Die Schweiz kennt kein gesetzliches Obligatorium für eine Krankentaggeldversicherung. Das ist insofern erstaunlich, als das Krankentaggeld ein wichtiges Element des sozialen Netzes darstellt und fehlender Versicherungsschutz zu vielen sozialen Härtefällen führt. Trotz fehlendem Obligatorium verfügen die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen über einen Versicherungsschutz.
Fehlendes Obligatorium und die Bedeutung von Gesamtarbeitsverträgen
Das ist einmal darauf zurückzuführen, dass die meisten Gesamtarbeitsverträge die Arbeitgebenden verpflichten, ihre Arbeitnehmenden im Rahmen einer Kollektivversicherung für ein Taggeld zu versichern. Ist ein Gesamtarbeitsvertrag von Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt worden, so gilt die Verpflichtung zum Abschluss einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung für alle Arbeitgebenden der betreffenden Branche. Viele Arbeitgebende verpflichten sich aber auch im Rahmen von Einzelarbeitsverträgen zum Abschluss einer Krankentaggeldversicherung, obschon sie weder durch das Gesetz noch durch einen Gesamtarbeitsvertrag dazu gezwungen wären.
KVG-Versicherungen und VVG-Versicherungen: Unterschiede und Bedeutung
Krankentaggeldversicherungen können sowohl gestützt auf das Krankenversicherungsgesetz (KVG) als auch gestützt auf das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) abgeschlossen werden. Möchte eine in der Schweiz wohnende oder arbeitende Person eine KVG-Versicherung abschliessen und wendet sie sich an eine Krankenkasse, so ist diese verpflichtet, den Abschluss einer Taggeldversicherung anzubieten. KVG-Versicherungen decken heute allerdings weniger als 10% der Taggeldversicherungen ab und sind vor allem bei den Kollektivversicherungen kaum noch anzutreffen.
Der Grund liegt darin, dass die Prämien oft sehr hoch sind und die Krankenkassen häufig nur noch KVG-Taggeldversicherungen mit tiefen Taggeldern anbieten. Die übliche Taggeldversicherung ist heute die VVG-Versicherung. Es handelt sich um eine Privatversicherung, die sowohl von Krankenkassen als auch von Versicherungsgesellschaften angeboten wird. Sowohl der Versicherer wie auch der Versicherungsnehmer sind frei, ob sie einen Vertrag abschliessen wollen.
Der Versicherer kann insbesondere den Abschluss eines Vertrags verweigern, wenn ihm das Risiko angesichts des Gesundheitszustands der zu versichernden Person zu hoch erscheint. Das Versicherungsvertragsgesetz enthält nur wenige zwingende Bestimmungen zur Ausgestaltung der Verträge. Alles Wesentliche wird in der Police und den allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) geregelt.
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Abschluss einer Einzelversicherung: Rechte und Pflichten
Bei der Einzelversicherung schliesst der Versicherungsnehmer bzw die Versicherungsnehmerin mit dem Versicherer einen Vertrag für sich selber ab. Solche Einzelversicherungsverträge werden vor allem von Selbständigerwerbenden, teilweise aber auch von Nichterwerbstätigen abgeschlossen. Arbeitnehmende schliessen nur selten einen Einzelversicherungsvertrag ab, so etwa dann, wenn ihre Arbeitgebenden keine oder nur eine ungenügende Kollektivversicherung abgeschlossen haben. Einzelversicherungen können als KVG-Versicherungen oder als VVG-Versicherungen abgeschlossen werden. Es gelten dabei unterschiedliche Grundsätze:
- Wer in der Schweiz Wohnsitz hat oder erwerbstätig ist, und das 15. Altersjahr, aber noch nicht das 65. Altersjahr vollendet hat, kann bei jeder Krankenkasse eine KVG-Taggeldversicherung abschliessen.
 - Die Krankenkassen dürfen den Abschluss einer solchen Taggeldversicherung nicht ablehnen.
 - Sie können aber in ihren Reglementen eine Maximalhöhe des Taggelds festlegen. Diese ist oft bescheiden.
 
Auch Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen muss auf Wunsch eine Taggeldversicherung angeboten werden. Es können einzig bei Vertragsabschluss bestehende gesundheitliche Beeinträchtigungen sowie frühere Beeinträchtigungen, die erfahrungsgemäss zu Rückfällen führen können, mit einem Vorbehalt von maximal 5 Jahren von der Versicherung ausgeschlossen werden. Der Vorbehalt ist nur gültig, wenn er der versicherten Person schriftlich mitgeteilt wird, unter genauer Bezeichnung der vorbehaltenen Krankheit und der Dauer des Vorbehalts. Diese Grundsätze gelten sinngemäss auch bei einer Erhöhung des Taggeldes (oder einer Verkürzung der Wartezeit).
