Die Ausbildung zum Psychotherapeuten ist in Deutschland und speziell in Hessen durch bestimmte Voraussetzungen und rechtliche Rahmenbedingungen geregelt. Dieser Artikel beleuchtet die wesentlichen Aspekte, die Interessenten für eine Psychotherapie Ausbildung in Hessen erfüllen müssen.
Gesetzliche Grundlagen und Rahmenbedingungen
Das ärztliche Berufsrecht hat sich grundlegend gewandelt.
Die vertragsärztliche Zulassung setzt inzwischen die Weiterbildung zum Facharzt voraus (§ 95 a Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V]) -- abgesehen von europarechtlichen oder übergangsrechtlichen Ausnahmen (§ 95 a Abs. 4 und § 73 Abs. 1 a SGB V).
Da nach wie vor die vertragsärztliche Zulassung wirtschaftlich als notwendige Voraussetzung für die Niederlassung in eigener Praxis angesehen wird (vgl. hierzu BVerfGE 11, 30; 103, 172), haben diese Änderungen Rückwirkungen auf das ärztliche Berufsrecht.
Die Zahl der zu erwerbenden Weiterbildungsbezeichnungen hat sich auf etwa 160 Weiterbildungsqualifikationen in Gebiets-, Teilgebiets- und Bereichsweiterbildungen vergrößert; es gibt allein 40 unterschiedliche Facharztbezeichnungen.
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In mehr als 20 Bereichen kann sich ein Arzt zum Führen einer Zusatzbezeichnung weiterbilden (vgl. die Sonderausgabe des Ärzteblattes Baden- Württemberg, Heft 4 [1995], S. 5).
Voraussetzungen für die Ausbildung
Um in Hessen eine Ausbildung zum Psychotherapeuten beginnen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Approbation als Arzt oder eine entsprechende Vorbildung: In seiner Facharzt-Entscheidung von 1972 berücksichtigte das Bundesverfassungsgericht die seit Mitte des 19. Jahrhunderts gewachsene Struktur der Ärzteschaft als Ergebnis unterschiedlicher Strömungen im Selbstverständnis der Ärzte (vgl. BVerfGE 33, 125 [127 ff.]).
 - Abgeschlossenes Hochschulstudium: Ein abgeschlossenes Studium der Psychologie oder ein verwandtes Fach ist in der Regel erforderlich.
 
Spezifische Regelungen in Hessen
Im vorliegenden Fall ist § 39 des baden-württembergischen Gesetzes über die öffentliche Berufsvertretung, die Berufspflichten, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten (Kammergesetz) in der Fassung vom 16. März 1995 (GBl. S. 314; im Folgenden: KaG) maßgeblich.
(1) Eine Bezeichnung nach § 32 darf führen, wer eine Anerkennung erhalten hat.
Diese Vorschriften hat der Landesgesetzgeber als Reaktion auf den genannten Facharzt-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts durch Art. 1 Nr. 34 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Berufsvertretung der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten vom 3. März 1976 (GBl. S. 217) geschaffen.
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36) widerspricht es dem Sinn der Gebietsbezeichnung "Allgemeinmedizin", daneben weitere Gebietsbezeichnungen zuzulassen, weil sich der Allgemeinmediziner nicht in einem engeren Bereich spezialisiere, sondern seine Weiterbildung in der Vertiefung des allgemeinärztlichen Wissens und Könnens bestehe.
In § 6 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung (WBO) der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 17. März 1995 in der Fassung der Satzung vom 8. August 1995 (Sonderausgabe des Ärzteblattes Baden-Württemberg, Heft 4 [1995], S. 153) wurde diese Regelung übernommen und die möglichen Kombinationen von Gebietsbezeichnungen benannt.
Es folgen enumerativ alle Gebietsbezeichnungen und die möglichen Kombinationen.
