Im Gegensatz zur täglichen Unterhaltung folgt das Beratungsgespräch durch eine/n Berater/in im psychosozialen Bereich einer professionellen Routine. Das ist notwendig, um gemeinsam mit den Ratsuchenden erfolgreich an deren Themen zu arbeiten.
Die fünf Stufen der individualpsychologischen Beratung
In der Individualpsychologie von Alfred Adler werden Beratung und Therapie als Prozess mit mehreren Stufen betrachtet. Folgendes ist wichtig zu beachten: Die Stufen beschreiben den Inhalt und Ablauf des Beratungsprozesses während einer Sitzung. Im Praxisalltag sind sie nicht immer klar voneinander abzugrenzen.
Stufe 1: Beziehung herstellen
Die Beratungsperson arbeitet daran, eine vertrauensvolle Beziehung zum Gegenüber aufzubauen. Das geschieht unter anderem über einen offenen und unterstützenden Dialog. Ratsuchende werden emotional abgeholt - damit stellt die/der psychosoziale Berater/in sicher, dass eine gute und tragende Arbeitsatmosphäre entsteht. Empathie, Wertschätzung und Akzeptanz sind die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Beratung.
Stufe 2: Auftrag und Analyse
Jetzt geht es um den Auftrag: Welches Thema bringt die Person mit? Was erwartet sie von der Beratung und wie sieht ihre Lebenssituation aus? Meist unterstützt die Beratungsperson die Klient/innen dabei, das Hauptproblem und die Herausforderungen zu identifizieren. Hierbei kann es um berufliche Schwierigkeiten, zwischenmenschliche Beziehungen wie Paarbeziehung oder Freundschaften, oder andere Lebensbereiche gehen. Ein erster wichtiger Schritt besteht darin, eine umfassende Anamnese durchzuführen, um die Hintergründe zum Problem und die Ziele von Ratsuchenden zu verstehen.
Anders ausgedrückt: Es geht darum, die Person und ihre Lebensgeschichte aus individualpsychologischer Perspektive zu erfassen. Ebenso darum, das Problem im Kontext der lebensgestaltenden Ideen der Klientin, des Klienten und der individualpsychologischen Konzepte zu erkennen.
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Anschliessend legen individualpsychologische Berater/innen und Ratsuchende gemeinsam die Ziele für den Beratungsprozess fest. Sie dienen als Leitfaden für den weiteren Verlauf und müssen eindeutig formuliert und erreichbar sein.
Stufe 3: Interpretation
Mit der dritten Stufe erreichen Beratungsperson und Klient/in eine neue Ebene im Beratungsprozess. Eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung ist dafür notwendig. Interpretation heisst, dass die psychosoziale Beraterin / der psychosoziale Berater die bisherigen Informationen deuten und erklären. Die Beratungsperson bringt dabei ihr gesamtes Wissen über individualpsychologische Zusammenhänge und ihre Praxiserfahrung mit ein. Das Ziel ist, dass Klient/innen die eigenen unbewussten Muster und Zusammenhänge erkennen. Gleichzeitig soll die Beratungsperson die Gedanken und Gefühle der Ratsuchenden besser verstehen. Dafür braucht es eine offene, empathische und nicht-wertende Kommunikation sowie aktives Zuhören.
Um ein Überstülpen (Übertragung) von eigenen Ideen des Beraters / der Beraterin zu vermeiden, ist zwingend darauf zu achten, dass die Ratsuchenden die Muster und Gefühle in ihrem Leben in verschiedenen Situationen wiederfinden.
Stufe 4: Neuorientierung
Die Beratungsperson hilft den Ratsuchenden dabei, die eigenen Ressourcen und Stärken zu erkennen und zu nutzen. Dafür werden unter anderem neue Erkenntnisse integriert und Handlungsspielräume erweitert. Der Fokus liegt darauf, die vorhandenen Ressourcen und Stärken des Klienten zu nutzen, um positive Veränderungen zu fördern.
Klient/innen setzen die erlernten Techniken und Strategien im Alltag um. Die Beratungsperson unterstützt bei der Integration neuer Verhaltensweisen sowie Denk- und Verhaltensmuster.