Beispiel KVG-Versicherung
Frau M führt ein kleines Geschäft. Sie will sich gegen die Folgen eines krankheitsbedingten Erwerbsausfalls versichern. Sie wendet sich an ihre Krankenkasse und bittet um eine entsprechende Offerte. Die Krankenkasse muss Frau M eine Krankentaggeldversicherung nach KVG anbieten. Gemäss dem Reglement der Krankenkasse ist aber maximal ein Taggeld von 80 Franken pro Tag versicherbar. Für Frau M genügt dies. Die Krankenkasse wird Frau M zudem bitten, einen Fragebogen auszufüllen und die Fragen nach bestehenden und früheren gesundheitlichen Beeinträchtigungen wahrheitsgetreu zu beantworten.
Frau M gibt an, gesund zu sein, aber vor 2 Jahren wegen Rückenbeschwerden in physiotherapeutischer Behandlung gestanden zu haben. Die Krankenkasse errichtet darauf einen 5-jährigen Vorbehalt für „Rückenbeschwerden“ und teilt diesen Frau M schriftlich mit. Wer eine Krankentaggeldversicherung abschliessen will, kann sich auch bei einer Krankenkasse oder einer Versicherungsgesellschaft um den Abschluss einer VVG-Versicherung bemühen. Es besteht jedoch kein rechtlicher Anspruch auf den Abschluss einer solchen Versicherung. Die Versicherer nehmen eine Risikoabwägung vor und entscheiden gestützt darauf frei, ob und unter welchen Bedingungen sie einen Versicherungsvertrag anbieten wollen oder nicht.
Auch beim Abschluss einer VVG-Versicherung müssen regelmässig Fragen zu bestehenden und früheren Krankheiten beantwortet werden.
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Beispiel VVG-Versicherung
Frau M hat sich auch bei einer Versicherungsgesellschaft um den Abschluss einer VVG-Versicherung bemüht. Diese ist wegen des Alters von Frau M (53 Jahre) und der früher aufgetretenen Rückenbeschwerden nicht bereit gewesen, mit Frau M eine Taggeldversicherung abzuschliessen. Dagegen kann sich Frau M rechtlich nicht wehren.
Kollektivversicherungen von Arbeitgebenden: Ein wichtiger Pfeiler des Versicherungsschutzes
Im Bereich des Krankentaggelds haben die Kollektivversicherungen in der Schweiz die grössere Bedeutung als die Einzelversicherungen. Kollektivversicherungen werden in der Regel von einem Arbeitgeber (der „Versicherungsnehmer“) für seine Arbeitnehmenden (die „Versicherten“) abgeschlossen. Die Arbeitnehmenden erhalten dabei ein direktes Forderungsrecht gegenüber der Versicherungsgesellschaft. Der Inhalt des Taggeldversicherungsvertrags bildet einen Bestandteil des Arbeitsvertrags.
Arbeitgebende sind deshalb auch verpflichtet, ihre Arbeitnehmenden über den Umfang des Versicherungsschutzes zu informieren: Die Arbeitnehmenden können jederzeit Einblick in die Police und die allgemeinen Versicherungsbedingungen verlangen. Jede erhebliche Änderung des Versicherungsvertrags stellt auch eine Änderung des Arbeitsvertrags dar und muss den Versicherten mitgeteilt werden. In der Regel wird in den Kollektivversicherungsverträgen festgehalten, dass der Versicherungsschutz mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses beginnt.
Selten findet sich die Bestimmung, dass er erst nach Ablauf der Probezeit beginnt. Der Versicherungsschutz endet in den meisten Fällen mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, wobei teilweise, aber - eher selten, - noch eine Nachdeckungsfrist von 30 Tagen eingeräumt wird. Hat sich ein Arbeitgeber im Arbeitsvertrag zum Abschluss einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung verpflichtet (bzw. ist er aufgrund eines Gesamtarbeitsvertrags hierzu verpflichtet), und kommt er dieser Pflicht nicht nach, so kann ein Arbeitnehmer, der für längere Zeit arbeitsunfähig wird, vom Arbeitgeber Schadenersatz in der Höhe des entgangenen Taggeldes verlangen.
