Gerade in der Alltagssprache werden die Begriffe Psychologe und Psychiater von den meisten Menschen frei und austauschbar verwendet. Das liegt vor allem daran, dass nur die wenigsten wirklich wissen, wie die Begriffe und die dahinterliegenden Berufe eigentlich zu verwenden sind. Fakt ist, dass es einen großen Unterschied zwischen Psychologen und Psychiatern gibt.
Ausbildung und Kompetenzen
Der Hauptunterschied zwischen Psychologen und Psychiatern liegt in der Ausbildung und den Befugnissen. Während Psychologen ein Psychologie-Studium absolviert haben, handelt es sich bei Psychiatern um spezialisierte Ärzte.
Der Psychiater
Ein Psychiater hat, wie jeder normale Arzt auch, ein Medizinstudium hinter sich gebracht. In diesem Studium geht es um die Funktionsweise des menschlichen Körpers, in welchem ein Psychiater auch lernt, wie er diesen behandelt - das auch durch Medikamente. Auf das Medizinstudium folgt dann eine Facharztausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie. Erst nach Bestehen dieser Ausbildung gilt man als Psychiater, kann aber auch als ärztlicher Psychotherapeut arbeiten.
Ein Psychiater führt nicht nur therapeutische Gespräche, sondern darf auch körperliche Untersuchungen durchführen und zudem Medikamente verschreiben, wie zum Beispiel Antidepressiva, Neuroleptika oder Antiepileptika. Außerdem sind es auch Psychiater, die Patienten in Kliniken einweisen dürfen.
Der Psychologe
Der große Unterschied besteht darin, dass ein Psychologe kein Arzt ist. Um diesen Beruf zu erreichen, müssen sie fünf Jahre Psychologie studieren. Hier wird nicht der Körper untersucht, sondern das menschliche Verhalten, das Fühlen und das Denken. In solch einem Studium will man das untersuchen, vorhersagen, erklären und sogar verändern können.
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Als Psychologe darf man nach dem Studium allerdings noch nicht sofort Patienten behandeln, sondern lediglich in der Forschung arbeiten, oder auch in Personalabteilungen von Unternehmen. Alternativ darf der Psychologe auch an Beratungsstellen des Gesundheitswesens arbeiten.
Wenn man jetzt aber doch den direkten Patientenkontakt wünscht, erfordert es eine spezielle Zusatzausbildung, die noch einmal drei bis fünf Jahre dauern kann. Diese Ausbildung berechtigt sie nach Abschluss, Psychotherapie anzubieten und in diesem Bereich zu arbeiten. Nach Abschluss erhalten sie nämlich eine Approbation, die sie als psychologische Psychotherapeuten auszeichnet. Bei den Psychiatern waren das die ärztlichen Psychotherapeuten.
Der psychologische Psychotherapeut darf nicht mit Medikamenten arbeiten, sondern nur beraten oder kognitive Behandlungsmethoden anwenden, um seinen Patienten zu helfen. Daher verwenden Psychologen bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen vor allem Gesprächs-basierte Therapien.
Psychotherapie
In der Psychotherapie geht es um die Behandlung seelischer Probleme. Das darf allerdings nicht jeder einfach so anbieten, denn es bedarf einer staatlichen Approbation. Diese zu erlangen ist nicht einfach und erfordert viele Jahre Studium und Ausbildung, bis man sie bekommt. Approbationen bekommen heute Psychiater und Psychologen mit den oben genannten Ausbildungen.
Um mit Menschen arbeiten zu können, die an psychischen Störungen mit Krankheitswert leiden, absolvieren sowohl PsychologInnen als auch ÄrztInnen eine postgraduale Weiterbildung in Psychotherapie.
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Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben ein mindestens 5-jähriges Studium der Psychologie auf Masterstufe absolviert sowie eine 4- bis 6-jährige postgraduale Psychotherapie-Weiterbildung inkl. Ärztliche Psychotherapeuten, die Psychiaterinnen und Psychiater, haben ein 6-jähriges Medizinstudium absolviert, gefolgt von einer 6-jährigen postgradualen Weiterbildung in psychiatrischen Institutionen.
