Die pferdegestützte Therapie (PT) ist eine tiergestützte, erlebnistherapeutische und körperorientierte Therapieform. Jeder Mensch trägt die Fähigkeit zur Entwicklung und Reifung in sich. Die PT versteht sich ganzheitlich.
Was ist pferdegestützte Psychotherapie?
Tiergestützte Psychotherapie ist der Einbezug eines Tieres im Rahmen der Psychotherapie. Der Grundberuf des Therapeuten kann sowohl Psychiater als auch Kinder- und Jugendpsychiater als auch psychologischer Psychotherapeut sein. Das Therapietier wird jeweils in das gelernte Therapieverfahren integriert.
Das Pferd als Medium
Welche Rolle kommt nun dem Pferd in diesem Setting zu? Als Medium wirkt es in der Vermittlungsrolle. Dabei ist seine Uneinvorgenommenheit ein wesentlicher Vorteil uns Menschen gegenüber: Status, Rang oder Stellenwert eines Menschen interessieren das Pferd nicht. Das Pferd ist um sein eigenes Wohlbefinden bedacht und strebt keine ideellen Ziele an, z.B. die Veränderung des Coachees. Es reagiert unbeeinflusst nur auf die aktuellen Impulse der Menschen. Die Vermittler-Rolle des Pferdes liegt darin, dass es für eine Situation/einen Prozess im Alltag, in der Arbeitswelt der Begleitungsperson steht. Das Pferd ist ein objektiver Feedback-Geber: 1:1, klar, präzise und ehrlich. Mit einer spielerischen wie auch überraschenden Leichtigkeit deckt es unsere bewussten und unbewussten Verhaltensmuster auf.
Unterschiede zu anderen Therapieformen
Von der Hippotherapie unterscheidet sich das pferdegestützte Coaching darin, dass es keine therapeutischen Ziele verfolgt. In der Hippotherapie jedoch wird das Pferd als Ergänzung zur klassischen Psychotherapie bei neurologischen Erkrankungen eingesetzt. Bei der pferdegestützen Psychotherapie kommt das Pferd vor allem bei Therapiekombinationen zum Einsatz, tiefenpsychologische Arbeit mit anschließendem Transfer am Pferd. Hier kann das Pferd zum Einsatz für einfache Kontaktübungen, für Pflege und Fürsorge bis hin zum darauf reiten (ungesattelt an der Longe) kommen.
Wirkungsbereiche der pferdegestützten Therapie
Für Langzeittherapien z.B. Pferde als Begleittiere finden auch bei Langzeitunterbringungen in Spitälern, Hospizen oder Heimen ihren Aktionsradius. Hier besteht ihr Wirkungsbereich in der Psychosomatik in der Stressreduktion, Ausschüttung von Oxytocin und körpereigener Opiate u.a.
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Einsatzgebiete
Die pferdegestützte Therapie ist Jugendlichen hilfreich, zum Beispiel bei depressiven Syndromen, Angststörungen, emotionaler Instabilität mit oder ohne selbstverletzendem Verhalten, Störungen der sozialen Interaktion, Autismus, ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom) und vielen anderen. Ganz pauschal lässt sich sagen: je schwerwiegender die Störung, desto grösser der Mehrwert des Tieres. Therapieziele können in diesem Rahmen Stärkung des Selbstwertgefühls, Förderung der Empathie- und der Beziehungsfähigkeit oder beispielsweise eine Verbesserung von Ausdauer und Handlungsplanung sein.
Wie wirkt die pferdegestützte Psychotherapie?
In der Literatur über die Mensch-Tier-Beziehung gibt es verschiedene Ansätze zur Erklärung der besonderen Wirkungen der Tiere, die zum Teil bereits gut empirisch abgesichert sind. Ähnliches gilt für das Pferd. Angst und Anspannung werden so reduziert, gleichzeitig wird aber auch die Bindungsfähigkeit erhöht. Das Pferd unterstützt dich, bei deiner innerlichen Angespanntheit und Stress zu vergessen und zur Ruhe zu kommen. Aus verschiedenen Studien wissen wir, dass sich der Puls und Herzschlag vom Mensch und Pferd anpassen, weil die Nähe des Pferdes eine beruhigende Wirkung auf uns hat. Ein entspannter Körper entwickelt automatisch einen entspannten Geist, so dass Ängste und Druck abgebaut werden. Das Feedback der Pferde zeigt dir wohlwollend hinderliche Blockaden und belastende Verhaltensmuster auf. Durch unsere emphatischen Coaching-Pferde kannst du direkt erkennen, wie dieses Muster durch konstruktives Tun ersetzt werden kann. Es gilt Altlasten loszulassen, um Platz für Neues zu schaffen.
