Narzissmus: Was bedeutet das? Eine Definition

Es kann viele Gründe geben, warum jemand dir vorwirft, narzisstisch zu sein. Manchmal liegt es an Missverständnissen in der Kommunikation oder an deinem Verhalten, das als egozentrisch interpretiert wird. Insbesondere Narzissten behaupten gern, dass du ein Narzisst oder eine Narzisstin bist, um dich zu verunsichern.

Umgangssprachlich wird eine Person, die stark egozentrisch ist und weniger auf andere als auf sich selbst achtet, als Narzisst bezeichnet.

Ein Mensch mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist mental krank. Diese Krankheit gilt als unheilbar.

Merkmale eines Narzissten

Nur wenn all diese Kriterien erfüllt sind, handelt es sich um einen Narzissten. Übrigens sind narzisstische Züge völlig normal. Jeder Mensch hat diese. Der Unterschied ist das Maß.

Narzissten...

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  • sind egoistisch. Sie kümmern sich nur um ihre eigenen Bedürfnisse.
  • sind egozentrisch.
  • wollen Kontrolle und sind dominant.
  • wollen alles wissen. Nicht, weil das Gegenüber sie interessiert, sondern weil sie dadurch besser kontrollieren können.
  • bestimmen, wohin man geht, was bestellt wird, was im TV geschaut wird.
  • sind nicht fähig, Empathie zu empfinden.

Narzissten kennen sich mit Gefühlen bestens aus. Sie wissen sehr genau, wer wann was braucht. Sie können wunderbar damit spielen und manipulieren. Aber selber fühlen bleibt dem Narzissten verwehrt. Dadurch kann er eiskalt weit gehen.

Fehlt einer dieser Punkte, handelt es sich zwar um eine schwierige Person.

Diese Merkmale sind oft nicht auf den ersten Blick sichtbar. Der Narzisst macht den Partner von sich emotional abhängig und nutzt die Person wie ein Objekt aus, bis sie nichts mehr hergibt. Dann ersetzt er den Partner durch die nächste Person.

Die Phasen einer Beziehung mit einem Narzissten

Der Ablauf ist vergleichbar mit einer Drogensucht: die Beziehung mit Narzissten beginnt mit der "Lovebombing Phase". Diese dauert ca. drei Monate. In dieser Zeit zeigt sich der Narzisst von seiner besten Seite. Er ist liebenswürdig, großzügig und gibt dem Gegenüber das Gefühl, ihn/sie zu sehen, zu verstehen, abgöttisch zu lieben.

Wenn die Abhängigkeit gegeben ist, wird der Narzisst sparsam mit Komplimenten und Liebesbeweisen. Der Co-Narzisst beginnt, den liebevollen und aufmerksamen Narzissten zu vermissen. Von da an muss sich der Co-Narzisst die Zuneigung verdienen. Die emotionale Sucht und Abhängigkeit steigt ins Unermessliche.

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In dieser Phase ist der Narzisst abwechslungsweise überaus liebenswürdig (wie beim Lovebombing) und dann wieder unerträglich. Das Charmante trifft den Co-Narzissten mitten ins Herz und die Beleidigungen lösen in ihm Schuldgefühle aus. Der Co-Narzisst hat grundsätzlich das Gefühl zu versagen.

Verlässt der Co-Narzisst den Narzissten definitiv, erleidet der Narzisst einen Gesichtsverlust. Das ist für ihn keine Option.

Manipulation und "Flying Monkeys"

Der Narzisst ist im höchsten Mass manipulativ. Die Jünger des Narzissten nennt man “Flying Monkeys”. Sie sind ebenso hinterlistig und berechnend wie der Narzisst selbst. Deshalb darf man ihnen auf keinen Fall vertrauen.

Typen von Narzissten

Ich unterscheide zwei Haupttypen von Narzissten:

  • Typus I: der geniale bzw. maligne Narzisst
  • Typus II: der verdeckte Narzisst

Typus I ist der offensichtliche Narzisst. Er zeigt sich als großartigen Menschen, der offensichtlich bewundert werden möchte. Malign ist er, wenn er sadistische und zerstörerische Züge hat (Politiker).

