Impfungen und Autismus: Gibt es einen Zusammenhang?

Die Frage, ob Impfungen Autismus verursachen können, ist ein Thema, das immer wieder für Diskussionen sorgt. Insbesondere die Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR) stand im Verdacht, in seltenen Fällen eine chronische Darmentzündung in Verbindung mit einer bestimmten Form von Autismus auszulösen.

Die widerlegte Studie von Andrew Wakefield

Anlass zu dieser Diskussion gab eine Studie aus dem Jahr 1998, die inzwischen in zahlreichen Studien widerlegt wurde und selbst im Journal, das sie publizierte, zurückgezogen wurde. Studienautor Andrew Wakefield disqualifizierte «The Lancet» die Studienergebnisse in der Folge als «grundfalsch» und bezichtigte Studienautor Andrew Wakefield der arglistigen Täuschung. Die britische Ärztekammer sprach ein Berufsverbot gegen Wakefield aus und verurteilte seine Handlungsweise aufs Schärfste: Er habe «unethische Forschungsmethoden» angewendet und seine Ergebnisse in «unehrlicher» und «unverantwortlicher» Weise präsentiert.

Kein wissenschaftlicher Beweis für einen Zusammenhang

Fakt ist: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus-Spektrum-Erkrankungen. Die MMR-Impfung steht nicht im Zusammenhang mit Autismus. Zahlreiche verfügbare Studien konnten keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl erhaltener Impfungen im Kleinkindesalter oder der MMR-Impfung und Autismus herstellen.

Es wurde gezeigt, dass das Risiko für entzündliche Darmerkrankungen oder regressiven Autismus bei MMR-geimpften Kindern nicht grösser war als bei nicht geimpften.

Auch ich habe einige Studien durchgeführt und insbesondere bin ich den zentralen Gegenargumenten der Impfgegner nachgegangen.

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Trotz klarer wissenschaftlicher Datenlage befürchteten seither Eltern, dass Impfstoffe Autismus bei Kleinkindern auslösen. Die Folge: Mitte der Neunziger Jahren war dank der «Herdenimmunität» von 92-95% die Masernerkrankung nahezu verschwunden. Heute sterben weltweit wieder an die 100'000 Kinder an einer Maserninfektion.

Epidemiologische Studien zum Thema Autismus

Die uns vorliegenden Daten stammen hauptsächlich aus Prävalenzstudien. Die Prävalenzzahlen stammen aus Querschnittsuntersuchungen, die uns ein sehr statisches Bild einer Krankheit zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort vermitteln. Dies erlaubt es nicht, Hypothesen über eine veränderte Häufigkeit von Autismus wirklich zu testen - d.h. die Hypothese einer «Epidemie» zu bestätigen oder zu widerlegen.

Es ist nach wie vor möglich, dass es eine reale Zunahme gibt. Dann stünde aber auch die Hypothese im Raum, dass Umweltrisikofaktoren an der Ätiologie des Autismus beteiligt sind. Bis heute haben wir darüber aber keine wirklich fundierten Erkenntnisse.

In den letzten zehn Jahren gab es viele vorläufige Studien über Umweltfaktoren und Neurotoxizität, mütterlichen Immunerkrankungen, über Vitaminmangel während der Schwangerschaft oder pränatale Medikation.

Es gab auch viele Hypothesen, die endgültig eliminiert wurden, wie die Rolle der Persönlichkeit von Müttern oder die Rolle von Impfungen im frühen Kindesalter.

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Faktoren, die die Prävalenzzahlen beeinflussen

Tatsache ist, dass die Prävalenz der Autismus-Spektrum-Störungen in den letzten 50 Jahren zugenommen hat. Fakt ist aber auch, dass die Datenlage tatsächlich unterschiedlich ist.

In diesem Zusammenhang gilt es mehrere Faktoren zu beachten:

  • Zum einen haben wir die Definition von Autismus und deren Grenzen in den letzten 50 Jahren erweitert.
  • Dazu ist die Gesundheitsversorgung je nach Region verschieden, insbesondere auch die verfügbare Infrastruktur im Bereich Autismus.
  • Zugenommen hat aber auch unser Wissen über das Krankheitsbild, was uns aber auch die Öffentlichkeit sensibilisiert hat.

Wir haben also heute andere Rahmenbedingungen, was die Ergebnisse epidemiologischer Erhebungen beeinflusst und zu verschiedenen Interpretationen führt.

Die Ergebnisse von Studien sind nicht direkt miteinander vergleichbar, unabhängig davon, ob sie in verschiedenen Ländern oder zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt wurden.

Wir vergleichen also Birnen mit Äpfeln.

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Die Zunahme der Autismusdiagnosen in den 1990er Jahren

In den Neunzigerjahren stieg die Anzahl der Autismusdiagnosen bei Kindern stark an. Studien belegen das für Grossbritannien, die USA und Dänemark. In Grossbritannien blieb die Häufigkeit dieser Diagnose in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts stabil. Vor 1990 wurde Autismus nur bei wenigen Kindern diagnostiziert.

