Genauso wie der Körper kann auch die Psyche eines Menschen verletzt sein. Ob eine Depression nach dem Verlust einer nahestehenden Person, ein Burnout wegen hoher Belastung oder plötzlich auftretende Ängste: Die psychische Gesundheit kann aus der Balance geraten und das hat viele Facetten. Manchmal wird dabei das innere Gleichgewicht so stark erschüttert, dass die gewohnten Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen.
Psychotherapie: Was wird übernommen?
Seit Juli 2022 bezahlt die obligatorische Krankenkasse (Grundversicherung) auf Anordnung eines Arztes die Kosten für die psychologischen Psychotherapien (Psychotherapien durch Psychologen, nicht Psychiater). Die Grundversicherung übernimmt pro ärztliche Anordnung die Kosten für höchstens 15 Abklärungs- und Therapiesitzungen. Die Krankenkasse zahlt weitere 15 Sitzungen nach einer erneuten ärztlichen Überweisung. Für mehr als 30 Sitzungen benötigen Sie eine Kostengutsprache Ihrer Krankenkasse. Kosten für Therapien im Bereich «Selbstentwicklung, Selbsterfahrung und Persönlichkeitsreifung» werden nicht übernommen. Damit die Kosten für eine Psychotherapie von der Grundversicherung übernommen werden, muss sie ärztlich angeordnet sein.
Die Änderung: Seit dem 1. Juli 2022 zahlt die Grundversicherung die Behandlung durch Psychotherapeuten - Psychologen mit einer Weiterbildung in Psychotherapie -, wenn die Therapie von einem Arzt oder einer Ärztin angeordnet wird. Zuvor zahlten die Versicherungen nur, wenn die Psychotherapeutin bei einem Psychiater - also einem Arzt mit Weiterbildung in Psychotherapie - angestellt war und über diesen abrechnete.
Wie funktioniert die Kostenübernahme durch die Grundversicherung?
- Hausarzt besuchen: Fragen Sie zuerst Ihren Hausarzt und besprechen Sie mit ihm das weitere Vorgehen.
 - Zuerst müssen Sie zu Ihrer Hausärztin/ Ihrem Hausarzt gehen und mit ihr/ihm besprechen, dass Sie eine Psychotherapie brauchen.
 - Die Hausärztin/der Hausarzt schreibt eine Überweisung an eine Psychologin/einen Psychologen.
 - Die Psychologin/der Psychologe muss eine psychotherapeutische Weiterbildung und eine Bewilligung vom Kanton haben.
 - Diese ärztliche Überweisung müssen Sie Ihrer Krankenkasse senden.
 
Welche Kosten übernimmt die Grundversicherung, und was bezahle ich?
Die Grundversicherung übernimmt zuerst 15 Sitzungen. Sie bezahlen die Franchise und den Selbstbehalt (wenn diese nicht von der Ausgleichskasse oder einer anderen Stelle übernommen werden). Und was ist, wenn 15 Sitzungen mit der Psychologin/dem Psychologen nicht genug sind? Nehmen Sie Kontakt mit Ihrer Hausärztin/Ihrem Hausarzt auf. Besprechen Sie mit ihr/ihm, dass Sie weitere Therapie-Sitzungen brauchen. Die Ärztin/der Arzt kann noch einmal eine Überweisung für 15 weitere Sitzungen ausstellen. Dann bezahlt die Krankenkasse noch einmal 15 Sitzungen.
Was tun, wenn 30 Sitzungen nicht ausreichen?
Sie brauchen eine Kostengutsprache von Ihrer Krankenkasse. Das heisst: Sie müssen sich bei Ihrer Krankenkasse melden. Eine psychiatrische Fachperson der Krankenkasse beurteilt Ihre Situation und gibt der Krankenkasse eine Empfehlung. Dann entscheidet die Krankenkasse, ob und wie viele Therapie-Sitzungen bezahlt werden.
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Psychiater vs. Psychotherapeut
Aber ich gehe nicht zur Psychologin/zum Psychologen, sondern zur Psychiaterin/zum Psychiater. Wer bezahlt, wenn ich zur Psychiaterin/zum Psychiater gehe? Die Grundversicherung bezahlt 40 Sitzungen bei einer Psychiaterin/einem Psychiater.
Abgesehen davon, dass Psychiater Medizin mit der Fachrichtung Psychiatrie studiert haben und entsprechend Medikamente verschreiben dürfen und Psychotherapeutinnen Psychologie, liegt ein weiterer Unterschied in der Anzahl der Therapiesitzungen: Bei Psychotherapeuten benötigen Sie nach insgesamt 30 Sitzungen eine Kostengutsprache der Krankenkasse, bei Psychiaterinnen nach 40 Sitzungen.
- Psychiaterinnen haben Medizin mit der Fachrichtung Psychiatrie studiert. Sie dürfen Medikamente verschreiben.
 - Psychotherapeutinnen haben Psychologie studiert und danach eine mehrjährige Ausbildung in Psychotherapie oder Psychoanalytik abgeschlossen. Sie dürfen keine Medikamente verschreiben.
 - Als Psychologe gilt, wer das Hochschulstudium Psychologie abgeschlossen hat.
 
