ADS, auch bekannt als Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, ist eine neurologische Störung, die nicht nur Männer, sondern auch Frauen betreffen kann. Es ist nicht lange her, da dachte man noch, ADHS wüchse sich im Erwachsenenalter aus. Heute geht die Forschung einig, dass es sich um ein Störungsbild über die Lebensspanne handelt. Mit diesem neuen Verständnis wurde ADHS in den vergangenen Jahren vermehrt vom Kinder- zum Erwachsenenthema.
ADHS: Mehr als nur eine Modekrankheit?
Paris Hilton hat es. Nelly Furtado. Lily Allen. Jennifer Lawrence. Britney Spears. Justin Timberlake. Cara Delevingne. Will Smith. Michael Jordan. Michael Phelps. Bill Gates. Felix Lobrecht. Melanie Winiger. Eine solche Häufung wirft Fragen auf. Oft lauten sie: Ist ADHS eine Modekrankheit? Ein Trend? Aber ist dieses Misstrauen wirklich der interessanteste Aspekt, wenn wir 2024 von ADHS sprechen? Wie wäre es damit: Warum haben so viele bekannte Leute ADHS?
Zahlen gibt es dazu keine, aber Dr. Davatz wäre nicht überrascht: "Menschen mit ADHS sind oft mutig, waghalsig und gehen über Grenzen hinaus. Sie sehen über den Tellerrand, haben eine schnelle Reaktionsfähigkeit. Einer, der aus seiner Vergangenheit als Klassenclown eine Karriere in der Öffentlichkeit gemacht hat, ist Patrick "Karpi" Karpiczenko.
Ursachen und Vererbung von ADHS
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist als Entwicklungsstörung klassifiziert. ADHS weist eine hohe Vererbungsquote auf. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt.
Symptome von ADHS bei Erwachsenen
Die Symptome von ADS bei erwachsenen Frauen können ähnlich wie bei Männern sein, jedoch können Frauen auch spezifische Symptome haben. Frauen mit ADS können oft Schwierigkeiten haben, ihr Leben zu organisieren und den Überblick zu behalten. Sie können auch Schwierigkeiten haben, Prioritäten zu setzen und Dinge abzuschliessen.
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Unterschiedliche Ausprägungen der Symptome
Diese Symptomfelder sind nur einige Beispiele und sie zeigen sich bei jeder Person mit ADHS in unterschiedlicher Ausprägung.
- Aufmerksamkeitsdefizit: Wird oft missverstanden. Menschen mit ADHS können sich oft sogar überdurchschnittlich gut konzentrieren (Hyperfokus) - aber eben nur, wenn sie interessiert sind.
 - Introvertiert, hypoaktiv: eher still, zurückgezogen, arbeitet gerne hinter den Kulissen.
 - Strukturiert: wirkt oft bestimmend und extrem fokussiert. Braucht starke Strukturen, um zu funktionieren.
 
ADHS bei Frauen: Ein oft übersehenes Problem
Studien belegen, dass Mädchen und Frauen nahezu genauso oft von ADHS betroffen und demzufolge noch extrem unterdiagnostiziert sind. Diese "übersehenen" und oft auch alleingelassenen Frauen profitieren von der medialen Aufmerksamkeit, die ADHS derzeit zufällt. Das ehemalige "GNTM"-Model Marie Nasemann erzählt in ihrem Podcast, wie sie dank Social Media darauf kam, dass ADHS der Grund für ihre lebenslangen Schwierigkeiten sein könnte.
Wenn das Umfeld jedoch schon früh ungnädig ist, einen ständig korrigiert, dann könne man viele Probleme davontragen: "Frauen mit ADHS neigen zu Depressionen, weil sie sich ständig anpassen, es allen recht machen wollen und ein schlechtes Selbstwertgefühl entwickeln".
Auch ihre Karriere sieht Lisa Christ heute in einem veränderten Licht: "Mit dem Weg auf die Bühne konnte ich mir den Raum nehmen, der mir damals gefehlt hatte. Das Schreiben, heute ein wichtiger Teil ihrer Berufstätigkeit, hat sie früh als Strategie entdeckt: "Reizüberflutung ist noch heute ein grosses Thema bei mir.
Diagnose von ADHS bei Erwachsenen
ADHS-Tests können dazu beitragen, ADS bei erwachsenen Frauen zu diagnostizieren.