Der Facharzt für Kinderheilkunde darf zugleich Facharzt für Diagnostische Radiologie, Hautarzt, Facharzt für Humangenetik, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, Internist, Kinderchirurg, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -- psychotherapie, Klinischer Pharmakologe, Laborarzt, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Neurologe, Nuklearmediziner, Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen, Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie, Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Facharzt für Physiologie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Facharzt für Strahlentherapie oder Transfusionsmediziner sein.
Bedeutung der Facharztbezeichnung
Das Führen einer Facharztbezeichnung verpflichte die Ärzte nach § 37 Abs. 1 KaG, ihre Tätigkeit grundsätzlich auf dieses Gebiet zu beschränken.
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Diese Regelung verfolge im Zusammenwirken mit der ärztlichen Pflicht zur beruflichen Fortbildung das Ziel, im öffentlichen Interesse einer möglichst optimalen ärztlichen Versorgung einen dem jeweils aktuellen Stand des Fachgebiets entsprechenden Kenntnis- und Fähigkeitsstand zu gewährleisten.
Dahinter stehe die Vorstellung einer grundsätzlichen Funktionenteilung zwischen Allgemeinärzten und Spezialisten (den Fachärzten im engeren Sinne), wie sie sich in der strengen Teilung von hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung im Rahmen der vertragsärztlichen Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung wiederfinde.
Die Bindung des Facharztes an das Fachgebiet mache nur Sinn, wenn daneben nicht eine allgemeinärztliche Tätigkeit ausgeübt werden könne.
Das rechtfertige die Restriktionen.
Denn die Gebietsbeschreibung der Allgemeinmedizin sei im Gegensatz zu allen anderen ärztlichen Gebieten offen formuliert; der Allgemeinmediziner sei ein Generalist, dessen Tätigkeitsspektrum berufsrechtlich sehr breit definiert werde.
Ein Allgemeinmediziner dürfe schwerlich in der Lage sein, seiner Fortbildungsverpflichtung in der Allgemeinmedizin und in einem Spezialgebiet zu entsprechen.
Das Verbot diene der Aufrechterhaltung des für spezialisierte Fachärzte, also die Fachärzte im engeren Sinne, geltenden Grundsatzes der Gebietsbeschränkung.
Dieser Grundsatz trage maßgeblich zur Sicherung der Qualität und Funktionsfähigkeit der ärztlichen Versorgung bei.
Die Allgemeinmedizin sei eine fachärztliche Querschnittsdisziplin für alle Gesundheitsstörungen jeder Altersklasse schlechthin.
Ihre Kombination mit anderen ärztlichen (Spezial-)Gebieten wäre prinzipiell widersprüchlich und würde die gesamte Struktur des Weiterbildungsrechts in Frage stellen.
Denn der Grundsatz der Gebietsbeschränkung gelte für die Allgemeinmedizin und die Tätigkeit Praktischer Ärzte faktisch nicht.
Auch die Aufnahme von hausärztlichen Funktionen in die weiterbildungsrechtliche Gebietsbeschreibung der Allgemeinmedizin seit 1992/93 und die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung ließen eine andere Auslegung nicht zu.
Das Wirkungsfeld der mit der Allgemeinmedizin gleichgesetzten hausärztlichen Versorgung sei nicht abschließend, sondern nur mit "insbesondere" umschrieben worden.
Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nehmen gemäß § 73 SGB V die Ärzte für Allgemeinmedizin und die Ärzte ohne Gebietsbezeichnung an der hausärztlichen Versorgung teil.
Kinderärzte und Internisten ohne Teilgebietsbezeichnung können wählen, ob sie an der hausärztlichen oder an der -- für alle anderen Arztgruppen verbindlichen -- fachärztlichen Versorgung teilnehmen (vgl. hierzu Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, NJW 1999, S. 1.
Fallbeispiel und gerichtliche Auseinandersetzung
Der 1938 geborene Beschwerdeführer erhielt 1978 die Anerkennung als Kinderarzt und 1979 die Anerkennung als Allgemeinarzt.
