Essstörungen sind Erkrankungen, bei denen es aufgrund von seelischen Belastungen zu körperlichen Schädigungen kommen kann. Essstörungen stellen den Versuch dar, die Nahrungsaufnahme und den Körper zu manipulieren. Je früher eine Essstörung erkannt und behandelt wird, desto grösser sind die Chancen, die körperlichen und seelischen Folgen einer Essstörung zu vermeiden.
In der Schweiz entwickeln rund 3,5 Prozent der Bevölkerung im Lauf ihres Lebens eine Essstörung. Damit ist die Häufigkeit in der Schweiz ungefähr so hoch wie in anderen industrialisierten Ländern. Frauen sind öfters betroffen als Männer.
Die Ursachen von Essstörungen sind vielfältig. Meist müssen mehrere Faktoren zusammenkommen, um eine Essstörung auszulösen. Perfektionismus, Ängstlichkeit, Selbstwertprobleme, depressive Verstimmungen, ebenso Schwierigkeiten in der Regulation von Gefühlen scheinen bei Essstörungen eine Rolle zu spielen. Ebenfalls kann eine negative Einstellung und Beurteilung der eigenen Figur und des Körpergewichts zu einer Essstörung führen.
Essstörungen kommen in der westlichen Welt deutlich häufiger vor als in anderen Kulturen. Besonders gefährdet sind Hochleistungssportlerinnen und Hochleistungssportler oder Models. Massgebend ist ein Schönheitsideal in der Gesellschaft, das „superdünne“ Menschen favorisiert. Aber auch die (sozialen) Medien und die Werbung transportieren oft das Ideal vom Schlanksein. Dies übt Druck auf Menschen aus, wenn sie nicht dem gängigen Schönheitsideal genügen.
Negative Erlebnisse in der Familie können zur Entstehung der Bulimie beitragen. Auch körperliche oder sexuelle Gewalt sowie Vernachlässigung in der Familie, Suchterkrankungen oder Persönlichkeitsstörungen der Eltern sind oft im Leben von Menschen mit Essstörungen zu finden. Und wenn in der Familie das Aussehen und Schlanksein einen sehr hohen Stellenwert besitzt oder ein hoher Leistungsanspruch herrscht, kann dies ebenfalls eine Essstörung fördern. In manchen Familien kommen Essstörungen gehäuft vor, was die Beteiligung der Gene vermuten lässt. So entwickeln Angehörige von Menschen mit Essstörungen häufiger ebenfalls eine Essstörung.
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Unterschiede zwischen den Essstörungen
Essstörungen können die unterschiedlichsten Ausprägungen haben: Menschen essen zu viel oder zu wenig, ernähren sich unregelmässig oder erbrechen nach den Mahlzeiten. Zu den häufigsten Essstörungen zählen die Anorexie (Magersucht), die Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und die Binge-Eating-Störung (Esssucht).
Magersucht (Anorexie)
Bei der Magersucht liegt das Körpergewicht mindestens 15 % unter dem minimalen Normalgewicht. Betroffene nehmen ihr Gewicht und ihren Körper verzerrt wahr. Sie haben panische Angst davor, dick zu werden - trotz Untergewicht. Physische Folgeschäden sind das Absinken des Stoffwechsels, des Pulses, des Blutdrucks und der Körpertemperatur. Dies kann zu ständigem Frieren, Müdigkeit und chronischer Verstopfung führen.
Menschen mit Anorexie versuchen krankhaft, Gewicht zu reduzieren, und sind daher oft stark untergewichtig. Sie hungern ebenfalls, machen Diäten, erbrechen, nehmen Medikamente ein (z.B. Appetitzügler, Diuretika, Abführmittel) oder treiben exzessiv Sport, um abzunehmen.
Bulimie
Bulimie tritt häufig im Zusammenhang mit Magersucht auf. Die Betroffenen leiden unter Heisshungeranfällen. In kürzester Zeit essen sie sehr grosse Mengen. Um nicht zuzunehmen, erbrechen sie sich meist nach diesen Essattacken. Mögliche körperliche Folgeschäden sind Herzrhythmusstörungen, Kreislaufprobleme, Zahnschmelzschäden, Elektrolytentgleisungen, Nierenschäden, Schlafstörungen, Haarausfall und Konzentrationsstörungen.
