen.

Die Hemmung, in die Psychiatrie zu gehen oder sich einer Psychotherapie zu unterziehen, die ist leider immer noch gross. Und wenn Patienten zu mir ins Büro der Medizin kommen und mich vielleicht noch im Arztkittel sehen, habe ich zu Patienten oft einen leichteren Zugang, als wenn ich sie in normalen Kleidern als Psychiater empfange.

Jasmin Mulikj bietet eine Spezialsprechstunde an, die sich auf die wirksame Behandlung therapieresistenter Depression konzentriert. Zur Erfassung der Ursachen der Therapieresistenz sowie möglicher Behandlungsoptionen erfolgt eine detaillierte und strukturierte Evaluation der psychiatrischen Vorgeschichte, biographischer Faktoren, der aktuellen Symptomatik, der bisherigen Therapiestrategien sowie potentieller Begleiterkrankungen.

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Nach erfolgter Diagnostik wird eine Empfehlung zur Therapiestrategie erarbeitet und mit der Patientin / dem Patienten und der überweisenden Ärztin / dem überweisenden Arzt abgestimmt. Diese Empfehlungen enthalten pharmakologische, psychotherapeutische und als auch weitere biologische Therapieverfahren.

Von Montag bis Freitag von 08:00 bis 17:00 Uhr betreut ein Team von Fachpersonen die Rufnummer für die Anliegen von Angehörigen, Freunden und Arbeitgebern.

Weitere Hilfsangebote

Es ist wichtig, sich Hilfe zu suchen, wenn man unter einer Depression leidet. Neben professioneller psychotherapeutischer Unterstützung können auch Selbsthilfegruppen und der Austausch mit anderen Betroffenen hilfreich sein. Der Austausch mit anderen Betroffenen brachte mir Sicherheit.

Die gute Nachricht ist nun, dass es Erektionshilfen gibt, die genauso gut für einen Stomapatienten geeignet sind wie für jedermann. Hier sei auf die fast jährlich breiter werdende Palette an Medikamenten - zum Einnehmen oder Selbstinjizieren - verwiesen.

Schmerzen können auch Ausdruck von Angst, Depression, Unsicherheit oder Schlaflosigkeit sein. Psychotherapie, Seelsorge, Familiengespräche, Körpertherapie, Kunst- und Ausdruckstherapie, aber auch das Aufarbeiten von materiellen Sorgen, können nebst der medikamentösen Behandlung eine wichtige Rolle spielen, um das Leiden zu lindern.

Wir bieten Ihnen verschiedene Audiokassetten als MP3-Dateien zum Herunterladen an. Der Sprecher führt Sie sanft und mit harmonisierender Querflötenbegleitung über die Selbstwahrnehmung in die Entspannung. Diese Art der Selbsthypnose kann das Schmerzgefühl verändern und zum Teil sogar auflösen. Die Kassette ist eine sinnvolle Ergänzung zur medizinischen Schmerztherapie.

Umgang mit Blasen- und Darmstörungen

Blasen- und Darmstörungen sind häufige Begleitsymptome der Multiplen Sklerose. Sie belasten das Alltagsgeschehen und beeinträchtigen sowohl das seelische Befinden als auch das Sozialleben. Doch es gibt hilfreiche Lösungsansätze, die auch Komplikationen vorbeugen.

Blasenmanagement

Ist die Blasenfunktion im Verlaufe einer MS-Erkrankung betroffen, sind Inkontinenz, Harnverhalten, ungenügende Blasenentleerung und Blasenentzündungen bis hin zu Schädigungen der Nieren die Folgen. Eine frühzeitige Abklärung der Beschwerden durch einen Neuro-Urologen ist deshalb angezeigt.

Die Betroffenen sollten im Umgang mit den Materialien geschult werden, damit ein selbständiges Management gewährleistet ist.

Ein kontrolliertes Flüssigkeitsmanagement, eine regelmässige und komplette Blasenentleerung und zusätzliche Urinansäuerung können Blasenstörungen positiv beeinflussen und Infekten vorbeugen.

  • Als Faustregel gilt für eine erwachsene Person die Flüssigkeitszufuhr von mindestens zwei Litern pro Tag. An heissen Tagen die Trinkmenge erhöhen, gegen Abend reduzieren.
  • Gezielter Einsatz oder Vermeidung von harntreibenden Getränke wie zum Beispiel Hagebuttentee.
  • Auf sorgfältige Intimhygiene achten.
  • Ansäuern des Urins und der Blasenwand: pH-Wert tief halten zum Beispiel mit Preiselbeersaft (Achtung: Kalorien), oder täglich eine halbe frisch gepresste Zitrone oder einen Esslöffel Apfelessig pro Glas Wasser zu sich nehmen.
  • Auf eine regelmässige Darmentleerung achten - dies steht in engem Zusammenhang mit der Vermeidung häufiger Blaseninfekte.

Darmmanagement

Eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung sowie genügend Flüssigkeit sind Voraussetzungen, damit der Darm funktionieren kann. Aufgrund der MS-Erkrankung ist die Darmaktivität reduziert und damit die Entleerung erheblich gestört. Zusätzlich führt die eingeschränkte Mobilität zu einer verlangsamten Darmtätigkeit.

