Was bedeutet es, als Sozialarbeiter*in in einer psychiatrischen Klinik zu arbeiten? Ein Interview mit Luca, Sozialarbeiter im Klinischen Sozialdienst der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der UPD, gibt persönliche Einblicke in seinen Weg in die Sozialarbeit, seinen Tagesablauf auf einer Station für junge Erwachsene sowie in die vielfältige Zusammenarbeit mit Patient*innen, Fachpersonen und Behörden.
Der Weg in die Sozialarbeit
Luca war schon früh interessiert an gesellschaftlichen Entwicklungen und Prozessen. Konkret wurde es dann schliesslich während des Zivildienstes. Damals sammelte er erste Erfahrungen in der Arbeit mit geflüchteten Menschen und erhielt so einen Einblick in die Tätigkeit von Sozialarbeitenden. Kurz danach entschied er sich, das Bachelorstudium in Sozialer Arbeit zu beginnen.
Im Rahmen des Studiums absolvierte Luca ein halbjähriges Praktikum im Klinischen Sozialdienst in der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der UPD.
Tagesablauf und Aufgaben eines Sozialarbeiters in der Psychiatrie
Der Tag beginnt im Büro. Danach geht es auf die Station, wo administrative Aufgaben erledigt und Anrufe getätigt werden. Zu den Aufgaben gehören auch die persönliche Vorstellung bei Patient*innen kurz nach ihrem Eintritt, was den Beziehungsaufbau fördert.
Die Tätigkeiten umfassen die Zusammenarbeit mit Patient*innen, Psychiatier*innen, Psycholog*innen und Therapeut*innen. Bei Bedarf findet ein Einzelgespräch statt, um rechtliche Fragen oder behördliche Massnahmen zu klären, damit die Entlassung in ein stabiles Umfeld möglich ist.
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Verschiedene Gefässe für die interdisziplinäre Zusammenarbeit tragen dazu bei, die oberärztliche Visite und der interdisziplinäre Rapport, Bezugspersonen der Station (z.B. Pflegepersonal, Ärztinnen, Therapeutinnen und externen Stellen (z. B.).
Herausforderungen und Kompetenzen
Die Arbeit erfordert eine individuelle Herangehensweise, Flexibilität und kreative Lösungen. Ein wichtiger Aspekt ist das Verhältnis von Nähe und Distanz, das im psychiatrischen Setting ständig präsent ist. Der Umgang damit muss individuell erlernt werden.
Die Arbeit in der Psychiatrie ist stark beeinflusst von positiven als auch herausfordernden Situationen im interdisziplinären Team. Wichtig ist, ein offenes Ohr zu haben und sich mit anderen Stellen zu vernetzen.
Die Absprache mit dem Behandlungsteam ist essenziell, um die Bedürfnisse der Patient*innen in den Mittelpunkt zu stellen. Themen wie Erwachsenenschutz spielen ebenfalls eine Rolle.
Vorpraktikum für das Studium der Sozialen Arbeit
Für die Zulassung zum Bachelorstudium in Sozialer Arbeit an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ist der Nachweis von Arbeitswelterfahrung in einem Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit in Form eines Vorpraktikums erforderlich.
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Im Rahmen des Vorpraktikums erhalten Studieninteressierte einen ersten Einblick in ein Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit, d.h. sie lernen den Auftrag der Organisation und dessen Umsetzung im beruflichen Alltag kennen. So sollen Erfahrungen im direkten, regelmässigen Kontakt mit Adressat:innen Sozialer Arbeit und in der Zusammenarbeit im Team und/oder mit anderen Fachpersonen, Angehörigen etc. gemacht werden.
Das Vorpraktikum bietet die Möglichkeit einer ersten (Selbst-)Überprüfung der Motivation und Eignung (z.B.
Kriterien für die Anerkennung des Vorpraktikums
- Insgesamt müssen mindestens drei Monate mit einem Anstellungsgrad von 100% und dem Nachweis von total mindestens 500 Arbeitsstunden geleistet werden.
 - Bei geringerem Beschäftigungsgrad - dieser muss mindestens 40% betragen - kann die Vorpraktikumsdauer entsprechend verlängert werden.
 - Die erforderlichen 500 Arbeitsstunden müssen in der gleichen Organisation geleistet werden.
 - Es muss ein vollständiges Arbeitszeugnis mit Angaben zu Zeitraum, Stundeneinsatz, Pflichtenheft, Verhalten und Leistung vorliegen.
 - Die Tätigkeit beinhaltet regelmässigen direkten Kontakt zu Adressat:innen der Sozialen Arbeit.
 - Es besteht die Möglichkeit, einen Einblick in verschiedene Arbeitsansätze und Methoden der Sozialen Arbeit sowie in die strukturelle Einbettung der Organisation (z.B. Rahmenbedingungen) zu erhalten.
 - Es können Zusammenarbeitserfahrungen (z.B. im Team, mit anderen Anspruchsgruppen wie involvierten Fachpersonen, mit Angehörigen oder mit weiteren Institutionen) gemacht werden.
 - Die Arbeitswelterfahrung in einem Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit wird maximal zehn Jahre nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses anerkannt.
 - Das Vorpraktikum muss in einer Organisation absolviert werden, die einem Feld der Sozialen Arbeit zugeordnet werden kann.
 
