Schizophrenie und Trauma: Ein Zusammenhang

In den meisten untersuchten Kulturen erkranken etwa 0,5 % bis 1 % der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an Schizophrenie. Der Begriff «schizophren» bedeutet «Spaltung der Seele» und beschreibt, dass Betroffene in einer akuten Phase zwei Realitäten erleben. Die Medizin geht von einer genetisch bedingten Entwicklungsstörung des Gehirns als Ursache aus.

Eine schizophrene Psychose ist heute heilbar. Neben der medikamentösen Behandlung ist die Information des Betroffenen und seines Umfeldes über die Erkrankung und die Therapiemöglichkeiten von grosser Bedeutung. Oftmals herrschen grosse Vorurteile, die einen Erfolg erschweren. Neben der Behandlung der akuten Symptomatik ist es entscheidend, dass eine Rückfallprävention eingeleitet wird. Meistens handelt es sich um eine phasisch auftretende Erkrankung. Unspezifische Symptome wie Konzentrationsstörungen oder affektive Symptome können in den stabileren Phasen vorherrschen.

Schizophrene Psychosen können verschiedene Ursachen haben. Häufig treten Suchterkrankungen und Schizophrenien gemeinsam auf. Zum einen können schizophrene Episoden durch Drogen ausgelöst werden, zum anderen können Suchtmittel von Erkrankten im Sinne einer «Selbstmedikation» konsumiert werden.

Trauma und Psychose

Ein psychisches Trauma wird durchweg mit einem erhöhten Risiko für psychotische Erfahrungen in Verbindung gebracht. Traumatische Erfahrungen können auch zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen, und es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang zwischen PTBS und psychotischen Symptomen bei Menschen mit Psychosen besteht, die ein Trauma erlebt haben.

Eine posttraumatische Belastungsstörung ist ein Risikofaktor für die Entwicklung psychotischer Symptome, und etwa 40 % der Menschen mit Psychose leiden gleichzeitig unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.

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Es wurde vermutet, dass akustische Halluzinationen eine Art posttraumatisches Wiedererleben im Zusammenhang mit einer traumatischen Erinnerung sind. Dies steht im Einklang mit Studien, die gezeigt haben, dass halluzinatorische Inhalte häufig mit Traumaerfahrungen verbunden sind.

"In diesem Rahmen wird eine aufdringliche Trauma-Erinnerung möglicherweise nicht als Erinnerung erlebt, sondern stattdessen auf psychotische Weise falsch zugeordnet (z. B. als Stimme)." (1)

Kindheitstrauma und Schizophrenie

Kindheitstraumata, wie sexueller, körperlicher oder emotionaler Missbrauch, können das Risiko erhöhen, später im Leben Psychosen und Schizophrenie zu entwickeln. Bis zu 80% der schizophren erkrankten Menschen haben in ihrem Leben ein traumatisches Erlebnis erfahren. Ein verdrängtes Kindheitstrauma z.B., kann sich in Form einer Psychose ausdrücken - meist zu Beginn des Erwachsenenalters - wenn der Mensch die Stärke und Reife entwickelt hat, die traumatischen Erlebnisse der Kindheit zu verarbeiten.

Eine Psychose ist sozusagen eine natürliche Reaktion der Psyche, um belastende Ereignisse der Vergangenheit an die Oberfläche des Geistes zu bringen, sie wieder zu fühlen und aufarbeiten zu können. Jedoch führt ein Kindheitstrauma nicht zwangsweise zu Psychosen oder einer schizophrenen Erkrankung. Die Wahrscheinlichkeit mit einem Kindheitstrauma eine Psychose zu entwickeln liegt bei 33%. Es stellt sich daher die Frage, durch welche (beeinflussbaren) Faktoren ein Kindheitstrauma die Anfälligkeit für psychotische Symptome erhöhen.

