Angst kommt vielerorts vor. Sie ist eine komplexe Emotion und muss nicht von vornherein als krankhaft gewertet werden. Ungesund wird Angst jedoch, wenn die Intensität höher, die Dauer länger wird und vor allem, wenn sie in spezifischen Situationen auftritt.
Was ist eine Panikattacke?
Nach der ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen definiert man Panikattacken als plötzlich auftretende Angstanfälle (Panik), die mit einer Vielzahl körperlicher Symptome einhergehen. Eine Panikattacke ist eine plötzlich auftretende heftige Angstreaktion, die sich gelegentlich bis zur Todesangst entwickeln kann.
Die Angstzustände, die Betroffene dabei empfinden, beschränken sich oft nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände und sind deshalb auch nicht vorhersehbar.
Definitionsgemäss treten Panikattacken ohne Auslöser auf. Dies im Gegensatz zu den Phobien, also den gerichteten Ängsten, bei denen ein Auslöser bekannt ist.
Symptome einer Panikattacke
Neben dem meistens auftretenden Angstgefühl gehören auch automatische und nicht willkürliche Gedanken dazu (zum Beispiel «Ich werde kollabieren!»). Praktisch immer treten auch körperliche Reaktionen auf.
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Das sind meist Zeichen des stressaktivierten vegetativen Nervensystems wie Herzrasen, heisser Kopf, Schwitzen, Zittern, Druck auf der Brust, Klossgefühl im Hals, hoher Blutdruck, Schwindel usw. Oft stehen diese körperlichen Symptome derart im Vordergrund, dass die Betroffenen unsere Notfallstation aufsuchen mit dem Gedanken, dass eine schwere körperliche Krankheit, zum Beispiel ein Herzinfarkt vorliegt.
Die Symptome einer Panikattacke sind individuell und variieren unter Umständen in ihrer Intensität. Womöglich hat eine leichte Panikattacke ähnliche, aber mildere Symptome.
Die Heftigkeit der Attacke ist derart prägend, dass selbst informierte Betroffene es für wahrscheinlich halten, dass gerade ein bedrohliches körperliches Problem vorliegt.
Typische Symptome einer Panikattacke:
- Herzrasen
- Atemnot
- Engegefühl in Brust und Kehle
- Schwindel
- Zittern
- Mundtrockenheit
- Übelkeit und Erbrechen
Panikstörung
Wenn hingegen die Panikattacken häufiger und anhaltend sind, oben erwähntes Vermeidungsverhalten auftritt und ein grosser Leidensdruck vorhanden ist, bezeichnet man dies als Panikstörung.
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Laut der ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen liegt eine Panikstörung jedoch erst vor, wenn die Panikattacken immer wieder auftreten (mindesten einmal im Monat) und die Angst vor einer erneuten Attacke über mindestens einen Monat anhält.
Eine Panikstörung bildet sich zumeist im Alter zwischen 20 und 24 Jahren aus. Nur bei sehr wenigen Betroffenen beginnt sie bereits in der Kindheit. Sie ist durch das wiederholte, spontane Auftreten von Panikattacken gekennzeichnet.
Zusätzlich erleben Betroffene eine starke Erwartungsangst vor dem erneuten Auftreten einer Panikattacke. Diese Erwartungsangst führt zu Vermeidungsverhalten, was zu starken Einschränkungen führen kann. Es entwickelt sich eine Angst vor der Angst, und das Vermeidungsverhalten wird noch stärker. Betroffene sind in einem Teufelskreis gefangen.
Wie häufig treten Panikattacken auf?
Vereinzelte Panikattacken sind relativ häufig. Bis zu 20 Prozent der Menschen erleiden mindestens einmal in ihrem Leben eine Panikattacke. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Doch macht eine einzelne Attacke noch keine Panikstörung aus.
Das Gesundheitsobservatorium OBSAN beziffert die Häufigkeit der Panikstörung in der Schweiz auf 3,1 Prozent, wobei auch hier Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer.
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Ursachen von Panikattacken
Die Ursachen einer Panikattacke setzen sich letztendlich individuell und multifaktoriell zusammen. Zu den Risikofaktoren gehören chronischer Stress, andere psychische Erkrankungen wie zum Beispiel eine Depression, Zwangsstörung oder Posttraumatische Belastungsstörung, Ängste und Phobien, belastende Lebensereignisse sowie ängstliche Persönlichkeitszüge.
Die Ursachen für eine Angststörung sind vielfältig. Stärker gefährdet sind Menschen mit schwierigen Kindheitserfahrungen und vielfältigen Belastungen im Leben. Auch genetische Faktoren können eine Rolle spielen. Häufiger betroffen sind Menschen mit wenigen sozialen Beziehungen.
Auch kleinere Vorkommnisse wie Stress bei der Arbeit können sich kumulieren. Betroffene schenken den vorausgehenden Warnsignalen wie vermehrter Unruhe, Schlafstörungen oder Herzklopfen oft wenig Beachtung, bis es zum Auftreten einer Panikattacke kommt.
Stress, emotionale Belastungen und negative Denkmuster spielen bei der Entwicklung von Panikattacken und damit auch einer Panikstörung eine wichtige Rolle.
Auslöser einer Panikattacke
Die Ursachen alleine begünstigen das Auftreten einer Panikattacke, jedoch kommt es erst zusammen mit einem Auslöser zum tatsächlichen Auftreten. Die Auslöser können genauso wie die Ursachen individuell sehr unterschiedlich sein.