Beispiel Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers
Frau S hat einen Arbeitsvertrag abgeschlossen, in welchem der Abschluss einer Kollekiv-Krankentaggeldversicherung zugesichert worden ist. Frau S erkrankt an einem Tumor und erfährt nun, dass der Taggeldversicherer den Kollektivvertrag gekündigt hat, weil der Arbeitgeber mit den Prämien in Verzug ist. Der Arbeitgeber hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag verletzt und wird dafür schadenersatzpflichtig. Frau S kann von ihm verlangen, dass er dieselben Leistungen entrichtet, welche der Taggeldversicherer bezahlt hätte.
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Der Versicherungsschutz von Personen, die bereits bei Arbeitsantritt eine gesundheitliche Beeinträchtigung aufweisen, wird in den allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der VVG-Verträge sehr unterschiedlich geregelt. Es finden sich u.a. folgende Lösungen:
- Volldeckung: Personen mit vorbestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen erhalten im Fall einer Arbeitsunfähigkeit die vollen Leistungen, sofern sie bei Arbeitsantritt im Rahmen des vertraglichen Arbeitspensums voll arbeitsfähig sind.
 - Ausschluss oder Vorbehalt: Verschiedene Verträge sehen vor, dass bei Vertragsabschluss von jeder Person ein Gesundheitsfragebogen ausgefüllt werden muss. Gestützt auf die erhaltenen Angaben entscheidet darauf der Versicherer, ob er eine Person vom Versicherungsschutz ganz ausschliessen oder einen Vorbehalt errichten will. Entscheidet er sich hierzu, so muss die Person darüber informiert werden. Im Krankheitsfall muss dann der Arbeitgeber mindestens die Lohnfortzahlung gemäss Gesetz oder Vertrag übernehmen.
 - Reduzierte Leistungen aufgrund des Vertrags: Relativ häufig findet sich in den AVB die Regelung, dass im Falle einer Arbeitsunfähigkeit, die auf eine bei Arbeitsantritt vorbestehende gesundheitliche Beeinträchtigung zurückzuführen ist, nur zeitlich limitierte (nach Vertragsdauer abgestufte) Taggelder entrichtet werden, welche die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers abdecken, aber nicht oder nicht wesentlich darüber hinaus gehen. Diese Vertragsregelung ist dann höchst problematisch, wenn sie den Versicherten nicht mitgeteilt wird und diese mit einem maximal 720 Tage dauernden Taggeldanspruch rechnen.
 
Beispiel für reduzierte Leistungen aufgrund vorbestehender Krankheit
Herr M ist vor 2 Jahren in die Firma X eingetreten, nachdem er zuvor während rund eines halben Jahres an einer depressiven Episode erkrankt war. Beim Abschluss des Arbeitsvertrags und danach muss Herr M keinen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Als Herr M erneut wegen einer Depression arbeitsunfähig wird, richtet die Kollektiv-Taggeldversicherung des Arbeitgebers zuerst ein Taggeld aus, stellt dieses aber nach 3 Monaten ein. Sie beruft sich dabei auf eine Bestimmung in den AVB, wonach eine Person, die im 3. Dienstjahr wegen einer Krankheit arbeitsunfähig wird, die sich bereits vor Arbeitsantritt manifestiert hatte, nur Anspruch auf ein beschränktes Taggeld während 3 Monaten habe. Herr M kann gegen den Versicherer nichts unternehmen. Er kann höchstens prüfen lassen, ob der Arbeitgeber mit dem Abschluss einer solchen Taggeldversicherung seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat.
Die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung: KVG versus VVG
Wer bei Abschluss einer Taggeldversicherung klar formulierte Fragen des Versicherers zum Gesundheitszustand falsch beantwortet, begeht eine Anzeigepflichtverletzung. Die Folgen einer solchen Anzeigepflichtverletzung sind unterschiedlich, je nach dem, ob es sich um eine KVG-Versicherung oder eine VVG-Versicherung handelt.
- KVG-Versicherung: Die Krankenkasse kann, wenn sie nachträglich von einer Anzeigepflichtverletzung Kenntnis erhält, rückwirkend einen 5-jährigen Vorbehalt ab Versicherungsbeginn errichten. Sie kann dies praxisgemäss innert eines Jahres ab Kenntnis der Anzeigepflichtverletzung tun und allfällige zu Unrecht ausbezahlte Taggelder zurückfordern.
