Das schweizerische Arbeitsvertragsrecht ist liberal, und der Kündigungsschutz ist relativ schwach. Arbeitgebende wie auch Arbeitnehmende können ein Arbeitsverhältnis unter Einhaltung gewisser Fristen beenden, ohne hierfür besondere Gründe nennen zu müssen.
Kündigungsfristen
Arbeitsverhältnisse können sowohl von Arbeitgebenden wie auch von Arbeitnehmenden unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Es dürfen für Arbeitgebende und Arbeitnehmende keine unterschiedlichen Fristen gelten. Ist dies dennoch vereinbart worden, so gilt für beide Parteien die längere Frist.
Falls nichts anderes schriftlich vereinbart worden ist, kann ein Arbeitsverhältnis unter Einhaltung folgender gesetzlicher Fristen gekündigt werden:
- in der Probezeit jederzeit unter Einhaltung einer Frist von 7 Tagen
 - danach im 1. Dienstjahr mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Monats
 - im 2. bis 9. Dienstjahr mit einer Frist von 2 Monaten auf das Ende eines Monats
 - ab dem 10. Dienstjahr mit einer Frist von 3 Monaten auf das Ende eines Monats
 
Längere Fristen gelten, falls dies von den Parteien im Vertrag schriftlich vereinbart worden ist oder falls ein anwendbarer Gesamtarbeitsvertrag oder Normalarbeitsvertrag längere Fristen vorsieht.
Eine Kündigung muss spätestens am letzten Tag des Monats bei der Gegenpartei eingetroffen sein, damit die Frist am ersten Tag des darauf folgenden Monats zu laufen beginnt. Massgebend ist also nicht der Tag des Kündigungsversands, sondern der Tag des Empfangs der Kündigung.
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Beispiel
Herr A arbeitet seit 3 Jahren im Betrieb X. Sein Arbeitgeber hat schon mehrmals angetönt, dass es in Anbetracht der unbefriedigenden Leistungen von Herrn A so nicht mehr weitergehen könne. Am 28. Mai schickt er ihm eingeschrieben per Post die Kündigung auf Ende Juli.
Herr A ist nicht zu Hause, als der Postbeamte vorbeikommt und eine Abholungseinladung in den Briefkasten legt. Herr A holt den Brief erst am 2. Juni bei der Post ab. Die Kündigung ist damit erst am 2. Juni zugestellt worden. Da eine 2-monatige Kündigungsfrist gilt, ist sie somit erst auf Ende August gültig. Herr A muss dies seinem Arbeitgeber möglichst rasch mitteilen.
Kündigungs-Sperrfristen
Im schweizerischen Arbeitsvertragsrecht besteht ein vergleichsweise schwacher Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist auch zulässig, wenn die Arbeitsleistung ohne Verschulden der betroffenen Person nachgelassen hat.
Immerhin sieht das Gesetz gewisse Schutzfristen vor, welche zur Anwendung kommen, wenn eine Person unverschuldet durch Krankheit oder Unfall ganz oder teilweise arbeitsunfähig geworden ist. In diesen Fällen ist eine Kündigung nach Ablauf der Probezeit während folgender Sperrfristen unzulässig:
- im 1. Dienstjahr während 30 Tagen
 - im 2. bis 5. Dienstjahr während 90 Tagen
 - ab dem 6. Dienstjahr während 180 Tagen
 
Liegen verschiedene Unfälle oder Krankheiten vor, beginnt die Kündigungs-Sperrfrist für jede Arbeitsunfähigkeits-Phase neu zu laufen. Dies gilt jedoch nicht, wenn dieselbe Krankheit im Sinne eines Rückfalls zu einer erneuten Arbeitsunfähigkeit führt.
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Alle Kündigungen, die während einer Sperrfrist durch den Arbeitgeber ausgesprochen worden sind, sind ungültig: Sie haben keine Wirkung und müssen nach Ablauf der Sperrfrist wiederholt werden.
