Angst ist ein Gefühl, das wir alle kennen. Prüfungsangst - wer kennt das nicht? Oder das flaue Gefühl im Magen vor dem ersten Date? Nicht alle können damit gut umgehen. Auch wenn Angst teils heftige körperliche und emotionale Reaktionen auslösen kann, ist sie völlig normal, wenn wir uns mit Situationen konfrontiert sehen, die sich unserer Kontrolle entziehen.
Angst vor einer Gefahr zu haben ist ein uralter Mechanismus, der den Frühmenschen half, zu überleben. Die «gesunde» Angst zeichnet sich dadurch aus, dass sie zeitlich begrenzt und auf bestimmte Umstände zurückzuführen ist. Sobald die «Stressquelle» verschwindet, verschwindet auch die Angst.
Angst ist dann krankhaft, wenn sie unverhältnismässig ist und andauernd auftritt. Man spricht in solchen Fällen von Angststörungen. Für die Betroffenen können Angststörungen sehr einschneidend sein. «In schweren Fällen können die Betroffenen gar nicht mehr richtig abschalten oder haben richtiggehend Todesangst», so Dr. Bdeir.
Wann sollte man einen Arzt konsultieren?
Bei starken Brustschmerzen und Übelkeit suchen die meisten unverzüglich einen Arzt auf. «Rein äusserlich kann eine Panikattacke durchaus einem Infarkt oder einem Lungenproblem ähneln. Kann man aufgrund der medizinischen Abklärung körperliche Ursachen ausschliessen, handelt es sich vielfach um ein psychologisches Signal, das man ernst nehmen muss», erklärt der Psychiater.
Bei Verdacht auf eine Angststörung sollte man zunächst jegliche körperliche Ursache ausschliessen. «Menschen mit Angststörungen werden von ihrem Umfeld oft nicht ernst genommen oder stigmatisiert», sagt Dr. Bdeir. Wenn sich jemand wegen einer Zwangsstörung 50 Mal die Hände wäscht, nachdem er auf der Toilette war, stösst dies bei den Kolleginnen und Kollegen nur selten auf Verständnis. Besonders betroffen sind ältere Menschen. «Bei Senioren bemerken die Angehörigen oder der Hausarzt nicht immer direkt, dass eine Angststörung vorliegt», so Dr. Bdeir. Es gibt keine allgemeine Regel, Dr.
Lesen Sie auch: Zusammenhang zwischen Depression, Kopfschmerzen und Müdigkeit
Ursachen und Risikofaktoren
Wie bei vielen anderen psychischen Störungen wurden auch Angststörungen wie der Generalisierten Angststörung Hinweise auf eine genetische Grundlage gefunden. Dabei sind vermutlich mehrere Gene an der Entstehung der Störung beteiligt. Sie sind aber nicht allein verantwortlich, wenn jemand eine (Generalisierte) Angststörung entwickelt, glauben Experten. Vielmehr soll erst das Zusammenspiel aus genetischer "Anfälligkeit" und weiteren Faktoren beziehungsweise Mechanismen eine Angsterkrankung entstehen lassen. Diskutiert werden folgende mögliche Einflüsse:
- Psychosoziale Faktoren: Eine Rolle spielen etwa psychosoziale Faktoren: So beobachtet man zum Beispiel bei Menschen mit Traumata in der Kindheit (wie Trennung der Eltern, Tod des Vaters, Alkoholiker in der Familie, sexueller Missbrauch) häufiger Angsterkrankungen als bei Menschen mit unbelasteter Kindheit.
 - Erziehungsstil: Der Erziehungsstil der Eltern hat möglicherweise ebenfalls einen Einfluss darauf, ob der Nachwuchs eine krankhafte Angst entwickelt. Beispielsweise zeigen Kinder von überbehütenden Eltern ein höheres Angstniveau.
 - Sozioökonomische Faktoren: Die Häufigkeit von Angststörungen variiert auch in Abhängigkeit von sozioökonomischen Faktoren, wie Beobachtungen zeigen: So finden sich mehr Betroffene in den unteren sozialen Schichten als in den oberen - ebenso wie unter Arbeitslosen als unter Vollbeschäftigen.