 - VVG-Versicherung: Der Versicherer kann den Versicherungsvertrag innert 4 Wochen seit Kenntnis der Anzeigepflichtverletzung schriftlich kündigen. Wird der Vertrag durch eine solche Kündigung aufgelöst, erlischt auch die Leistungspflicht für bereits eingetretene Schäden, die mit der nicht angezeigten gesundheitlichen Beeinträchtigung in Zusammenhang stehen. Bereits ausgerichtete Taggelder können zurückgefordert werden. Hingegen bleibt die Leistungspflicht für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit bestehen, wenn diese in keinem Zusammenhang mit der verschwiegenen Tatsache steht.
 
Beispiel Anzeigepflichtverletzung bei VVG-Versicherung
Herr T hat beim Abschluss seiner VVG-Taggeldversicherung die Frage, ob er in den letzten 5 Jahren in medizinischer Behandlung gestanden sei, mit „nein“ beantwortet. Er hat vergessen, dass er vor 3 Jahren wegen Rückenbeschwerden in physiotherapeutischer Behandlung gestanden ist. 4 Jahre nach Abschluss des Vertrags erleidet Herr T einen Herzinfarkt und bleibt in der Folge während längerer Zeit arbeitsunfähig. Die Versicherungsgesellschaft erfährt bei der Konsultation ärztlicher Berichte, dass Herr T seinerzeit eine Anzeigepflichtverletzung begangen hat. Sie teilt ihm innert 20 Tagen nach Kenntnis dieser Verletzung mit, dass sie den Vertrag per sofort kündige.
Weil der Herzinfarkt aber in keinem Zusammenhang mit den seinerzeitigen Rückenbeschwerden steht, wird die Versicherungsgesellschaft für die Folgen der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit weiterhin die versicherten Taggelder bezahlen müssen.
Übertritt von der Kollektiv- in die Einzelversicherung
Wer bisher im Rahmen einer Kollektivversicherung gegen die Folgen eines krankheitsbedingten Erwerbsausfalls versichert gewesen ist, kann bei Beendigung des Kollektivversicherungsschutzes (in der Regel bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) durch Übertritt in die Einzelversicherung den Versicherungsschutz aufrechterhalten. Die rechtliche Regelung unterscheidet sich dabei, je nachdem ob man in einer KVG- oder einer VVG-Versicherung versichert gewesen ist.
Bei KVG-Kollektivversicherungen endet nicht nur der Versicherungsschutz bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern es ist selbst bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit keine Nachleistung aus dem Kollektivvertrag möglich.
Die Rolle des Arztzeugnisses und die Beweislast bei Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers werden durch diesen regelmässig mit einem Arztzeugnis belegt. Bestehen objektive Anhaltspunkte, dass das von einem Arbeitnehmer eingereichte Arbeitszeugnis nicht richtig ist, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, eine Untersuchung bei einem Vertrauensarzt seiner Wahl anzuordnen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet der Aufforderung des Besuches des Vertrauensarztes nachzukommen, dies aufgrund seiner arbeitsrechtlichen Treuepflicht. Verweigert ein Arbeitnehmer den Gang zum Vertrauensarzt zu Unrecht trotz Abmahnung, verliert er seinen Lohnanspruch.
Die Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer (Art. 8 ZGB). Die direkte Beweisführung über den Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit ist ausgeschlossen. Dies gilt umgekehrt ebenso für die Arbeitsfähigkeit, sofern nicht der entsprechende Tatbeweis in Form der (uneingeschränkten) Arbeitsleistung erbracht wird.
Obwohl der Beweis der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfalls - und ausnahmsweise auch derjenige der Arbeitsfähigkeit - in der Regel durch ärztliches Zeugnis erbracht wird, bewirkt dieser Anscheinsbeweis keine Beweislastumkehr. Ein Arztzeugnis stellt kein absolutes Beweismittel, sondern lediglich eine Parteibehauptung dar. Es bleibt eine Frage der Beweiswürdigung, ob die entscheidende Instanz darauf abstellt. Das Arztzeugnis ist somit ein wichtiges Indiz für Arbeitsunfähigkeit.
Wird nur eine Krankheit attestiert, so bedeutet das noch nicht automatisch die Arbeitsunfähigkeit. Dem Wortlaut des Arztzeugnisses kommt daher grosse Bedeutung zu. Das Arztzeugnis ist einer von möglichen Beweisen für die Arbeitsunfähigkeit. Oft wird das Arztzeugnis des Arbeitnehmers, zumindest in der Anfangsphase einer Krankheit durch dessen Hausarzt ausgestellt. Oft kommt es vor, dass sich dann das Arztzeugnis des Arbeitnehmers und dasjenige des Vertrauensarztes widersprechen.
