Psychologe Selbst Bezahlen: Kosten und Möglichkeiten in Deutschland

Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Burn-Out sind heutzutage häufige Diagnosen. Das Risiko, im Laufe seines Lebens an einer Depression zu erkranken, liegt bei 16-20%. Vor Beginn einer Therapie ist es allerdings ratsam, die Kostenerstattung der eigenen Krankenversicherung genau zu prüfen.

Nicht jede Therapieform wird von der Grundversicherung übernommen, und auch die Zusatzversicherungen haben meist Beschränkungen hinsichtlich Höhe und/oder Dauer der Behandlung. Nicht übernommen werden Beratungsangebote wie etwa berufliches Coaching oder Eheberatung.

Kostenerstattung durch die Grundversicherung

In den meisten Fällen übernimmt die Grundversicherung die Kosten für eine Psychotherapie, sofern Sie an einer diagnostizierten psychischen oder psychosomatischen Erkrankung leiden. Die Kosten einer Psychotherapie bei einer Psychiaterin oder einem Psychiater werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP übernommen.

Bis zum Jahr 2022 wurde nichtärztliche Psychotherapie allerdings nur in wenigen Fällen von der Grundversicherung übernommen. Die Bezeichnung „nichtärztliche Psychotherapie“ wurde geschaffen, um diese von der Therapie durch einen Mediziner abzugrenzen. Zur grössten Gruppe zählen hier die psychologischen Psychotherapeuten. Die Qualität der Therapie unterscheidet sich nicht von der Therapie bei einem Mediziner.

Dies hat sich zwischenzeitlich geändert: Sobald Ihnen Ihr Hausarzt oder Kinderarzt eine Psychotherapie verschreibt, werden die Kosten dafür von der Grundversicherung übernommen. Diese Neuerung erweitert die Auswahl enorm, wenn man auf der Suche nach einem geeigneten Psychotherapeuten ist. Im Prinzip haben Sie auch ohne Zusatzversicherung Anspruch auf Psychotherapie, sofern diese ärztlich verordnet wurde und Ihr Therapeut im Kanton zugelassen ist.

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Abrechnung der Sitzungen

Bei angeordneter Psychotherapie werden zunächst 15 Sitzungen übernommen. Bei ärztlicher Psychotherapie durch eine Psychiaterin oder einen Psychiater können bis zu 40 Sitzungen pro Kalenderjahr übernommen werden. Besteht danach weiterer Behandlungsbedarf, kann der Hausarzt weitere 15 Sitzungen anordnen.

Mehr als 30 Sitzungen bedürfen der Kostengutsprache der Krankenkasse, dabei beurteilt eine psychiatrische Fachperson den Fall und spricht eine Empfehlung für oder gegen die Fortsetzung der Therapie aus. Die Grundversicherung übernimmt pro ärztliche Anordnung die Kosten für höchstens 15 Abklärungs- und Therapiesitzungen. Die Krankenkasse zahlt weitere 15 Sitzungen nach einer erneuten ärztlichen Überweisung. Für mehr als 30 Sitzungen benötigen Sie eine Kostengutsprache Ihrer Krankenkasse.

Zusatzversicherungen für Psychotherapie

Beachten sollten Sie zunächst, dass für die Psychotherapie allein keine Zusatzversicherung existiert - die Leistungen hierfür sind immer Teil eines kleineren oder grösseren Leistungspakets. Die Zusatzversicherung hat gegenüber der Grundversicherung den Vorteil, dass keine jährliche Franchise anfällt.

Vor dem Abschluss einer Zusatzversicherung sollten Sie deshalb genau überprüfen, welche Leistungen Ihre gewünschte Zusatzversicherung anbietet, welche Beschränkungen sie hat und welche Leistungen andere Versicherer anbieten. Während einige Krankenkassen grosszügige Leistungen bei einer Behandlung ohne Anordnung gewähren, zeigen sich andere hier eher zurückhaltend.

Die Finanzierungsmöglichkeiten hängen einerseits von der Art der Psychotherapie (psychologische oder ärztliche Psychotherapie) und von der Anerkennung der Psychotherapeutin (z.B. Psychotherapeutin keine Zulassung für die Abrechnung über die Grundversicherung (sogenannte OKP-Zulassung) hat.

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Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut ist OKP-zugelassen. Dies ist meist in den einschlägigen Verzeichnissen deklariert (z.B. zu Ihren Lasten. Orientieren Sie sich an unserer Liste der Leistungen der Zusatzversicherungen. Krankenkassen) nötig werden.

Psychologische Beratungen werden von einigen Zusatzversicherungen teilweise übernommen. Der übernommene Betrag hängt stark von den Modellen und den Versicherungen ab (feste Jahrespauschale, Pauschale pro Sitzung usw.).