Klinisch gesehen verläuft die Erkrankung mit Kindheitstrauma schwerer mit häufigeren Klinikeinweisungen als bei Menschen mit Psychose ohne Trauma. Weiter heißt es daher: "Dies weist darauf hin, dass die Behandlungsergebnisse in dieser Bevölkerungsgruppe dringend verbessert werden müssen."(1)

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Im Wesentlichen führt ein Kindheitstrauma also nicht direkt zu einer Psychose, sondern löst vielmehr eine Reihe psychologischer Prozesse aus, die die Anfälligkeit für psychotische Symptome erhöhen können. Es wurden vermittelnde Faktoren von Dissoziation (Abspaltung von Gefühlen/Entkörperung) und Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung zwischen Kindheitstrauma und Psychosen gefunden. Es gab auch Hinweise auf eine vermittelnde Rolle negativer Glaubensmuster zwischen Kindheitstrauma und Wahnvorstellungen sowie Paranoia.

Die Ergebnisse der aktuellen Forschung zusammengefasst "deuten darauf hin, dass es unterschiedliche psychologische Verläufe von Entwicklungstraumata zu psychotischen Phänomenen im Erwachsenenalter geben kann. Kliniker sollten Menschen mit Psychosen sorgfältig nach ihrer Entwicklungstraumata-Vorgeschichte befragen und Patienten mit einer solchen Vorgeschichte auf Dissoziation, emotionale Dysregulation und Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung untersuchen." (1)

Emotionen und Psychosen

Emotionen spielen bei Schizophrenie eine entscheidende, aber oft unterschätzte Rolle. Ein gestörter Umgang mit Gefühlen trägt maßgeblich zum Ausbruch und Fortschreiten der Erkrankung bei. Traumata, der Umgang mit Gefühlen und Psychosen sind also eng miteinander verknüpft.

Eine aktuelle Forschungsarbeit von 2025 "Kindheitstraumata bei Menschen mit Psychosen: Auswirkungen auf die Emotionswahrnehmung und -regulation" berichtet, dass Personen mit Psychosen ein ineffektives Emotionsbewusstsein und -regulation haben, was erheblich zu schlechter Funktionalität beiträgt. Studien haben Kindheitstraumata damit in Verbindung gebracht. Ein höheres Ausmaß an Kindheitstraumata, insbesondere emotionaler Missbrauch, sagte größere Schwierigkeiten beim Erkennen und Beschreiben von Gefühlen im Erwachsenenalter voraus.

Traumata, insbesondere Kindheitstraumata, führen zu Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation, was wiederum zur Entwicklung oder Verschlimmerung einer Psychose beitragen kann. Personen mit Psychosen weisen häufig eine beeinträchtigte Gefühlsregulation auf, und Schwierigkeiten in diesem Bereich sind mit einer erhöhten Schwere und Belastung der psychotischen Symptome verbunden.

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Schwierigkeiten Emotionen zu verstehen und zu verarbeiten, kann also den Zusammenhang zwischen Trauma und Psychose teilweise erklären. Traumatische Erlebnisse, insbesondere in der Kindheit, können also die Entwicklung gesunder emotionaler Regulationsfähigkeiten stören. Dies kann zu einer erhöhten emotionalen Reaktivität führen, was bedeutet, dass Betroffene intensivere und länger anhaltende emotionale Reaktionen auf äußere Einflüsse erleben.

So können beispielsweise eine erhöhte emotionale Reaktivität und Schwierigkeiten beim Umgang mit intensiven Emotionen zu Fehlinterpretationen innerer und äußerer Erfahrungen führen und so zu Wahnvorstellungen und Halluzinationen beitragen. Das bedeutet, dass der Einfluss eines Traumas auf eine Psychose teilweise durch die Fähigkeit (oder Unfähigkeit) des Betroffenen erklärt werden kann, seine Gefühle zu regulieren. In diesem Zusammenhang zeigt die Forschung, dass Menschen mit Psychosen erhebliche Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu beschreiben, zu identifizieren und zu steuern.