Hausarzt vs. Vertrauensarzt: Welches Gutachten zählt?
Grundsätzlich kann sich die Arbeitgeberin auf das Arztzeugnis des Vertrauensarztes abstützen. Falls dieser keine oder eine geringere Arbeitsunfähigkeit feststellt, als vom behandelnden Arzt festgehalten, so hat das Gericht in der Überprüfung zu beachten, welches der beiden Zeugnisse einen höheren Beweiswert aufweist (PÄRLI/HUG/PETRIK, Arbeit, Krankheit, Invalidität, Bern 2015, S. 112f.). Liegt ein offensichtlich qualifizierteres Arztzeugnis vor, so stellt das Gericht darauf ab: ob ein solches vorliegt, bzw. auf welches Arztzeugnis das Gericht abstellt, bleibt jedoch eine Frage der Beweiswürdigung
Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Krankheitsfall
Im Krankheitsfall haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmte Rechte und Pflichten. Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber unverzüglich über ihre Arbeitsunfähigkeit informieren und ein Arztzeugnis vorlegen. Arbeitgeber haben das Recht, die Arbeitsunfähigkeit durch einen Vertrauensarzt überprüfen zu lassen und müssen den Lohn während einer bestimmten Zeit fortzahlen.
Es ist wichtig, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre Rechte und Pflichten kennen, um Konflikte zu vermeiden und eine faire Lösung zu finden.
Häufige Fragen und Antworten zum Thema Krankentaggeldversicherung: Ein Überblick
Viele Fragen tauchen im Zusammenhang mit der Krankentaggeldversicherung auf. Hier ein Überblick über einige der häufigsten Fragen und Antworten:
- Was darf eine vorgesetzte Person alles fragen / wissen warum ich krank bin? Ihr Arbeitgeber hat Anspruch auf Informationen wie zum Beispiel wie lange Sie voraussichtlich arbeitsunfähig sind. Woran Sie erkrankt sind, wie und wo Sie behandelt werden, müssen Sie Ihrem Arbeitgeber nicht sagen.
 - Muss ich Aufträge erledigen, wenn ich krankgeschrieben bin? Schreibt man Sie vollständig arbeitsunfähig, müssen Sie weder Aufträge erledigen noch erreichbar sein. Wenn es gesundheitlich möglich ist, müssen Sie insofern kooperieren, dass Ihr Arbeitgeber zum Beispiel eine Stellevertretung instruieren kann.
 - Darf mein Arbeitgeber meine zwei Freitage wegnehmen und mich dort zur Arbeit zwingen, wenn ich krank war? Dementsprechend erscheint es unzulässig, Ihre Krankheitszeit nicht zu berücksichtigen und es müsste Ihnen, sofern Ihr Arbeitseinsatz fest eingeplant wurde wurde, entweder Ihre durchschnittliche Sollarbeitszeit oder die verpasste Arbeitszeit angerechnet werden.
 
Verjährungsfristen bei Krankentaggeld-Forderungen
Die Forderungen aus dem Vertrag der kollektiven Krankentaggeld-Versicherung verjähren in zwei Jahren nach Eintritt der Tatsache, welche die Leistungspflicht begründet (Art. 46 Abs. 3 VVG). Durch die Taggeldzahlungen wurde der Verjährungslauf jeweils unterbrochen. Unklar ist, wann genau im Dezember 2022 die letzte Zahlung erfolgte. Deshalb unbedingt so rasch wie möglich verjährungsunterbrechende Massnahmen einleiten!
Zusammenfassende Tabelle: KVG vs VVG Krankentaggeldversicherung
| Merkmal | KVG-Versicherung | VVG-Versicherung | 
|---|---|---|
| Abschlussrecht | Anspruch auf Abschluss bei Krankenkasse | Kein Anspruch, freie Risikoabwägung des Versicherers | 
| Vorbehalte | Maximal 5 Jahre für bestehende Krankheiten | Individuelle Vereinbarung | 
| Anzeigepflichtverletzung | Rückwirkender Vorbehalt bis 5 Jahre | Kündigung des Vertrags möglich | 
| Gesetzliche Grundlage | Krankenversicherungsgesetz (KVG) | Versicherungsvertragsgesetz (VVG) | 
| Verbreitung | Gering, vor allem Einzelversicherungen | Üblich, sowohl Einzel- als auch Kollektivversicherungen | 
tags: #Depression #attest #rückwirkend