Psychische Störungen spielen im deutschen Jugendhilfekontext qua Definition in den Eingliederungs- (§ 35a SGB VIII), aber auch in den Erziehungshilfen eine relevante Rolle als Teil komplexer Problemlagen. Sozialpädagog*innen sind dabei unweigerlich mit psychischen Krisen im Alltag konfrontiert. Entsprechende Bedarfe gehen mit der Notwendigkeit einer herausfordernden Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendhilfe (KJH) und Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie (KJPP) einher. Auf enge Zuständigkeitsgrenzen und mangelhafte Kooperation folgen nicht selten ein „Ruf nach Therapie“ und im Weiteren Kaskaden der Weiterreichung der Betroffenen innerhalb und zwischen den Systemen. Im Zuständigkeitsschnittpunkt von Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie lässt sich so ein Teil der Probleme verorten, die unter den Chiffren „Systeme sprengen“ oder „Hard-to-reach“ bekannt sind.
Der Beitrag widmet sich der Frage, welche zentralen Bedingungskonstellationen in diesen spezifischen Problemkontexten zwischen psychischen und sozialen Bewältigungslagen auf welche Weise einen Beitrag zur Nutzung oder zum Abbruch von Angeboten der Jugendhilfe im Grenzbereich zur Jugendpsychiatrie leisten. Zunächst wird ein kurzer Überblick über die Studienlage zum Schnittpunkt Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie gegeben, bevor anschließend eine Interviewstudie mit ehemaligen Nutzer*innen vorgestellt wird, aus deren Material die Frage nach nutzungs- oder abbruchsrelevanten Kategorien bearbeitet werden soll. Anschließend werden Bedingungskonstellationen entlang der unterschiedlichen Nutzungsverhältnisse von Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie und die Rolle der Kooperationswahrnehmung durch die Betroffenen vorgestellt.
Kooperation zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie
Der Fokus der Auseinandersetzung des hier betrachteten Schnittpunkts liegt seit langem in der Frage nach gelingender Kooperation. Diese wird u. a. mit positiven Auswirkungen für die Problembetroffenen verbunden, wie der Verringerung klinisch-psychiatrischer Symptome und der Krankenhaustage. Weitere Studien ohne Fokus auf die Kooperationsgestaltung berichten für unterschiedliche Hilfen zur Erziehung von positiven Wirkungen hinsichtlich der Verringerung psychiatrisch relevanter Symptome, wobei diesbezüglich positive Outcomes positiv mit einer therapeutischen Orientierung innerhalb der Maßnahme korrelieren. Gleichzeitig lassen sich gute Outcomes hinsichtlich des symptomatischen Verlaufs auch für Jugendhilfeangebote ohne zusätzliche interne oder kooperative therapeutische Maßnahmen feststellen. Symptombezogene Wirkungen scheinen also nicht nur über gelingende Kooperation zustande zu kommen.
Bezüglich der Frage nach relevanten Faktoren für gelingende Kooperation erscheinen die Studien von Groen und Jörns-Presentati (2014 und 2018) sowie von Müller-Luzi und Schmid (2017) instruktiv: Zusammengefasst werden dabei Aspekte wie die gegenseitige Kenntnis der jeweiligen Problemperspektive und Aufträge, der Wille zu Kooperation, „persönliche Kontaktgestaltung“ und konkrete Rahmenbedingungen für Kooperationen sowie gemeinsame Orte des Austausches verbunden mit der gegenseitigen Haltung der professionellen Akteur*innen als bedeutsame Faktoren genannt. Groen und Jörns-Presentati (2018) konnten zeigen, dass institutionalisierte Kooperationen u. a. Bütow und Gries (2013) wiederum beschäftigten sich mit dem Umgang Professioneller mit psychiatrisch relevanten Krisen und identifizierten zwei Umgangstypologien hinsichtlich der „Grenzbearbeitung“ zur KJPP: Im ersten Typus wird die Psychiatrie als letzte Instanz konstruiert, „wenn die pädagogischen Maßnahmen erschöpft sind“. Dieser Übergang geht dann mit einem endgültigen Abbruch der Jugendhilfemaßnahme einher. Der zweite Typus wird durch spezifische Aufgabenteilung markiert, der lediglich zu temporären Systemwechseln in Krisenfällen führt. Dabei bleibt die sozialpädagogische Hilfe erhalten.