Wer ist zugelassen für die Abrechnung über die Grundversicherung?
Für eine Abrechnung über die Grundversicherung sind alle Psychotherapeuten zugelassen, die über eine Berufsbewilligung als Psychotherapeut verfügen, mindestens drei Jahre Berufserfahrung haben und selbständig auf eigene Rechnung arbeiten. Ein Problem ist das vor allem bei Therapeutinnen, die noch in der Ausbildung sind. Da handhaben die Krankenkassen die Kostenübernahme unterschiedlich. Mehr dazu lesen Sie hier und am besten fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach.
Zusatzversicherungen und ihre Leistungen
Was zahlt die Zusatzversicherung? Es kommt darauf an, bei welcher Kasse Sie die Zusatzversicherung haben. Klären Sie ab, was Ihre Zusatzversicherung an eine Psychotherapie bezahlt. Bei manchen Zusatzversicherungen muss die Psychotherapie nicht von der Ärztin/vom Arzt verordnet werden.
Beachten sollten Sie zunächst, dass für die Psychotherapie allein keine Zusatzversicherung existiert - die Leistungen hierfür sind immer Teil eines kleineren oder grösseren Leistungspakets. Vor dem Abschluss einer Zusatzversicherung sollten Sie deshalb genau überprüfen, welche Leistungen Ihre gewünschte Zusatzversicherung anbietet, welche Beschränkungen sie hat und welche Leistungen andere Versicherer anbieten.
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Psychologische Beratungen werden von einigen Zusatzversicherungen teilweise übernommen. Der übernommene Betrag hängt stark von den Modellen und den Versicherungen ab (feste Jahrespauschale, Pauschale pro Sitzung usw.).
Die Zusatzversicherung hat gegenüber der Grundversicherung den Vorteil, dass keine jährliche Franchise anfällt. gibt es jedoch sehr grosse Unterschiede in den Versicherungsleistungen.
Beispiele für Zusatzversicherungsleistungen (Sanitas)
Unsere Zusatzversicherungen beteiligen sich an den Kosten für nicht ärztliche Psychotherapie.
- Vital Basic: kein Beitrag
 - Vital Smart: 80% der Kosten, max. 1000 Franken pro Kalenderjahr
 - Vital Premium: 80% der Kosten, max.
 - Classic*: 80% der Kosten, max. 1000 Franken pro Kalenderjahr
 - Family*: 80% der Kosten, max.
 
* Die Zusatzversicherungen Jump, Classic und Family können nicht mehr neu abgeschlossen werden.
Was erfüllt sein muss: Der Therapeut, die Therapeutin ist nicht dem sogenannten KVG-Tarifvertrag beigetreten, darf also nicht über die Grundversicherung abrechnen.
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Vital Basic: kein Beitrag
Vital Smart: wählbare Kostendeckung von 50% der Kosten, max. 400 Franken bzw. max. 600 Franken pro Kalenderjahr
Vital Premium: 80% der Kosten, max.
Vital Smart: 40% der Kosten, max. 1000 Franken* pro Person
Vital Premium: 40% der Kosten, max.
Die Zusatzversicherung Vital in den Versicherungsstufen Smart und Premium beteiligt sich an telefonischen Psychotherapien bei Aepsy, sofern diese ärztlich verordnet werden. Ausserdem vergütet sie Online-Kurse für die mentale Balance (einmaliger App-Kauf bzw.
Vital Basic: kein Beitrag
Vital Smart: wählbare Kostendeckung von 50% der Kosten, max. 400 Franken bzw. max. 600 Franken pro Kalenderjahr
Vital Premium: 80% der Kosten, max.
Sanitas bietet zudem mit verschiedenen Partnern wie Klenico, Aepsy, Gaia oder HelloBetter Online-Programme an. Sie finden diese im Guide für mentale Gesundheit in der Sanitas Portal App. Mit der Zusatzversicherung Vital sind die Programme kostenlos oder vergünstigt.
Weitere Finanzierungsmöglichkeiten
Ist die Ursache für eine psychische Erkrankung ein Unfall, kann die Unfallversicherung die Kosten für eine Psychotherapie übernehmen. Unfall und den psychischen Beschwerden besteht. In diesem Fall braucht es immer vorgängig eine Kostengutsprache der Unfallversicherung. zwar zu hundert Prozent, ohne Franchise und Selbstbehalt.
Die Invalidenversicherung kommt bis zum vollendeten 20. Lebensjahr für die Kosten einer Psychotherapie auf, wenn die Therapie aufgrund eines Geburtsgebrechens notwendig ist. Leistungen an Psychotherapie bis zum vollendeten 20. Lebensjahr, teilweise auch bis zum vollendeten 25. obligatorische Schule, die berufliche Erstausbildung, ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich gerichtet sind. Psychotherapie begonnen werden kann.
Personen, die Opfer von Straftaten geworden sind, haben Anspruch auf Unterstützung gemäss dem Opferhilfegesetz (OHG). Behandlungen, wozu auch die Psychotherapie zählt, wenn sie aufgrund der erlittenen Straftat notwendig wird. (z.B. Krankenkasse, Unfall- oder Haftpflichtversicherung) ausgeschöpft ist. Gesuche um Kostenübernahme für Psychotherapien sind vor Therapiebeginn an die Opferhilfe-Beratungsstelle zu richten.
Kostenentwicklung und Kritik
Das neue Abrechnungsmodell für Psychotherapeuten führt zu steigenden Gesundheitskosten.
785 Millionen Franken: So hoch waren die Ausgaben der Grundversicherung für «psychologische Psychotherapie» 2023 laut dem Versicherungsverband Santésuisse. Das sind 220 Millionen Franken mehr als im Vorjahr.
Der Bund widerspricht den Zahlen von Santésuisse teilweise. Er hat seinen ersten Monitoringbericht zur Kostenentwicklung in der Psychotherapie veröffentlicht. Darin schätzt er für 2023 etwas tiefere Mehrkosten und zieht eine positive Bilanz. Denn laut der detaillierten Analyse sind nur knapp 30 Prozent - etwa 55 Millionen - der zusätzlichen Kosten auf den Systemwechsel zurückzuführen.
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