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Stufe 5: Ermutigung als Abschluss der Beratungseinheit
Ermutigung spielt in Alfred Adlers Konzept eine besondere Rolle. Sie ist aus individualpsychologischer Perspektive keine oberflächliche Lobhudelei, sondern eine tiefgreifende Unterstützung. Ermutigung zielt darauf ab, biografisch vorhandene Stärken und Möglichkeiten des Klienten / der Klientin hervorzuheben. Ebenso die Schritte und Versuche zu anerkennen, die jemand tut.
Übrigens: Um Klient/innen authentisch zu ermutigen, erfahren Studierende an der Akademie für Individualpsychologie ab dem ersten Moment wie das Menschenbild von Alfred Adler im Alltag selbst gelebt wird.
Klares Konzept, individuell angepasst
Alfred Adler war empathisch und hat sich auf sein Gegenüber eingelassen. Damit setzte er hohe Massstäbe in der Beratung. Und nicht nur das. «Alles kann auch anders sein». Dieses Zitat von Adler verdeutlicht seine grosse, geistige Flexibilität, die er in die Beratung einbrachte. Auch für ihn war klar: Kein Beratungsablauf oder Konzept ist starr oder linear. Der Ablauf eines Beratungsgespräches nach dem Konzept der Individualpsychologie wird flexibel an die Bedürfnisse der Ratsuchenden angepasst. Nur so kann Erfolg eintreten.
Die Beratung zielt darauf ab, dass Ratsuchende lernen, die eigenen Ressourcen zu nutzen und positive Veränderungen im Leben vorzunehmen. Dazu brauchen sie Ermutigung, die ihre Autonomie fördert. Die individualpsychologische Beratung schafft Raum für Selbstbestimmung und Entscheidungsfindung. Sie trägt damit zu einem gesunden Selbstkonzept bei.
Individualpsychologie - eine positive Psychologie
Die Individualpsychologie kann eindeutig als Positive Psychologie bezeichnet werden. Das bedeutet: Sie ist von einem positiven Menschenbild getragen und konzentriert sich auf ein positives, erreichbares Ziel. Dabei leugnet sie die vorhandenen Probleme nicht.
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Konkret zeigt sich die positive Ausrichtung an folgenden Aspekten:
- Fokus auf das Positive: In der Individualpsychologie liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung des Gemeinschaftsgefühls, sozialen Interesses und der Ermutigung. Diese Aspekte betonen positive soziale Beziehungen und die positive Beeinflussung der Gemeinschaft.
 - Betonung von Selbstwirksamkeit: Adler betonte die schöpferische Kraft und die Selbstwirksamkeit des Individuums. Der Mensch ist in der Lage, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen und bewusste Entscheidungen zu treffen.
 - Ganzheitlicher Blick auf das Individuum: Adler betonte die Ganzheitlichkeit des Individuums und wie verschiedene Aspekte des Lebens - soziale Beziehungen, Ziele und Gemeinschaftsgefühl - miteinander verbunden sind.
 - Gesellschaftliche Auswirkungen: Adler legte Wert darauf, die gegenseitige Abhängigkeit von individuellem Verhalten und Wohlbefinden und der Gesellschaft aufzuzeigen. Es war ihm ein Anliegen, das soziale Interesse und positive soziale Beziehungen zu fördern.
 - Fokus auf persönliches Wachstum: Adler betonte die Idee, dass Menschen bestrebt sind, ihre Ziele zu erreichen und ihr persönliches Potenzial zu entfalten. Die Individualpsychologie ist als Einladung zu verstehen, das Innere zu erforschen und dabei zu entdecken, wie viel Potenzial für Glück und Erfüllung in jedem Menschen schlummert.
 
Adler wusste, dass dieses Potenzial vorhanden ist. Wer diesen Weg zur Entfaltung selbst beschreitet oder die positive Wirkung der individualpsychologischen Beratung für das eigene Leben bereits kennt, kann andere Menschen auf ihrem Weg begleiten. Eine verantwortungsvolle und zutiefst erfüllende Aufgabe.