Darüber hinaus sind Studien zur Kenntnis zu nehmen, die sich mit Wirkungen und Bedingungen der Jugendhilfe in therapeutischen Wohngruppen, also mit Angeboten für ähnliche bio-psycho-soziale Problemlagen, auseinandersetzen. Kurz zusammengefasst gibt der bisherige Forschungsstand Hinweise auf notwendige Bedingungen für gelingende Kooperationsprozesse zwischen beiden Systemen als Beitrag zu gelingenderen Verläufen und zeigt die mögliche Relevanz sozialpädagogischer Hilfen in derartigen Problemlagen. Die Perspektive der Adressierten, die sich die Angebote als „produktiv realitätsverarbeitende“ Subjekte aneignen müssen, blieb für die konkrete Kooperationssituation trotz der dargelegten Relevanz mehrfacher Abbrüche unterbelichtet.
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Nutzer*innenforschung und Nutzenaspekte
Im Sinne sozialpädagogischer Nutzer*innenforschung arbeitete die ursprüngliche Studie die spezifischen Nutzenaspekte der Angebote beider Systeme aus Interviews zur Hilfebiografie ehemaliger Nutzer*innen heraus. Leitend war die Frage, wie Hilfebetroffene die unterschiedlichen Angebote jeweils für sich nutzen und inwiefern typische Nutzenaspekte der KJH-Angebote in Differenz zur KJPP erkennbar werden (und unter welchen Kontextbedingungen)? Nutzen meint dabei die „Gebrauchswerthaltigkeit professioneller Tätigkeit im Hinblick auf die produktive Auseinandersetzung mit den Anforderungen, die sich für die Nutzer aus den sich ihnen stellenden Aufgaben der Lebensführung ergeben“. Das Material umfasst elf von mehrfachen Brüchen gekennzeichnete Hilfeverläufe zwischen beiden Hilfesystemen. Die Teilnehmenden (4 m, 7 w) wurden mittels problemzentrierter Interviews retrospektiv zum biografischen Abschnitt ab der Phase vor dem ersten Dienstleistungskontakt bis zur Beendigung der Jugendhilfe und darüber hinaus befragt. Die psychische Symptomatik bewegt sich im Sample im „internalisierenden“ Bereich mit hohem subjektivem Leidensdruck. Konkret benannt wurden Kategorien wie depressive Episoden inklusive suizidaler Phasen, Essstörungen und stoffgebundene Abhängigkeiten, zuweilen in komorbider Verbindung. Im Bereich der psychosozialen Probleme spielten familiäre Konfliktdynamiken und traumatische Bedingungen des Aufwachsens wie Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch eine zentrale Rolle.
Nutzungsverhältnisse und Kooperationsgestaltung
Nutzer*innen bewegen sich parallel oder sequenziell zwischen den Angeboten beider Systeme, wobei jeweils unterschiedliche Herausforderungen für gelingende Gesamtarrangements rekonstruierbar sind. Darüber hinaus spielt in allen Nutzungsverhältnissen die Frage nach dem Erleben der konkreten Kooperationsgestaltung eine relevante Rolle für das Nutzungshandeln der Betroffenen. Die koproduktive Arbeit an der psycho-sozialen Situation nimmt je nach Fallkonstellation hinsichtlich der nutzenbezogenen Rollenzuweisungen unterschiedliche Gestalt an. Dabei hängen die Nutzungsmöglichkeiten von den institutionalisierten Angeboten und den räumlichen, zeitlichen und personellen Bedingungen ab. Parallele Nutzungsverhältnisse, also eine gewisse Gleichzeitigkeit der Arbeit an der „Verlaufskurve“ über Angebote beider Systeme, sind dabei bis zu einer gewissen Bearbeitungsgrenze (Krisenintensität als zentrale Bedingung) möglich.