Mögliche Organisationen und Tätigkeitsfelder
- Öffentliche und betriebliche Sozialdienste (z. B. Gemeinden, Spitäler, Firmen)
 - Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche, Familien, Erwachsene, Betagte und Menschen mit Behinderung
 - Beschäftigungs- und Integrationsprogramme, Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigung
 - Horte und Krippen
 - Stationäre/teilstationäre Einrichtungen der Sozialen Arbeit für alle Altersstufen und Bewältigungsprobleme (z.B. Wohngruppen, betreutes Wohnen, Beobachtungsstationen, Tageskliniken in der Kinder- und Jugendpsychiatrie)
 - Organisationen in der soziokulturellen Animation (z.B. Gemeinschafts-, Jugend-, und Freizeitzentren, offene Jugendarbeit, Jugendtreffpunkt, Gassenarbeit/Streetwork)
 - Altersarbeit im Gemeinwesen (z. B. Beratungsstellen, Gemeinden, Kirchen)
 - Organisationen im Asylwesen und im Migrationsbereich
 - Bewährungshilfe und Strafvollzug
 
Arbeitseinsätze im Rahmen des Zivildienstes und Vorpraktika im Ausland werden anerkannt, sofern die Tätigkeit die vorher genannten Kriterien/Rahmenbedingungen erfüllt.
Nicht anerkannte Tätigkeiten
- Tätigkeiten im pädagogischen Bereich (Vorbereiten und Halten von Lektionen, Lehrtätigkeit Kindergarten, Primarschule, Oberstufe, Mittelschule ohne weitere Aufgaben)
 - Pflegerische Tätigkeiten (z.B. Pflege im Akutspital, Pflegeheim)
 - Therapeutische Tätigkeiten (z.B. Gesprächstherapie, Körpertherapie, Physiotherapie)
 - Einsätze in Jugendorganisationen mit Freizeitangeboten (z.B. Pfadi, CEVI, Jungwacht, Blauring)
 - Rein administrative Tätigkeiten im Sozialbereich
 - Private Betreuungstätigkeiten (z.B. als Au-pair)
 
