Lindsey Vonn: Ursachen und Umgang mit Depressionen im Spitzensport

Lindsey Vonn, eine Ikone des alpinen Skisports, hat während ihrer beeindruckenden Karriere offen über ihre Depressionen gesprochen. Ihr Beispiel, zusammen mit anderen Sportgrößen wie Naomi Osaka und Michael Phelps, rückt die Bedeutung psychischer Gesundheit im Spitzensport in den Fokus.

Offenheit als Schlüssel zur Bewältigung

Vonn selbst betont, wie wichtig es ist, über psychische Probleme zu sprechen. Sie wünschte, sie hätte schon früher den Mut dazu gehabt. Erst nach den Olympischen Spielen 2010 wagte sie es, ihre Erfahrungen zu teilen. "Ich denke, es war so eine grosse Sache für mich. Es zu teilen, hat wirklich geholfen, die Last von meinen Schultern zu nehmen. Ich wünschte, ich hätte das früher getan und ich wünschte, es wäre ein offenes Thema", sagt Vonn.

Je älter sie geworden sei, desto mehr habe sie realisiert, dass es keinen Grund gibt, sich zu schämen. Auch wenn es ihr am Anfang wirklich unangenehm gewesen sei.

Die Ski-Gigantin forderte klipp und klar: «Wir müssen über psychische Probleme sprechen!» Die 36-Jährige wünscht sich, dass sie schon früher in ihrer Karriere die Kraft gehabt hätte, über ihre mentale Gesundheit zu sprechen.

Die Normalisierung von Therapie

Vonn geht sogar so weit zu sagen: «Ich glaube, ganz ehrlich, dass jeder Mensch einen Therapeuten haben sollte. Es müsste so gewöhnlich sein, wie einen Zahnarzt oder Kinderarzt zu haben. Wir müssen psychische Probleme ernst nehmen.»

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Mögliche Ursachen für Vonns Depressionen

Obwohl der genaue Grund für Vonns Erkrankung unklar ist, gibt es verschiedene Faktoren, die eine Rolle gespielt haben könnten:

  • Familiäre Verhältnisse: Vonn hatte zwischenzeitlich den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen. Der Grund könnte die Trennung ihrer Eltern gewesen sein, meinte Vonn.
  • Verletzungen: Lindsey Vonn verbrachte in der letzten Phase ihrer Karriere mehr Zeit in Spitalbetten, Operationssälen und Rehabilitationszentren als auf den Rennpisten.
  • Druck und Erwartungen: Übereifer sehen viele Leute in ihrem Umfeld für den Grund für die mentalen Probleme, die Lindsey Vonn zu schaffen machen.
  • Weitere Schwierigkeiten: Vonn musste in der Vergangenheit einige Rückschläge hinnehmen. Da war die Scheidung, der Zwist mit der amerikanischen Steuerbehörde - das nagt an der psychischen Substanz eines Menschen. Dazu kamen die Diskussionen um ihre Startbemühungen bei den Männern, die ihr im alpinen Skizirkus viel Kritik, auch bei den Fahrerinnen, eintrug.

Der Umgang mit der Krankheit

Vonn sprach erstmals im Interview mit dem «People»-Magazin offen über ihre Depressionen. «Alles an meinem Leben erscheint allen anderen so perfekt. Aber ich muss kämpfen wie jeder andere auch», erklärte der US-Ski-Star und fügte ein Geständnis an: «Ich nehme seit Jahren Antidepressiva.»

Im Jahre 2008 habe es dann eine Phase gegeben, in der sie nicht mehr aus dem Bett gekommen sei und sich wie ein Zombie gefühlt habe. «Ich konnte nicht einmal mehr heulen.» Auf Anraten ihres ehemaligen Gatten Thomas liess sich Vonn noch im selben Jahr erstmals behandeln. Innerhalb eines Monats habe sich ihr Zustand geändert. «Das war verrückt. Ich hatte endlich wieder Freude am Ausgehen.» Inzwischen gehe es ihr deutlich besser. «Alle Teile meines Lebens passen endlich zueinander», sagte sie dem Magazin. «Ich akzeptiere, wer ich bin, und schaue nach vorn.»

Lindsey Vonn konnte nur dank Antidepressiva ihr Leben meistern.

Die Rolle der Sportpsychiatrie

Sportpsychiater Malte Claussen betont die Wichtigkeit der seelischen Gesundheit im Sport. Er kritisiert, dass die psychische Gesundheit oft dem Sportmediziner oder Mentaltrainer überlassen wird und der Facharzt erst bei schwerwiegenden Problemen hinzugezogen wird. "Ich hinterfrage, ob in einem Setting ohne Sportpsychiater eine seelische Erkrankung der Sportler adäquat behandelt werden kann. Denn meine Aufgabe ist gerade nicht nur die Therapie, sondern auch die Prävention", so Claussen.

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Claussen betont auch, dass mentale Stärke und seelische Gesundheit nicht dasselbe sind. Athleten trainieren oft ihre Wettkampfpersönlichkeit, vernachlässigen aber die Gesamtpersönlichkeit. Die meisten, die zu ihm kommen, sind gezwungen, auf den Sport zu setzen - ansonsten sind sie chancenlos.

Teams und Verbände sollten die Athleten schützen, sie haben eine Fürsorgepflicht.

Comeback und neue Herausforderungen

Trotz aller Schwierigkeiten und Verletzungen hat Lindsey Vonn immer wieder den Weg zurück in den Skizirkus gefunden. Nach ihrem Comeback in Lake Louise, sagte Vonn über ihren Vater: Ich brauchte seine Hilfe, als ich mich scheiden liess. Er ist Anwalt und konnte mich beraten. So haben wir begonnen, unsere Beziehung wieder aufzubauen.

Auch nach ihrem Rücktritt vom aktiven Sport bleibt Vonn eine Inspiration. Sie zeigt, dass es möglich ist, mit psychischen Problemen umzugehen und gleichzeitig Höchstleistungen zu erbringen. Ihr offener Umgang mit Depressionen trägt dazu bei, das Stigma zu brechen und andere Sportler zu ermutigen, sich Hilfe zu suchen.

Lindsey Vonns Kampf mit Knieproblemen

Lindsey Vonn kämpft weiterhin mit Knieschmerzen als Folge ihrer Ski-Karriere. Zuletzt musste sich die US-Amerikanerin erneut operieren lassen. Es sei laut Vonn der letzte Schritt vor einer Knie-Prothese.

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Bereuen tut Lindsey Vonn die nun folgenschweren Strapazen als Weltklasse-Skifahrerin dennoch nicht. Sie schreibt dazu: «Das ist der Preis, den wir zahlen, um das zu tun, was wir lieben.

Kritik an Comeback

Lindsey Vonn steht wegen ihres Comebacks im Ski-Zirkus in der Kritik. Die US-Amerikanerin wehrt sich gegen negative Prognosen von Bernard Russi und Pirmin Zurbriggen. Vonn vertraut auf die Expertise ihrer Ärzte und fühlt sich bereit für die Weltcup-Rennen. Ihr künstliches Knie ermöglicht ihr erstmals seit langem schmerzfreies Skifahren. Vonn betont, dass ihre Liebe zum Skifahren der Grund für ihr Comeback ist.

«Ich bin heute so stark wie nie zuvor», sagt Vonn, die auch mit Depressionen zu kämpfen hatte.

Trotz ihres sportlich hohen Alters befindet sie sich auf dem richtigen Weg. Auf Instagram beantwortet sie deshalb auch die oft gestellte Frage nach dem «Warum?» und erläutert die Gründe für ihr Comeback nach sechs Jahren.

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