Beispiel
Frau T arbeitet schon seit 7 Jahren im Betrieb Y. Wegen eines Rückenleidens ist sie im März und April 2 Monate arbeitsunfähig gewesen und hat danach die Arbeit wieder aufgenommen. Am 6. Juli erkrankt sie an einem Tumor und bleibt bis auf weiteres 100% arbeitsunfähig.
Im Dezember kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auf Ende Februar. Im Falle von Frau T gilt für die neu aufgetretene Arbeitsunfähigkeit als Folge der Krebserkrankung eine 6-monatige Sperrfrist bis zum 6. Januar des Folgejahres. Die erfolgte Kündigung ist somit ungültig und muss vom Arbeitgeber nach Ablauf der Sperrfrist erneut ausgesprochen werden.
Ist eine Kündigung zuerst ausgesprochen worden und wird eine Person erst danach innerhalb der Kündigungsfrist arbeitsunfähig, bleibt die Kündigung gültig. Allerdings verlängert sich in diesen Fällen die Kündigungsfrist um die Dauer der Arbeitsunfähigkeit (maximal um die Dauer der Sperrfrist). Dies gilt jedoch nur, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gekündigt worden ist.
Beispiele
Herr M arbeitet seit knapp 4 Jahren in der Firma Z, als er am 23. Januar die Kündigung des Arbeitsverhältnisses per Ende März erhält. Herr M wird in der Folge von seinem Psychiater ab 1. Februar zu 50% arbeitsunfähig geschrieben. Die Kündigungsfrist verlängert sich dadurch um die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, längstens aber um 3 Monate (Sperrfrist im 4. und 5. Dienstjahr). Bleibt Herr M weiterhin arbeitsunfähig, wird das Arbeitsverhältnis somit auf Ende Juni beendet.
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Frau K hat sich zu einer beruflichen Änderung entschlossen. Sie kündigt ihr Arbeitsverhältnis in der Firma Q unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 2 Monaten auf Ende August. Im Juli erleidet Frau K einen Herzinfarkt und wird für längere Zeit arbeitsunfähig. Weil sie selber gekündigt hat, kommen keine Sperrfristen zur Anwendung und die Kündigung per Ende August bleibt gültig.
Gewisse allgemein verbindliche Gesamtarbeitsverträge (z.B. GAV für das Bauhauptgewerbe) sehen für Personen, die als Folge von Krankheit arbeitsunfähig geworden sind, einen weiter gehenden Kündigungsschutz vor, indem z.B. eine Kündigung generell verboten wird, solange eine Person ein Kranken- oder Unfall-Taggeld erhält. Es sollte deshalb in jedem Kündigungsfall geprüft werden, ob nicht ein solcher Gesamtarbeitsvertrag zur Anwendung kommt.
Die Kündigungs-Sperrfristen bei Krankheit und Unfall garantieren nicht, dass während dieser Zeit auch Anspruch auf Lohn oder ein Taggeld besteht.
Wann ist eine fristlose Entlassung zulässig?
Eine fristlose Entlassung ist dann zulässig, wenn das Vertrauensverhältnis durch einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin derart verletzt worden ist, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist.
Das gilt auch dann, wenn eine psychische Erkrankung die Ursache des Fehlverhaltens eines Arbeitnehmers oder eine Arbeitnehmerin ist. Wird vom Arbeitgeber in solchen Fällen eine fristlose Entlassung ausgesprochen, muss unverzüglich gegen diese Entlassung schriftlich und mit eingeschriebener Post protestiert werden.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann dadurch nicht verhindert werden, der Arbeitgeber muss jedoch bei einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung Schadenersatz entrichten.
Beispiel
Herr S ist an einer schweren Depression erkrankt, erkennt den Krankheitscharakter vorerst aber nicht. Er führt die Aufträge des Arbeitgebers nicht mehr richtig aus und erscheint verspätet zur Arbeit. Der Arbeitgeber entlässt ihn nach einer Vorwarnung fristlos.
