Screening-Methoden für psychische Störungen

In der Schweiz erkrankt jede fünfte Person mindestens einmal im Leben an einer Depression. Der Grossteil depressiver Störungen ist mit den heutigen Therapien gut behandelbar. 50 Prozent der depressiven Personen erhalten jedoch heutzutage keine Therapie. Von den restlichen 50 Prozent erhält wiederum die Hälfte eine unzureichende Therapie.

Um dem entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Screening-Methoden zur Früherkennung psychischer Störungen.

Screening auf Depressionen bei Erwachsenen

«Stepped Care Kanton Bern» unterstützt Sie, die Hausärzte und Hausärztinnen des Kantons Bern, Depressionen noch früher zu erkennen und die diagnostische Abklärung und Behandlung zu optimieren. Durch die gestufte Behandlung (Stepped Care) erhalten Patientinnen und Patienten eine Therapie, welche sowohl deren individuellen Belastungsgrad wie auch deren Behandlungsvorlieben berücksichtigt.

Wir bieten Ihnen kostenlose Fortbildungen an, in welchen Sie Ihr Wissen über die verschiedenen Formen depressiver Störungen vertiefen können und erfahren, welche psychotherapeutischen, pharmakologischen sowie ergänzenden Ansätze wirksam sind. Weiter bieten wir Ihnen eine zweitägige Schulung in «IPT-Counseling» (IPT = Interpersonelle Psychotherapie) an.

Wenn Sie herausfinden möchten, ob ein Patient oder eine Patientin an einer Depression leidet, machen Sie mit Ihrem Patienten/Ihrer Patientin den sogenannten «Zwei-Fragen-Test», ein bewährtes Screening-Instrument zur Früherkennung depressiver Störungen. Wird eine der beiden Fragen bejaht, füllt die Patientin/der Patient den PHQ-9-Fragebogen aus.

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Ist der Score (Ergebnis) des PHQ-9-Fragebogens 5 oder höher, folgt die webbasierte ICD-Diagnostik. Diese besteht aus zehn Fragen, die mit «Ja» oder «Nein» beantwortet werden. Das Ergebnis zeigt Ihnen den Schweregrad der depressiven Symptomatik an und gibt Ihnen leitlinienbasierte Empfehlungen für das weitere Vorgehen.

Wird bei der letzten Frage des PHQ-9 (Suizidgedanken) 1 oder höher angekreuzt, muss die Suizidalität aktiv exploriert und sollten Massnahmen erwogen werden (z.B.

Wenn Sie die Psychodiagnostik nicht selbst durchführen möchten, können Sie Ihren Patienten/Ihre Patientin bei der Psychotherapeutischen Praxisstelle der Universität Bern oder bei der Stepped Care Beratungsstelle der PZM Psychiatriezentrum Münsingen AG anmelden. Diese werden Diagnostik und Behandlung übernehmen.

Mithilfe dieses Programms finden Sie auf einfache Art heraus, ob bei Ihrem Patienten/Ihrer Patientin eine Depression vorliegt. Das Programm orientiert sich an den Kriterien der ICD-10 und verwendet dieselbe Auswertung. Bitte klären Sie Ihren Patienten/Ihre Patientin darüber auf, dass Sie die Fragen zur Befindlichkeit stellen, um herauszufinden, ob eine Depression vorliegt.

Nach Beantwortung der Fragen klicken Sie auf den Knopf «Download Ergebnis». Sie erfahren nun, ob eine Depression vorliegt und wenn ja, in welchem Schweregrad.

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Merke: Achten Sie bitte darauf, ob die Symptome eine somatische Ursache haben (bspw.

Verwendete Fragebögen und Instrumente:

  • PHQ-9-Fragebogen: Deutsche Übersetzung und Validierung des «Brief Patient Health Questionnaire (Brief PHQ)» durch B. Löwe, S. Zipfel und W. Herzog, Medizinische Universitätsklinik Heidelberg.

Screening-Methoden bei Kindern und Jugendlichen

Neben den genannten Instrumenten für Erwachsene existieren auch spezifische Verfahren, die auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten sind.