Typisch bei der Bulimie sind wiederholte Heisshungerattacken und Essanfälle. Im Anschluss versuchen Betroffene, einer drohenden Gewichtszunahme entgegenzusteuern: durch Erbrechen, Abführmittel, entwässernde Medikamente oder exzessiven Sport. Menschen mit Bulimie haben meistens ein normales Gewicht.
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Binge-Eating-Störung
Bei der Binge-Eating-Störung leiden die Erkrankten an regelmässigen Heisshungerattacken. Anders als bei der Bulimie ergreifen die Betroffenen aber nach Essanfällen keine Gegenmassnahmen. Diese Störung ist meist mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) verbunden. Körperliche Folgeschäden sind Herz-Kreislauferkrankungen, Gelenkleiden, Wirbelsäulenschäden und Diabetes mellitus.
Betroffene haben wie bei der Bulimie Essanfälle, bei denen sie grosse Mengen an Nahrungsmitteln zu sich nehmen. Im Gegensatz zu einem Bulimiker oder einer Bulimikerin ergreifen sie aber keine Massnahmen, um die drohende Gewichtszunahme zu verhindern. Auch bei dieser Störung sind Essanfälle typisch.
Atypische Essstörungen
Neben den eindeutig definierten Formen von Ess-Störungen gibt es noch weitere, welche die klassischen Kriterien für eine spezifische Ess-Störung nicht erfüllen. Darunter fallen solche, auf die nicht alle Merkmale eines Krankheitsbilds zutreffen oder bei denen die Merkmale mehrerer Krankheitsbilder gemeinsam auftreten. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Formen von Essstörungen können fliessend sein. Manche entwickeln auch Mischformen mit den Merkmalen verschiedener Essstörungen. Auch kann eine Form der Essstörung mit der Zeit in eine andere übergehen.
Behandlung von Essstörungen
Essstörungen sind allesamt ernsthafte Erkrankungen, die es möglichst früh zu behandeln gilt. So ist die Anorexie, die Magersucht, etwa eine der psychischen Erkrankungen mit der höchsten Mortalität. Daher ist es für Angehörige und Arbeitskolleg:innen wichtig, auf erste Anzeichen zu achten und nicht abzuwarten.
Bei Verdacht sollte die betroffene Person an Spezialistinnen und Spezialisten aus Psychiatrie oder Psychologie überwiesen werden. Meist passiert dies durch aufmerksame Ärzte und Ärztinnen.
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In den UPK Basel gibt es verschiedene therapeutische Angebote für den ambulanten, teilstationären und stationären Bereich. Für Essstörungen gibt es spezifische und hochwirksame psychotherapeutische Verfahren. In unserer Spezialsprechstunde für Essstörungen helfen wir mittels ausführlicher Abklärung die geeignete Behandlung zu finden und zu beginnen.
Die Therapie der Anorexie nervosa zielt vorrangig auf eine Normalisierung von Gewicht und Essverhalten ab - bei Frauen bis zu einem Mindest-BMI von 18,5 kg/m² und 19,5 kg/m² bei Männern. Dies vermindert physiologisch ausgelöste Essanfälle aus einer Hungersituation heraus. Ebenso werden emotionale und situative Auslöser von Essanfällen evaluiert, um alternative Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Bei Bulimie erfolgt die Behandlung im Rahmen einer Psychotherapie. Eine häufig angewandte Therapieform ist die Verhaltenstherapie. Bei Bulimie wird die Therapie in der Regel noch durch eine ärztlich begleitete körperliche Regeneration ergänzt. Auch Ansätze, die die Körperwahrnehmung trainieren, können Betroffene sinnvoll unterstützen.
Eine Therapie fordert zwar Ausdauer, kann langfristig jedoch zu einer deutlich verbesserten Lebensqualität führen. Je früher die Essstörung behandelt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten.
Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich.
| Merkmal | Anorexie (Magersucht) | Bulimie | Binge-Eating-Störung | 
|---|---|---|---|
| Körpergewicht | Deutlich untergewichtig | Normalgewichtig oder leicht übergewichtig | Übergewichtig oder adipös | 
| Essverhalten | Restriktiv, Vermeidung von Kalorien | Heisshungerattacken mit Kontrollverlust | Heisshungerattacken mit Kontrollverlust | 
| Kompensatorische Massnahmen | Erbrechen, Abführmittel, exzessiver Sport | Erbrechen, Abführmittel, exzessiver Sport | Keine | 
| Körperbild | Verzerrte Wahrnehmung, Angst vor Gewichtszunahme | Sorge um Gewicht und Figur | Schuldgefühle und Scham nach Essanfällen | 
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