Zusammengenommen zeigen die publizierten Studienresultate, dass es in den Neunzigerjahren gleichzeitig in den USA, Grossbritannien und Dänemark einen dramatischen Anstieg der Anzahl von Kindern mit Autismusdiagnose gab. Zusätzlich lieferten sie äusserst überzeugende Evidenz, dass die MMR-Impfung nicht die Ursache dieses Anstiegs war.

Die Rolle genetischer Faktoren und Umwelteinflüsse

Wie Autismus genau entsteht, wird immer noch heiß diskutiert. Verschiedene Fachleute forschen hier mit unterschiedlichen Ansätzen. Was aber schon ausreichend belegt ist: Eine starke genetische Komponente und Auffälligkeiten im Gehirn spielen eine Rolle.

Studien haben gezeigt, dass der Anteil der genetischen Faktoren an der Entstehung von Autismus bei 80 bis 90 Prozent liegt.

Autismus: Ein Spektrum, viele Gesichter

Die verschiedenen Formen von Autismus - wie frühkindlicher Autismus, Atypischer Autismus und das Asperger-Syndrom - fassen wir heute unter dem Begriff Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) zusammen. Früher hat man diese Typen stärker voneinander unterschieden, aber das ist in den aktuellen Diagnosesystemen nicht mehr üblich.

Die Intensität der Symptome kann sehr unterschiedlich sein, doch eine genaue Trennung der Subtypen ist mit unserem heutigen Wissen kaum noch wissenschaftlich haltbar. Deshalb wird diese dreiteilige Aufteilung bald gar nicht mehr verwendet.

Herausforderungen im Alltag von Menschen mit Autismus

Leider ist unser System - also Schule und Job - oft nicht auf die Bedürfnisse und Herausforderungen von Menschen mit Autismus ausgelegt.

Es braucht dauerhafte Veränderungen im Umfeld der Betroffenen, um Menschen mit Autismus, die viel Unterstützung brauchen, gerecht zu werden und ihnen ein gutes Lernen zu ermöglichen. Genau hier wollen wir ansetzen!

Mythen über Autismus

Es gibt viele Mythen über Autismus, die nicht der Wahrheit entsprechen:

  • Mythos 1: Autisten haben auch immer ADHS.
  • Mythos 2: Impfschäden führen zu Autismus!
  • Mythos 3: Autisten haben kein sexuelles Interesse!
  • Mythos 4: Falsche Erziehung ist ein Auslöser für Autismus!

Behandlungsmöglichkeiten bei Autismus

Wichtig zu wissen: Nicht jeder Mensch mit Autismus braucht eine Behandlung. Aber wenn es zum Beispiel Schwierigkeiten in der Schule, im Job oder im Umgang mit anderen Menschen gibt, sollte man auf jeden Fall über Behandlungen nachdenken.

Eines muss aber klar sein: Autismus ist nicht heilbar.

Nach einem ausführlichen Erstgespräch mit deinem Therapeuten legen wir gemeinsam Therapieziele fest und besprechen, welche Maßnahmen und Anwendungen in den Therapien zum Einsatz kommen.

Wir als Therapeuten verstehen uns als Netzwerker und legen großen Wert darauf, das Umfeld unserer Patienten miteinzubeziehen. Das heißt, wir integrieren auch Ärzte, Lehrer oder andere Behandler in die Therapie.

Wir konzentrieren uns auf die Fähigkeiten und Stärken des Patienten und möchten das für dich subjektiv beste Ergebnis herausholen. Uns ist wichtig, wie die Diagnose deinen Alltag beeinflusst und welche konkreten Dinge du als besonders herausfordernd empfindest.

Wir arbeiten unter anderem auf Grundlage der TEACCH-Philosophie. TEACCH hat seine Wurzeln in verhaltenstherapeutischen Ansätzen, deshalb liegt der Schwerpunkt unserer Behandlung auch im Verhaltenstraining.

Ergotherapie bei Autismus

Es ist uns wichtig, dass unsere Patienten ihre Diagnose verstehen, egal welchen Alters oder welche Einschränkungen sie haben. Deshalb ist Psychoedukation - also die Aufklärung unserer Patienten über ihr Krankheitsbild - ein ganz wesentlicher Teil unserer Arbeit.

Wir möchten in unserer Behandlung Wege aufzeigen und Betroffene individuell dabei unterstützen, ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Partnerschaft, Sexualität & Autismus

Sexualität kann sich für Menschen mit Autismus als herausforderndes Erlebnis- und Betätigungsfeld gestalten. Entgegen dem Mythos, dass Personen mit ASS kein sexuelles Interesse haben, haben sie sehr wohl - genau wie Menschen ohne ASS - ein ganz individuelles Bedürfnis und Wünsche nach Sexualität.

Probleme innerhalb der Wahrnehmungsverarbeitung spielen hier natürlich mit rein, zum Beispiel wenn Berührungen als unangenehm oder sogar schmerzhaft empfunden werden.

Innerhalb unserer Ergotherapie haben Patienten den Raum, Themen im Bereich Sexualität zu besprechen und bei uns einen geschulten Ansprechpartner dazu zu finden.

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