Psychische Gewalt: Definition, Formen und Auswirkungen

Psychische Gewalt bezeichnet Angriffe auf die Gefühle, Gedanken, das Selbstwertgefühl und die Selbstsicherheit eines Menschen. Das Ausüben von Kontrolle und Macht spielt dabei eine grosse Rolle.

Merkmale und Formen psychischer Gewalt

Psychische Gewalt ist subtiler und weniger sichtbar als körperliche Gewalt. Dies bedeutet aber nicht, dass sie nicht auch schwerwiegende Folgen haben kann. Betroffene und deren Umfeld erkennen sie meist während langer Zeit nicht als solche.

  • Beleidigen
  • Kontrollieren
  • Einschüchtern bis hin zur Drohung
  • Verbieten von Kontakten mit Freunden und Freundinnen

Häufig nehmen der Druck auf die Betroffenen, die ausgeübte Kontrolle sowie die Drohungen zu. Vielfach wird dabei auch von der Gewaltspirale gesprochen. Psychische Gewalt beginnt oftmals schleichend und steigert sich langsam und stetig.

Auswirkungen auf Betroffene

Betroffene können unter sozialem Rückzug, einem verringerten Selbstwertgefühl sowie psychischen Beeinträchtigungen leiden. Die Folgen können sich äussern in:

  • Schlaf- und Essstörungen
  • Konzentrations- und Leistungsschwierigkeiten
  • Angstgefühlen
  • Depressionen

Psychische Gewalt in der Erziehung

Die Folgen von psychischer Gewalt in der Erziehung können die Entwicklung des Kindes massiv beeinträchtigen und negative Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter haben. Manche Kinder haben die Fähigkeit, Gewalterlebnisse zu bewältigen und sich trotz widriger Umstände gesund zu entwickeln (Resilienz).

Lesen Sie auch: Belastung nach Organtransplantation

Psychische Gewalt wird definiert als vorsätzliche Anwendung von Einfluss und Macht sowie wiederholte, nicht situations- oder verhaltensbezogene Verhaltensmuster einer Betreuungsperson. Das Kind kann die elterliche Reaktion nicht mit der konkreten Situation in Bezug bringen, sondern empfindet diese als direkte, persönliche Aggression auf seine Person.

Massive und regelmässige Konflikte in der Familie über eine längere Dauer hinweg bedrohen die emotionale Sicherheit der Kinder und können Niedergeschlagenheit, Depressionen, Ängstlichkeit, Unruhe oder Aggressivität auslösen. Langfristig kann ein chronischer Zustand der emotionalen Verunsicherung die psychische Gesundheit des Kindes nachhaltig beeinträchtigen und zu stressbedingten körperlichen Problemen führen.

Viele Kinder zeigen Verhaltensauffälligkeiten, die sich in Unruhe oder Aggressivität, aber auch Niedergeschlagenheit oder Ängstlichkeit äussern; einige Kinder zeigen Anzeichen einer Traumatisierung. In familiären Konfliktsituationen fehlen Eltern zudem häufig die Ressourcen, um in angemessener Weise auf die Bedürfnisse der Kinder zu reagieren.

Wenn das Verhalten der Sorgeberechtigten dazu führt, dass die Grundbedürfnisse des Kindes nicht erfüllt sind und es sich nicht seinen Potentialen entsprechend entfalten kann, ist davon auszugehen, dass eine gesunde Entwicklung des Kindes erschwert, beeinträchtigt oder verhindert wird.

Rechtliche Aspekte

Da psychische Gewalt keine sichtbaren Wunden hinterlässt, ist sie zwar strafrechtlich schwerer fassbar als körperliche Gewalt, aber auch psychische Gewalt ist strafbar. Beispiele hierfür sind:

Lesen Sie auch: Charakteranalyse: Winnie Puuh

  • Erpressung, Drohung und Nötigung (Art. )
  • Ehrverletzungen (Art. )
  • Freiheitsberaubung (Art. )
  • Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht (Art. )

Für eine genaue Einschätzung Ihrer rechtlichen Situation können Sie sich an eine Opferberatungsstelle wenden. Diese bietet kostenlose Beratungen an und kann Ihnen allenfalls eine:n Anwält:in vermitteln.