 
In beiden Fällen ist aber unklar, ob der beobachtete Zusammenhang kausaler Natur ist - also ob beispielsweise Arbeitslosigkeit tatsächlich das Risiko für Angsterkrankungen erhöht.
Symptome einer generalisierten Angststörung
Kennzeichnend für die Generalisierte Angststörung ist, dass die Betroffenen die meiste Zeit des Tages von Sorgen verfolgt werden. Sie haben etwa Angst vor Krankheit, Unfällen, Zuspätkommen oder davor, Arbeiten nicht bewältigen zu können. Die negativen Gedanken schaukeln sich auf. Betroffene spielen die befürchteten Szenarien im Kopf immer wieder durch, ohne eine Lösung für das Problem zu finden.
Je länger der Prozess dauert, desto stärker werden die Ängste. Suchen sich Betroffene keine Hilfe, können die Ängste mit der Zeit in immer mehr Lebensbereiche eindringen. Die ständige Anspannung wirkt sich auch auf den Körper aus - körperliche Beschwerden gehören daher zum Erscheinungsbild der Generalisierten Angststörung dazu.
Laut internationaler Studien liegt das Risiko, im Laufe des Lebens an einer Angststörung zu erkranken (Lebenszeitprävalenz), zwischen 14 und 29 Prozent. Geht es konkret um die Generalisierte Angststörung, beträgt die Lebenszeitprävalenz in Europa vier bis sechs Prozent. Die Erkrankung tritt meist im Erwachsenenalter in Erscheinung. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Lesen Sie auch: Wie Stress Mundgeruch verursacht
Die meisten Menschen mit einer Generalisierten Angststörung leiden zusätzlich an weiteren Störungen beziehungsweise Erkrankungen (Komorbiditäten). Das können zum Beispiel andere Angststörungen (wie Panikstörung, soziale Phobie), Depressionen, Suchterkrankungen oder körperlichen Beschwerden ohne organische Ursache (somatoforme Störungen) sein. Auch eine Persönlichkeitsstörung kann begleitend zur Generalisierten Angststörung auftreten.
Somatoforme Störungen
Somatoforme Störungen machen sich bemerkbar durch körperliche Beschwerden, die die betroffene Person sehr klar beschreiben kann, für die es aber bei medizinischer Untersuchung keine organische Ursache gibt. Auffallend bei somatoformen Störungen sind wiederholte Arztbesuche der Betroffenen mit der Aufforderung nach gründlicher Anamnese. Ein negatives Ergebnis bringt die Erkrankten dazu, frustriert die nächste Ärztin oder den nächsten Arzt aufzusuchen, mit deren Diagnose sie dann wieder unzufrieden sind. Die Betroffenen fühlen sich unverstanden und werden zunehmend verzweifelt.
Ihr Krankheitsbild besteht oft schon über Jahre, depressive Zustände oder Depressionen können sich entwickelt haben, bis das Thema endlich von der psychischen Seite angegangen wird. Somatoforme Störungen machen sich mit verschiedensten Krankheitsanzeichen bemerkbar. Meist handelt es sich um Symptome, die vom vegetativen Nervensystem ausgehen, also von der betroffenen Person nicht willentlich gesteuert oder kontrolliert werden können. Manche Erkrankte klagen auch über Schweißausbrüche, Hitzewallungen oder allgemeine Unruhe.
Die Hypochondrische Störung betrifft Männer wie Frauen. Obwohl körperlich gesund, sind sie davon überzeugt, an einer schwerwiegenden Krankheit zu leiden. Sie überinterpretieren bestimmte körperliche Symptome und sind mit den Diagnosen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte immer unzufrieden.
Bei einer Somatisierungsstörung haben die Erkrankten anhaltende Beschwerden wie Müdigkeit, Magen-, Darm-, Blasen- oder Herzbeschwerden. Die Leiden halten seit mindestens einem halben Jahr an und die Störungen werden vom vegetativen Nervensystem verursacht.