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Typus II ist als hilfsbereiter und sozialer Mensch sichtbar.

Typus I sind eher Männer, die in der Öffentlichkeit stehen und sich auf der Bühne wohl fühlen, wohingegen beim Typus II eher Frauen anzutreffen sind.

Ursachen von Narzissmus

Die Wissenschaft ist sich nicht einig. Meine Erfahrung zeigt, dass die Kombination von Genetik und Prägung Ursache von Narzissmus ist. Ansonsten wären alle Geschwister mit fast identischer DNA Narzissten. Dasselbe gilt für die Prägung.

Erst mit ca. 9 Monaten erkennt es, dass es eine eigene Identität hat. Das ist die Zeit, in der das Kind zu “fremdeln” beginnt. Wenn es ein Ich gibt, gibt es auch ein Du. Das Ich wird be-greifbar, und alle anderen dienen dem Ich. Die anderen und das Wir interessieren dieses Kind nicht. Dieses Kind sieht sich als Mittelpunkt der Welt.

Narzissmus bei Kindern

Gemäß Sigmund Freud wird Narzissmus bei Kindern ab ca. dem 3 Lebensjahr entdeckt.

Ein narzisstisches Kind glaubt, dass es unfehlbar ist. Kindern fällt es manchmal schwer, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Stattdessen sollte ein Kind wissen, dass es Fehler machen darf. Sonst wird es nicht verstehen, dass es normal ist, dass Menschen Dinge ausprobieren und manchmal scheitern.

Von anderen kritisiert zu werden, ist für alle unangenehm. Natürlich muss es nicht alles hinnehmen. Wichtig ist, dass er ehrlich mit geäußerter Kritik umgeht.

Es fühlt sich überlegen. Es ist normal, dass Kinder sich mit anderen vergleichen.

Es spricht schlecht über andere. Narzisstische Kinder fühlen sich nicht nur besser, sie wollen diese Tatsache auch ständig kommunizieren.

Es will seine Meinung bestätigen. Ein narzisstisches Kind hat nicht nur ein Problem mit Kritik, es akzeptiert sie schlichtweg nicht. Es wird alles von sich weisen.

Wichtig ist, dem Kind mit Wertschätzung und Liebe zu begegnen. Das Kind für die guten Dinge loben und freundlich auf anderes hinweisen. Ein Kind darf Fehler machen dürfen. Es darf Kritik als Geschenk entgegennehmen, weil man daran wachsen kann. Es darf anders sein als Kollegen, aber nicht besser oder schlechter.

Insbesondere die Selbstreflektion der Eltern ist wichtig. Eltern sind Vorbilder.

Man muss davon ausgehen, dass das narzisstische Kind ein kompliziertes Leben führen wird.

Co-Narzissten

Co-Narzissten sind Menschen, die sich partnerschaftlich mit Narzissten verbinden. Sie stellen ihn in den Mittelpunkt. Sie fühlen sich durch die Dominanz des Narzissten sicher und geborgen.

Co-Narzissten haben in ihrer Kindheit nicht gelernt, Nein zu sagen. Sie kümmern sich lieber um das Wohl der anderen als um ihr eigenes. Weil die Erniedrigung der Narzissten ihrer eigenen Erniedrigung entspricht, fühlen sie sich verstanden.

Wenn man den Co-Narzissten mit der Theorie von C. G. Jung betrachtet, sind die weiblichen Aspekte unterentwickelt.

Die männlichen Aspekte wie: Kraft, Präsentation, Ehrgeiz, Perfektionismus, Erfolg, Struktur etc. sind bestens ausgebildet. Damit kennt sich der Co-Narzisst schlecht aus. Fehler machen und entspannt damit umgehen? Über sich selbst lachen? Nicht für alles verantwortlich sein? Diese Eigenschaften müsste ein Co-Narzisst entwickeln.

