Eine Bergfahrt in den Urner Alpen im Jahr 1881

Vorwort

Wir haben heute das Glück, sowohl im Sommer als auch im Winter übers Wochenende selbst vom Mittelland aus Bergfahrten unternehmen zu können, für die man früher wegen der Verkehrsverhältnisse drei bis vier Tage benötigte, so dass wir kaum noch nachzufühlen imstande sind, wie sehr sich Anton Schürmann, der ehemalige Stadtschreiber von Luzern, nach einem grösseren Ausflug sehnte.

Als Schürmann 1881 die obigen Zeilen verfasste, hatte er vier Jahre lang keinen mehrtägigen Urlaub erhalten, der für Besteigungen in Uri nötig war; daher die heftige Verbitterung. In diesem Jahr jedoch nahm der Stadtschreiber, « sich selbst überwindend », einen Anlauf. Die vier Tage Freizeit ermöglichten es ihm, Sustenjoch und Kartigeljoch zu überschreiten, wobei der Besuch des Fleckistocks ( 3416 m ) wegen schlechten Wetters abgebrochen wurde.

Es tut uns Nachfahren gut, bisweilen etwas von den damaligen misslichen Begleitumständen zu vernehmen, um nicht zu vergessen, wie genügsam alte Bergsteiger sein mussten, wie dankbar sie für eine einzige Bergfahrt waren und wie zufrieden sie sich sogar nach einem bescheidenen Jochübergang fühlten. Von solch seltenen Bergerlebnissen zehrten sie ein ganzes Jahr oder noch länger.

Die Vorbereitungen und die Reise nach Amsteg

Schürmanns Plan war es, den Stücklistock oder den Fleckistock zu besteigen. Er sandte eine Depesche an Ambros Zgraggen, einen Bergführer aus Amsteg: «Wünschte den Stücklistock oder den Fleckistock zu besteigen. Wäret Ihr disponibel, wenn ich morgen mit erstem Schiff komme? Wenn Ambros nicht daheim, ersuche das Postbureau mitzuteilen, ob Furger oder ein Tresch zu Hause.» Die Antwort Zgraggens lautete: «Ich bin bereit.» Die Abreise wurde festgesetzt auf den 16. Juli 1881.

Schürmann reiste allein, da er die Erfahrung gemacht hatte, dass viele, die im Winter enthusiastisch über Bergausflüge sprachen, im Sommer Ausreden fanden. Am Vorabend las er noch einmal die vom Alpenclub herausgegebenen Beobachtungsnotizen.

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Die Fahrt über den See war angenehm. In Flüelen nahm er die Post. In Amsteg erfolgte der Pferdewechsel, und Zgraggen stand mit Gletscherbeil und Ausrüstung bereit. Bei 22° R. und Staub ging es weiter. Überall wurde an der Gotthardbahn gearbeitet.

Göschenen: Ein erster Eindruck

Das Dorf Göschenen bestand aus drei Quartieren: der Arbeiterstadt, dem oberen Teil mit den Hotels und dem alten Reusszolltor. Die Arbeiterstadt war geprägt von einfachen Gebäuden, Unreinlichkeit und einer Vielzahl von Menschen, die mit verschiedenen Arbeiten beschäftigt waren.

Nach einem Bummel durchs Dorf kauften sie Wein, Brot, Käse und luftgetrocknetes Fleisch, bevor sie ins Göscheneralptal aufbrachen.

Aufstieg ins Voralptal

Im Göscheneralptal suchte Schürmann vergeblich nach Kristallen. Der Hintergrund des Tales faszinierte ihn jedoch mit Rhonestock, Dammastock, den Winterbergen und dem Dammagletscher.

Es war heiss und windstill. Nach einer Stunde verengte sich das Tal, und der Weg führte durch einen steilen Wald ins Voralptal. Nach einer Halbstunde Aufstieg erblickten sie einen Wasserfall, den Abfluss des Brunnenfirns.

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Das Voralptal öffnete sich bald etwas. Bei der Alphütte Flachensteinen stand einsam eine Arve. Im Hintergrund zogen schwere Wolken auf, und es begann zu regnen.

Wallenbühl: Eine Nacht in der Wildnis

Es regnete, und sie eilten zu den Hütten von Wallenbühl. Der Bach war reissend, und es gab keine Brücke. Zahlreiches Vieh weidete im Regen. Endlich erreichten sie Wallenbühl auf 2088 Metern Höhe.

Sie wurden freundlich empfangen, aber die Hütte war klein. Das Nachtessen bestand aus Milchspeisen. Ihre Lagerstätte war ein feuchtes Heulager neben einem Felsen.

Etwa um 9 Uhr rief einer der Sennen den Abendsegen. Während der Nacht gab es Gewitterregen. Schürmann sorgte sich um das Vieh, das schutzlos im Freien lag.

Der Aufstieg zum Fleckistock

Am Morgen brachen sie vor Tagesanbruch auf. Nach dem Essen hiess es: «Gämmer, wos d'r eppä mäinid.» Abmarsch war um 5 Uhr. Der Steig wandte sich zur Terrasse, die «auf den Flühen» genannt wird. Dieser Teil des Aufstiegs wies eine reiche Alpenflora auf.

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Ort Höhe (m)
Wallenbühl 2088
Fleckistock 3416

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