Der Begriff Psychose bezeichnet eine Gruppe schwerer psychischer Störungen, die mit einem zeitweiligen weitgehenden Verlust des Realitätsbezugs einhergehen.
Die Psychosen können in die Untergruppen Organische Psychosen, Psychosen des schizophrenen Formenkreises und affektive Psychosen eingeteilt werden.
Der Begriff Psychose wird oft unkorrekt mit Schizophrenie gleichgesetzt.
Der Begriff geht auf E. Bleuler zurück.
Er kennzeichnet die psychopathologische Besonderheit der Schizophrenie als eine «Spaltung der verschiedensten psychischen Funktionen».
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Das durchschnittliche Erkrankungsrisiko (Lebenszeitprävalenz) in der Allgemeinbevölkerung beträgt circa ein Prozent, unabhängig von Kultur, sozialem Status und Geschlecht.
Es werden zwei Hauptgruppen unterschieden, die endogenen und die funktionellen Psychosen.
Die Abgrenzung zur affektiven Psychose (Depression, manisch-depressives Syndrom) ist schwierig.
Es werden grundsätzlich so genannte Positiv- und Negativsymptome voneinander unterschieden.
Die Positivsymptomatik beinhaltet die Konzentration und die Aufmerksamkeit, das inhaltliche und formale Denken, die Ich-Funktionen und die Wahrnehmung.
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Zur Negativsymptomatik zählt man die Intentionalität sowie die Affektivität und die Psychomotorik.
Eine weitere mögliche Einteilung der Symptome ist diejenige in Symptome ersten Ranges und Symptome zweiten Ranges (nach K. Schneider).
Symptome ersten Ranges
Zu den Symptomen ersten Ranges gehören:
- Wahnvorstellungen
 - Halluzinationen (üblicherweise akustische Halluzinationen in Form von miteinander sprechenden, Befehle erteilenden oder die Handlungen des Erkrankten kommentierenden Stimmen), seltener Körperhalluzinationen (die auch als leibnahe oder coenesthetische Halluzinationen bezeichnet werden) oder Geschmacks- und/oder Geruchshalluzinationen (olfaktorische Halluzinationen).
 - Ich-Störungen bezeichnen eine Gruppe von Symptomen, die mit einem Verlust der Ich-Grenzen einhergehen.
 
Beispielsweise ist der Kranke davon überzeugt, dass eigene Gedanken laut werden und von anderen gehört werden können, oder er vertritt die Vorstellung, fremde Gedanken lesen zu können.
Häufig werden zufällige Ereignisse, zum Beispiel bedeutungslose Gesten zufällig getroffener Personen oder normale Radiomeldungen mit einer Bedeutung für die eigene Person versehen.
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In diesen Gesten und Meldungen werden dann zum Beispiel verschlüsselte Botschaften gesehen (zum Beispiel von Geheimdiensten), durch die einem etwas mitgeteilt werden soll.
Man bezeichnet sie als Wahnwahrnehmungen.
Der Wahn selbst ist durch eine objektive Falschheit, die subjektive Gewissheit und die Unverrückbarkeit gekennzeichnet.
Ursachen und Auslöser von Psychosen
So wenig die Ursache dieser Störungen bis heute bekannt ist, so heftig wurde in der Vergangenheit kontrovers diskutiert, ob es sich um eine organisch ausgelöste, zum Beispiel genetisch bedingte Krankheit handelt, oder aber um eine auf Probleme zurückzuführende Störung, deren Wurzeln schon in frühester Kindheit zu suchen seien.
Aktuell wird üblicherweise davon ausgegangen, dass bei bestehender Anfälligkeit psychodynamische Stressfaktoren (familiäre oder sonstige zwischenmenschliche Probleme, Trennungen, Verlust) zum Ausbruch der Krankheit führen können.
Auch bei diesem «Vulnerabilitäts-Stress-Modell» handelt es sich lediglich um eine Arbeitshypothese, die aber beim gegenwärtigen Wissensstand brauchbar erscheint.
Es werden so genannte transiente (vorübergehende), länger anhaltende psychotische Episoden (toxische Psychose) und substanzinduzierte Psychosen (z.B.
Bereits abgeklungene Psychosen können durch den Konsum solcher Substanzen wieder ausbrechen.
Cannabis und Psychosen
Unter akuter Cannabiswirkung können kurz andauernde psychotische Symptome auftreten.
Diese erreichen aber in der Regel nicht das Ausmass einer klinisch relevanten psychotischen Störung.