Weiblicher Narzissmus

Weiblicher Narzissmus schwankt oft zwischen Grössenfantasien und Minderwertigkeitsgefühlen. Narzisstische Frauen hungern nach Bewunderung und Anerkennung. Nur dann fühlen sie sich gut. Nach aussen erscheinen sie perfekt, doch an ihnen nagen starke Selbstzweifel.

Experten unterscheiden grundsätzlich die verdeckte und die offene Form von Narzissmus. Männer zeigen häufiger eine offene Form des Narzissmus. Sie sind überzeugt von ihrer Grossartigkeit und stellen dies auch offen zur Schau. Bei Frauen funktioniert der Narzissmus eher über ihr Aussehen und ihre Attraktivität. Und da weiblicher Narzissmus häufig verdeckt auftritt, ist er nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen.

Die Psychotherapeutin Bärbel Wardetzki hat sich intensiv mit der Form des weiblichen Narzissmus beschäftigt. Sie beschreibt narzisstische Frauen als geprägt von starken Gegensätzen: perfekter Schein nach aussen, aber Depression und Leere im Inneren. Phantasien über die eigene Grossartigkeit dienen als Schutz gegen die Unsicherheit und das Gefühl, nicht gut, hübsch oder liebenswert zu sein.

Ähnlich wie beim männlichen Narzissmus wirken auch die Frauen nach aussen oft stark und überlegen. Es handelt sich meistens um Frauen mit einem perfekten Auftreten. Sie legen sehr viel Wert auf ihr Äusseres, sind sehr leistungsstark und achten darauf, keine Fehler zu machen. Hinter dieser Fassade verbirgt sich viel Leid. Während das Äussere sorgfältig gepflegt wird, werden die eigenen Bedürfnisse und Gefühle vernachlässigt. Das Selbstwertgefühl der betroffenen Frauen ist entgegen dem äusseren Anschein sehr gering.

Weiblicher Narzissmus lebt von der Anerkennung und Bewunderung durch andere Menschen. Die Betroffenen führen positive Erfahrungen und Erfolge häufig auf ihr Aussehen oder oberflächliche Werte zurück. Sie können sich nicht vorstellen, Wertschätzung allein für ihre Person zu erhalten. Narzisstische Frauen haben zudem sehr hohe Ansprüche an sich selbst. Viele sind beherrscht von der Angst, diesem Anspruch nicht gerecht zu werden.

Folgen und Begleitende Störungen

Bei einer starken Ausprägung kann der Narzissmus Frauen in ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigen und gravierende Auswirkungen haben. Der Grat zwischen Persönlichkeitsmerkmal und Störung ist schmal. Sobald die Betroffene unter dem Narzissmus und seinen Folgen leidet, sollte eine therapeutische Behandlung in Betracht gezogen werden.

Für Frauen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind kritische Bemerkungen nicht nur verletzend, sondern eine echte Bedrohung. Denn das Selbstwertgefühl ist von der Fassade abhängig. Sobald die Maske bröckelt, fühlen sie sich verloren. Das Älterwerden oder eine Trennung vom Partner kann sie in tiefe Krisen stürzen. Depressionen und Angststörungen, aber auch Essstörungen und Suchtprobleme treten häufig in Kombination mit weiblichem Narzissmus auf.

Belastung für die Familie

Narzisstische Mütter (aber auch Väter) ­sind eine starke Belastung für die Kinder, denn es fehlt den Betroffenen die Fähigkeit, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzunehmen. Die Kinder müssen sich daher meistens schon früh selbst versorgen. Vor allem für eine Tochter kann es schwierig sein, da sich die Mutter mit ihr identifiziert. Alle Probleme, die die Mutter mit sich selbst hat, überträgt sie auf ihre Tochter. Die Tochter kann auch als weibliche Konkurrenz empfunden werden.