Die Rolle des Therapeuten
Es ist wichtig zu betonen, dass Tiere von sich aus keinen therapeutischen Prozess gestalten, vielmehr unterstützen und begleiten sie die vom Therapeuten gesteuerten Veränderungsprozesse.
Ablauf und Methoden
Im Umgang mit dem Pferd wird die Konzentration gefördert, da Pferde vom Menschen eine hohe Aufmerksamkeit erwarten. Pferde arbeiten nur mit dem Menschen zusammen, wenn sich dieser voll und ganz auf sie konzentriert. Anderenfalls gehen sie ihre eigenen Wege. Dies heisst, sie lassen sich nicht führen, wenden sich dem Fressen oder etwas Interessanterem zu. Durch die Pferde wird oft ein Grundarousal hervorgerufen, welches besonders den Kindern gut tut, ihre Aufmerksamkeit zu halten. Beim Putzen, fürs Reiten richten, einen Parcoursablauf eintrainieren etc. Dies kann durch visualisierte Abläufe trainiert werden. Ablaufpläne und weitere Hilfsmittel werden dem Kind beigebracht, so dass sie diese auch in anderen Kontext wie z.B.
Förderung des Selbstwertgefühls
Neue Erfahrungen mit dem Pferd und Erfolgserlebnisse stärken das Selbstbild. Durch fordernde aber nicht überfordernde Aufgaben und spezifisches Lob für gut gemeisterte Aufgaben werden das Selbstwertgefühl und die Selbstsicherheit gestärkt, was sich förderlich auf andere Problembereiche wie Stress, Ängste, und Depressionen auswirkt. Das Angenommen sein wird durch die Empathie seitens des Therapeuten sowie durch erfragen der Wünsche des Kindes vermittelt.
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Entspannungstechniken
PME, die Progressive Muskelentspannung, ist eine Technik, die sich auch auf dem Pferd umsetzen lässt. Im Liegen auf dem Pferderücken oder im entspannten Sitz lernt das Kind sich über seine Muskelpartien nach und nach kontrolliert zu entspannen. Auch eignen sich Fantasiereisen und Entspannungsgeschichten, damit sich das Kind auf sich selbst fokussieren kann.
Psychoedukation
Die ADHS-Kinder sollen Wissen über ihre «speziellen Fähigkeiten» erwerben. Persönliche Probleme des Kindes können durch explorierende Fragen besprochen werden. Die Kinder öffnen sich durch den Kontakt zum Pferd emotional und lassen Gespräche über ihre Schwierigkeiten einfacher zu. Zudem zeigen auch Pferde einige Verhaltensweisen, die bei Kindern mit einem ADHS ebenfalls vorkommen, wie z.B. Reizoffenheit. Daran und ebenso wie an der Spiegelung der Verhaltensweisen der Kinder durch das Pferd, können Themen der Psychoedukation erarbeitet werden.
Qualifikation der Therapeuten
Wichtig für ein seriöses Angebot ist in erster Linie die Ausbildung des Therapeuten. Es gibt von den beiden grossen im deutschsprachigen Raum agierenden Organisationen ESAAT und ISAAT (European and International Society for Animal Assisted Therapy) akkreditierte Weiterbildungsgänge, in denen sich der Therapeut mit den Herausforderungen des Einbezuges eines Tieres in den therapeutischen Kontext auseinandersetzen kann. Der Einbezug eines Tieres fordert nicht nur ethologisches Wissen, sondern auch Wissen um die artgerechte Ausbildung/Erziehung, die Formen der Kommunikation und die Interaktion mit dem Tier. Es liegt in der Hand des Therapeuten, die Fähigkeiten des Tieres zum Nutzen des Patienten in den therapeutischen Kontext zu integrieren. Hierfür ist eine umfassende Ausbildung unabdingbar.
Ethische Aspekte
Jedes Therapietier ist artgerecht zu halten. Grundsätzlich sollten Tiere eingesetzt werden, die an Beziehung und Interaktion mit (fremden) Menschen interessiert sind und gerne auch körperlichen Kontakt herstellen. eines therapeutischen Einsatzes Berücksichtigung finden. Die Aufnahme eines Kontaktes vom Tier zum Klienten ist immer freiwillig und kann vom Therapietier jederzeit abgebrochen werden. Auch steht der Therapeut in der Pflicht, das Tier vor möglichen Übergriffen eines Patienten zu schützen. Die Zumutbarkeit des Einsatzes der Tiere im Berufsalltag muss für jedes Tier individuell betrachtet werden.