Lesen Sie auch: Therapieabbruch durch den Therapeuten: Ursachen und Auswirkungen
Bei der Somatoformen Schmerzstörung klagen die Betroffenen über einen anhaltenden, schweren Schmerz in einem Körperteil, für den es keine körperliche Ursache gibt. Schmerzort und -charakter können wechseln, die Schmerzen können zu Schlafstörungen führen und den gesamten Alltag beeinträchtigen. Im Arztgespräch lassen die Erkrankten psychische Ursachen als mögliche Auslöser nicht zu.
Für eine Somatoforme Störung kommen eine ganze Reihe von Ursachen in Betracht und man muss immer von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausgehen. Eine genetische Prädisposition kann möglicherweise existieren, weil in manchen Familien gehäuft Somatoforme Störungen zu beobachten sind. Traumatische Erlebnisse in der Kindheit oder auch das Aufwachsen mit einem chronisch kranken Familienmitglied, das infolgedessen mehr Zuwendung erhielt, können die Entstehung einer Somatoformen Störung begünstigen.
Diagnose
Sehr häufig wenden sich Menschen mit Generalisierter Angststörung an einen Allgemeinmediziner. Anlass ist aber meist nicht die belastende, dauerhafte Angst - vielmehr suchen die meisten Hilfe wegen körperlicher Beschwerden, die mit der Angststörung einhergehen (z.B. Schlafstörungen, Kopf- oder Bauchschmerzen). Da die Patienten selten auch von ihre Ängsten berichten, übersehen viele Hausärzte die psychischen Ursachen.
Wenn Sie Ihre Gedanken beachten und dabei feststellen, dass diese oft negativ und angstbeladen sind, Sie sehr viel grübeln und sich Sorgen machen, sollten Sie offen mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber sprechen. Nur so besteht die Chance, dass Sie letztlich die richtige Hilfe erhalten.
Ihr Arzt oder Ihre Ärztin kann Sie an eine psychosomatische Klinik oder einen Psychotherapeuten vermitteln. Der Therapeut kann im Gespräch mit Ihnen Ihren belastenden Beschwerden genauer auf den Grund gehen. Dabei können spezielle Fragebögen hilfreich sein.
Nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) liegt eine Generalisierte Angststörung vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Es bestehen seit mindestens sechs Monaten Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen in Bezug auf alltägliche Ereignisse und Probleme, mit folgenden Befunden: 
- vegetative Symptome wie erhöhte Herzfrequenz, Schwitzen, Zittern oder Mundtrockenheit
 - Symptome im Bereich von Brustkorb oder Bauchraum (Atembeschwerden, Beklemmungsgefühle, Schmerzen im Brustkorb, Missempfindungen im Bauch)
 - psychische Symptome (Schwindel, Gefühl von Unwirklichkeit, Angst vor Kontrollverlust, Angst zu sterben)
 - Allgemeinsymptome (Hitzewallungen oder Kälteschauer, Missempfindungen auf der Haut = Parästhesien)
 - Symptome der Anspannung (verspannte Muskeln, Ruhelosigkeit, Klossgefühl im Hals)
 - andere unspezifische Symptome (wie Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, Einschlafstörungen)
 
 
Zudem machen sich die Betroffenen ständig Sorgen, etwa dass sie selbst oder nahestehende Personen einen Unfall erleiden oder erkranken könnten. Sie meiden möglichst Aktivitäten, die sie als gefährlich empfinden. Hinzu kommen - wie oben beschrieben - Sorgen über ihre ständige Sorgen ("Meta-Sorgen").
Behandlung
«Bei diagnostizierten Angststörungen kann man mit der kognitiven Verhaltenstherapie oft gute Ergebnisse erzielen.» Die Psychotherapie kann kurz- und mittelfristig mit einer medikamentösen Therapie kombiniert werden. Psychopharmaka alleine lösen das Problem jedoch nicht. «Bei der Bewältigung von Angststörungen hilft es, sich der eigenen Persönlichkeit und Vergangenheit bewusst zu werden», unterstreicht Dr. Neben (Selbst)hypnose und Achtsamkeitstraining können auch körperliche Übungen helfen: «Psychomotorik, Yoga und Sport im Allgemeinen sind sehr nützlich», so Dr.