Herr S begibt sich nun sofort zu einem Arzt, der eine schwere depressive Episode diagnostiziert und rückwirkend eine Arbeitsunfähigkeit attestiert. Herr S muss nun gegen die fristlose Entlassung unter Beilegung des ärztlichen Berichts protestieren und Schadenersatz verlangen. Hierfür nimmt er mit Vorteil rechtliche Beratung in Anspruch.
Auch der Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin kann ein Arbeitsverhältnis fristlos auflösen, wenn ihm oder ihr die Fortsetzung „nach Treu und Glauben“ nicht mehr zugemutet werden kann. Das ist besonders dann der Fall, wenn der Arbeitgeber sich trotz Mahnung weigert, den fälligen Lohn zu bezahlen.
Selber kündigen?
Arbeitnehmende neigen immer wieder dazu, ein Arbeitsverhältnis selber zu kündigen, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen die Arbeit erschweren und keine innerbetriebliche Umstellung möglich ist.
Auch wenn jede Situation individuell betrachtet werden muss und allgemeine Aussagen nur mit Zurückhaltung gemacht werden dürfen, muss von einer solchen Kündigung im Regelfall dringend abgeraten werden, zumindest wenn noch keine neue Stelle schriftlich zugesichert ist; denn es können verschiedenste versicherungsrechtlich Nachteile resultieren.
Zum Beispiel:
- Bei der Arbeitslosenversicherung wird im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin in der Regel eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit angenommen, was als Sanktion zur Einstellung in der Anspruchsberechtigung während mehrerer Wochen führt.
 - Zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes gegen die Folgen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit muss unter Umständen ein Übertritt von der kollektiven Krankentaggeldversicherung in die Einzel-Versicherung vorgenommen werden, was mit einer zusätzlichen Prämienbelastung verbunden ist.
 - Bei der beruflichen Vorsorge kann eine Versicherungslücke bei der Deckung der Risiken Tod und Invalidität entstehen.
 - Im Falle einer späteren Invalidität bleibt unklar, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder freiwillig erfolgt ist, was sich bei der Festlegung des Invaliditätsgrades und auf den Leistungsanspruch aus der beruflichen Vorsorge nachteilig auswirken kann.
 
Hilfe der IV bei der Arbeitsplatzerhaltung
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis einer gesundheitlich beeinträchtigten Person, sollte spätestens in diesem Zeitpunkt eine IV-Anmeldung ernsthaft geprüft werden, sofern dies bisher noch nicht geschehen ist. Besser ist es, die Anmeldung bereits bei drohender Kündigung vorzunehmen.
Sobald eine IV-Anmeldung eingegangen ist, wird die IV-Stelle die betroffene Person zu einem Erstgespräch einladen und dabei abklären, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen und wie sich diese auf die Arbeitsfähigkeit auswirken.
Die Berufsfachleute der IV-Stelle können dann im Rahmen der sogenannten Frühintervention mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen und abklären, ob mit einer Anpassung des Arbeitsplatzes oder mit einer von der IV unterstützten Umschulung auf eine andere Tätigkeit im Betrieb die drohende Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhindert werden kann.
Beispiel
Herr T arbeitet seit 18 Jahren als Bauarbeiter in der Firma W. Wegen Rückenbeschwerden wird er von den Ärzten seit mehreren Monaten für seinen bisherigen Beruf arbeitsunfähig geschrieben. Eine leichtere, weniger rückenbelastende Tätigkeit sollte Herrn T jedoch aus ärztlicher Sicht in Zukunft ohne weiteres möglich ein.
Weil Herr T die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses befürchtet, meldet er sich bei der IV an. Die IV-Berufsfachleute erfahren, dass der Arbeitgeber an einer Weiterbeschäftigung seines geschätzten Mitarbeiters grundsätzlich interessiert ist. Sie klären daraufhin ab, mit welchen beruflichen Massnahmen die nötigen Qualifikationen für eine andere Tätigkeit in der Firma erreicht werden könnten. Die Kosten einer solchen Umschulung können in der Folge von der IV übernommen werden.