Weitere Finanzierungsmöglichkeiten

Ist die Ursache für eine psychische Erkrankung ein Unfall, kann die Unfallversicherung die Kosten für eine Psychotherapie übernehmen. Unfall und den psychischen Beschwerden besteht. In diesem Fall braucht es immer vorgängig eine Kostengutsprache der Unfallversicherung.

Die Invalidenversicherung kommt bis zum vollendeten 20. Lebensjahr für die Kosten einer Psychotherapie auf, wenn die Therapie aufgrund eines Geburtsgebrechens notwendig ist. Leistungen an Psychotherapie bis zum vollendeten 20. Lebensjahr, teilweise auch bis zum vollendeten 25. obligatorische Schule, die berufliche Erstausbildung, ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich gerichtet sind. Psychotherapie begonnen werden kann.

Personen, die Opfer von Straftaten geworden sind, haben Anspruch auf Unterstützung gemäss dem Opferhilfegesetz (OHG). Behandlungen, wozu auch die Psychotherapie zählt, wenn sie aufgrund der erlittenen Straftat notwendig wird. (z.B. Krankenkasse, Unfall- oder Haftpflichtversicherung) ausgeschöpft ist.

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Gesuche um Kostenübernahme für Psychotherapien sind vor Therapiebeginn an die Opferhilfe-Beratungsstelle zu richten. Viele Therapeuten bieten in begründeten Fällen auf Anfrage einen Sozialtarif.

Kosten und Tarife

Eine Psychotherapiesitzung à 50 bis 60 Minuten kostet im Raum Basel üblicherweise zwischen 160.- und 220.- Franken. Der Stundentarif für Psychotherapie (60 Min. Therapiezeit plus ca. 10 Min. Vor- und Nachbereitung) beträgt für Selbstzahler:innen in Zürich und Basel durchschnittlich rund 195 Franken, in Bern rund 185 Franken und in Luzern rund 180 Franken.

Die Spannbreite der Tarife reicht von 130 bis 240 Franken. Tarife für 60 Minuten Gesprächszeit und Tarife für 50 Minuten Gesprächszeit werden etwa gleich häufig publiziert. Für die vorliegende Auswertung wurden alle Tarife auf 60 Minuten hochgerechnet und auf 5 Franken gerundet.

Damit liegen sie etwas höher als der provisorische Tarif für eine Therapiestunde im Rahmen des Anordnungsmodells (rund 180 Franken pro 70 Minuten). Bei den publizierten Tarifen zeigten sich - nebst des unterschiedlichen Niveaus - die folgenden Muster: In Zürich wird besonders häufig der Tarif 180/60 Min. genannt, während in Basel häufig 170/50 Min. und in Bern recht häufig 160/50 Min. genannt werden.

In allen vier Städten kommen höhere Stundentarife mehrheitlich durch eine kürzere Therapiezeit zustande. Für Psychotherapeut:innen: Wie wirkt sich der gewählte Tarif auf dein Einkommen aus?

Es wurde für jede Stadt eine Google-Suche mit "Psychotherapie (Stadt) Konditionen" und "Psychotherapie (Stadt) Tarife" durchgeführt (also zum Beispiel "Psychotherapie Zürich Tarife"). In Luzern wurde zusätzlich auch nach "Psychotherapie Luzern Kosten" gesucht. Die Werte wurden protokolliert, auf 60 Minuten hochgerechnet und auf 5 Franken gerundet.

Falls eine Spannbreite angegeben war, wurde der Wert in der Mitte in die Auswertung einbezogen. Auf diese Art und Weise wurden die Tarife von 96 Psychotherapeut:innen aus Zürich, 49 Psychotherapeut:innen aus Basel, 47 Psychotherapeut:innen aus Bern und 26 Psychotherapeut:innen aus Luzern erfasst.

Neues Abrechnungsmodell für Psychotherapeuten

Seit dem 1. Juli 2022 werden psychologische Psychotherapien von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) übernommen, sofern sie von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben wurde und ein Krankheitswert vorliegt. Seit Mitte 2022 können Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre Leistungen selbstständig in der Grundversicherung (OKP) abrechnen.

Mit der Aufnahme der psychologischen Psychotherapie in die Grundversicherung findet ein Wechsel vom bisherigen Delegations- zum Anordnungsmodell statt. Menschen mit psychischen Problemen erhalten dadurch einfacher und schneller Zugang zur Psychotherapie.

Die Änderung: Seit dem 1. Juli 2022 zahlt die Grundversicherung die Behandlung durch Psychotherapeuten - Psychologen mit einer Weiterbildung in Psychotherapie -, wenn die Therapie von einem Arzt oder einer Ärztin angeordnet wird. Zuvor zahlten die Versicherungen nur, wenn die Psychotherapeutin bei einem Psychiater - also einem Arzt mit Weiterbildung in Psychotherapie - angestellt war und über diesen abrechnete.