Verwendete Fragebögen und Instrumente:

  • Children’s Depression Screener (ChilD-S) (B. Frühe, A.K. Allgaier, K. Pietsch, M. Baethman, J. Peters, S. Kellnar, …, G.
  • Relationship Problems Questionnaire RPQ (Minnis, Rabe-Hesketh & Wolkind, 2002): Erfasst das Bindungsverhalten der Kinder, im Sinne eines Screening für Bindungsstörungen.
  • Child Behavior Checklist CBCL (Achenbach et al. 1991, deutsche Version 1996): Erfasst die Psychopathologie von Kindern.
  • Junior Temperament und Charakter Inventar JTCI 3-6 R (Goth & Schmeck, 2009): Dient der Erfassung der Persönlichkeit bei Kindern von 3 bis 6 Jahren.
  • Junior Temperament und Charakter Inventar JTCI 7-11 R (Goth & Schmeck, 2009): Dient der Erfassung der Persönlichkeit bei Kindern von 7 bis 11 Jahren.
  • Geschichtenergänzungsverfahren zur Bindung (GEV-B, Gloger-Tippelt & König, 2009): Hierbei wird die Bindungssicherheit der Kinder erhoben.
  • Kinder-DIPS, Schneider, Unnewehr & Margraf, 2009): Forschungsversion des Diagnostischen Interviews bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter, welches zusätzlich Bindungsstörungen und Rumanitätsstörungen erhebt.
  • Intelligence and Development Scales IDS (Grob, Meyer & Hagman-Von Arx, 2009): Erfassen der sprachlichen und sozialen Fertigkeiten.

Das Geschichtenergänzungsverfahren zur Bindung (GEV-B) im Detail

Beim projektiven GEV-B werden die Kinder durch den Durchführenden in sieben kurze Geschichte zum Bindungsverhalten eingeführt, welche diese dann weiter und zu Ende spielen. Bei dem Verfahren kommen Puppenfiguren und Puppenspielzeug zum Einsatz, um sprachliche und nonverbale Informationen in die Auswertung miteinbeziehen zu können.

Aus einer Kombination der prozeduralen Ebene und der deklarativen Ebene wird es möglich, Aussagen zu übergreifenden und generalisierten Bindungsrepräsentationen zu treffen.

Das GEV-B beginnt mit einer Warming-Up-Geschichte zur Geburtstagsfeier. In dieser Geschichte werden die Spielfiguren vorgestellt, die Durchführung erklärt und der Durchführende und das Kind können sich kennenlernen. In den nächsten fünf Geschichten wird das Bindungssystem zunehmend stärker aktiviert.

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Die standardisierte Abfolge erfolgt über die folgenden Geschichten: "Saft-Missgeschick", "Knie-Verletzung", "Monster-Angst", "Trennung-Eltern weg", "Wiedersehen-Eltern kommen wieder". Abgeschlossen wird das GEV-B mit einem Familienausflug, welcher als Entspannungsgeschichte dem Wohlbefinden des Kindes dienen soll.

Das gesamte Verfahren zum GEV-B wird mit einer Videokamera aufgenommen. Die Auswertung der Videoaufnahme zum GEV-B wird durch zertifizierte Rater durchgeführt.

Zusätzliche Instrumente zur Erfassung elterlicher Belastung

Um die Familiensituation und mögliche Belastungsfaktoren besser zu verstehen, werden auch Instrumente zur Erfassung des elterlichen Stresses eingesetzt:

  • Brief Symptom Inventory BSI (Derogatis, 1993): Ein sehr ökonomisches Verfahren, um die Psychopathologie bei Erwachsenen zu erfassen.
  • Parental Stress Scale PSS (Berry & Jones, 1995): Besteht aus 18 Items und verfügt dafür über eine gute Reliabilität und Validität.
  • Elternstressfragebogen ESF (Domsch, Lohaus 2010): Dient der Einschätzung des subjektiven elterlichen Stresserlebens sowie einer Reihe von Be- und Entlastungsfaktoren in Zusammenhang mit der Elternschaft.

Erfassung traumatischer Erfahrungen

Im Rahmen des Diagnostischen Interviews wird zur Abklärung der Posttraumatischen Belastungsstörung bei allen untersuchten Kindern die Anzahl der traumatischen Erlebnisse erfasst. Es erschien uns ethisch verantwortungsvoller dies nur einmal im Rahmen des Gesprächs zu erheben, als die Eltern mit einem solchen Fragebogen zusätzlich zu belasten. Zudem kann dann von einer Fachkraft entschieden werden, ob die definierten Kriterien für ein traumatisches Ereignis erfüllt sind.

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