Krankentaggeld: Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes
Der Versicherungsschutz gegen die Folgen eines krankheitsbedingten Erwerbsausfalls endet mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Wer bisher über die Kollektivversicherung des Arbeitgebers versichert gewesen ist, kann diesen Versicherungsschutz wie folgt aufrechterhalten:
- Entweder wird eine neue Stelle gefunden und der neue Arbeitgeber hat wiederum eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung für seine Mitarbeiter abgeschlossen. In diesem Fall lohnt es sich abzuklären, ob diese neue Versicherung auch eine allfällige Arbeitsunfähigkeit als Folge einer bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung deckt.
 - Oder es besteht kein genügender Versicherungsschutz bei einem neuen Arbeitgeber: Dann kann das Gesuch um Übertritt aus der bisherigen Kollektivversicherung in die Einzelversicherung gestellt werden. Ein solches Übertrittsrecht muss von Gesetzes wegen allen Personen gewährt werden, die sich nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug anmelden. Aber auch in den übrigen Fällen sehen praktisch alle Reglemente der Kollektiv-Versicherungen ein Übertrittsrecht vor.
 
Beispiel
Frau R ist die bisherige Stelle auf Ende Dezember gekündigt worden. Sie ist beim bisherigen Arbeitgeber für ein Krankentaggeld von 80% des Lohnes versichert gewesen. Sie hat vorübergehend ein solches Taggeld erhalten, im letzten halben Jahr vor Auflösung des Arbeitsverhältnisses jedoch nicht mehr. Frau R hat keine neue Stelle gefunden und sich bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet. Frau R möchte auch während der Dauer der Arbeitslosigkeit taggeldversichert bleiben.
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Das Gesetz (Art. 324a Abs. 1 OR) bestimmt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Krankheitsfall den vollen Lohn für eine bestimmte Dauer pro Dienstjahr zu bezahlen hat, sofern das Arbeitsverhältnis bereits mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde.
Im ersten Dienstjahr hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Lohn für mindestens 3 Wochen und nachher angemessen länger zu entrichten (Art. 324a Abs. 2 OR). Die Lohnzahlung beträgt 100% ab dem ersten Krankheitstag (keine Karenztage).
Der Anspruch auf Lohnfortzahlung wird pro Dienstjahr berechnet und beginnt mit jedem Dienstjahr von Neuem. Zur Lohnfortzahlung gehört nicht nur das Fixum, sondern auch alle weiteren Lohnbestandteile, sofern diese ohne Arbeitsunfähigkeit angefallen wären.
Beweispflichtig ist der Arbeitnehmer. Er hat dem Arbeitgeber auf sein Verlangen ein Arztzeugnis einzureichen, aus welchem ersichtlich sein muss, ob der Arbeitnehmer ganz oder teilweise arbeitsunfähig ist. Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit muss das Ausmass der Einschränkung angegeben werden, z.B. wie viele Stunden Arbeitstätigkeit pro Tag zumutbar sind.
Urlaub für die Betreuung von Familienangehörigen
Arbeitnehmende haben gemäss Artikel 329h OR Anspruch auf bezahlten Urlaub für die Betreuung eines Kindes, der Ehegattin bzw. des Ehegatten oder der eingetragenen Partnerin bzw. des eingetragenen Partners, wenn diese gesundheitlich beeinträchtigt sind.
Auf Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses hat der Arbeitgeber Arbeitnehmenden mit gesetzlicher Unterhaltspflicht die für die Betreuung des gesundheitlich beeinträchtigten Familienmitglieds notwendige Zeit zu gewähren. Der Urlaub ist auf die für die Betreuung erforderliche Dauer begrenzt und beträgt höchstens drei Tage pro Ereignis und zehn Tage pro Jahr.