So werden Sie eine erfolgreiche Beratungsperson
Eine psychosoziale Beratungsperson sollte eine Kombination aus bestimmten persönlichen Eigenschaften und fachlicher Qualifikation mitbringen.
Persönliche Eigenschaften - ein zentrales Erfolgselement
Zu den zentralen Wesenszügen zählt die Empathie, also die Fähigkeit, sich in die Gefühle und Perspektiven der Ratsuchenden einzufühlen. Empathie ist entscheidend für eine erfolgreiche Beratung. Darüber hinaus braucht es Respekt und Wertschätzung. Ein respektvoller Umgang mit Ratsuchenden - unabhängig von deren Überzeugungen, Hintergründen oder Entscheidungen - fördert eine vertrauensvolle Beziehung. Respekt bedeutet jedoch nicht, alles gut zu finden und Zustimmung zu signalisieren, die nicht vorhanden ist.
Diese Art der Wertschätzung gelingt nur, wenn die Beratungsperson Offenheit und Toleranz in die Beratung einbringt. Eine offene Einstellung gegenüber vielfältigen Lebensanschauungen und Lebensstilen ermöglicht es der Beratungsperson, flexibel und anpassungsfähig zu agieren. Authentizität und Ehrlichkeit runden das Beraterprofil ab. Damit schaffen Beratungspersonen Vertrauen zwischen Beratungsperson und Ratsuchenden. Darüber hinaus dient der Berater oder die Beraterin als Modell zum Beispiel für Selbstakzeptanz.
Berufliche Kompetenzen: das Handwerkszeug
Kommunikationsfähigkeit ist das wichtigste Tool im Beratungsprozess. Sie zeigt sich darin, dass Beratungspersonen Informationen klar, präzise und verständlich vermitteln sowie effektiv auf Äusserungen anderer reagieren. In der psychologischen Beratung ist eine starke Kommunikationsfähigkeit von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für eine erfolgreiche Interaktion zwischen Beratungsperson und Ratsuchenden schafft.
Diese Aspekte der Kommunikation kommen im Verlauf eines psychosozialen Beratungsgespräches zum Einsatz:
- Aktives Zuhören: Hier geht es nicht nur darum, verbale Äusserungen von Klient/innen aufzunehmen, sondern auch auf nonverbale Signale, wie Tonfall, Gesten und Emotionen zu achten.
 - Klarheit und Präzision: Eine klare und präzise Kommunikation ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Informationen verstanden werden. Berater/innen sollten in der Lage sein, komplexe psychologische Konzepte in verständliche Begriffe zu übersetzen.
 - Empathie und Verständnis ausdrücken: Diese Fähigkeit trägt dazu bei, eine tragfähige Beziehung aufzubauen. Durch einfühlsame Kommunikation zeigt die Beratungsperson, dass sie die Gefühle und Perspektiven der Ratsuchenden anerkennt.
 - Frage- und Gesprächstechniken: Effektive Frage- und Gesprächstechniken ermöglichen es der psychosozialen Beratungsperson, relevante Informationen zu sammeln und den Dialog gezielt zu lenken. So fördern zum Beispiel offene Fragen die Reflexion, während geschlossene Fragen spezifische Informationen liefern.
 - Ermutigend sein: Das bedeutet, den Klient/innen Rückmeldungen zu geben, Anregungen zu bieten und positive Veränderungen zu unterstützen. Die Ermutigung sollte klar, wohlwollend und auf die Bedürfnisse der Ratsuchenden abgestimmt sein.
 - Körpersprache und nonverbale Kommunikation: Die Fähigkeit, die eigene Körpersprache zu kontrollieren und die nonverbale Kommunikation der Ratsuchenden zu interpretieren, ist entscheidend. Ein bewusster Einsatz von Mimik, Gestik und Haltung verstärkt die Kommunikationsbotschaft.
 - Ressourcenorientierte Sprache: Die Verwendung einer ressourcenorientierten Sprache betont die Stärken und Ressourcen der Klient/innen. Diese positive Ausrichtung fördert ein optimistisches Verständnis der eigenen Fähigkeiten.