Mehrwert des Einsatzes eines Tieres in der Psychotherapie
Durch die Aussicht auf ein tiergestütztes Psychotherapiesetting steigt bei therapiemüden, hoch ambivalenten und besonders auch bei Patienten, die grosse Schwierigkeiten in der Beziehungsgestaltung haben, häufig die Bereitschaft, eine Therapie überhaupt zu beginnen. Zu Beginn einer Therapie fungiert das Tier als «Eisbrecher», indem es die Beziehungsgestaltung zwischen Therapeut und Patient förderlich unterstützt. Es hilft, anfängliche Widerstände zu mindern, indem es eine angenehme offene Atmosphäre entstehen lässt, in der es leichter fällt, über die eigenen Probleme und Schwierigkeiten zu sprechen. Patienten haben dem Tier gegenüber weniger Erwartungen von persönlicher Ablehnung in der Kontaktaufnahme und machen keine entsprechenden Erfahrungen, da sich das Tier klientenzentriert verhält.
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Förderung sicherer Bindungsmuster
Unsichere Bindungsmuster, die in der frühen Kindheit erworben werden, werden auf neue Mensch-MenschInteraktionen übertragen, jedoch nicht auf eine Interaktion mit einem Tier. Hier besteht die Möglichkeit, ein sicheres Bindungsmuster zu etablieren und im Idealfall auf den Therapeuten und auch auf weitere Menschen zu übertragen. Des Weiteren wird der Vertrauensaufbau zum Therapeuten erleichtert, weil dieser seine ethischen Werthaltungen, seine Art der Beziehungsgestaltung und seine achtsame Art am Umgang mit dem Tier zeigen kann.
Motivation und Reduktion von Angst
Im weiteren Prozess können Tiere die Patienten motivieren, sie auffordern, aktiv an der Therapie teilzunehmen und sich für therapeutische Massnahmen zu öffnen. Tiere wirken während der Sitzungen beruhigend und angstmindernd. Anspannungszustände werden dadurch reguliert oder verhindert, sodass fast meist durchgängig eine konstruktive Arbeitsatmosphäre besteht.
Achtsamkeit
Der Umgang mit dem Tier an sich fördert Achtsamkeit, und zwar in der Art der Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung. gen mit dem Hund werden direkt als angenehm erlebt, im Gegensatz zum Training der Achtsamkeit ohne Tier, welches erst nach einer etwa sechswöchigen Latenz täglichen Übens positive Auswirkungen zeigt.
Anwendungsbereiche der Pferdetherapie
Suchen Sie für sich, Ihr Kind oder Angehörige nach einer alternativen Heilung unterschiedlicher Symptome, kann die Pferdetherapie für Menschen von Interesse sein. Experten empfehlen sie zur Behandlung von Personen mit körperlichen, geistigen oder sensorischen Beeinträchtigungen. Die professionell ausgebildeten vierbeinigen Helfer kommen bei verschiedenen Organisationen zum Einsatz. Dazu zählen Vereine, Kliniken und Einrichtungen der Lebenshilfe. Einige Krankenkassen übernehmen dabei anteilige Kosten im Sinne einer anerkannten Gesundheitsleistung.
Bei all diesen und zahlreichen weiteren Symptomen kann Ihnen als unmittelbar Betroffenen oder Angehörigen eine Pferdetherapie für Menschen helfen. Gerade bei der Arbeit mit Kindern setzen geschulte Fachkräfte die sanften Vierbeiner gerne ein. Bei der noch relativ jungen Disziplin „pferdegestütztes Coaching“ steht die Persönlichkeitsbildung der Interessenten im Vordergrund. Auf speziellen Seminaren lernen Sie als Teilnehmerin oder Teilnehmer unter anderem den konstruktiven Umgang mit Stress und absolvieren Übungen zur Motivation. Diese vielfältigen Angebote richten sich häufig an qualifizierte Fach- beziehungsweise Führungskräfte. Sie dienen der Mitarbeiterführung, der Personalentwicklung und dem Teambuilding.
