In der Psychologie bezieht sich der Begriff Indikation auf die Angemessenheit und Notwendigkeit einer bestimmten Behandlung oder Intervention für eine bestimmte Person oder Gruppe unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Bedürfnisse, Symptome und Umstände.
Sinneswahrnehmung als Indikator
Mit sinnlicher Wahrnehmung verbunden sind die entsprechenden Sinnesfunktionen sowie die Wahrnehmungs- und kognitiven Verarbeitungsfunktionen.
Sehen
Sehen bezeichnet den Aufnahme- und Verarbeitungsprozess von visuellen Reizen, bei dem über das Auge und Gehirn eine Auswahl relevanter Informationen, die Erkennung von Elementen und deren Interpretation stattfindet. Auch ohne Einschränkung der Sehfunktionen kann die Verarbeitung von visuellen Reizen eingeschränkt oder nicht altersadäquat sein. Bei der Erkennung und Interpretation sowie bei der kognitiven Verarbeitung können Probleme auftreten. Medizinische Untersuchungen stellen Einschränkungen der Sehfunktionen fest. Vor allem berücksichtigen sie die Herabsetzung der Sehschärfe und die Einengung des Gesichtsfeldes.
Hören
Hören bezeichnet die Sinneswahrnehmung von Schall und umfasst die Schallaufnahme und -weiterleitung, die Umwandlung von Schall in neuronale Impulse sowie die Verarbeitung im Gehirn. Medizinische Untersuchungen stellen Einschränkungen der Hörfunktionen mittels Ton- und Sprachaudiogramms fest. Mitberücksichtigt werden dabei das Alter, in dem die Einschränkung der Hörfunktion eingetreten ist, und die Einschränkung des Spracherwerbs.
Schmerz
Schmerz ist eine subjektive Sinneswahrnehmung und kann nicht objektiv erfasst werden. In diesem Kontext ist Schmerz chronisch, der mit Unwohlsein, verminderter Leistungsfähigkeit und Verlust an Lebensqualität einhergeht. Physiologische Parameter z. B. Schmerzen wie z. B. Kopfschmerzen oder Migräne können das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit einschränken und sind deshalb von Bedeutung. Schmerz kann auch bei bestimmten Krankheiten und insbesondere bei Mehrfachbehinderungen auftreten. Indikatoren für Schmerz sind das Schmerzerleben wie Empfindungen, Emotionen und Kognitionen. Weitere Indikatoren sind das Schmerzverhalten wie Veränderung der Mimik, Gestik, Körperhaltung, willkürliche schmerzreduzierende Bewegungen, Vermeidungsverhalten, Klagen. Es gibt keine klaren Referenzkriterien dazu.
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Weitere sinnliche Wahrnehmungen
Orales Explorieren, Berühren, Riechen und Schmecken sind weitere sinnliche Wahrnehmungen, die insbesondere bei sehr jungen Kindern oder schwer mehrfachbehinderten Menschen für das Lernen und die Entwicklung bedeutend sind. In diesen Fällen kann auch b114 Funktionen der Orientierung (Orientierung zu Objekten, Orientierung zum Raum) eingeschränkt sein.
Indikation in der Paartherapie
Indikation: für Paare, welche sich besser kennen lernen möchten und Informationen suchen, wo und wie sie gezielt an ihrer Partnerschaft arbeiten können.
Diagnostik und Therapie
Die Diagnostik basiert auf Fragebögen sowie der systematischen Verhaltensbeobachtung des Kommunikationsstils des Paares. In diesen Trainings lernen Paare, ihre Kommunikation zu verbessern. Im Vordergrund stehen zwei Hauptaspekte: (1) das Erlernen von emotionaler Kommunikation (Mitteilung von eigenen Bedürfnissen, Gefühlen, Wünschen und Zielen) sowie (2) die Wahrung einer angemessenen Kommunikationskultur bei Konflikten und Streiten.
Bewältigungsorientierte Paartherapie
Die bewältigungsorientierte Paartherapie stellt eine neuere Entwicklung innerhalb der kognitiven Verhaltenstherapie dar, die von Prof. Dr. Guy Bodenmann, basierend auf jahrelanger Grundlagenforschung und klinischer Arbeit, entwickelt wurde. Paare lernen, konstruktiver mit Alltagsanforderungen in ihrer Beziehung umzugehen, ihrer Partnerschaft Raum und Zeit zu geben und sich als Partner mit Zuwendung und Aufmerksamkeit zu begegnen. Emotionale Kommunikation, respektvolle Begegnung und wechselseitige Unterstützung sind zentrale Behandlungsthemen.