Die definitive Zuteilung eines Studienplatzes erfolgt erst nach bestandener Eignungsabklärung und Erfüllen des Vorpraktikums. Für den Studienbeginn im Frühlingssemester müssen die erforderlichen 500 Vorpraktikumsstunden bis Ende Dezember, für das Herbstsemester bis Ende Juli geleistet werden.
Für eine provisorische Reservation eines Studienplatzes auf ein bestimmtes Semester muss vorgängig ein Arbeitsvertrag eingereicht werden, aus dem ersichtlich ist, dass die angegebenen Fristen eingehalten werden.
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Praktika in psychiatrischen Einrichtungen (Clienia)
Clienia bietet verschiedene Praktika im Bereich Psychiatrie an, die sich an Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen richten.
Praktika für Medizinstudierende
Die Praktika richten sich an Studierende aus dem deutschsprachigen Raum in verschiedenen Phasen des Medizinstudiums: Unterassistenz im Wahlstudienjahr (Schweiz), Praktisches Jahr (Deutschland), Famulatur (Österreich).
Die Praktikantinnen und Praktikanten erwerben Basiskompetenzen in moderner, evidenzbasierter psychiatrischer und psychotherapeutischer Diagnostik und Therapie. Besonderer Wert wird auf den Einbezug des psychosozialen Umfelds und die interprofessionelle Zusammenarbeit gelegt. Nach Einarbeitung ist auch eine eigenständige Patientenführung unter Supervision möglich.
Praktika für Psychologiestudierende
Clienia Schlössli und Clienia Littenheid bieten Halbjahrespraktika bzw. Praktika für Masterstudierende an. Bewerbungen werden jeweils im März und September entgegengenommen.
Praktika für Studierende der Pflege (HF/FH)
Die Praktika richten sich an Studierende der Pflege HF (2., 4. und 6. Semester) und Pflege FH (A, B, C Praktika). Die Praktikantinnen und Praktikanten erwerben gezielt Fachwissen und Kompetenzen im Rahmen der curricularen Vorgaben der Hochschulen. Die Dauer variiert je nach Hochschule.
Ergotherapie-Praktika
In Clienia Littenheid können nur Studierende der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ein Ergotherapie-Praktikum absolvieren. Die Vergabe und der Kontakt läuft dort über die Hochschule.
Weitere Praktika
Clienia Schlössli bietet Jahrespraktika in allen drei Jahren der Ausbildung an. Die Praktika richten sich an deutschsprachige Studierende und die Dauer variiert je Bildungsgang. Es gibt auch spezielle Praktika für Peers (Absolventinnen und Absolventen der EX-IN-Ausbildung).
Facility Management Praktika
Die 6-monatigen Praktika richten sich an Studierende zum Bachelor of Science in Facility Management der ZHAW. Zusammen mit dem Team sind die Praktikanten für die Immobilien zuständig und bieten entsprechende Dienstleistungen an.
Soziale Arbeit in der Psychiatrie St.Gallen
Die Mitarbeitenden der Sozialen Arbeit erkennen die psychosozialen Herausforderungen und Schwierigkeiten in der Behandlungssituation. Sozialarbeitende unterstützen und beraten Menschen bei psychosozialen Herausforderungen und Schwierigkeiten in ihrer individuellen Lebenssituation. Gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten sowie den Behandlungsteams erarbeiten sie nachhaltige Lösungen.
Aufgaben der Sozialarbeitenden
- Mit der Sozialen Anamnese werden vorhandene Ressourcen und Probleme erfasst.
 - Formulare ausfüllen
 - Telefonate mit dem Sozialamt oder der IV-Stelle führen
 - Kontakt mit Beistandspersonen oder der Familie aufnehmen
 - bei der Organisation von Nachsorgelösungen mithelfen
 - Tagesstruktur und berufliche Rehabilitation aufgleisen
 - nachgelagerte Hilfssysteme (z.B. proinfirmis, Schuldenberatung etc.) vermitteln und Triage dazu machen
 - Helferkonferenzen, Arbeitgebergespräche, Angehörigengespräche etc. organisieren und durchführen
 
Die Soziale Arbeit ist in interdisziplinäre Teams eingebettet und wirkt gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen aus der Ärzteschaft, der Pflege und der Therapien an der Behandlung der Patientinnen und Patienten mit. Die Sozialarbeitenden haben ein Studium der Sozialen Arbeit absolviert und pflegen einen engen internen und externen Austausch mit anderen Ansprechpartnern und -partnerinnen.
Praktikum im Rahmen der Fachmaturität
Während des Praktikums im Rahmen der Fachmaturität finden ganztägige Transfertage am GSBS statt, wobei übergeordnete, berufsfeld-spezifische Themen bearbeitet werden. Das Hauptziel ist, die im Berufsalltag anstehenden Aufgaben und Situationen erfolgreich zu bewältigen.
Praktikumsinhalte
- Soziale Situationen im Kontext erkennen, einschätzen und Situationsabhängig handeln.
 - Eine von Vertrauen und Verständnis geprägte Beziehung gestalten.
 - Das Nähe- oder Distanzbedürfnis von Menschen beachten.
 - Verantwortung für das Handeln und Verhalten übernehmen.
 - Eigenes Handeln und Verhalten reflektieren und bewerten.
 
Am Ende des Praktikums findet eine "Praktikumsqualifikation" statt, die in Form eines Beurteilungsgesprächs und anhand des "Qualifikationsbogens" durchgeführt wird. Der Praktikumsbetrieb stellt der Praktikantin/dem Praktikanten nach Möglichkeit zusätzlich ein Arbeitszeugnis aus.
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