Davor arbeiteten sie in Delegation, also unter ärztlicher Kontrolle, und zwar bei Medizinern mit spezifischer Fachausbildung, beispielsweise Psychiatern. Selbstständige Therapeuten und Therapeutinnen hatten vor dem Systemwechsel die Möglichkeit, Leistungen über die Zusatzversicherung (VVG) abzurechnen.

Mit dem Systemwechsel soll der vereinfachte und niederschwellige Zugang zur Psychotherapie ermöglicht und Versorgungsengpässe reduziert werden. Denn: Immer mehr Menschen warten auf einen freien Therapieplatz. Geschätzt 27 Prozent der Schweizer Bevölkerung, fast zwei Millionen Menschen, litten an einer psychischen Erkrankung und bräuchten eine Behandlung.

Auswirkungen des Systemwechsels

Laut Schätzungen des Bundes trägt die Grundversicherung neu rund 100 Millionen Franken an Therapieleistungen, die bisher von den Betroffenen selbst oder ihren Zusatzversicherungen bezahlt wurden. Auf lange Sicht sei mit jährlichen Mehrkosten von 170 Millionen Franken zu rechnen, sagte der Bundesrat 2021 zum geplanten Systemwechsel.

Gleichzeitig müssen einzelne Versicherte seit dem Modellwechsel einen grösseren Teil der Therapiekosten selber bezahlen. Denn: Die Grundversicherung übernimmt die Therapiekosten erst nach Abzug von Franchise und Selbstbehalt. Wer eine Franchise von CHF 2‘500 hat, trägt also die Kosten bis zu diesem Betrag selbst.

Um die Auswirkungen des Systemwechsels auf die Kosten und die Versorgungssituation zu beobachten, will das Bundesamt für Gesundheit (BAG) allerdings ein Monitoring einführen. Eine Evaluation in den kommenden Jahren soll darüber entscheiden, ob und wie der Bund das neue System anpassen will.

Kostenentwicklung nach dem Systemwechsel

Fast zwei Jahre nach dem Systemwechsel in der Psychotherapie vom Delegations- zum Anordnungsmodell zeigen die Analysen mit den Helsana-Abrechnungsdaten, dass sich die Kosten wie erwartet entwickelt haben. Einen relevanten Effekt hat der Bund in seiner Prognose jedoch nicht berücksichtigt.

Bereits vor dem Systemwechsel lässt sich ein Trend zu mehr psychotherapeutischen Leistungen feststellen. Abbildung 1 zeigt die stetige Zunahme der Kosten für psychotherapeutische Leistungen über die letzten fünf Jahre in der OKP. Die Wachstumsrate lag vor dem Systemwechsel bei rund 3.5%. Auch in der Zusatzversicherung wuchsen diese Kosten vor dem Systemwechsel mit 13.5% sogar noch stärker.

Wie erwartet, kam es in diesem Zeitraum zu einem stärkeren Anstieg in der OKP als in den Vorjahren; über zwei Jahre um rund 300 Millionen Franken (+51%).

Die höheren Kosten in der OKP sind unter anderem bedingt durch die Verschiebung aus dem Privatmarkt der Zusatzversicherung und der Selbstzahler. Die Daten aus der Helsana-Zusatzversicherung zeigen diese Verschiebung (Abbildung 2): Hier kam es zu einer starken Abnahme von etwa 18 Franken auf knapp 4 Franken pro versicherte Person zwischen den Jahren 2021 und 2023.

Ein weiterer Grund für das Wachstum in der OKP ist der höhere Stundenansatz der nun selbstständig arbeitenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Eine Stunde Therapie im alten Delegationsmodell kostete durchschnittlich 135 Franken.

Mittels Helsana-Daten auf die Schweizer Bevölkerung hochgerechnet wurde eine Zunahme der psychotherapeutischen Leistungen zwischen 2021 und 2023 von rund 300 Millionen Franken festgestellt. Abbildung 3 zeigt diese Zunahme über 2 Jahre. Ebenfalls ist ersichtlich, wie sich diese Zunahme zusammensetzt: Verschiebung vom privaten Bereich in die OKP, die Anpassung des Tarifs sowie der seit Jahren steigende Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen.

Die Helsana- Abrechnungsdaten zeigen jedoch, dass die Verschiebung sowie der langfristige Trend in dem vom Bund prognostizierten Rahmen liegen.

Als mittelfristige Prognose, also für drei bis fünf Jahre nach dem Systemwechsel, wird mit einer höheren Nachfrage nach Psychotherapien gerechnet. Das, weil der Bedarf heute nicht vollständig gedeckt ist und der Zugang zur Psychotherapie niederschwelliger geworden ist. Eine solche Entwicklung dürfte in den verschiedenen Fachgebieten unterschiedlich ausfallen: Beispielsweise zeigt sich in der Kinder- und Jugendpsychotherapie schon seit Jahren eine Unterversorgung.

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