Bevor Sie mit der eigentlichen Angsttherapie beginnen, erarbeiten Sie mit dem Patienten die Hintergründe und Ursachen seiner Angststörung, damit er die Mechanismen erkennt und sein Vermeidungsverhalten einordnen kann. Wie gehen Sie vor? Für die erste Sitzung nehme ich mir gerne 30 bis 45 Minuten Zeit und erarbeite mit ihm gemeinsam den Teufelskreis (Abbildungen 1 und 2). Hier geht es darum aufzuzeigen, dass die beklagten Angstsymptome vom Patienten inadäquat katastrophisiert werden, indem er gedanklich Konstrukte entwickelt, die tatsächlich existentiell belasten.
Durch einen physiologischen Überlebensschutzreflex im Sinn einer Kampf-/Fluchtreaktion werden durch Adrenalin die ursprünglichen Symptome derart verstärkt, dass die Angstsymptomatik übersteuert wird. Der Teufelskreis ist das Herzstück und der Schlüssel zum Verständnis der Angststörung, der als Voraussetzung für die eigentliche therapeutische Arbeit, nämlich den Ausstieg aus dem Teufelskreis, angesehen werden kann. In den meisten Fällen - das ist das Grossartige an diesem Teufelskreis - hat der Patient dabei ein Aha-Erlebnis, weil er zum ersten Mal versteht, wie diese physiologischen Mechanismen zur Auslösung und Verstärkung seiner Angstzustände führen.
Im nächsten Schritt geht es um den Ausstieg aus diesem Verstärkerkreis. Dies erfolgt bei mir am liebsten im Rahmen einer Gruppentherapie - kann aber durchaus auch im Einzelsetting passieren. In der Gruppentherapie nutzen Sie also kognitive und verhaltenstherapeutische Massnahmen, um negative Selbstbewertungen zu korrigieren, lehren aber auch Entspannungstechniken, die den Patienten helfen können, Angstattacken aufzulösen und als letzter entscheidender Schritt folgt die Expositionstherapie (»sich aussetzen statt sich absetzen»). Wie läuft das ab und wie hoch ist die Erfolgsquote?
Die Gruppentherapie ermöglicht, mehrere Patienten zusammen zu behandeln und durch die Emotionalität in der Gruppe, die gemeinsame Aussprache und das gegenseitige Ermuntern, sich neuen Expositionen auszusetzen und Vermeidungsverhalten zu verhindern. Die Patienten üben, das konkret umzusetzen. Die Gruppentherapie besteht aus 13 bis 15 zweistündigen Sitzungen, damit die Teilnehmer Zeit genug haben, ihre Erfahrungen und Probleme mit ihrer Angststörung darzulegen und die auslösenden Mechanismen zu verstehen. Zur Angsttherapie gehört in einem dritten Schritt auch das Erlernen der erwähnten Entspannungsübungen.
Damit erhalten die Teilnehmer ein weiteres Werkzeug, erneut auftretende Körpersymptome und Angstzustände selbst besser zu bewältigen, statt sich ihnen ausgeliefert zu fühlen. Als letzter Schritt des therapeutischen Vorgehens, wenn die Patienten gelernt haben, ihre Angstsymptome korrekt zu deuten, folgt die Konfrontations- oder Expositionstherapie. Wichtig ist, den Patienten dabei nicht zu überfordern. Deshalb versuchen wir den Stress im Umgang mit der angstauslösenden Situation zunächst so klein wie möglich zu halten, um ihn dann langsam stufenweise zu steigern, so dass die Exposition immer mit einem positiven Erlebnis enden kann.
Die Vermittlung all dieser Werkzeuge, um der Angst trotzen zu lernen, gelingt auch im Einzelsetting. Die Gruppenarbeit hat den grossen Vorteil, dass es hier zu Verstärkungseffekten kommt, wenn die Teilnehmer sehen, wie die anderen Fortschritte machen. zutauschen und miteinander Erfolge zu erzielen. Dazu kommt, dass sie den Leidensgenossen oft mehr Glauben schenken als dem Therapeuten. Nach Absolvieren des Kurses haben die meisten gelernt, mit ihrer Angst umzugehen, und wenn man mit einer solchen kognitiven Störung anders umgehen kann - also wieder ins Flugzeug steigen, durch Tunnels fahren oder vor Leuten sprechen kann - dann fühlen sich die meisten soweit geheilt, dass sie den Weg jetzt allein fortsetzen können.
