Ergotherapie in der Psychiatrie: Ein Überblick

Der Einsatz von Ergotherapie in der Psychiatrie hat sich seit langem bewährt. Patientinnen und Patienten erleben, dass sie verlorengegangene Fertigkeiten wiedererlangen und neue Möglichkeiten entdecken und, dass die Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereitet werden kann.

Worin besteht die Ergotherapie?

Ergotherapie leitet sich vom Griechischen «ergein» für «handeln» oder «tätig sein» ab. Sie stellt das Grundbedürfnis in den Vordergrund, sich als handelnden Menschen zu erleben. Psychische Erkrankungen beeinträchtigen auch die Handlungsfähigkeit und können bei Ihnen als Patientin oder Patient zum Verlust ihrer praktischen Fertigkeiten führen. Unter Umständen sind Sie nicht mehr in der Lage, alltägliche Tätigkeiten wie Einkaufen oder Telefonieren auszuüben.

Gezielt eingesetzte Tätigkeiten können gesundheitsfördernde und therapeutische Wirkungen haben. Obwohl Ergotherapie die psychischen Störungen nicht beseitigen kann, hat sie sich als Methode in der Psychiatrie bewährt.

Für wen eignet sich die Ergotherapie?

Eine Ergotherapie ist für alle Menschen mit einer psychischen Erkrankung und in fast allen Krankheitsphasen geeignet. Sie richtet sich vor allem an jene, die ihre Handlungs- und Sozialkompetenz erweitern wollen und dabei Unterstützung brauchen. Die Angebote werden in Form einer Einzel- oder Gruppentherapie durchgeführt und orientieren sich immer an der individuellen Situation und den Fähigkeiten der Erkrankten.

Ergotherapie ist unter anderem geeignet bei folgenden Diagnosen:

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  • Depressionen
  • Burnout
  • Angststörungen
  • Nach einem Klinikaufenthalt
  • Als Tagesstruktur
  • Long Covid
  • Persönliche Krise

Ziele der Ergotherapie

Welche Ziele werden mit Ergotherapie verfolgt?

  • Kognitive Funktionen wie Konzentration, Aufmerksamkeit, Handlungsfähigkeit und -ausführung, Merkfähigkeit stärken
  • Sozioemotionale Kompetenz wie Kontakt-, Kommunikations-, Durchsetzungs-, Kritikfähigkeit entwickeln
  • Psychische Grundleistungsfunktionen wie Belastbarkeit, Entscheidungsfähigkeit, Selbstvertrauen, Eigen- und Fremdwahrnehmung verbessern

Behandlungsarten in der Ergotherapie

Die Ergotherapie findet als Einzel- oder Gruppentherapie teilweise auf der Station statt, teilweise aber auch zentral in stationsübergreifenden Therapieräumen.

Angebote der Ergotherapie

Die ergotherapeutische Behandlung wird von der Grundversicherung übernommen. In einem Erstgespräch werden die aktuelle Situation, Herausforderungen und Ressourcen evaluiert, sowie die passende Therapiefrequenz besprochen. Dabei ist es wichtig, die individuellen Herausforderungen im Bezug auf die Handlungsfähigkeit zu erfassen und gemeinsam Wege zu entwickeln, immer unter Berücksichtigung der Umwelt, in welcher sich ein Mensch bewegt. Dabei beziehe ich mich auf handlungsorientierte ergotherapeutische Modelle.

Ergotherapie stellt die Handlungsfähigkeit des Menschen in den Mittelpunkt. Sie trägt zur Verbesserung der Gesundheit und zur Steigerung der Lebensqualität bei. Sie befähigt Menschen, an den Aktivitäten des täglichen Lebens und an der Gesellschaft teilzuhaben. Ergotherapeut*Innen unterstützen und begleiten Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigt oder von Einschränkungen bedroht sind. Dies kann z.B. in Folge eines Unfalls, einer Krankheit, einer Entwicklungsstörung oder aus psychischen Gründen der Fall sein. Darüber hinaus beraten ErgotherapeutInnen einzelne Personen, Angehörige, Gruppen, Arbeitgeber und Institutionen.

  • Domizilbehandlung: Gerne komme ich zu Ihnen heim, wenn Sie konkrete Hilfe für Daheim benötigen oder es Ihnen nicht möglich ist, in die Praxis zu kommen.
  • Einzeltherapie in der Praxis: Gespräche, Beratungen, Coachings und Trainings werden in der Praxis in Zürich durchgeführt.