Ein komplementäres Nutzungsverhältnis zeichnet aus, dass eine klare Fokussierung der „Arbeit am Psychischen“ und der „Arbeit am Sozialen“ über die Beschreibung der Nutzungsweisen deutlich wird. Eine Extremausprägung lässt sich im Fallverlauf von Jana finden. Die Arbeit an inneren Zuständen wurde in dieser Sequenz fast idealtypisch als Primat der psychotherapeutischen Hilfeseite beschrieben, ebenso wie das Arrangieren eines förderlichen Milieus sozialer Kontakte und alltagsbezogener Hilfen die sozialpädagogische Hilfeseite darstellte. Bei aller Kritikwürdigkeit fehlender Krisenkompetenzen in der Wohngruppe funktionierte dieses Arrangement der klaren Differenzierung zwischen der Arbeit am „Psychischen“ und am „Sozialen“ für Jana im Kontext einer ungewöhnlich aufwändigen Kooperation der Jugendhilfe und der Psychotherapeutin, die regelmäßig auch im Alltagsgeschehen präsent ist, hinreichend gut. Beide Hilfeseiten haben für Jana einen spezifischen Gebrauchswert, grundsätzlich ermöglicht durch eine Passung der subjektiven Relevanzen der Alltags- und Symptombewältigung in als vertrauensvoll beschriebenen Beziehungen zu den Fachkräften.
Weniger deutlich zeigt sich die Trennung der Arbeitsebenen in allen anderen Fallverläufen. Hier fallen vielmehr Überschneidungen im koproduktiven Handeln auf, wenngleich immer noch ein Fokus auf „innen“ (KJPP) und „außen“ (KJH) nachvollziehbar bleibt. So wird die Arbeit am inneren Geschehen auch im sozialpädagogischen Kontext in Verbindung mit konkreten Situationen im Alltag beschrieben, in denen die begleitete Situation im Modus der Beratung zur Klärung innerer Prozesse genutzt wird. Fehlende Möglichkeiten der Arbeit an inneren Themen im sozialpädagogischen Kontext können dagegen mit Nichtnutzungs- oder (inneren) Abbruchprozessen einhergehen, sofern diese nicht durch eine übergreifende Kooperationsgestaltung (wie bei Jana) kompensiert werden können.
Beschrieben wurde bislang eine Verhältnissetzung, die als mehr oder weniger klare Trennung der „Arbeitsebenen“ zwischen den Angeboten der KJH und der KJPP beschreibbar ist. Für den Jugendhilfekontext spielten dabei edukative, begleitende, vernetzende Aspekte eine ebenso wichtige Rolle wie die Bearbeitung innerer Themen, sobald diese situativ für die Nutzer*innen relevant wurden. Darüber hinaus lässt sich ein symmetrisches Nutzungsverhältnis rekonstruieren, bei dem keine Unterschiede im Nutzungsfokus der psychotherapeutischen und sozialpädagogischen Hilfen erkennbar wurden.
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Dissoziative Störungen
Dissoziative Störungen wurden früher als Konversionsstörungen bezeichnet. Damit sollte die ursprüngliche psychoanalytische Annahme, dass sich ein emotionaler Konflikt in einem körperlichen Symptom ausdrückt (konvertiert), dargestellt werden. Die Häufigkeit der dissoziativen Störungen hat über die letzten Jahre abgenommen. Unter den kinder-und jugendpsychiatrischen Patienten machen sie etwa 1 - 2 % der Patienten aus. Das typische Manifestationsalter liegt im Jugend- bzw. im frühen Erwachsenenalter. Mädchen sind etwa drei Mal so oft von dissoziativen Störungen betroffen wie Jungen. Die meisten dissoziativen Störungen dauern nur kurz, das heisst Wochen oder Monate.
Die dissoziativen Störungen lassen sich bezüglich ihrer Genese mittels des Stress-Vulnerabilitäts-Modells verstehen. Gemeinsam ist allen Ausprägungen dissoziativer Symptome, dass sie gleichsam als Reaktion auf massive und unerwartete Traumatisierungen entstehen. Sowohl bei dissoziativen Amnesien als auch bei der dissoziativen Fugue oder den dissoziativen Identitätsstörungen lassen sich im Vorfeld der Störungen massive Stressexpositionen bei den Patienten feststellen wie z.B. Misshandlungen, Kriegserlebnisse, Beziehungskonflikte oder andere scheinbar unlösbare Konfliktsituationen.