Häusliche Gewalt und Stalking

Unter häuslicher Gewalt versteht man körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt innerhalb einer Familie oder in einer aktuellen oder aufgelösten Paarbeziehung. Beispiele für häusliche Gewalt können sein:

  • Körperliche Gewalt an Kindern durch die Eltern
  • Drohungen oder psychische Gewalt in der Partnerschaft
  • Stalking durch den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin
  • Vergewaltigung in der Ehe
  • Sexuelle Übergriffe in der Familie
  • Misshandlung durch betreuende oder pflegende Angehörige
  • Gewalt durch Kinder an ihren Eltern
  • Androhung oder Durchsetzung einer Zwangsheirat

Unter Stalking versteht man das mehrmalige Belästigen, Auflauern, Nachstellen oder Drohen. Stalking kann innerhalb der Familie oder in einer bestehenden oder aufgelösten Partnerschaft vorkommen. Betroffenen Personen von Stalking wird empfohlen, sich bei einer Beratungsstelle Unterstützung zu holen.

Der Kreislauf der Gewalt

Für Betroffene ist es nicht einfach, aus der Gewaltsituation zu kommen. Familiäre und partnerschaftliche Strukturen gehen meist mit emotionalen oder finanziellen Abhängigkeiten sowie Verantwortlichkeiten für allfällig involvierte Kinder einher.

Es folgt eine Phase des Spannungsaufbaus. Die Spannung kann durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst oder verstärkt werden: Probleme am Arbeitsplatz, Alltagsbelastungen als Eltern oder auch Substanzkonsum. In der dritten Phase entlädt sich die Spannung in akuter Gewalt. Diese kann psychisch sein wie beispielsweise mit Beschimpfungen oder Drohungen, oder es erfolgt ein körperlicher Angriff.

Lesen Sie auch: GdB bei psychischen Leiden: Was Sie wissen müssen

Häufig geschieht jedoch etwas anderes: Die gewaltausübende Person entschuldigt sich nach einer Weile und verspricht, dass sie keine Gewalt mehr ausüben wird. Die gewaltbetroffene Person möchte dies glauben und sucht nach Rechtfertigungen für die Gewalt in der Situation oder auch bei sich selbst. Das Paar startet erneut in die Honeymoon-Phase.

Sind die Ursachen für den Spannungsaufbau jedoch weiterhin vorhanden ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es erneut zu Spannungen und Gewalt kommt. Ohne externe Hilfe, sei dies durch nahestehende Personen oder Fachleute, ist ein Ausstieg aus dem Gewaltkreislauf sehr schwierig. Betroffene brauchen häufig Jahre, bis sie sich aus einer gewaltgeprägten Beziehung lösen können. Geduld im Umgang mit Betroffenen ist deshalb sehr wichtig.

Was können Sie tun?

Informieren Sie sich darüber, was häusliche Gewalt ist und weshalb Trennungsversuche mehrfach scheitern. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Unterstützungsmöglichkeiten.

Häufig ist es für Betroffene schwer, von sich aus das Gespräch mit einer nahestehenden Person oder einer Fachperson zu suchen. Für sie ist es deshalb hilfreich, wenn Personen aus dem Umfeld den ersten Schritt machen. Zeigen Sie Verständnis, Mitgefühl und vor allem Geduld. Vermeiden Sie Aussagen wie «Weshalb trennst du dich nicht einfach?». Bringen Sie Ihre Sorge und Ihr Wohlwollen zum Ausdruck ohne zu drängen. Sagen Sie beispielsweise «Ich sehe den blauen Fleck an deinem Handgelenk. Was ist passiert? Ich mache mir Sorgen.

Bringen Sie sich nicht unnötig in Gefahr. Es ist wichtig, dass Betroffene professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Die Opferberatungsstellen führen psychosoziale Beratungen durch, klären über juristische Möglichkeiten auf und zeigen mögliche konkrete Schritte zum Schutz der Betroffenen auf. Die Beratungen sind kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym.

tags: #psychische #gewalt #definition