Ablauf der Therapie
Zu Beginn der Therapie wird der Kommunikationsstil des Paars beobachtet und analysiert. In den Therapiestunden steht neben der Klärungsarbeit vor allem das praktische Einüben von neuen Partnerschaftsfertigkeiten (Kommunikation, Problemlösung, gegenseitige Unterstützung) im Vordergrund. Regelmässige Sitzungen alle zwei Wochen zu 2 x 50 Minuten. Die durchschnittliche Dauer einer Paartherapie liegt bei ca. 20 Sitzungen. Das Psychotherapeutische Zentrum mit Bereich Beratung und Therapie für Paare bietet zudem Präventionstrainings für Paare an (www.paarlife.ch).
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Die Rolle des Vertrauensarztes (VA)
Der Vertrauensarzt muss sich im Rahmen des KVG (wie auch des VVG) vor allem mit Fragen zu Dauer der Psychotherapie, Spitalbedürftigkeit und Indikation zur psychosomatischen Rehabilitation äussern.
KVG-Ärztliche Psychotherapie
Der behandelnde Psychiater kann während maximal 40 Sitzungen psychotherapeutische Abklärungen und Psychotherapie nach Methoden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist, durchführen, und zwar ohne Bericht an den Vertrauensarzt (VA). Modifikationen dieser drei Therapieformen, beispielsweise die Gestalttherapie, sind ebenso wirksam und können gleichermassen angewendet werden.
Dauer und Frequenz der Psychotherapie
Die Wirksamkeit der Psychotherapie hängt nicht nur von der Methode, sondern auch von der Dauer ihrer Anwendung ab. Psychotherapien, welche über Jahre in hoher Frequenz stattfinden, beispielsweise zweimal wöchentlich, müssen kritisch evaluiert werden. Voraussetzung für eine lang andauernde Psychotherapie mit hoher Sitzungsfrequenz ist das Vorliegen einer schweren psychischen Störung mit schweren, objektivierbaren Einschränkungen in allen Lebensbereichen. Gleichzeitig müssen die kognitiven Fähigkeiten für eine Mitwirkung gegeben sein. So lassen sich aufwändige ambulante Psychotherapien beispielsweise bei schweren Persönlichkeitsstörungen mit erheblichem selbstschädigendem Verhalten, nicht aber bei schweren Störungen mit kognitiver Beeinträchtigung rechtfertigen.
Zeitliche Begrenzungen der einzelnen Therapiesitzungen finden sich einzig im TARMED (Einzeltherapie Erstgespräch 90 Min., danach 75 Min; Paar-, Familien- und Gruppentherapie 105 Min. pro Sitzung).
Fortsetzung der Psychotherapie
Soll die Psychotherapie nach 40 Sitzungen zu Lasten der OKP fortgesetzt werden, prüft der VA Bericht und Vorschlag des behandelnden Psychiaters und beantragt dem Versicherer, ob und für welche Dauer bis zum nächsten Bericht die Therapie fortgesetzt werden kann. Ist der VA der Meinung, dass das angestrebte therapeutische Ziel durch die vorgeschlagene Art nicht erreicht werden kann, soll er den behandelnden Psychiater kontaktieren und verlangen, den Behandlungsplan näher zu begründen oder allenfalls einen modifizierten Behandlungsvorschlag zu unterbreiten. Kommt der VA zum Schluss, dass die Psychotherapie nicht der Behandlung einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung dient oder kein definiertes therapeutisches Ziel anstrebt (wie z.B.
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Als Leitlinie für die maximale Therapiefrequenz, welche die WZW-Kriterien erfüllt, kann die Regelung der KLV, wie sie vor dem 2007 in Kraft war, gelten: Zwei Sitzungen pro Woche in den ersten drei, eine pro Woche in den folgenden drei Jahren, anschliessend noch eine alle zwei Wochen. Je fokussierter und klarer ein psychisches Problem umschrieben ist, desto kürzer ist in der Regel die Dauer der Therapie. Je mehr Persönlichkeitsanteile von der psychischen Störung betroffen sind, desto mehr ist von einer langen Dauer der Therapie auszugehen.
IPPB (integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung)
Der grosse Anteil der psychiatrischen ambulanten Behandlungen fällt nicht unter die KLV, da es sich dabei um eine IPPB handelt. Im Vordergrund stehen psychiatrische Langzeitbehandlungen bei Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen oder affektiven Störungen. Die Indikation zur IPPB wird durch den behandelnden Psychiater gestellt. Die IPPB erfolgt nach den üblichen WZW-Kriterien. Der behandelnde Psychiater ist nicht gehalten, von sich aus dem VA zu berichten. Die Versicherung ist jedoch befugt, jederzeit einen Bericht zuhanden des VA zur Überprüfung der WZW-Kriterien (Art. 32 Abs.