Dissoziative Reaktionen können daher als Verhaltensweisen gedeutet werden, in denen die Psyche sich vor im Moment scheinbar unlösbaren Problemen flüchtet, indem sie jene Teile des Bewusstseins, die diesem Problem exponiert sind von der übrigen Identität abspaltet, um dem Individuum einen Raum zur Reorganisation und Traumabewältigung zu geben. Die generelle Bereitschaft eines Individuums, auf externe Reize mit dissoziativen Störungen zu reagieren, ist von mehreren Faktoren abhängig. In diesem Zusammenhang muss als besonderer Risikofaktor bei der Entstehung von dissoziativen Störungen die frühkindliche Traumatisierung genannt werden. Hierbei steht die dissoziative Identitätsstörung im Vordergrund. Im ICD 10 wird für alle dissoziativen Störungen ein zeitlicher Zusammenhang mit Belastungen, Problemen oder Bedürfnissen gefordert.
Die Diagnose einer dissoziativen Störung darf nur gestellt werden, wenn eine körperliche Ätiologie oder ein Substanzmissbrauch als Ursache für die Störung ausgeschlossen worden sind. Den Betroffen fehlt ganz oder teilweise die Erinnerung an wichtige, aktuelle Ereignisse. Es handelt sich meistens um belastende oder traumatische Ereignisse, wie Unfälle oder Gewalt.
Nach Prof. Dr. A. Es handelt sich beim Depersonalisations-Derealisationssyndrom (DDS) um eine relativ häufige seelische Erkrankung im Jugend- und jungen Erwachsenenalter, die jedoch nur selten diagnostiziert wird. Oft beginnt die Depersonalisations-Derealisationsstörung nach einem Angstanfall, einer körperlichen Erkrankung oder der Einnahme von Drogen wie z.B. Cannabis. Während einer Depersonalisation ist die Selbstwahrnehmung verändert. Die betroffene Person fühlt sich in ihrem eigenen Körper fremd oder fühlt sich von ihrem Selbst losgelöst und beobachtet sich von aussen. In diesem Zustand empfindet sie keine emotionalen Reaktionen und hat das Gefühl, ihre Handlungen nicht vollständig kontrollieren zu können.
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Bei einer Derealisation wird die Umwelt als unwirklich, fremd oder verändert wahrgenommen. Eine vorübergehende Depersonalisation oder Derealisation kommt auch bei Gesunden vor, aber auch bei anderen psychischen Störungen sind diese Symptome häufig anzutreffen. Hierbei handelt es sich um eine schwere Form der dissoziativen Störung. Es treten verschiedene voneinander abgetrennte Zustände der Persönlichkeit auf, die jeweils eigene Gefühle, Charaktereigenschaften, Vorleiben und Erinnerungen haben. Die unterschiedlichen Persönlichkeitszustände treten im Wechsel auf und wissen meist nichts von den anderen Anteilen. Es kann aber auch vorkommen, dass die verschiedenen Persönlichkeitszustände nur teilweise dissoziiert sind.
Die dissoziative Identitätsstörung beginnt oft schon in der Kindheit. Meist leiden die Betroffenen gleichzeitig an anderen psychischen Störungen, wie Depressionen oder Essstörungen. Bei einer dissoziativen Fugue (Flucht) verlässt der Betroffene unerwartet seinen gewohnten Lebensbereich, etwa sein Zuhause oder seinen Arbeitsplatz und begibt sich an einen anderen Ort. Der Betroffene wirkt nach aussen hin normal und kann sich weiter selbst versorgen. Während der Fugue kann er sich ganz oder teilweise nicht mehr an seine Vergangenheit und seine eigene Identität erinnern. In manchen Fällen nehmen die Betroffenen auch eine neue Identität an, die sich von der eigentlichen Persönlichkeit unterscheiden kann. Der Fugue-Zustand kann wenige Stunden aber auch bis zu mehreren Monaten anhalten.