Es gibt Patienten, die ich jahrelang nicht mehr sehe und dann kommen sie plötzlich wieder. Bei ihnen genügen aber meist ein bis zwei Sitzungen, dann haben wir diesen Teufelskreis erneut erarbeitet und verstanden, und sie können wieder damit umgehen. In wenigen Fällen gibt es auch Patienten, die nach Jahren den ganzen Kurs noch einmal machen wollen, und hin und wieder erlebe ich auch solche Patienten, die ihre Angst nicht völlig überwinden. Dennoch profitieren letztlich auch jene allein dadurch, dass sie mit Leidensgenossen in den Gruppensitzungen zum ersten Mal den Mut hatten, über ihre Probleme zu sprechen.
Für mich immer wieder vom Schönsten bei der Behandlung der Angststörungen ist, wenn Patienten, die lange dem Terror dieser Angst ausgesetzt waren, nach gelungener Therapie in der Lage sind, ihr Leben jetzt anders angehen zu können. Viele können sich erstmals aus ihren Familienkonstellationen und ihrem eingeschränkten Blickfeld lösen und ein ganz anderes Lebensgefühl erfahren.
Das stimmt, wobei ich die Erfahrung gemacht habe, dass wir mit den Patienten in den meisten Fällen gemeinsam die Geschichte rekonstruieren oder zumindest zu einer Hypothese gelangen können, die mit ihren Angstzuständen in Zusammenhang steht. In diesem Zusammenhang betone ich die Rückfallgefahr. Die meisten der Patienten werden irgendwann einen Rückfall erleben, wobei sich die Angst dann oft auch durch eine völlig andere Symptomatik manifestieren kann. Wurden die Angstzustände zum Beispiel bisher immer von kardialen Symptomen und der Angst vor einem Herzinfarkt begleitet, kann ein Rückfall mit ungewohnt starken Kopfschmerzen einhergehen, so dass der Patient überzeugt ist, an einem Hirntumor zu leiden, oder es kommt zu Bauchschmerzen mit Durchfällen und ähnliches.
Für das therapeutische Vorgehen spielt es keine grosse Rolle, ob ein realer Hintergrund existiert oder nicht. Wenn er aber real ist - beispielsweise bei einem Krebskranken, der nur noch kurze Zeit zu leben hat - dann werde ich mit ihm erarbeiten, welche Aufgaben noch auf ihn warten, was noch zu erledigen ist und mit wem er sich noch versöhnen sollte.
Ich gebe Patienten, die Angst haben, unter einer schweren somatischen Erkrankung zu leiden (Herzinfarkt, Hirntumor o.ä.), zunächst gerne auch ein Benzodiazepin quasi als Diagnostikum. Denn verschwinden damit die Beschwerden, wissen wir beide, dass das Beruhigungsmittel grosse Befürchtungen lösen, jedoch die Krankheit nicht heilen kann. Das ist das Eine. Das Andere ist: Es ist mir lieber, ein Patient wagt einen Flug mit einem Benzo statt nie ein Flugzeug zu besteigen und so in seinem Vermeidungsverhalten zu verharren. So gesehen sind Benzodiazepine richtig eingesetzt wertvolle Medikamente. Allerdings müssen wir uns immer darüber klar sein, dass sie nicht die Lösung sind, sondern nur den Übergang zu einem therapeutischen Prozess erleichtern.
Es sind weniger unterschiedliche Therapieansätze als unterschiedliche Herangehensweisen, denn Angstpatienten kommen ja zunächst wegen ihrer physischen Symptome in die Praxis und zeigen mir damit: mir fehlt es am Herzen oder im Bauch, aber nicht in der Seele. Ich bin immer der Meinung, dass wir Psychosomatiker die besten Lieferanten für Psychiater sind, weil wir die Verbindung zwischen den körperlichen Symptomen und den psychischen Ursachen knüpfen und den Patienten damit aufzeigen, dass ihre Krankheit funktionell und nicht organisch bedingt ist. Und wenn unsere Patienten das verstanden haben und bereit sind, einen Schritt weiter zu gehen, sind sie beim Psychiater oder Psychotherapeuten gut aufgehoben.