Die Art der Behandlung kann sich im Verlauf ändern. So kann in der ersten Behandlungsphase einer Depression die Medikation von zentraler Bedeutung sein, während die psychotherapeutischen Gespräche im Hintergrund stehen. Dabei handelt es sich um eine IPPB. Nach Besserung der Symptomatik kann ein klares psychotherapeutisches Setting mit einer bestimmten Therapiemethode indiziert sein, worauf der Fall, sofern mehr als 40 ärztliche Sitzungen benötigt werden, gemeldet werden muss (Art.
Delegierte Psychotherapie
Delegierte Psychotherapie bedeutet, dass eine psychotherapeutische Behandlung oder der Anteil Psychotherapie im Rahmen einer IPBB vom Arzt an einen fachlich qualifizierten Psychotherapeuten (Art. 8 PsyG) delegiert wird. Gemäss der ständigen Rechtsprechung ist die delegierte Psychotherapie eine PL, wenn der Psychotherapeut in den Praxisräumen des Arztes unter dessen Aufsicht und Verantwortung arbeitet. Die kantonalen Gesundheitsdirektionen können diesbezügliche Regelungen erlassen.
Zu beachten ist ferner, dass die Leistung delegierbar sein muss, was grundsätzlich in der Entscheidung und Verantwortung des delegierenden Arztes liegt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Delegierbarkeit einer ärztlichen Leistung sind dem Psychologieberufe- (PsyG), dem Medizinalberufe- (MedBG) und dem Heilmittelgesetz (HMG) zu entnehmen. Neben der Psychotherapie ist auch das Verfassen von Anträgen zur Verlängerung der Therapien nach 40 Stunden eine delegierbare Tätigkeit. Die Berichte sind vom Arzt mit zu verfassen und zu unterzeichnen und sind somit rechtlich als vom Arzt erbrachte Leistungen zu definieren. Der delegierende Arzt ist dafür verantwortlich, dass die Psychotherapie den WZW-Anforderungen genügt.
Voraussetzung zu deren Erfüllung ist eine korrekte Tarifierung der delegierten Leistungen, die seit 01.01.2018 durch das Tarifcontrolling einer zusätzlichen Prüfung unterliegt. Vor- und Nachbereitung sowie Dokumentation psychotherapeutischer Sitzungen sind im Tarif bereits berücksichtigt und lassen sich weder als Leistung in Abwesenheit noch als verlängerte Konsultationszeit gesondert verrechnen. Delegierte Psychotherapie unterliegt immer den Bestimmungen von Art.
Die Kriterien zur Anerkennung resp. Abrechnungsberechtigung finden sich in der Vereinbarung über die Anerkennung von Sparten nach TARMED (Beilage G: "Anerkennung" delegierte Psychotherapie in der Arztpraxis). Demnach muss zusammengefasst der delegierende Arzt über die qualitative Dignität "Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie", "Psychiatrie und Psychotherapie" oder den "Fähigkeitsausweis delegierte Psychotherapie (FMPP)" verfügen. Die ausführenden Psychotherapeuten müssen über den entsprechenden eidgenössischen oder eidgenössisch anerkannten Weiterbildungstitel verfügen sowie die Berufspflichten erfüllen (Art. 8, 24, 27 PsyG). Die delegierte Psychotherapie wird pro Arzt auf maximal vier Therapeuten u/o hundert Wochenstunden beschränkt. Eine Liste mit den angestellten Psychotherapeuten wird nicht geführt.
Es handelt sich um eine ärztlich angeordnete Psychotherapie, die von einem selbständig, eigenverantwortlich tätigen eidgenössischen oder eidgenössisch anerkannten Psychotherapeuten (Art. 8, 24, 27 PsyG) ausgeführt wird. Da selbständig tätige Psychotherapeuten in der OKP nicht als Leistungserbringer zugelassen sind, handelt es sich nicht um eine PL. Auch hier gilt, dass es sich um eine Behandlung einer psychischen Krankheit handeln muss und dass anderseits Psychotherapien zum Zweck der Selbsterfahrung, Selbstverwirklichung, Persönlichkeitsreifung oder zu anderen nicht auf die Behandlung der psychischen Erkrankung gerichteten Zwecken übernommen werden. Besonderes gilt es dabei den Begriff der Persönlichkeitsreifung zu beachten. Obwohl Persönlichkeitsstörungen gelegentlich auch als „unreife“ Persönlichkeiten bezeichnet werden, stellt deren psychotherapeutische Behandlung keine Persönlichkeitsreifung dar. Der Begriff Persönlichkeitsreifung ist ausschliesslich der gesunden Persönlichkeit vorbehalten, welche im sozialen Kontext einer natürlichen Reifung unterliegt und keiner Therapie bedarf.