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Damit die Diagnose ADS oder ADHS gestellt werden kann, muss eine bestimmte Anzahl von Kriterien der Unaufmerksamkeit und der Hyperaktivität/Impulsivität erfüllt sein. In unserer Spezialsprechstunde klären wir die Persistenz der Störung im Erwachsenenalter ab. Damit wird deutlich, dass für eine solche Diagnose eine bestimmte Zahl von Symptomen bereits im Kindes- und Jugendalter vorliegen muss. In mindestens zwei Lebensbereichen (z.B. Arbeit, soziale Beziehungen) müssen Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden können.
Bei Mädchen ist der unaufmerksame Typ, also die ADS, häufiger. Die Symptomatik ist hier meist weniger auffällig, wird somit häufiger nicht erkannt und erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Folglich erhalten Betroffene deutlich später Unterstützung und eine entsprechende Behandlung, was mit einer Reihe an Folgestörungen einhergehen kann. Menschen mit einer ADS sind verträumt, abgelenkt und hypoaktiv. Zudem besteht häufig eine ausgeprägte Prokrastination, eine Entscheidungs- und Priorisierungsschwäche sowie Ängstlichkeit. Auf schwierige Situationen wird eher mit einer Flucht nach innen und mit Selbstzweifeln reagiert. Impulsives Verhalten sowie Emotionsausbrüche sind ebenso eher nach innen gerichtet.
Eine AD(H)S-Abklärung erfolgt nicht selten erst nach Jahren.
Behandlung von ADHS bei Erwachsenen
Die Behandlung von ADS bei erwachsenen Frauen umfasst in der Regel eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Stimulanzien wie Methylphenidat und Amphetamine können helfen, die Symptome zu reduzieren und die Konzentration zu verbessern.
In der Therapie von AD(H)S geht es vor allem um das Erlernen von Strategien und Hilfen für die Alltagsbewältigung. AD(H)S kann in dem Sinne nicht «geheilt» werden, aber es kann ein Umgang mit den Kernsymptomen wie Unaufmerksamkeit, motorische Hyperaktivität und Impulsivität sowie mit den Nebensymptomen wie Affektlabilität, Reizbarkeit/Explosivität, Stressempfindlichkeit und Desorganisation erlernt werden.
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Betroffene werden in erster Linie ambulant behandelt, idealerweise in einem längerfristigen, vertrauensvollen psychiatrisch-psychotherapeutischen Rahmen. Aufgrund der bei AD(H)S Betroffenen häufig vorliegenden psychischen Begleiterkrankungen kann in Einzelfällen eine stationäre Behandlung sinnvoll sein.
ADHS und Suchtverhalten
Menschen mit einer unbehandelten AD(H)S entwickeln häufiger Substanzstörungen als die Normalbevölkerung. Cannabiskonsum soll beispielsweise zu mehr Ordnung in den Gedanken und mehr Fokus verhelfen. Ebenso soll es zur Entspannung aufgrund der ständigen Unruhe verhelfen. Langfristig zeigt sich dann jedoch eine zunehmende Unkonzentriertheit, Motivationsschwierigkeiten sowie eine körperliche und psychische Abhängigkeit.
ADHS im Berufsleben
Da AD(H)S eine sogenannte Spektrumsstörung ist, kann dazu keine allgemeingültige Aussage gemacht werden. Einige Betroffene können ihre Ressourcen vor allem in einem selbständigen Beruf aktivieren, andere benötigen eine externe Struktur durch einen Arbeitgeber. Entscheidend bei der Berufswahl sind das Interesse und die Motivation. Langeweile und Unterforderung im Beruf sind gerade für AD(H)S-Betroffene eher problematisch. Sowohl Abwechslung und Freiraum als auch klar definierte Arbeitsschritte mit Fristen sind von Vorteil.
Die Spezialsprechstunde AD(H)S im Erwachsenenalter
In der Spezialsprechstunde AD(H)S im Erwachsenenalter der Psychiatrie Baselland finden Betroffene umfassende Diagnostik und Beratung. Zudem gibt es eine Psychoedukative AD(H)S-Gruppe für Betroffene. Die Psychiatrie Baselland bietet bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, AD(H)S im Erwachsenenalter im Zentrum für Psychische Gesundheit in Binningen spezialisierte diagnostische Abklärungen eine Psychoedukative AD(H)S-Gruppe an.
Umgang mit ADHS im Erwachsenenalter
Wer ADHS hat, könne im Erwachsenenalter durchaus lernen, damit umzugehen, sagt Dr. Davatz.