So kann z.B. auch der Konsum von Alkohol, Nikotin oder Koffein begünstigend wirken. Dies kommt daher, dass diese Substanzen körperliche Veränderungen hervorrufen, wie zum Beispiel einen erhöhten Herzschlag. Diese körperliche Reaktion kann als Zeichen für Gefahr interpretiert werden, die Angstspirale in Gang setzen und letztendlich zu einer Panikattacke führen.
Weitere Auslöser können Medikamente, körperliche Betätigung oder im Falle einer Posttraumatischen Belastungsstörung spezifische Situationen, Gerüche oder Bilder sein.
Häufige Auslöser von Panikattacken:
- Stressige Situationen (Job, Familie, Beziehung)
- Alkohol
- Koffein
- Schicksalsschläge
- Traumatische Erlebnisse
- Körperliche Erkrankungen
Was können Sie tun bei Panikattacken?
Es ist wichtig, selbst Ruhe zu bewahren, sich der betroffenen Person zuzuwenden und ihre Beschwerden ernst zu nehmen.
Viele Betroffene haben Erfahrung und können sagen, was ihnen guttut. Beim Entstehen von Ängsten spielt die genetische Veranlagung eine grosse Rolle. Sprechen Sie mit der Person und leiten Sie sie zu einer regelmässigen, tiefen Bauchatmung an. Diese ruhige Zuwendung kann die Panik sehr rasch mildern.
Rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass es sich nicht um eine körperliche Bedrohung handelt, sondern um eine Panikattacke. Vielen Betroffenen hilft es zudem, sich bewusst auf die Umgebung zu konzentrieren. Es wird empfohlen, die Panikattacke an Ort und Stelle durchzustehen oder sich an einen ruhigen Platz in der unmittelbaren Umgebung zu begeben.
Sobald sie unterbrochen werden, zum Beispiel durch Ablenkung, Vermeidung oder die Einnahme einer Notfallmedikation wird dieser Lernprozess unterbrochen.
Behandlung von Panikattacken
Eine Angststörung wird mit Medikamenten oder Psychotherapie behandelt, oft auch kombiniert. Zentral ist, dass über die Erkrankung und mögliche Behandlungsmethoden umfassend aufgeklärt wird.
Die Behandlung einer isolierten Panikstörung ist die Domäne der Verhaltenstherapie, die auf einem lernpsychologischen Ansatz beruht: Betroffene sollen «lernen», dass Panikattacken zwar äusserst unangenehm, aber völlig ungefährlich sind und immer spontan wieder abklingen.
Je häufiger erlebt wird, dass die Angst vorbei geht und nichts von dem passiert ist, was in der Attacke befürchtet wurde, desto eher zieht sich die Angst zurück und die Attacken werden seltener. Dies setzt aber voraus, dass die Panikattacken erlebt und gewissermassen durchgestanden werden.
Auch viele anderen Therapieansätze sind erfolgsversprechend. Neuere Methoden arbeiten beispielsweise mit akzeptanzbasierten Ansätzen, bei denen es um das möglichst wertfreie Annehmen der verschiedenen Gefühle, Gedanken und Körpersensationen während der Angst geht.
Medikamentös kann die Attacke mit Notfallmedikamenten unterbrochen werden. Neben dem oben genannten Nachteil des fehlenden Lerneffekts machen diese Tranquilizer jedoch oftmals abhängig.
Gewisse Antidepressiva oder auch Lavendelölpräparate sind hingegen etablierte und gut wirksame Basismedikamente, um die Frequenz und Intensität der Attacken zu senken.
Was können Menschen tun, um Panikattacken vorzubeugen oder damit umzugehen, wenn sie auftreten?
Oft sind Betroffene beispielsweise nur schon dadurch entlastet, wenn sie lesen, dass noch nie jemand an einer Panikattacke verstorben ist - weil ja in den Attacken dieser Gedanke tatsächlich oftmals auftritt und diesem auch Glauben geschenkt wird.
Ich rate generell dazu, sich frühzeitig Hilfe zu holen. Das grösste Problem in der Behandlung von Panikstörungen ist die Chronifizierung, die oftmals schon eingetreten ist, wenn die Betroffenen bei uns Fachärzt:innen und Fachpsycholog:innen eintreffen.
Es ist viel einfacher, Panikattacken zu behandeln als das Vermeidungsverhalten, also die oben genannte «Angst vor der Angst».
Tipps zur Vorbeugung und zum Umgang mit Panikattacken:
- Entspannungstechniken (progressive Muskelentspannung, Yoga, autogenes Training)
- Ausgewogene Ernährung
- Regelmässige Bewegung
- Genügend Schlaf
- Stressmanagement
Panikattacken und Panikstörungen sind bei frühzeitiger und richtiger Diagnose mit Psychotherapie gut behandelbar, zum Beispiel mit einer kognitiven Verhaltenstherapie oder einer Pharmakotherapie (Medikamente wie SSRI, SNRI). Bei akuten Panikattacken helfen Benzodiazepine, sogenannte Angstlöser.
Diese sollten aber in Absprache mit dem Arzt in der Regel nur über kürzere Zeit eingenommen werden, da sie ein gewisses Abhängigkeitspotenzial haben.
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