 - Angepasste Kommunikation: Eine an die Bedürfnisse und den Stil der Klient/innen angepasste Kommunikation ist wichtig. Sie signalisiert: Jeder Mensch ist einzigartig und wird wertgeschätzt. So fördert diese Strategie eine effektive Zusammenarbeit.
 - Ethik und Vertraulichkeit: Klare Kommunikation über ethische Standards und Vertraulichkeit schafft ein sicheres Umfeld für die Ratsuchenden. Eine offene Kommunikation über die Rahmenbedingungen fördert das Vertrauen.
 
Berufskompetenz: qualifizierter Abschluss
Qualifikation erzeugt Sicherheit, schafft Vertrauen und bringt Erfolg. Beratungspersonen, die eine anspruchsvolle, umfassende Ausbildung absolviert haben, strahlen Souveränität und Kompetenz aus. Sie schaffen damit Vertrauen in ihre Fähigkeiten, mit den Herausforderungen ihrer Klient/innen umzugehen. Lebenslanges Lernen ist Teil der Berufskompetenz.
Die Akademie für Individualpsychologie (AFI) bietet ein Studium zum individualpsychologischen Berater AFI oder zur individualpsychologischen Beraterin AFI an. Sie erhalten ausserdem die Möglichkeit, den eidgenössisch anerkannten Abschluss «Berater oder Beraterin im psychosozialen Bereich mit eidgenössischem Diplom HFP» zu erwerben. Auch eine Anerkennung durch den Berufsverband mit dem Qualitätslabel Beraterin SGfB / Berater SGfB steht nach der Ausbildung offen.
Darüber hinaus stellt das AFI sicher, dass Absolvent/innen sich stetig weiterbilden können - zum Beispiel durch Angebote zur Spezialisierung in Erziehungsberatung oder Fortbildungen in verschiedenen Beratungsformaten. Beratungspersonen können die Qualität ihrer Dienstleistungen stetig verbessern. Fortbildungen und Weiterbildungen sind wichtig, um aktuelle psychologischen Ansätze und Methoden zu vertiefen und optimal einzusetzen.
Psychosoziale Beratung und Coaching: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Im Alltag und in den Medien verwenden die meisten Menschen die Begriffe psychosoziale Beratung und Coaching gleichbedeutend. Setzen Sie sich intensiver mit dem Thema Beratung auseinander, erkennen Sie allmählich, dass Coaching und psychosoziale Beratung keineswegs dasselbe sind. Doch wo genau liegen die Unterschiede? Wie lässt sich Coaching von psychologischer Beratung abgrenzen und was bedeuten diese Unterschiede für die Berater:innen im jeweiligen Bereich? Und in welcher Beziehung stehen beide Professionen zur Psychotherapie? Ein äusserst wichtiges und spannendes Thema, das wir hier näher beleuchten.
Coaching - Eigeninitiative und der Drang zur beruflichen Weiterentwicklung
Im Coaching stehen individuelle Themen im Fokus, die in engem Zusammenhang mit dem Beruf und der Karriere stehen. Coach:innen entwickeln zum Beispiel gemeinsam mit ihren Kund:innen eine Strategie, um eine berufliche Veränderung zu realisieren. Berater:innen im Coaching begleiten ihre Kund:innen durch den Veränderungsprozess und greifen Themen aus dem Privatleben auf, wenn diese eng mit dem beruflichen Weg zusammenhängen. Coach:innen fungieren als Zuhörer:innen und Gesprächspartner:innen. Sie bieten keine Lösung, sondern begleiten Kund:innen auf ihrem Weg der Selbstreflexion und stossen Verhaltensänderungen an. Die Basis für die Zusammenarbeit ist der Aufbau einer vertrauensvollen und belastbaren Beziehung.
Methoden im Coaching
Klassische Coaching-Methoden wie Gesprächsführung nach Carl Rogers oder tiefenpsychologische Ansätze haben ihre Wurzeln in den psychotherapeutischen Schulen. Trotzdem ist Coaching keine Therapie, denn das Angebot richtet sich an gesunde Personen. Die Methoden werden vor allem eingesetzt, um das Selbstmanagement zu verbessern, neue Kommunikationsstrategien zu lernen oder die berufliche Rolle zu reflektieren.