Psychiatrische Spitex
Wie bei der somatischen Krankenpflege werden zu Lasten der OKP auch Leistungen der psychiatrisch ambulanten Pflege übernommen. Voraussetzung sind ein psychischer Gesundheitsschaden mit Krankheitswert und dessen ärztliche Behandlung. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Massnahmen der Abklärung und Beratung beim und im Umfeld des Patienten und um Beratung des Patienten und gegebenenfalls weiteren Mitwirkenden im Umgang mit Krankheitssymptomen, Einnahme von Arzneimitteln und Vornahme der notwendigen Kontrollen. Darin enthalten sind das Umsetzen von ärztlichen Verordnungen (z. B. Kontrolle der Arzneimitteleinnahme) und der Umgang mit Krankheitssymptomen (z. B. Üben von Bewältigungsstrategien im Umgang mit Aggression, Angst, Wahnvorstellungen, Krisensituationen, Vermeidung von akuter Selbst- und Fremdgefährdung).
Die Massnahmen der ambulant psychiatrischen Pflege müssen in ein durch den behandelnden Arzt koordiniertes Behandlungskonzept eingebunden sein. Keine PL im Rahmen der psychiatrischen Spitex sind psychotherapeutische Behandlungen (u.a.
Ergotherapie
Bei psychiatrischen Langzeitbehandlungen beziehungsweise bei schwer psychisch Kranken (z.B. Schizophrenie) ist Ergotherapie oft eine sinnvolle Ergänzung zur Behandlung beim Arzt. Ungeachtet der Behandlungsdauer steht das Rehabilitationsziel im Zentrum der psychiatrischen Ergotherapie. Dieses Ziel muss einleuchtend beschrieben und messbar sein. Verlängerungsgesuche zuhanden des VA müssen zwingend ein rehabilitatives Ziel darlegen und die Methode beschreiben, mit welcher dieses Ziel innert einer festzulegenden Frist erreicht werden kann.
Ergotherapie ist kein Beziehungsersatz im Alltag und das blosse Verhindern einer Zustandsverschlechterung stellt kein Therapieziel dar. Letztlich ist anzufügen, dass Dauer und Frequenz ergotherapeutischer Sitzungen grundsätzlich keinen Bezug zur Schwere der psychischen Störung aufweisen. Erreicht die Schwere einer psychischen Störung einen Grad, bei welchem eine therapeutische Mitwirkung nicht mehr gelingt, ist die Ergotherapie zugunsten einer Massnahme zu beenden, welche der Situation Betroffener gerecht wird (z. B.
Tageskliniken
Tageskliniken entsprechen einem modernen Behandlungskonzept, vereinbaren sie doch eine umfassende psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung mit dem Verbleiben im eigenen sozialen Umfeld. Der Transfer von erlernten therapeutischen Fertigkeiten in die Alltagsroutine ist im tagesklinischen Setting unmittelbar möglich und überprüfbar. Alle psychischen Störungen, die auf eine ambulante Behandlung nicht oder nur ungenügend angesprochen haben, können als Indikation für eine tagesklinische Behandlung gelten. Bedingung ist, dass der Patient eine Wohnmöglichkeit hat und bei Exazerbation der psychischen Störung die Möglichkeit der Verlegung in ein Kriseninterventionszentrum (stationär) oder eine psychiatrische Klinik besteht.
Gemäss Schätzungen könnten mittel- bis langfristig 20%-30% der stationär behandelten Patienten bei vergleichbarem psychopathologischem Outcome (effektivitätsäquivalent) und besserem sozialen Funktionsniveau (Patienten können in ihrem Beziehungsumfeld bleiben) von einer akutpsychiatrischen tagesklinischen Behandlung profitieren, dies bei gleicher Patientenzufriedenheit. Heute ist je nach Konzept eine Behandlungsdauer von zwei bis drei Monaten üblich. Schweregrad der psychischen Störung lässt keine ambulante bzw.
