Angst ist eine angeborene menschliche Reaktion, die schützt und das Überleben sichert. Ist sie jedoch unbegründet oder übertrieben stark, kann sie zu einer psychischen Erkrankung werden. Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Etwa 7 bis 9 (bis 15) Prozent aller Menschen leiden mindestens einmal in ihrem Leben an einer von mehreren Formen von krankhafter Angst. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen als Männer.
Angststörungen treten oft im Zusammenhang mit Stress oder anderen psychosozialen Belastungen (Umwelteinflüssen) auf. Sie sind mit Erkrankungen der Gefühlsregulation - vor allem der Depression - verwandt. Zu den unterschiedlichen Formen der Angststörung gehören spezifische Phobien, Panikattacken oder generalisierte Angststörung. Unbehandelt neigen neu aufgetretene, unbegründete Ängste zur Chronifizierung. Unbehandelt neigen Angststörungen dazu chronisch zu werden.
Was sind die Ursachen von Angststörungen?
Angststörungen entwickeln sich aus einer Kombination von mehreren möglichen Ursachen:
- Reale Gefahrensituationen
 - Chronischer negativer Stress
 - Zwischenmenschliche Konflikte
 - Vorbilder und Prägungen in der Lebensgeschichte
 - Erbliche Belastungen
 
Meistens entstehen Angststörungen in der Folge eines auslösenden, kritischen Lebensereignisses. Danach breiten sich die Ängste (und das Vermeidungsverhalten) auf immer mehr Lebensbereiche aus. Das Gehirn (Amygdala) lernt, immer schneller mit immer intensiveren Angstsymptomen in immer harmloseren Situationen zu reagieren.
Auch im direkten Zusammenhang mit schweren körperlichen Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt, Asthma-Anfall, Lungenembolie, Demenz) oder einem (übermässigen) Konsum von Genussmitteln (u.a. Koffein!) oder Drogenmissbrauch (Cannabis u.a.) können schwere Ängste (Angstattacken) auftreten. Daneben stellt Angst ein häufiges Begleitsymptom bei anderen psychischen Erkrankungen dar wie z.B. Depressionen.
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Welche Symptome sind typisch für Angststörungen?
Die Symptome einer Angststörung äussern sich auf den Ebenen des Körpers, der Gefühle, der Gedanken und des Verhaltens:
- Emotional: Angst (bis zu Todesangst)
 - Vegetativ: Herzrasen, Luftnot, Schwitzen, weiche Knie, Schwindelgefühle, kalte Hände und Füsse, Harn- und Stuhldrang u.a.
 - Verhalten: Fluchttendenzen, Flucht aus der angstauslösenden Situation
 - Kognitiv: Befürchtungen wie z.B. die Angst zu sterben, nicht flüchten zu können, keine Hilfe zu bekommen
 
Die Symptome einer Angststörung können vielfältig sein. Im Folgenden werden die typischen körperlichen Symptome einer Angststörung aufgelistet:
- Erhöhte Herzfrequenz und Blutdruck
 - Zittern, Schwindel, Schweissausbrüche
 - Atembeschwerden
 - Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder auch Durchfall
 - Gefühl von Unwirklichkeit und Verlust der Kontrolle bis zur Angst zu sterben
 
Formen von Angststörungen
Zu den unterschiedlichen Formen der Angststörung gehören:
- Panikstörung: wiederholte schwere Angstanfälle
 - Agoraphobie: tritt beispielsweise auf in Kaufhäusern, Menschenmassen, Bussen oder Strassenbahnen u.a.
 - Soziale Phobie: Angst vor prüfender Beurteilung, beispielsweise beim Halten einer Rede u.a.
 - Verschiedenste gerichtete Ängste = Phobien: z.B. Tierphobien
 - Generalisierte Angststörung: Die Angst ist anhaltend und bezieht sich nicht auf die Umgebungsbedingungen.
 