Strategien zur Bewältigung von Emotionen

Menschen mit Psychosen können erschwerende Strategien zur Bewältigung von Emotionen anwenden, um mit intensiven Emotionen umzugehen, was die Symptome weiter verschlimmert und einen Teufelskreis auslösen kann. Z.B. durch Unterdrückung, Vermeidung, Abspaltung (dissoziative Zustände) oder Ablenkung (wie Substanzmissbrauch). Diese dysfunktionalen Bewältigungsstrategien können psychotische Symptome verstärken oder auslösen.

Traumatische Erfahrungen können so über eine mangelhafte emotionale Bewältigung nicht nur das Auftreten von Psychosen begünstigen, sondern auch die Art und Weise beeinflussen, wie sich psychotische Symptome manifestieren. Aufdringliche Erinnerungen und Erfahrungen, die mit einem Trauma in Verbindung gebracht werden können, spielen also aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Gefühlsregulation und das autobiografische Gedächtnis eine Rolle bei der Entwicklung von Psychosen. Beispielsweise können Gefühle von Angst und Hilflosigkeit, die mit traumatischen Erinnerungen verbunden sind, zu Halluzinationen oder Wahnvorstellungen führen.

Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit Schizophrenie oft eher weniger anpassende Strategien, wie Neubewertung und Akzeptanz nutzen, was zu einem schlechteren Gesundheitszustand führt. Bei Neubewertung wird die Bedeutung eines Ereignisses neu bewertet, um dessen emotionale Wirkung zu verringern. Die Akzeptanz von Emotionen, insbesondere von schwierigen, ist eine Praxis, Emotionen anzuerkennen und zuzulassen, ohne zu urteilen oder zu versuchen, sie zu unterdrücken. Indem Emotionen akzeptiert werden, kann ihre Macht verringert werden und zu größerem emotionalen Wohlbefinden führen.

Analytische Psychotherapien

Psychodynamische Ansätze zur Behandlung schizophrener Erkrankungen richten einen Fokus auf frühe kindliche Erlebnisse und die Umgebung des Patienten, insbesondere auf die ursächliche Rolle von Angstzuständen und die Bedeutung und Symbolik psychotischer Symptome sowie deren ursächliche psychologische Faktoren.

In den letzten zwei Jahrzehnten wurden empirische Unterstützung für viele der Konzepte gefunden, die für die psychodynamische Arbeit mit Schizophrenie von zentraler Bedeutung sind. Dazu gehört:

  • die Bestätigung der Bedeutung der frühen Bindung für die spätere Entwicklung einer psychotischen Störung
  • die Bedeutung psychotischer Symptome und ihre Beziehung zu widrigen Umwelterfahrungen und
  • die Beziehung zwischen Biologie und Psychologie bei der individuellen Anfälligkeit für Schizophrenie.

Trotz der oft bizarren und unlogischen Natur psychotischer Symptome kann eine sorgfältige psychoanalytische Untersuchung ihre eigenwillige Bedeutung und Funktion aufdecken und somit den Schlüssel für eine gründliche Aufarbeitung traumatischer Kindheitserlebnisse sein. Dies ist die Voraussetzung für die Gesundung von Psychosen und Schizophrenie.

Traumafokussierte Psychotherapien

Angesichts der Zusammenhänge zwischen traumatischen Erlebnissen, psychotischen Symptomen und posttraumatischen Belastungsstörung besteht ein wachsendes Interesse an traumafokussierten Psychotherapien für psychotische Symptome.

Traumatherapie ist eine Familie von Therapien, die zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) entwickelt wurde und sich explizit auf die Wiederverarbeitung von Erinnerungen an traumatische Erlebnisse konzentrieren. Einige Trauma-Psychotherapien nutzen nur kognitive Techniken, andere verwenden Konfrontation und einige verwenden eine Kombination aus beiden.