Wer profitiert von einem Coaching?
Die Dienstleistung von Coach:innen nehmen in der Regel Personen mit Führungsaufgaben in Anspruch. Eine angeleitete Selbstreflexion und das Spiegeln spezifischer Muster, besonders in Konfliktsituationen, empfinden die Kund:innen als sehr hilfreich. Meist fehlt Führungskräften der Blick auf sich selbst. Sie kämpfen sich durch den Berufsalltag und sabotieren sich mit destruktiven Verhaltensweisen oder Einstellungen. Urs R. Bärtschi, einer der erfolgreichsten Schweizer Business-Coaches weiss aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass Coaching-Prozesse sehr zielorientiert ablaufen. Die Kund:innen sind zufrieden, wenn ihr Alltag wieder funktioniert, sie die betriebswirtschaftlichen Leistungsziele erreichen oder ihre Karriere vorantreiben.
Der Aufbau einer gesunden Work-Life-Balance steht insofern auf der Coaching-Agenda, wenn er dazu dient, die berufliche Performance zu optimieren. Eine tiefenpsychologische Bearbeitung der thematisierten Probleme wird selten in Betracht gezogen.
Psychosoziale Beratung: Krise, nicht Krankheit
Im Gegensatz zum Coaching kommt die psychologische Beratung in Lebensphasen zum Einsatz, die mit grossem Leidensdruck einhergehen, jedoch (noch) nicht den Kriterien einer psychischen Erkrankung entsprechen. Sie haben vielleicht schon selbst erlebt, wie belastend zum Beispiel eine Ehekrise, eine schwierige Trennung, Probleme im Job oder ein Todesfall im persönlichen Umfeld sein können. Solche Situationen führen nicht selten zu emotionalen Krisen. Psychologische Berater:innen unterstützen gesunde Personen in solchen Momenten. Dabei nimmt die psychosoziale Beratung Lebensthemen wie Übergänge und Umbrüche, den Umgang mit Verlusten sowie damit verbundene berufliche Fragestellungen in den Blick.
Im Vergleich zum Coaching nehmen Individualpsychologische Berater:innen neben ihrer Rolle als Zuhörer:in und Begleiter:in eine direktive Position ein: Sie bieten konkrete Interventionen an mit den Ziel, das Verhalten ihrer Klienten zu erweitern und flexibler zu gestalten. Der Beziehungsaufbau und das Spiegeln des Klienten sind dafür genauso notwendig.
Klient:innen in der psychologischen Beratung erleben eine krisenhafte Phase, sie sind jedoch nicht psychisch erkrankt. Aus diesem Grund ist die psychosoziale Beratung keine Kassenleistung.
Die Vorteile einer psychologischen Beratung
Die Kosten einer psychosozialen Beratung werden von den Klient:innen privat getragen. Daraus ergeben sich jedoch zahlreiche Vorteile:
- Keine Auseinandersetzung mit der Krankenkasse: Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen arbeiten in der Regel mit Krankenkassen zusammen. Die Kassen übernehmen die Behandlungskosten und fordern dafür zahlreiche Informationen wie Diagnosen, Medikation und Krankschreibungen. Psychosoziale Berater:innen arbeiten vollkommen eigenständig, deshalb unterliegen sie der absoluten Schweigepflicht auch gegenüber den Krankenkassen. Nehmen Personen das Angebot einer psychologischen Beratung in Anspruch, wird dies nicht vermerkt. Datenschutz und absolute Vertraulichkeit stehen an oberster Stelle.
 - Kurze Wartezeit: Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen haben meist eine Warteliste. Sie erhalten erfahrungsgemäss drei bis vier Wochen nach dem Erstkontakt einen Platz für regelmässige Gespräche. Bei einer psychologischen Beratung können Sie nach dem Erstgespräch direkt loslegen.