Gemäß ICD-10 (International Classification of Diseases) sind dies psychotische Symptome, die nicht länger als 48 Stunden anhalten.
Zum Zeitpunkt der Stichprobenerhebung in einer prospektiven epidemiologischen Untersuchung in Australien zeigte sich, dass bei etwa 1.2 Prozent der untersuchten Personen mit chronischem Cannabiskonsum psychotische Symptome vorhanden waren.
Diese Ergebnisse legen nahe, dass von einem Kontinuum psychotischer Merkmalsausprägungen auszugehen ist.
Dieses reicht von kurzfristigen psychotischen Symptomen, wie sie bei akuter Intoxikation auftreten können, über länger anhaltende transiente psychotische Phänomene bis zu länger anhaltenden psychotischen Episoden nach akutem oder chronischem Cannabiskonsum.
Länger anhaltende (länger als 48 Stunden) psychotische Episoden können nach akutem hochdosiertem sowie nach chronischem höherdosiertem Cannabiskonsum auftreten.
Die Symptomatik tritt unmittelbar während oder innerhalb von zwei Wochen nach dem Cannabisgebrauch auf.
Eine Abgrenzung zu schizophrenieformen oder schizophrenen Psychosen aufgrund der Symptomatik ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht möglich.
Nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell wird heute davon ausgegangen, dass akuter oder chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen (anfälligen) Personen im Sinne eines Stressors zu verstehen ist.
Beim Genuss von Cannabis in sehr hohen Dosen kann jedoch vermutlich jeder Mensch psychotische Symptome entwickeln.
Am häufigsten stammen Berichte von toxischen Psychosen aus Kulturen, wo Speisezubereitungen von Haschisch oder potente Cannabisgetränke üblich sind.
In der USA sowie Europa, wo Cannabis vorwiegend geraucht wird, kommen toxische Psychosen relativ selten vor.
Die Prävalenz von Cannabiskonsum ist bei Schizophrenen verglichen mit einer alterskontrollierten Normalpopulation etwa fünf mal höher.
Umgekehrt ist das Risiko eine Schizophrenie zu entwickeln bis zu sechs mal höher, wenn vermehrt Cannabis konsumiert wird.
Ein kausaler Zusammenhang wird aber nach wie vor sehr kontrovers diskutiert (die Hauptfrage dabei ist, ob Schizophrene häufiger Cannabis konsumieren, quasi als Selbstmedikation, oder ob Cannabiskonsum zu mehr Schizophrenie führt).
Gegenwärtig vermutet man, dass höher frequenter und/ oder höher dosierter Cannabiskonsum als Stressor im Sinne des Vulnerabilitäts-Stress-Modells der Schizophrenie einzuschätzen ist.
Mehr Konsens findet sich, wenn es darum geht, ob der Cannabiskonsum den Verlauf einer schizophrenen Psychose ungünstig beeinflusst, was er auch tut.
Neuere Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass es zu einer differenzierten Beeinflussung kommt.
Die positive Symptomatik soll dabei verschlechtert werden, während die Negativsymptomatik sich verbessern soll.
THC und seine Wirkung
THC ist eine potente Substanz: Sie hat eine Wirkung auf die menschliche Psyche.
Vor allem bei hohen Dosen können auch unangenehme Effekte auftreten.
In den Medien liest man immer wieder, dass Cannabis zu dauerhaften Geisteskrankheiten führen kann.
Selbst gelegentlicher Konsum soll bei Jugendlichen psychische Schäden verursachen.
Dazu gehören toxische Psychosen, Panikattacken, Flashbacks, Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Persönlichkeitsveränderungen, Paranoia und unkontrollierte Aggressionsausbrüche.
Auswirkungen von Cannabiskonsum auf Schizophrenie
Es können auch immer wieder akute psychotische Exazerbationen (Ausbrechen bzw.
Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Schizophrenie:
| Aspekt | Beschreibung | 
|---|---|
| Prävalenz von Cannabiskonsum bei Schizophrenen | Etwa fünfmal höher als in der Normalbevölkerung. | 
| Risiko, Schizophrenie zu entwickeln bei Cannabiskonsum | Bis zu sechsmal höher bei vermehrtem Konsum. | 
| Kausaler Zusammenhang | Kontrovers diskutiert; Frage, ob Selbstmedikation oder Ursache. | 
| Vulnerabilitäts-Stress-Modell | Cannabiskonsum als Stressor bei anfälligen Personen. | 
| Einfluss auf den Verlauf einer schizophrenen Psychose | Ungünstig; positive Symptomatik verschlechtert, negative Symptomatik möglicherweise verbessert. | 
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