In der folgenden Klassifikation werden die verschiedenen Erscheinungsformen der Angststörungen entsprechend ihren Auslösern aufgelistet:
- Phobische Störungen: Bei Phobischen Störungen resultiert die Angst meist aus einer eindeutig definierten und eigentlich ungefährlichen Situation.
 - Andere Angststörungen: Bei diesen Angststörungen steht das Sichtbarwerden der Angst im Vordergrund, ohne Bezug auf die Umgebungssituation
 
Wie wird die Diagnose gestellt?
Ängste gehören zum Leben. Doch wo fängt eine Angststörung an? Ob es sich bei Angstsymptomen um eine psychische Erkrankung handelt, hängt vom Ausmass der Angst ab. Gradmesser hierfür sind die Intensität und Häufigkeit, aber auch die resultierende Beeinträchtigung und der Leidensdruck beim Betroffenen.
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Die Diagnose erfolgt in einer umfassenden klinisch-psychiatrischen Untersuchung durch eine Fachperson (Psychiater, Psychiaterin oder Psychologin, Psychologe). Neben diesen ausführlichen Gesprächen zählen bei Bedarf auch testpsychologische sowie körperliche Untersuchungen (inklusive Routinelabor und EKG) zu den Massnahmen der Diagnose. Am wichtigsten ist es ärztliche Hilfe zu suchen, sobald Ängste ausser Kontrolle geraten. Die frühzeitige Diagnose und Behandlung verhindern, dass sich die Erkrankung verselbständigt.
Bei einer Diagnose von Angststörungen achten die Psychologen und Ärzte auf folgende Kriterien:
- Eine erkennbare Unangemessenheit der Angst in der Situation.
 - Die Angstreaktion ist deutlich länger vorhanden, als sie notwendig wäre.
 - Das erlebte Angstgefühl ist für den Patienten weder erklärbar noch kontrollierbar.
 - Durch die ständige Angst wird das Leben deutlich beeinträchtigt
 - Die Angst führt zu einer Hemmung im Kontakt mit anderen Menschen.
 
Wie werden Angststörungen behandelt?
Es bestehen gute ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten, bei frühem Behandlungsbeginn sind in der Regel rasch gute Ergebnisse zu erzielen. Therapie der ersten Wahl ist die Psychotherapie. Dabei kommen verschiedene Verfahren in Frage, die individuell auf die konkrete Situation zugeschnitten werden.
Der Einsatz hochwirksamer angstlösender Medikamenten darf nur in Krisen und nur kurzfristig erfolgen wegen des Suchtpotentials dieser Präparate. Am häufigsten kommen Antidepressiva zum Einsatz, da sie nicht abhängig machen und eine nachgewiesene angstlösende Wirkung haben. Benzodiazepine werden wegen Abhängigkeitsrisiko und geringem Langzeitnutzen nicht als Dauertherapie empfohlen.
Wenn die Mobilität im Alltag nicht mehr selbständig möglich ist, wenn Angehörige/Bezugspersonen überfordert sind, wenn ambulante Behandlung nicht hilft, wenn Verzweiflung aufkommt, wenn längere Arbeitsunfähigkeit droht oder wenn sich eine Medikamentenabhängigkeit entwickelt, dann ist eine stationäre oder tagesklinische Behandlung in einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie angezeigt. Die Entscheidung darüber erfolgt in Abstimmung zwischen den Betroffenen und den ambulant behandelnden Ärzten.
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In den ersten Tagen nach Eintritt erfolgt eine breite Abklärung und Diagnostik. Dazu gehören klinische Interviews, standardisierte Fragebogen und eine körperliche Untersuchung (inkl. Labortests). Besonders wichtig ist es, im Gespräch die ganz persönlichen Problembereiche herauszuarbeiten und ihre Bedeutung für die Entstehung und den Verlauf der Angststörung zu besprechen.
Rechtzeitig vor dem Austritt wird mit der Planung der Zeit nach dem Klinikaufenthalt begonnen. Dazu gehören die Regelung der Arbeits- und Wohnsituation, Gespräche mit den Angehörigen oder Betreuungspersonen, Orientierung über die Medikation und über Wege zur Rückfallverhütung. Wichtig ist eine geregelte ärztlich-therapeutische Nachbetreuung, um das Erreichte nicht zu gefährden. Häufig ist eine nachfolgende ambulante Psychotherapie für einige Monate sinnvoll.
Auch der eigene Lebensstil kann einen grossen Unterschied machen. Hilfreich sind regelmässige Bewegung, ein stabiler Schlafrhythmus, weniger Alkohol und Koffein sowie Atem- oder Entspannungsübungen. Achtsamkeitstraining oder Yoga können zusätzlich unterstützen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Angststörungen gut behandelbar sind. Je früher eine erkrankte Person behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
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