Diese Form ist dadurch gekennzeichnet, dass eine beträchtliche Verringerung bis hin zur völligen Unfähigkeit vorliegt, willkürliche Bewegungen auszuführen. Es kann auch zu einem Fehlen von reflektorischen Reaktionen auf visuelle, auditorische oder taktile Reize kommen. Die Betroffenen sind vollkommen in einer Körperhaltung erstarrt, sprechen nicht, reagieren nicht auf Ansprechen, essen und trinken nicht. In diesem Zustand kann man keinen Kontakt mit ihnen aufnehmen. Es kommt zu einem teilweisen oder vollständigen Verlust der Bewegungsfähigkeit bei einer oder mehreren Gliedmassen. Begleitet häufig von eingeschränkter Sprechfähigkeit oder Störungen bei der Koordination von Bewegungen. Zittern, Verkrampfungen, Muskelzuckungen, Gangstörungen, Parkinson-ähnliche Symptome oder die Unfähigkeit alleine zu stehen, können ebenfalls vorhanden sein.
Bei diesem Störungsbild gehen die sensorischen Empfindungen teilweise oder ganz verloren. Die Empfindung der Haut kann an bestimmten Stellen, einem bestimmten Körperteil oder am ganzen Körper fehlen. Bei der dissoziativen Trance verändert sich vorübergehend das Bewusstsein. Das Gefühl der persönlichen Identität geht verloren. Gleichzeitig ist das Bewusstsein auf die unmittelbare Umgebung oder auf bestimmte Reize in der Umgebung eingeengt. Bei der Besessenheits-Trance nimmt der Betroffene für einen begrenzten Zeitraum eine neue Identität an, die einem Geist oder einem Gott zugeschrieben wird. Es treten Krampfanfälle auf, die einem epileptischen Anfall ähneln. Ein Bewusstseinsverlust besteht jedoch nicht.
Sehr häufig werden dissoziative Störungen nicht erkannt oder falsch diagnostiziert. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass die Symptome oft mit anderen Störungen in Verbindung gebracht werden, zum Beispiel mit neurologischen Erkrankungen oder Persönlichkeitsstörungen. Wichtige Anhaltspunkte für eine dissoziative Störung erhält man sowohl aus dem Gespräch mit dem Patienten wie aus dem Verhalten des Patienten während des Gesprächs. Typischerweise berichtet der Patient über Gedächtnislücken oder erzählt, dass er immer wieder an Orten ist, ohne zu wissen, wie er dort hingekommen ist. Im Gesprächsverlauf kann auffallen, dass der Patient oft den Faden verliert oder sein Verhalten plötzlich und auffällig wechselt. Ebenfalls sind die von den Patienten angegebenen Beschwerden oft diskordant mit den anatomischen Gegebenheiten.
Wichtig sind bei der Anamnese Fragen zur aktuellen Lebenssituation und nach psychischen Problemen oder Erkrankungen in der Vergangenheit. So kann versucht werden zu eruieren, ob es in der Vergangenheit ein Trauma, einen schwerwiegenden Konflikt oder eine starke Belastungssituation gegeben hat. Grundvoraussetzung ist selbstverständlich, dass organische Erkrankungen, die ähnliche Symptome auslösen können, abgeklärt werden. Sollten sich schon zu Beginn Zweifel an einer organischen Ursache ergeben, z.B.
Eine multimodale Behandlung aus Psychotherapie, medikamentöser Therapie und einem weiteren Verfahren (Kunst-, Bewegungs- oder Musiktherapie) ist die erste Wahl. Der Einbezug des Familiensystems bei Kinder-und Jugendlichen ist unabdingbar. Eine medikamentöse Behandlung kann in manchen Fällen sinnvoll sein. Spezielle Medikamente für dissoziative Erkrankungen sind nicht vorhanden. Antidepressiva können bei depressiver Symptomatik oder der posttraumatischen Belastungsstörung eine wertvolle Unterstützung sein.
Dissoziative Störungen stellen eine sehr heterogene Gruppe psychiatrischer Erkrankungen dar. Ein einheitliches und allen Fragestellungen genügendes Erklärungsmodell zur Krankheitsentstehung gib es jedoch nicht.
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