Voraussetzungen für die Eignung der Pferde
Grundsätzlich gilt als Voraussetzung für die Eignung der betreffenden Vierbeiner zum Co-Therapeuten: Sie müssen offen, freundlich, sensibel und vor allem gelassen im Umgang mit Menschen sein. Ihre Schulung umfasst neben der klassischen Reitpferdeausbildung ein Führtraining und eine beträchtliche Anzahl von Übungsstunden. Schließlich sehen sie sich ständig wechselnden Klienten, lauten Kindern, Rollstühlen und immer wieder neuen Herausforderungen gegenüber.
Die Beziehung zwischen Mensch und Pferd
Im Mittelpunkt jeder Therapieform steht die Nähe von Mensch und Tier. Pferde flößen vielen Personen zunächst aufgrund ihrer Größe Respekt ein. Lassen Sie sich als Betroffener auf die Begegnung mit ihnen ein, empfinden Sie schnell ein Gefühl von Vertrauen und Geborgenheit. Auf diesen Aspekten basiert im Wesentlichen die Behandlung sowie deren Erfolg bei Kindern und Erwachsenen. Der Kontakt mit den tierischen Therapeuten spricht sie auf einer völlig neuen, unterschwelligen Ebene an. Der Umgang beziehungsweise die Kommunikation mit den Pferden sensibilisiert die menschliche Wahrnehmung und fördert das Selbstwertgefühl.
Vertrauensaufbau
Vor einem pferdegestützten Coaching als Therapie müssen die Verantwortlichen zunächst behutsam Vertrauen zwischen Vierbeiner und Mensch aufbauen. Dies gelingt am besten, wenn alle Beteiligten sich ruhig sowie ohne Zwang kennenlernen und einander annähern können. Im nächsten Schritt berühren Sie es und füttern es vielleicht mit einem Apfel. So ergibt sich wie selbstverständlich eine Beziehung und besondere Art der Verständigung. Selbst sonst eher ängstliche Naturen öffnen und entspannen sich oftmals sehr schnell in Gegenwart der sanften Vierbeiner. Der enge Kontakt mit ihnen beruhigt und fördert die soziale Entwicklung gerade von Jugendlichen nachhaltig.
Kommunikation und Empathie
Vielen Personen, die unter seelischen Problemen leiden, fällt der Gedankenaustausch über eine gängige Unterhaltung schwer. So fehlt beispielsweise bei Autisten durch ihre gestörte soziale Interaktion das Verständnis für allgemeingültige Gesprächsregeln. Dies gilt im „normalen“ gesellschaftlichen Leben ebenso wie für Kontakte zu Fachkräften aus der Psychologie. Die tierischen Unterstützer verständigen sich zwar nicht mit Worten, jedoch kommunizieren sie über ihr Verhalten und ihre Körpersprache. Oft erhalten sie durch ihr sanftes Wesen Zugang zum Gefühlsleben der verschlossenen Patienten und helfen, deren seelische Blockaden abzubauen.
Verantwortung
Durch den sorgsamen Umgang mit den Tieren sowie bei ihrer Pflege lernen vor allem Kinder, Verantwortung zu übernehmen.
Körperliche Aspekte der Pferdetherapie
Neben der Rolle als Wegbereiter der Psychotherapie leisten Pferde einen wichtigen Beitrag in der Behandlung diverser körperlicher Beeinträchtigungen. Die Arbeit mit den Pferden fordert die beteiligten Kinder und Erwachsenen sowohl geistig wie körperlich. Diese und andere Teilaspekte nutzen die positive Ausstrahlung der vierbeinigen Helfer in Verbindung mit der gleichmäßigen Bewegung beim Reiten. Die betroffenen Personen stärken auf dem Pferderücken sitzend sowohl ihren Gleichgewichtssinn wie die Koordination. Daneben festigen die großen und kleinen Teilnehmer durch das Training ihre Muskeln. Dabei führen die Betreuer das Reittier an der Trense oder beim Voltigieren an einer Longe im Kreis. Selbst Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer profitieren von dieser Form der Therapie. Für sie gibt es spezielle Vorrichtungen wie einen Lift und einen sicheren Sattel mit zusätzlichen Griffen.
Tabelle: Übersicht der Wirkungen der pferdegestützten Therapie
| Wirkungsbereich | Details |
|---|---|
| Psychisch | Stärkung des Selbstwertgefühls, Förderung der Empathie- und Beziehungsfähigkeit, Reduktion von Angst und Stress |
| Sozial | Förderung sozialer Interaktion, Aufbau von Vertrauen, Etablierung sicherer Bindungsmuster |
| Körperlich | Stärkung des Gleichgewichtssinns und der Koordination, Festigung der Muskeln |
| Kognitiv | Förderung der Konzentration, Achtsamkeit |
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