Die Reaktionen auf verschiedene Lebensmittel sind individuell und reichen von Blähungen bis zu Durchfall. Verursacher sind zum Beispiel Kohl- und Krautsorten, Zwiebelgewächse, Lebensmittel mit sehr hohem Anteil an Nahrungsfasern (Ballaststoffe), stark zuckerhaltige Produkte und kohlensäurehaltige Getränke. Auch Nahrungsmittelallergien können Symptome verursachen. Sind solche bekannt, sollte auf die jeweiligen Lebensmittel verzichtet werden.

Bei einer Fehlfunktion sollte die Darmentleerung in regelmässigen Abständen stattfinden. Eine Entleerung alle zwei bis drei Tage, möglichst zur selben Tageszeit, hilft die Darmentleerung zu trainieren. Ein Rhythmus ermöglicht es, die Kontrolle über die Darmentleerung zu erhalten oder wiederzuerlangen.

Die Darmentleerung sollte auf der Toilette oder auf einem Duschrollstuhl in Sitzposition erfolgen. Die Schwerkraft und eine entspannte Haltung unterstützen den Vorgang ebenso wie ein guter Halt der Füsse auf festen Untergrund. Ist die Darmentleerung nur im Bett möglich, ist dringend auf eine linke Seitenlage zu achten.

Eine Mahlzeit oder ein Getränk regt durch den gastrocolischen Reflex das Verdauungssystem und somit die Darmentleerung an. Eine möglichst ungestörte, bequeme und stressfreie Umgebung ist ebenfalls förderlich. Das Führen eines Stuhlprotokolls kann zur Problemanalyse und Lösungsfindung beitragen.

Die Stuhlkonsistenz hat Einfluss auf die Darmentleerung. Bleibt durch die Ernährung ein gewünschter Effekt aus, können Laxantien eingesetzt werden. Zu harter Stuhl kann nur schwer transportiert werden und führt zu Blähungen und einem harten Bauch, zu weicher Stuhl häufig zu Inkontinenz.

Pflanzliche Laxantien sind nicht unbedenklich. Bei einem Langzeitgebrauch können sie, wie auch chemisch Hergestellte, zu einem Gewöhnungseffekt führen. Die Wahl der Laxantien soll aufgrund der Wirkungsweise erfolgen und Vorlieben, Einnahmemöglichkeiten, Diagnosen etc. berücksichtigen.

Die Geschichte von Marcel: Leben mit Morbus Crohn und Stoma

Seit er sieben Jahre alt ist, leidet Marcel an der chronischen Darmkrankheit Morbus Crohn. In der Schule wird er dafür gemobbt und zuhause von seiner ebenfalls chronisch kranken Mutter geschlagen.

Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmkrankheit, welche den ganzen Magen-Darm-Trakt befallen kann. Marcel erhält lediglich Kortison. Das Medikament springt auf Morbus Crohn gut an, hat aber auch starke Nebenwirkungen. Er leidet an geschwollenen Backen und übermässigem Appetit. In der Schule schläft er vor Müdigkeit oftmals beinahe ein.

Mit 12 Jahren wird Marcel operiert. Sein Dickdarm und die Hälfte seines Dünndarms werden entfernt. Folglich erhält er ein Stoma (eine auf der Bauchdecke liegende künstlich Öffnung des Darmausganges). Seine Gesundheit verbessert sich nach der Operation aber kaum. Die entfernten Organe können sich nun zwar nicht mehr entzünden, dafür leidet Marcel nun an stärkerem Durchfall, Mangelernährung und anderen Entzündungen.

Besonders das Stoma fällt den Mitschüler*innen auf. Mit «Säcklischisser» und weiteren Beleidigungen muss sich Marcel tagtäglich herumschlagen. Als wäre das Leben von Marcel nicht schon schwierig genug, erkrankt seine Mutter auch noch an einer genetisch bedingten Nervenkrankheit. Marcel ist ihren Stimmungsschwankungen ausgesetzt und muss sich mit ansehen, wie sich der Zustand seiner Mutter verschlechtert. Durch die Krankheit wird sie immer wieder aggressiv und schlägt ihn. Marcel lädt keine Freunde mehr zu sich ein und schämt sich für sein Zuhause. Die ehemalige Wohlfühloase wird zur Hölle.

Durch seine Krankheit bleibt er öfters zuhause und schottet sich so von der Aussenwelt ab.

In seiner Morbus-Crohn-Laufbahn probiert der heute 34-Jährige viel aus, unter anderem auch Cannabis. Dieses hilft ihm durch Zeiten, in denen er mit starken Schmerzen zu kämpfen hat. Es wirkt sich positiv auf seinen Magen und seine Muskeln aus. Als Marcel aber mit seinem Auto in eine Polizeikontrolle gerät und sein Führerschein wegen Cannabiskonsum entzogen wird, fällt er noch tiefer. Er wird depressiv und sieht keinen Sinn mehr im Leben. Das Einzige, was ihn am Leben hält, ist seine Mutter, die er nicht alleine lassen möchte.

Bevor sich Marcel ganz aufgibt, meldet er sich bei seiner Vertrauensperson im Spital. Sie hilft ihm, baut ihn auf und sucht einen Psychiater. Mehrere Jahre geht Marcel zur Theraphie und bekommt Medikamente gegen seine Depression. Seither hat er sein Leben umgestellt. Mit viel Sport, einem stabilen Umfeld und einem Verein, in dem er sich viel austauschen kann, geht es Marcel nun besser. Er hilft Menschen mit ähnlichen Schicksalen und schöpft so viel Kraft für sein eigenes Leben. Seine psychische und physische Gesundheit sind heute stabil und in gutem Zustand.

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