In der Schweiz lebt rund jede fünfte Person mit einer Form einer Behinderung. Dabei unterscheidet man oft zwischen den folgenden drei Arten: körperliche, kognitive und psychische Behinderungen.
Was ist eine geistige Behinderung?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert eine geistige Behinderung als «bedeutsam verringerte Fähigkeit, neue oder komplexe Informationen zu verstehen und neue Fähigkeiten zu erlernen und anzuwenden».
Die Definition der American Association on Intellectual and Developmental Disabilities (AAIDD) besagt, dass «ein Individuum dann als geistig behindert zu bezeichnen (ist), wenn die folgenden drei Kategorien zutreffen: der Intelligenzquotient (IQ) ist niedriger als 70 bis 75, starke Einschränkungen im adaptiven Verhalten liegen vor und diese Bedingungen haben sich bereits vor dem 18. Lebensjahr manifestiert».
Ein Intelligenztest kann Klarheit über das Vorliegen einer geistigen Behinderung bringen, darf jedoch nie alleine stehen. Mit dem Test muss auch das adaptive Verhalten in Augenschein genommen werden.
Ursachen einer geistigen Behinderung
Alles, was die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen kann, kann als Ursache einer geistigen Behinderung gesehen werden. Der Zeitpunkt hierfür kann vor, während oder nach der Geburt beziehungsweise noch im Kindesalter liegen.
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Genetische Ursachen, Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, Hirnhautentzündung, Sauerstoffmangel während der Geburt oder auch ein Unfall können unter anderem eine geistige Behinderung auslösen.
Meist steht eine auffällige Lernbehinderung im Vordergrund des Menschen mit geistiger Behinderung. Ursache hierzu sind oftmals Hirnschädigungen oder Hirnfunktions-störungen. Diese Beeinträchtigungen werden meist im frühen Kindesalter entdeckt und können mit anderen verzögert ablaufenden Entwicklungsschritten einhergehen.
Formen kognitiver Beeinträchtigungen
Es gibt verschiedene Formen kognitiver Beeinträchtigungen. Es gibt genetisch bedingte, angeborene kognitive Beeinträchtigungen wie zum Beispiel das Down-Syndrom. Stoffwechselstörungen, Komplikationen während der Geburt, Sauerstoffmangel oder Unfälle können ebenfalls Beeinträchtigungen verursachen.
Eine bestimmte Form, respektive Diagnose allein sagt aber noch nichts über die mögliche Entwicklung einer Person aus. Diese ist auch abhängig von Fördermassnahmen und diversen Umweltfaktoren.
Auswirkungen einer kognitiven Behinderung auf den Alltag
Zu den kognitiven Fähigkeiten eines Menschen zählen zum Beispiel die Fähigkeiten zu lernen, zu planen, zu argumentieren. Einschränkungen in diesem Bereich können bedeuten, dass eine Person Schwierigkeiten hat, eine Situation zu analysieren, etwas zu abstrahieren oder vorauszuschauen.
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Bei Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung verläuft insbesondere die kognitive Entwicklung langsamer und anders als bei anderen Menschen.
Häufig haben diese Menschen deshalb Mühe beim Rechnen oder Lesen. Körperliche Behinderungen zeigen sich beispielsweise in Form einer Querschnittslähmung oder eines fehlenden Körperteils.
Psychische Störungen im Zusammenhang mit geistiger Behinderung
Im Schatten einer geistigen Behinderung werden psychische Störungen manchmal nicht als solche erkannt - mit schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen und deren Umfeld.
Hinter einem herausfordernden Verhalten stecken häufig noch andere Ursachen als die geistige Behinderung. Das können etwa Symptome psychischer Störungen sein wie Ängste, Zwänge, Depressionen - oder Aggressionen.
Manchmal liegen aber auch Epilepsien oder die Folgen einer Traumatisierung vor. «Dieses sogenannte Overshadowing erschwert eine präzise Problemanalyse», sagt der Heilpädagoge Alois Grüter.
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Leuchtet man den ganzen Menschen, seine Biografie und Umwelt jedoch gut aus, wird eine ganze Palette an Zugängen ersichtlich. Die Basis der Förderung ist eine tragfähige Beziehung.
«Es braucht eine psychische Begleitung dieser Menschen», sagt Alois Grüter. Bei Medikamenten dagegen fällt die Bilanz gemischt aus. Neuroleptika etwa können bei diagnostizierten psychischen Störungen sinnvoll sein, nützen aber bei gelernten Aggressionen nicht.
«In der Praxis wird zwar immer wieder versucht, diese Abkürzung zu nehmen», sagt der Psychiater Christian Schanze, aber ohne Erfolg: «Das führt in eine Sackgasse.» Vielmehr sind pädagogisch-therapeutische Interventionen angezeigt.
Inklusion und Teilhabe
Die von der Schweiz ratifizierte Behindertenrechtskonvention betont zusätzlich die Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren, welche die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft verhindern können (Art.
Behinderung ist somit keine fixe Eigenschaft der Person, sondern das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen Hindernissen in der Umwelt und vorhandenen Funktionseinschränkungen.
Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit Behinderungen anders als Menschen ohne Behinderungen behandelt oder gar schlechter gestellt werden als diese, oder wenn eine unterschiedliche Behandlung fehlt, die zur tatsächlichen Gleichstellung notwendig ist (vgl. BehiG, Art.
Die UNO-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bezeichnet «Beeinträchtigungen» als «[…] langfristige, körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen», die individuell sind. Behinderung wird also durch die Beziehung zwischen der Person mit einer Beeinträchtigung und ihrer Umwelt (inkl. den Mitmenschen und ihren Haltungen) bestimmt. Die Umwelt kann folglich fördernd oder behindernd sein.
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