Was jedoch alle Menschen mit ADHS - zumindest in Gesellschaften wie unserer - eint, ist ein oft hoher Leidensdruck.
ADHS - Eine Zusammenfassung von A bis Z:
AUFMERKSAMKEIT: ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Diese neurologische Störung beeinflusst die Aufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität von Einzelpersonen.
ADHS-DIAGNOSE: Die Diagnose von ADHS erfolgt anhand von Verhaltensbeobachtungen, medizinischen Untersuchungen und Kriterien aus dem Diagnosehandbuch DSM-5. Die ADHS-Symptome müssen über einen längeren Zeitraum bestehen und das normale Funktionieren der Betroffenen Person beeinträchtigen.
ADHS-BEHANDLUNG: Eine effektive Behandlung von ADHS kann Verhaltensinterventionen, Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Bildungsunterstützung und in einigen Fällen auch Medikamente umfassen. Selbstverständlich ist ein ADHS-Coaching & eine Psychoedukations-Beratung extrem unterstützend für ADHS-Betroffene. Stimulanzien wie Methylphenidat und Amphetamin werden häufig zur Symptomkontrolle eingesetzt. Zudem gibt es auch nicht-medikamentöse Therapien wie z.B. Neurofeedback.
GESCHLECHTSUNTERSCHIED: ADHS betrifft sowohl Jungen als auch Mädchen, aber Jungen neigen eher zu hyperaktivem Verhalten, während Mädchen eher unaufmerksam sein können. Dies hat dazu geführt, dass ADHS (oder meistens ADS) bei Mädchen und Frauen oft leider übersehen wird und erst im hohen Erwachsenenalter eine Diagnose gestellt wird.
JUGEND: Die Jugendzeit kann für Menschen mit ADHS besonders herausfordernd sein, da sie mit schulischen Anforderungen, sozialen Veränderungen und der Entwicklung ihrer Identität konfrontiert sind.
JUGENDLICHE & ERWACHSENE: ADHS dauert oft bis ins Erwachsenenalter an, und die Symptome können sich an die sich ändernden Anforderungen des Lebens anpassen. Erwachsene mit ADHS können trotz Coping-Strategien immer noch Herausforderungen beim Arbeitsplatz, in Beziehungen und im Alltag erleben.
KOMORBIDITÄTEN (BEGLEITERKRANKUNGEN): ADHS tritt häufig gemeinsam mit anderen Begleiterkrankungen oder Störungen auf, wie beispielsweise Angststörungen, Stimmungsstörungen, Lernschwierigkeiten, Depressionen und Verhaltensproblemen.
KOGNITIVE FUNKTIONEN (KOGNITION): Kognitive Funktionen wie Arbeitsgedächtnis, Impulskontrolle und Planungsfähigkeiten sind bei Menschen mit ADHS häufig beeinträchtigt.
LEBENSLAUF: ADHS-Symptome können sich im Laufe des Lebens verändern. Während Hyperaktivität in der Kindheit auffällig sein kann, können im Erwachsenenalter innere Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten und Impulsivität dominieren.
LEBENSQUALITÄT: Die Lebensqualität von Menschen mit ADHS kann durch gezielte Unterstützung, Therapien, einem ADHS-Coaching und individuellen Strategien zur Bewältigung der Symptome verbessert werden.
MANAGEMENT: Ein ganzheitlicher Ansatz zur Bewältigung von ADHS beinhaltet eine Kombination aus medizinischer Behandlung, Therapie, Verhaltensstrategien, Anpassungen im Lebensstil und allenfalls einem ADHS-Coaching.
NEUROTRANSMITTER: ADHS ist mit Dysregulationen in Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin im Gehirn verbunden.
ORGANISATIONSSCHWIERIGKEITEN: Menschen mit ADHS können Schwierigkeiten haben, ihre Gedanken zu organisieren, Aufgaben zu strukturieren und Pläne umzusetzen.
PRÄVALENZ: ADHS ist eine der häufigsten neurologischen Störungen im Kindesalter. Die Prävalenz bei Erwachsenen ist geringer, aber dennoch signifikant.
QUALITÄT DER ADHS-BEHANDLUNG: Die Qualität der Behandlung von ADHS kann stark variieren. Eine individuell angepasste und multidisziplinäre Herangehensweise ist oft am effektivsten.
RESSOURCEN: Es gibt viele Ressourcen, Unterstützungsgruppen und Organisationen, die Informationen und Hilfe für Menschen mit ADHS und ihre Familien oder Angehörigen bereitstellen wie z.B. elpos oder adhs20+.