Stationäre psychiatrische Behandlung
Vor oder bei Klinikeintritt muss ein Kostengutsprachegesuch mit der vorläufigen Diagnose nach ICD 10 (zweistellig) eingereicht werden. Der Versicherer befindet über das Gesuch und empfiehlt Kostengutsprache für 30 bis 90 Tage. Soll die stationäre psychiatrische Behandlung verlängert werden, ist vor Ablauf der Kostengutsprache vom verantwortlichen Facharzt ein Verlängerungsgesuch an den VA des Versicherers einzureichen.
Akutspitalbedürftigkeit liegt vor, (i) solange von einer laufenden stationären Behandlung noch eine wesentliche Verbesserung erwartet werden kann und (ii) gleichzeitig von einer teilstationären oder ambulanten Behandlung einer wesentliche Verschlechterung erwartet werden muss. Der Aufenthalt im Akutspital darf daheraber nur so lange durchgeführt werden, wie er vom Behandlungszweck her notwendig ist. Sind die Voraussetzungen für die Spitalbedürftigkeit nicht mehr erfüllt, gelten gemäss Art. 50 KVG die Tarifverträge mit Pflegeheimen.
In den letzten Jahren wurden im Rahmen des Bettenabbaus die meisten Langzeit- bzw. Pflegeabteilungen der psychiatrischen Kliniken geschlossen. Das führt oft dazu, dass Patienten, die einer stationären Langzeitbehandlung bedürfen, auf Akutstationen behandelt werden, obwohl das von ihrem Zustand her nicht zwingend nötig wäre (Spitalbedürftigkeit nicht mehr ausgewiesen); ambulant oder tagesklinisch können diese aber auch nicht behandelt werden. Wenn im Rahmen der kantonalen Versorgungsplanung keine stationären Einheiten für die Versorgung psychiatrischer Langzeitpatienten vorgesehen werden, können die daraus entstehenden Mehrkosten nicht dem Kostenträger im Rahmen der OKP angelastet werden. Sie müssen somit letztlich dem einzelnen Patienten oder dem Gemeinwesen belastet werden.
Psychosomatik
Die Grundidee der Psychosomatik lag darin, den Wechselwirkungen zwischen sozialen, seelischen und körperlichen Faktoren (bio-psycho-soziales Krankheitsmodell) besondere Beachtung zu schenken. Psychosomatische Störungen sind demnach in erster Linie als psychische Störungen zu verstehen, die mit besonderer Häufigkeit körperliche Beschwerden hervorrufen wie beispielsweise somatoforme Störungen oder andere Störungen aus dem neurotischen Formenkreis (ICD-10 - F 4). Körperliche Manifestationen treten gehäuft auch bei affektiven Störungen (ICD-10 - F 3) und bei Persönlichkeitsstörungen (ICD-10 - F 6) auf. Daneben ist zu beachten, dass anfänglich psychisch Gesunde durch Krankheit ebenfalls eine psychische Störung entwickeln können (z.B. Depression oder Angststörungen nach Myokardinfarkt).
In der Schweiz existiert mittlerweile eine Vielzahl von Kliniken, die sich auf die Behandlung psychosomatischer Krankheitsbilder spezialisiert haben. Dabei ist zwischen psychosomatischen Akut- und Rehabilitationskliniken zu unterscheiden. Während sich psychosomatische Akutkliniken durch ein eng umschriebenes Behandlungsangebot (z. B. Behandlung von Essstörungen) auszeichnen, bieten psychosomatische Rehabilitationskliniken eine Vielfalt von Behandlungen an. Da gleichzeitig eine zunehmende Zahl psychiatrischer Kliniken die Behandlung psychosomatischer Krankheitsbilder mit einschließt, stellt sich die Frage, ob Patienten mit psychosomatischen Leiden in psychiatrischen oder in psychosomatischen Kliniken zu behandeln sind.
Lassen sich psychische Störungen in ambulantem oder teilstationärem Setting nicht ausreichend behandeln, liegt eine Spitalbedürftigkeit vor(Stationäre psychiatrische Behandlung) und wird als Behandlungsziel einzig die Reduktion der Symptomlast (Symptom-Checkliste, SCL) definiert, ergeben sich keine Präferenzen für das eine oder andere stationäre Behandlungssetting. Sofern neben der Reduktion der Symptomlast auch eine erhöhte Funktionalität in Alltag und Beruf als vorrangiges Behandlungsziel definiert wird (Global Assessment of Functioning, GAF), liegt der Schwerpunkt der Behandlung in der Rehabilitation, womit einer psychosomatischen Klinik der Vorzug gegeben werden kann.
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