Methoden der Ergotherapie

Grundsätzlich gliedert sich der Therapieprozess der Ergotherapie in drei Schritte:

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  1. Evaluation (Befunderhebung und Definieren eines Ziels)
  2. Intervention (Planung einer Behandlung und deren Durchführung)
  3. Outcome (Bewertung der Therapieergebnisse)

Hat der Ergotherapeut die Situation des Patienten bewertet und gemeinsam mit ihm die Therapieziele vereinbart, wählt er eine für die Intervention geeignete Therapiemethode. Dabei stehen ihm folgende Ansätze zur Verfügung:

  • kompetenzzentriert
  • alltagsrelevant
  • subjektbezogen
  • ausdruckszentriert
  • interaktionell
  • wahrnehmungsbezogen
  • handlungsorientiert

Kompetenzzentrierte und alltagsrelevante Methoden

Die kompetenzzentrierte Ergotherapie ist eine der häufigsten Ansätze. Der Patient soll sich dabei verloren gegangene Fertigkeiten mit Unterstützung des Ergotherapeuten wieder erarbeiten. Dazu gehören handwerkliche Tätigkeiten wie Sägen, Nähen und Korbflechten, aber auch Tätigkeiten zur Alltagsbewältigung und Freizeitgestaltung wie Kochen, Spiele oder Behördengänge. Des Weiteren kommen Übungen und Spiele, die die Gedächtnisleistung trainieren zum Einsatz.

Subjektbezogen ausdruckszentrierte Methoden

Bei diesem Therapieansatz soll der Patient lernen, innere Empfindungen gestalterisch auszudrücken und sich selbst für sein Befinden zu sensibilisieren. Der Ergotherapeut lässt die Patienten hier malen oder basteln, entweder alleine oder in einer Gruppe. Meist gibt er dazu auch ein Thema vor. So bittet er zum Beispiel einen depressiven Patienten, ein Bild mit Farben zu gestalten, die für ihn Freude bedeuten.

Interaktionelle Methoden

Dieser Therapieansatz wird eingesetzt, um Patienten anzuregen, sich mit anderen Mitmenschen auseinanderzusetzen und das Miteinander in einem sozialen Gefüge zu fördern. Die interaktionelle Ergotherapie findet daher natürlicherweise in Partner- oder Gruppenarbeit statt. Der Ergotherapeut stellt hier der Gruppe eine Aufgabe, zum Beispiel ein gemeinsames handwerkliches Projekt oder ein Rollenspiel. Dann beobachtet er die Gruppe in der Arbeitsphase: Wie werden Konflikte gelöst? Wer sucht sich welche Rolle in der Gruppe? Wie kommunizieren die Patienten miteinander? Im Anschluss reflektiert der Therapeut den Arbeitsprozess gemeinsam mit den Patienten und arbeitet ihn auf.

Wahrnehmungsbezogen handlungsorientierte Methoden

Hier vermittelt der Ergotherapeut dem Patienten seine Sinnes- und Körperwahrnehmungen. Hilfreich sind ganz einfache Übungen wie zum Beispiel das Massieren der Hände mit einem „Igelball“, das Tasten und Erkennen von Materialien, Vibrationsempfindungen oder Wärme- und Kälteerlebnisse im Wasserbad. Durch diese neuen Erfahrungen soll der Patient lernen, bewusst Sinneserlebnisse aufzunehmen und richtig einzuordnen. Dieser Therapieansatz wird vor allem bei psychiatrischen Patienten oder Kindern mit Entwicklungsstörungen eingesetzt.

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Ergotherapeutische Gruppenbehandlungen

Manche Massnahmen der Ergotherapie werden in Rahmen von Gruppenbehandlungen durchgeführt. Dabei können beispielsweise Inhalte, die in der Einzeltherapie erarbeitet wurden, in der Gruppe ausprobiert und trainiert werden. Dazu gehören etwa Übungen von Alltagskompetenzen, aber auch Übungen zum Hirnleistungstraining für Menschen mit entsprechenden Störungen oder Demenzerkrankungen. Trainiert werden:

  • Sozialkompetenz
  • Konfliktlösung
  • Stressbewältigung
  • Planungsfähigkeit
  • Wahrnehmungsschulung
  • Konzentration
  • Gedächtnis

Die Rolle der Ergotherapie in der Psychiatrie

Die Psychiatrie spielt eine wichtige Rolle in der Ergotherapie. Ergotherapeuten nähern sich der psychischen Gesundheit mit einer einzigartigen Perspektive, die die Bedürfnisse der Person im Kontext von Familie, Beruf und Gemeinschaft berücksichtigt. Als Ergotherapeutin bin ich darauf spezialisiert, den Patienten zu helfen bei der Arbeit, in der Freizeit, im sozialen Leben, in Sachen Selbstfürsorge und im Gemeinschaftsleben besser zurechtzukommen.

Ausserdem unterstütze ich Sie dabei, gesunde Gewohnheiten und Routinen zu etablieren und im Alltag wieder Motivation, Erfüllung und Freude zu verspüren. Darüber hinaus unterstütze ich dabei, negative emotionale Verhaltensmuster, die Sie beeinflussen können, zu identifizieren und jene abzulegen. Ich biete sowohl emotionale als auch informative Unterstützung, indem wir beispielsweise über Ihre Ängste und Unsicherheiten sprechen und ich Ihnen Bewältigungsfähigkeiten in Form von Techniken sowie Tools beibringe.

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