In der Psychologie werden Lebensabschnitte als Phasen bezeichnet, in denen sich die Entwicklung des Menschen unterschiedlich gestaltet. Diese Phasen sind durch einschneidende Veränderungen im Verhalten gekennzeichnet. Verhaltensweisen prägen diese Phasen, welche die Entwicklung am meisten bestimmen. Entsprechend dem Alter folgen die Phasen in einer bestimmten Reihenfolge aufeinander. Die darauffolgende Phase baut auf der vorherigen Entwicklungsphase auf und wird erst durch diese möglich (vgl. Metzinger 2014: 16).
Der Begriff der sensiblen Phase beschreibt eine irreversible Form des Lernens. In dieser Zeit hat das Kind eine erhöhte Empfänglichkeit für den Erwerb bestimmter Verhaltensweisen und Kompetenzen. Es ist eine Zeit, in der das Kind besonders offen für bestimmte Reize seiner Umgebung ist (vgl. KiTa.de 2024: o.S.).
Während sensibler Phasen ist es forderlich, Entwicklungsanreize zu setzen oder schädliche Einflüsse besonders zu vermeiden. Geschieht dies nicht, kann sich dies in aller Voraussicht besonders negativ für die weitere Entwicklung auswirken (vgl. Pinquart/Schwarzer/Zimmermann 2011: 19). Ist die sensible Phase vorbei, können bestimmte Fähigkeiten und Kompetenzen nur noch schwer oder gar nicht mehr erlernt werden, da die Empfänglichkeit nicht mehr so ausgeprägt ist (vgl. Metzinger 2014: 16).
Die menschliche Entwicklung verläuft nicht gleichmässig, sondern ist von Veränderung und Förderung geprägt, die sich mit Zeiten scheinbarer Stagnation abwechseln. Das Tempo dieser Entwicklung variiert von Mensch zu Mensch. So entwickeln sich Kinder unterschiedlich schnell (vgl. Metzinger 2014: 8).
Sozial-emotionale Kompetenzentwicklung
Sozial-emotionale Kompetenzen sind auf vielfältige Weisen mit der emotionalen Kompetenz verbunden (vgl. Petermann/Wiedebusch 2016: 22). Häufig wird von sozial-emotionalen oder sozio-emotionalen Kompetenzen gesprochen (vgl. Pfeffer 2012: 10). Sie umfassen die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die Emotionen anderer zu erkennen und zu benennen, zu verstehen sowie adäquat zu regulieren und auszudrücken (vgl. Niklas 2014: 78).
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Emotionale und soziale Kompetenzen sind inhaltlich eng miteinander verbunden. Kinder mit ausgeprägter Emotionsregulation zeigen häufig auch eine hohe soziale Kompetenz. Emotionale Kompetenzen ermöglichen es dem Individuum, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, die eigenen Wünsche zu äussern und sich vor Gefahr zu schützen. Sie tragen somit zu einem erfüllten Leben bei.
Die Rolle der «sensiblen Phase» in der kindlichen Entwicklung
In der frühen Kindheit stehen die motorische Entwicklung, die Sinneswahrnehmung und Sprache im Mittelpunkt. Im späteren Verlauf werden das logische Denken, das moralische Bewusstsein geschärft und die zuvor erworbenen Fähigkeiten vervollkommnet. Im Jugendalter werden die Beziehungen ausserhalb der Familie wichtiger. Es entwickeln sich das kritische Bewusstsein und die Fähigkeit zu abstraktem Denken. Im Erwachsenenalter festigen sich die Persönlichkeit und die Beziehungen zu Partnerschaft, Gesellschaft und Politik (vgl. KiTa.de 2024: o.S.).
Die frühe Kindheit ist eine sensible Phase für den Aufbau stabiler Bindungen zu einer verlässlichen Bezugsperson. In dieser Zeit ist es wichtig, dass Bezugspersonen gezielt und reflektiert auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen (vgl. Rothgang/Bach 2021: 126). Wissenschaftliche Nachweise solcher sensiblen Phasen sind aus ethischen Gründen kaum möglich. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Einflüsse später noch wirksam werden können.
Einflussfaktoren in der Entwicklung emotionaler und sozialer Kompetenzen
Die Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Dazu gehören:
- Das Temperament des Kindes
 - Die Bindungstypen zu den Eltern
 - Die Erziehungsmethoden der Bezugspersonen
 - Soziale Interaktionen
 - Umweltfaktoren
 
Es gibt Hinweise darauf, dass das Geschlecht ebenfalls eine Rolle spielen könnte, wobei die Befunde teils widersprüchlich sind. Laut Klinkhammer et al. (2022: 64) wurden jedoch kleine Geschlechtsunterschiede im Emotionsausdruck festgestellt.
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Bedeutung und Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen
Sozial-emotionale Kompetenzen sind sowohl aus der Perspektive des Individuums als auch aus der Perspektive der Gesellschaft von Bedeutung (vgl. Pfeffer 2012: 14). Sie sind entscheidend für die Lebensbewältigung. Der Erwerb dieser Kompetenzen beginnt früh, da soziale Interaktionen von Anfang an stattfinden (vgl. Pfeffer 2012: 16).
Die Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen ist eng mit der Entwicklung von Selbstwert und Selbstwirksamkeit verbunden. Soziale Kompetenzen beinhalten die Bildung eines eigenen «Ich» in der Interaktion mit anderen. Das Erkennen und Verstehen eigener Gefühle und das Wissen, wie man diese repräsentieren kann, ist Bestandteil sozialer Bildungsprozesse (vgl. Pfeffer 2012: 12).
Die Entwicklung der Perspektivenübernahme trägt ebenfalls zur sozial-emotionalen Kompetenz bei. Zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr nimmt die Fähigkeit, die Perspektive anderer einzunehmen, immens zu (vgl. Pfeffer 2012: 17). Es wird zwischen der kognitiven und die affektive/emotionale Perspektivenübernahme unterschieden (vgl. Dimitrova/Lüdmann 2014: 3).
Im Laufe der Entwicklung werden die Gefühle zunehmend differenzierter und komplexer. Kinder lernen, mit ihren eigenen Emotionen und den Emotionen anderer umzugehen. Die Qualität dieser Erfahrungen kann vielfältig sein und die Entwicklung der sozial-emotionalen Kompetenz bei Kindern beeinflussen (vgl. Petermann/Wiedebusch 2013: 734).
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