Die innere Spaltung zwischen Grossartigkeit und Minderwertigkeitsgefühl spiegelt sich auch im Verhalten einer narzisstischen Mutter zu den Kindern. Häufig wird ein Kind idealisiert und ein anderes abgewertet.

Ob Tochter oder Sohn: Die Erfolge des Kindes erkennen narzisstische Mütter entweder gar nicht an oder nur dann, wenn diese ihr eigenes Image verbessern, wie zum Beispiel den Schulabschluss. Das Kind soll der narzisstischen Mutter dazu dienen, die Fassade der perfekten Frau und Mutter aufrechtzuerhalten. Liebe erhalten diese Kinder nur, wenn sie den Vorstellungen der Mutter entsprechen.

Unabhängig davon, was die Kinder durchmachen oder erleben, es dreht sich immer alles um die Mutter. Diese Art von emotionalem Missbrauch bleibt Aussenstehenden meist verborgen. Möglicherweise zeigt sich die Mutter Nachbarn, Freunden oder Verwandten gegenüber als liebevoll und besorgt. Zu Hause vermittelt die narzisstische Mutter dem Kind aber, dass es eine Belastung für sie ist.

Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung können zudem sehr manipulativ sein. So bringen narzisstische Mütter ihre Kinder in Situationen, in denen sie nur verlieren können. Wie auch immer das Kind sich verhält, am Ende wird es die Wut oder Rache der Mutter zu spüren bekommen. Konfrontiert das Kind die Mutter mit ihrem Verhalten, schiebt diese die Verantwortung dafür entweder auf das Kind oder bemitleidet sich selbst.

Eine narzisstische Mutter ist nicht in der Lage, ihre eigenen Fehler zu erkennen. Das Eingestehen von Fehlern würde ihre Grossartigkeit infrage stellen und somit ihr Selbstbild bedrohen.

Die genannten Probleme innerhalb der Familie, die der weibliche Narzissmus verursachen kann, zeigen sich auch bei narzisstischen Vätern.

Narzissmus und Gesundheit

Narzissmus hat Auswirkungen auf die Gesundheit, sei es auf Aussenstehende oder für die betroffene Person selbst. Eine positive Auswirkung auf die Gesundheit, die oft verborgen bleibt, ist die psychische Widerstandsfähigkeit und die geringere Anfälligkeit auf Depressionen von Menschen, die zu narzisstischen Zügen neigen.

Persönlichkeitsdimension versus Persönlichkeitsstörung

Narzissmus kann in zwei Bereiche differenziert werden. Einerseits ist Narzissmus eine Persönlichkeitsstörung und andererseits eine Persönlichkeitseigenschaft. Der Übergang von der Persönlichkeitseigenschaft zur Persönlichkeitsstörung ist fliessend, indem die narzisstische Ausprägung zunimmt.

Die Persönlichkeitseigenschaft des Narzissmus zeigt sich in hoher Selbstwertschätzung, geringer Empathie, dem Wunsch nach Bewunderung, dem Gefühl der Überlegenheit, einer Überempfindlichkeit gegenüber Kritik und ansatzweise sozial unverträglichen Verhaltensweisen.

Die meisten Menschen tragen ein gewisses Mass an Narzissmus in sich. Zudem ist es ein hochaktuelles Thema, da die Narzissmuswerte in der westlichen Gesellschaft stark ansteigen. Gründe dafür sind Leistung und Wettbewerb, was in der westlichen, individualistischen Kultur im Vergleich zur kollektivistischen Kultur als positiv angesehen wird.

Die Sache mit der Empathie

Empathie wird immer wieder mit Narzissmus in Verbindung gebracht. Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsausprägung sind in der Tat mit der Fähigkeit zur Empathie ausgestattet. Doch ist das Entfalten dieser Empathie stark abhängig von ihrem Willen, sie zu zeigen - eine Bereitschaft, die solche Menschen nur allzu oft zurückhalten. Folglich verspüren Narzisst*innen auf ihr Handeln kaum bis kein Schuld- und Schamgefühl.

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