Essenziell ist darüber hinaus: Der Hausarzt muss sich für diese Patienten Zeit nehmen, denn es ist wichtig, ihre Geschichte, berufliche und Familienzusammenhänge vor dem Hintergrund ihrer Angststörungen kennenzulernen. Macht man das nicht, besteht die Gefahr, dass daraus «Zukurztherapien» resultieren, das heisst, der Patient wird lediglich rein symptomatisch behandelt, ohne dass die Hintergründe seiner Beschwerden geklärt werden. Damit wird er jedoch langfristig nicht zufrieden sein und den Arzt wechseln. Gelingt es aber, die persönliche Geschichte des Patienten zu verstehen, die Zusammenhänge aufzuzeigen und Vertrauen aufzubauen, ist der Patient auch in der Lage, sich zu öffnen und über seine Probleme mit Arbeit, Familie oder Ehe, Drogen oder Alkohol etc. zu sprechen. Das braucht zwar Zeit, hilft jedoch, seine Beschwerden richtig einzuordnen.
Formen von Angststörungen
Der Begriff Angststörung bezeichnet eine Gruppe von psychischen Störungen, bei denen Angstsymptome ohne äusserliche Bedrohung auftreten. Diese Angstsymptome können körperlicher (Herzrasen, Schweissausbruch etc.) und psychischer Natur sein (Katastrophendenken, Vermeidungsverhalten wie Weigerung, vor die Tür zu gehen etc.). Eine Angststörung kann sich in unterschiedlichen Formen zeigen:
- Generalisierte Angststörung: Für Menschen mit einer generalisierten Angststörung sind Sorgen und Ängste ständige Begleiter. Oft haben diese Ängste keinen konkreten Anlass (diffuse Sorgen, Ängste und allgemeine Nervosität).
 - Zwangsstörung: Eine Zwangsstörung ist durch Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen charakterisiert. Die Betroffenen reagieren beispielsweise angespannt und ängstlich, wenn sie daran gehindert werden, bestimmte Rituale auszuführen.
 - Phobie: Menschen mit einer Phobie haben übermässig Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten. Dabei wissen die meisten Betroffenen, dass ihre Ängste eigentlich unbegründet sind. Dennoch lösen die entsprechenden Schlüsselreize teils heftige Angstreaktionen aus.
 - Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Eine Posttraumatische Belastungsstörung (engl.: Post-traumatic Stress Disorder, PTSD) entsteht infolge eines extrem belastenden oder bedrohlichen Erlebnisses (Trauma).
 - Panikstörung: Eine Panikstörung kommt bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Die Betroffenen haben wiederholt massive Angstattacken mit heftigen körperlichen und psychischen Symptomen.
 
Nicht jede Phobie muss behandelt werden. Wenn Ihre Angststörung aber Ihre Lebensqualität einschränkt, sollte Sie eine Therapie machen.
Auswirkungen unbehandelter Ängstlichkeit
Auch wenn Ängste zunächst nur als eine emotionale oder mentale Herausforderung erscheinen, können die Folgen einer unbehandelten Angst erhebliche Auswirkungen auf das Leben eines Menschen haben.
- Auswirkungen auf persönliche Beziehungen: Ängste wirken sich nicht nur auf den Einzelnen aus, sondern können auch auf Beziehungen übergreifen und zu Missverständnissen und Spannungen führen.
 - Auswirkungen auf die berufliche und schulische Leistung: Am Arbeitsplatz oder im Klassenzimmer muss man sich konzentrieren, was durch Ängste stark beeinträchtigt werden kann.
 - Folgen für die körperliche Gesundheit: Die Verbindung zwischen Geist und Körper ist sehr stark. Chronische Angst kann sich körperlich in Form von Kopfschmerzen, Magenproblemen oder Schlaflosigkeit äußern.
 
tags: #Kopfschmerzen #Angststörung #Ursachen #Symptome #Behandlung