Es gibt viele verschiedene Ansätze in der Psychotherapie. Die von Sigmund Freud erfundene Psychoanalyse beruht auf Kenntnissen über die Funktionsweise der menschlichen Psyche und ist eine therapeutische Methode für zahlreiche psychische Probleme. Durch das Zuhören seiner Patientinnen entwickelte Freud seine Theorie des Unbewussten und wies auf die Bedeutung von Affekten aus der Kindheit (Fantasien, Imagos) hin, die im Menschen wirken, ohne dass er es weiß.
Verhaltenstherapien bieten Strategien und Techniken zur Veränderung an, die auf bewusstes und beobachtbares Verhalten abzielen. Diese Gruppe von Ansätzen geht davon aus, dass psychische Schwierigkeiten mit unangemessenen Gedanken (Kognitionen) und Verhaltensweisen zusammenhängen, die eine Person in ihrem täglichen Umfeld erlernt hat.
Die verschiedenen existenziellen Ansätze gehen von der Fähigkeit des Menschen aus, sein Leben zu steuern und sich selbst voll zu verwirklichen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Moment, auf der Fähigkeit der Person, sich ihrer aktuellen Schwierigkeiten bewusst zu werden, sie zu verstehen und ihre Art zu sein oder zu handeln entsprechend zu ändern.
Die systemische Therapie ist aus den Informations- und Kommunikationstheorien, der Kybernetik und der Systemtheorie hervorgegangen. Sie hat sich auch aus den Erkenntnissen der Sozialpsychologie, der Psychiatrie, der Politikwissenschaft, der Anthropologie und der Kommunikationstheorien entwickelt.
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Psychiater oder Psychologe - welcher ist der richtige Ansprechpartner?
Patienten, die bei sich selbst psychische Probleme bemerken, fragen sich an dieser Stelle, an welchen der Experten sie sich wenden sollten. Pauschal lässt sich das allerdings nicht sagen, denn es hängt immer vom entsprechenden Einzelfall ab, ob der Psychologe oder Psychiater besser geeignet ist. Allerdings sollte ein besorgter Patient zuerst seinen Hausarzt oder einen Facharzt für Psychiatrie besuchen.
Denn oft sind Symptome psychischer Krankheiten durch eine körperliche Ursache ausgelöst. Gerade zum Beispiel eine Schilddrüsenerkrankung ist hier eine sehr häufige Ursache für psychische Störungen die überprüft werden sollte, da es sehr gefährlich werden kann, diese zu übersehen. Wurden körperliche Ursachen ausgeschlossen, kann der Patient sich an einen Psychiater oder Psychologen wenden.
Sind körperliche Krankheiten weiterhin vorhanden und mit Medikamenten behandelt, lohnt sich eher der Besuch bei einem Psychiater, da dieser einen Gesamtblick auf den Körper hat und sich auch über die Wirkung von anderen Medikamenten als nur Psychopharmaka auskennt. Ebenso ist bei komplexen psychischen Störungen zum Beispiel komplexen Trauma-Folgestörungen ein Arzt eher geeignet, denn in der Medizin trainiert man, den Fokus aufs Ganze im Auge zu behalten und nicht jeweils nur einen einzelnen Aspekt einer Störung zu behandeln.
Den richtigen Ansprechpartner zu finden, orientiert sich natürlich letztendlich am Angebot. Es kommt auch nicht selten vor, dass ein Patient von zwei Fachleuten - also von einem Psychiater und einem Psychologen - zur selben Zeit behandelt wird. Das kann auch durchaus sinnvoll sein.
So wird die kognitive und die medikamentöse Behandlung des Betroffenen von zwei unterschiedlichen Fachleuten abgedeckt. Hier ist natürlich besonders wichtig, dass die beiden Fachpersonen über die Behandlung der jeweils anderen Bescheid wissen, damit sie zusammenarbeiten und Erfolg versprechen können.
Zusammenarbeit und Ziele
Im Alltag ist der Unterschied zwischen den beiden Berufen Psychologe und Psychiater häufig nicht leicht, da die Bezeichnungen oft synonym verwendet werden. Trotz der engen Zusammenarbeit und ihrer gemeinsamen Zielen handelt es sich jedoch um zwei unterschiedliche Berufe, die sich in ihrem jeweiligen Ausbildungsweg und Kompetenzbereich voneinander unterscheiden. Es ist dabei wichtig, diesen Unterschied zu kennen, da sich hieraus ergibt, in welchen Situationen ein Psychologe und in welchen ein Psychiater hinzugezogen werden sollte.
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