Massnahmenpaket «Behindertenpolitik 2023-2026»
Im März 2023 hat der Bundesrat das Massnahmenpaket «Behindertenpolitik 2023-2026» beschlossen. Auch private Arbeitgebende sollen «verpflichtet werden, zumutbare Massnahmen zu treffen, damit Mitarbeitende mit Behinderungen gleichgestellt einer Arbeit nachgehen können.
Arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit
Eine arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit, mithin Konstellationen, in denen ein Arbeitnehmer nur für seine Stelle im Betrieb nicht arbeitsfähig ist, beschäftigt Personalverantwortliche immer häufiger. In der Praxis treten solche Konstellationen typischerweise im Umfeld von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz auf.
Die Arbeitsunfähigkeit ist etwa auf einen Konflikt, eine Mobbingsituation oder auf Leistungsdruck und damit Stress am Arbeitsplatz zurückzuführen. Zunehmend kann ebenfalls beobachtet werden, dass sich Arbeitnehmer kurz nach der Ankündigung einer Kündigungsabsicht oder unmittelbar nach bereits erklärter Kündigung aus psychischen Gründen krankschreiben lassen.
Lohnfortzahlung bei arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer also auch bei bloss arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit Lohn fortzuzahlen. Abhängig vom Dienstjahr des Arbeitnehmers und der anwendbaren Skala können sich daraus länger dauernde Verpflichtungen zur Lohnfortzahlung ergeben.
Kündigungsschutz bei arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit
Nach meinem Dafürhalten sollte der Sperrfristenschutz nur dann nicht zur Anwendung gelangen, wenn ärztlich feststeht, dass lediglich eine rein arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit besteht, der Arbeitnehmer mit anderen Worten bezüglich aller anderen Stellen in keiner Weise eingeschränkt ist.
Zudem ist dem Sperrfristenschutz in denjenigen Fällen die Anwendung zu versagen, bei denen der Arbeitnehmer selber durch sein tatsächliches und bewiesenes Verhalten seine ihm mittels Arztzeugnis attestierte Arbeitsunfähigkeit geradezu widerlegt.
Beweis der Arbeitsunfähigkeit
Der Beweis für die Arbeitsverhinderung durch Krankheit obliegt nach der allgemeinen Beweisregel von Art. 8 ZGB dem Arbeitnehmer und wird meistens durch Arztzeugnis erbracht. Die Gerichte stellen im Regelfall auf das vom Arbeitnehmer beigebrachte Arztzeugnis ab (so genannter Anscheinsbeweis), solange nicht begründete Zweifel an dessen Richtigkeit geweckt werden.
Kann ein Arbeitgeber begründete Zweifel an der Richtigkeit des Arztzeugnisses wecken, kann das Gericht nicht mehr unbesehen auf das beigebrachte Arztzeugnis abstellen. Einem Arztzeugnis kommt kein absoluter Beweiswert zu und der Richter kann und darf sich, wenn begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen, nicht darauf abstützen.
Rechte und Pflichten bei Krankheit
Pflichten des Arbeitnehmers:
- Gesund werden (die ärztlichen Weisungen befolgen, verordnete Medikamente nehmen und Therapien vornehmen lassen etc.)
 - Aktiv informieren (z.B. die Arbeitgeberin informieren)
 
Pflichten des Arbeitgebers:
- Die gesunden Arbeitnehmer generell vor gesundheitsschädigenden Einflüssen am Arbeitsplatz schützen (z.B. ergonomische Arbeitsplätze, Konfliktmanagement)
 - Kranke Arbeitnehmer nach Hause lassen / schicken und die nötigen betrieblichen Voraussetzungen für Krankheitsabsenzen schaffen (z.B. Stellvertretung organisieren etc.)
 
Sozialversicherungen und Steuern
Gerade bei Langzeitkrankheiten ist der Arbeitnehmer mit weiteren Folgen konfrontiert. So sinken allenfalls seine berufsbedingten Abzüge im Rahmen der Steuererklärung.
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