SCHULE UND BILDUNG: Kinder mit ADHS können in der Schule aufgrund von Konzentrationsschwierigkeiten, impulsivem Verhalten und Unaufmerksamkeit vermehrt Schwierigkeiten haben. Frühzeitige Interventionen und individuelle Bildungspläne können hilfreich sein.
SYMPTOME: Die Symptome von ADHS können in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität / Impulsivität. Unaufmerksamkeit äußert sich durch Schwierigkeiten beim Fokussieren, Organisieren und Abschließen von Aufgaben. Hyperaktivität beinhaltet unruhiges Verhalten und Impulsivität.
THERAPIE: Verhaltenstherapie, kognitive Verhaltenstherapie und Sozialkompetenzen-Training können bei der Bewältigung der ADHS-Symptome und der Entwicklung von Bewältigungsstrategien hilfreich sein.
UMWELTFAKTOREN: Faktoren wie familiäre Unterstützung, Schulerfahrung und soziales Umfeld können die Ausprägung von ADHS-Symptomen beeinflussen.
URSACHEN VON ADHS: Die genauen Ursachen von ADHS sind noch nicht vollständig verstanden, aber es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischer Veranlagung, neurologischer Entwicklung, Umweltfaktoren und Neurotransmitter-Ungleichgewichten eine Rolle spielt.
VORURTEILE: Es gibt leider immer noch Vorurteile und Missverständnisse über ADHS, die das Bewusstsein und die Unterstützung für Betroffene beeinträchtigen können.
WIRKSAMKEIT: Frühzeitige Erkennung, eine angemessene Behandlung und gezielte Unterstützung können die Wirksamkeit der Bewältigung von ADHS-Symptomen verbessern.
X-FAKTOR: Der „X-Faktor“ bei ADHS liegt in der Individualität der Symptome und der persönlichen Herangehensweise an die Bewältigung.
ZUKUNFTSAUSSICHTEN: Mit der richtigen Unterstützung können Menschen mit ADHS lernen, ihre Stärken zu nutzen, ihre Schwächen zu bewältigen und erfolgreichere Lebenswege einzuschlagen.
Hypoaktive ADS-Betroffene
In jedem Referat wird oft nur über die hyperaktiven ADS-Betroffenen gesprochen. Gibt es wirklich nur die hyperaktiven ADS Betroffenen? Eben doch gibt es SIE. Um dies herauszufinden braucht es die besondere Aufmerksamkeit der Eltern, Lehr- und Fachpersonen. Mit viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl kann der Unterschied und die Andersartigkeit erkannt werden.
Der Leidensweg von hypoaktiven ADS-Kinder und -Jugendlichen
Die hypoaktiven ADS-Kinder und Jugendlichen fallen in der Schule eher durch ihre langsame Arbeitsweise auf, sind im Unterricht sehr zurückhaltend, wirken verträumt und abwesend. Dazu kann meist eine ausgeprägte Konzentrationsschwäche oder eine Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche), Dyskalkulie (Rechenschwäche), hohe Sensibilität und hohe Vergesslichkeit festgestellt werden.
Nehmen sich Eltern, die Schule und das Umfeld des Kindes diesen Themen an, ist dem hypoaktiven ADS-Betroffenen schon viel geholfen. Werden die verschiedenen Themen in einer Abklärung nicht beleuchtet, können sich bei heranwachsenden Jugendlichen und später bei Erwachsenen vermehrt Schwierigkeiten im Leben zeigen.
Spätestens in der Lehre, am Arbeitsplatz sowie in den Beziehungen oder bei den Finanzen, manifestieren sich die Schwierigkeiten, wenn nicht vorher Therapien oder passende Werkzeuge zur Selbsthilfe, z.B. im Coaching, geschult werden. Hat der Betroffene keine Unterstützung während der Schulzeit oder Lehre erhalten, können auch plötzlich psychische Störungen auftreten. Wie zum Beispiel eine soziale Phobie, Aussichtslosigkeit, Angststörungen, psychosomatische Beschwerden und Schwierigkeiten im sozialen Umfeld.
Was sicher helfen kann
Da hypoaktive ADSler eher passiv sind, sich nicht unbedingt gut organisieren, fällt es ihnen schwer sich aktiv zu beschäftigen. Gut ist, wenn die Familie, Freunde, Kollegen dem Hypoaktiven bei der Freizeitgestaltung helfen, ihn zu unterstützen und zu animieren mitzumachen.
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