Im Januar 1981 ließ er sich als Arzt für Allgemeinmedizin im ländlichen Raum nieder.
2. Das Bezirksberufsgericht für Ärzte hat insbesondere deshalb gegen den Beschwerdeführer aufgrund einer Selbstanzeige mit Bescheid vom 21. Januar 1998 wegen Verstößen gegen die Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg in Verbindung mit § 39 Abs. 3 KaG eine Warnung ausgesprochen.
Die Berufung des Beschwerdeführers wurde vom Landesberufsgericht für Ärzte verworfen.
§ 39 Abs. 3 KaG beruhe mit Rücksicht auf das überragende Rechtsgut der Gesundheit auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls.
Es würde dem Sinn der Gebietsbezeichnung "Allgemeinmedizin" widersprechen, sie neben einer besonderen Gebietsbezeichnung zu führen.
Dem im Lichte des Grundrechts aus Art. 12 GG schutzwürdigen Interesse des Facharztes für Allgemeinmedizin, auf seine über die umfassende medizinische Kompetenz des Allgemeinarztes hinausgehende, zusätzliche Qualifikation hinzuweisen, sei in der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg in der Fassung vom 18. September 1996 (Ärzteblatt Baden-Württemberg, S. 407; im Folgenden: BO) weitestgehend entsprochen.
Wenn er auch keine Gebietsbezeichnung führen dürfe, so könne er doch von den inzwischen 23 vorgesehenen Zusatzbezeichnungen immerhin 21 neben seiner Facharztbezeichnung verwenden.
Gemäß § 26 BO dürfe er auch andere Ärzte über sein Leistungsangebot auf kinderärztlichem Gebiet informieren.
Ob eine weniger restriktive Patienteninformation über Praxisschwerpunkte aus standespolitischen Gründen erstrebenswert wäre, falle nicht in die Beurteilungszuständigkeit der Berufsgerichte.
Mit dem Zeitungsinserat habe der Beschwerdeführer auch gegen § 32 Abs.
In der zentralen Frage der Führung einer weiteren Gebietsbezeichnung habe sich der Beschwerdeführer -- wenn auch rechtsirrig -- über die ihm von der Bezirksärztekammer erteilte Rechtsauskunft hinweggesetzt; er habe damit bedingt vorsätzlich gehandelt.
Mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen des Landesberufsgerichts und des Bezirksberufsgerichts rügt der Beschwerdeführer im Wesentlichen eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs.
Die Vorschrift des § 39 Abs. 3 KaG, wonach die Gebietsbezeichnung "Allgemeinmedizin" nicht neben einer anderen Gebietsbezeichnung geführt werden dürfe, berühre schon die Berufswahl, schränke jedenfalls die Freiheit der Berufsausübung unverhältnismäßig ein.
Diese Regelung und die hierauf gestützte Bestimmung in § 6 WBO sei deshalb rechtswidrig und könne keine Grundlage für die angegriffene berufsgerichtliche Verurteilung abgeben.
Es sei nicht ersichtlich, welche wichtigen Gemeinschaftsgüter verletzt werden könnten, wenn ein Arzt, der die Weiterbildung für das Fach Allgemeinmedizin und für das Fach Kinderheilkunde erfolgreich durchlaufen habe, dies nach außen kundtue.
Das Bild des Allgemeinmediziners habe sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt.
Er sei heute nicht mehr allzuständig.
Sowohl nach der Weiterbildungsordnung als auch nach seiner Stellung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung werde der Allgemeinarzt hausärztlich definiert.
Ratsuchende Eltern könnten infolge des Verbots nicht erkennen, dass sie sich an den Beschwerdeführer als Facharzt für Kinderheilkunde wenden könnten, wenn sie für ihre Kinder Rat und Hilfe benötigten.
Insofern werde nicht nur die Berufsausübungsfreiheit des Beschwerdeführers, sondern auch das Informationsrecht der Bevölkerung beeinträchtigt.
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