Im Großen und Ganzen geht man davon aus, dass Trauma-Psychotherapien, die die Konfrontationbehandlung nutzen, funktionieren, indem sie die emotionale Gewöhnung und die Wiederverarbeitung traumatischer Erinnerungen durch wiederholte Konfrontation gegenüber dem traumatischen Ereignis und damit verbundenen Hinweisen fördern.

Kognitive Therapien wie die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie konzentrieren sich darüber hinaus auf die Veränderung von Beurteilungen, z. B. „Ich werde sterben“ oder „Ich hätte besser damit zurechtkommen sollen“

Zu den Hauptbestandteilen gehören die Psychoedukation über Kindheitstraumata und die Erlernung von Entspannungsfähigkeiten. Es gibt 3 Behandlungsphasen:

  1. Stabilisierung
  2. Trauma-Erzählung und -Verarbeitung
  3. Integration und Konsolidierung

Diese Phasen umfassen während dieser Sitzungen verschiedene Komponenten:

  • Psychoedukation und Erziehung
  • Entspannung
  • Emotionaler Ausdruck und Regulierung
  • Kognitive Bewältigung
  • Entwicklung und Verarbeitung von Geschichten über das traumatische Ereignis
  • Belichtungstechniken: Schrittweise im realen Leben sich Reizen wie Objekten, Situationen oder Erinnerungen zu stellen, die Angst oder Leid auslösen
  • Verbesserung der Sicherheit und künftigen Entwicklung

Weitere Therapieangebote

Neben den genannten Therapieformen gibt es eine Vielzahl weiterer Angebote, die Betroffenen helfen können:

  • Aktivierungstherapie: Fördert und unterstützt die körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten.
  • Progressive Muskelrelaxation: Fördert Entspannung und nervliche Beruhigung.
  • Ergotherapie: Unterstützt die Selbstständigkeit in alltäglichen Verrichtungen.
  • Gruppentherapie: Vermittelt Wissen zur Symptomatik der Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten.
  • Kunsttherapie: Fördert die Gesundheit durch verschiedene künstlerische Mittel.
  • Bewegungs- und Tanztherapie: Nutzt Körper und Bewegung als Ausdrucksmittel.
  • Musiktherapie: Fördert die musikalische Kreativität zur Bearbeitung der Gefühlswelt.
  • Gestaltungs- und Maltherapie: Ermöglicht eine Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umwelt.
  • Physiotherapie: Behandelt für den Erhalt und die Wiederherstellung der Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des Körpers.
  • Tiergestützte Therapien: Ergänzen die Behandlung mit Hunden und Pferden.
  • Psychoedukation: Vermittelt Hintergründe zu psychiatrischen Erkrankungen und Behandlungsansätzen.
  • Psychotherapie: Nutzt Verfahren aus der kognitiven Verhaltenstherapie, Transaktionsanalyse und anderen Methoden.
  • Atemtherapie: Belebt den Atem und gleicht den Atemrhythmus aus.
  • Yoga: Stärkt Körperhaltung, Beweglichkeit, Kraft und geistige Fähigkeiten.

Die 5 Ebenen der Heilung

Der Prozess der Gesundung erfolgt auf den 5 Ebenen der Heilung. Das heißt mit der Regulation der Symptome mit Hilfe verschiedener Substanzen auf der stofflichen Ebene (1. Körper-Ebene), sowie der Entwicklung von Bewusstsein für Körper und Geist zur Aufarbeitung traumatischer Erfahrungen auf den weiteren Ebenen. So können mit Mind-Body-Therapien (2. Energie-Ebene), Trauma-Psychotherapien (3. Mental-Ebene), Kunst-Therapien (4. Intuitive Ebene) und Meditation (5. Geist-Ebene) traumatische Erfahrungen und die Ursachen für Psychosen und Schizophrenie geheilt werden.

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