 - Freie Wahl des psychosozialen Berater:in: Krankenkassen vergeben eine regional begrenzte Anzahl an Zulassungen. Das bedeutet: Sie können nur zugelassene Therapeuten und Ärzte aufsuchen, damit die Kasse die Behandlungskosten übernimmt. Bei der Wahl von psychologischen Berater:innen sind Sie vollkommen frei. Die passende Beratungsperson finden Sie zum Beispiel im Beratungsverzeichnis der Akademie für Individualpsychologie. Alle Berater:innen wurden in der Akademie ausgebildet und tragen die Berufsbezeichnung «Individualpsychologische/r Berater/in AFI». In einem Telefonat können Sie eine erste Einschätzung vornehmen und sich für die Beratungsperson entscheiden, die Ihnen am besten zusagt.
 - Mitspracherecht während der Dauer der Beratung: Eine Beratungseinheit dauert in der Regel 60 Minuten. Gemeinsam mit der Beratungsperson entscheiden Sie, wie viele Sitzungen die Beratung dauert.
 
Die psychologische Beratung: Inhalt und Ablauf
In einem Erstgespräch besprechen Berater:in und Klient:in gemeinsam den Inhalt und Ablauf. Die aktuelle Fragestellung spielt dabei die zentrale Rolle. Die Beratungsperson verfügt über die notwendige Kompetenz, um den Klient:innen eine Strategie vorzuschlagen und kann aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung auf problematische Handlungsmuster hinweisen, um gemeinsam mit den Klient:innen günstigere Alternativen zu entwickeln.
Was erwartet dich eigentlich in einem Coaching oder einer psychosozialen Beratung?
Wie läuft eine Sitzung konkret ab? Wenn du dich das auch schon gefragt hast, findest du in diesem Blogartikel Antworten darauf. Dazu nehme ich dich mit in meine Praxis und gebe dir einen Blick hinter die Kulissen. Auch wenn jede Sitzung sehr individuell ist und flexibel auf dich, als Klientin oder Klienten zugeschnitten ist, gibt es bestimmte Schritte, die sich in meiner langjährigen Arbeit als Coach und psychosoziale Beraterin bewährt haben. Und da kommt mein Phasenmodell ins Spiel. Für ein professionelles Coaching oder eine psychosoziale Beratung benötigen wir eine klare Struktur, die uns durch die Sitzung leitet. Das gilt sowohl für eine einzelne Sitzung als auch für den gesamten Beratungsprozess. Dafür gibt es verschiedene Phasen- oder Strukturmodelle. Sie alle haben das Ziel, den roten Faden in der Sitzung beizubehalten und die Sitzung gut zu strukturieren. Ich arbeite nach einem Modell mit 5 Phasen, die ich für jede Sitzung anwende.
- Kontaktphase: Die einzelnen Sitzungen beginnen mit einer Kontaktphase. Sie kann auch als Anfangsphase oder Einstiegsphase bezeichnet werden. Der Sinn und Nutzen ist es, dass du als Klientin oder Klient ankommen kannst und wir in eine gute Beratungsbeziehung hineinfinden. Diese Phase ist nicht zu unterschätzen, denn unterdessen ist unbestritten, dass eine vertrauensvolle Beratungsbeziehung der wesentlichste und einflussreichste Faktor für ein gelingendes Coaching oder eine psychosoziale Beratung ist. Diese tragfähige, vertrauensvolle Beziehung braucht es, um sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit einzulassen und sich zu öffnen.
 - Situationsschilderung: In dieser Phase geht es darum, dass wir uns gemeinsam einen Überblick verschaffen und die Ausgangssituation klären. Wir wollen herauszufinden, worum es heute inhaltlich geht. Im Fokus steht die Situationsschilderung. Du als Klientin oder Klient bestimmst, worauf wir den Fokus legen werden. Oft schwirren viele Themen, Aspekte und Gedanken im Kopf herum und es braucht zuerst Klarheit darüber, was wir in dieser Sitzung thematisieren wollen.
 - Analysephase: In der Analysephase geht es darum, zu differenzieren und zu schauen, was von diesem Fokus-Thema auch noch betroffen ist. Oft kommen Leute auch mit einem vordergründigen Thema und bald stellt sich heraus, dass dahinter für sie ein noch viel wichtigeres Thema steckt. Dabei ist mir wichtig, die Themen nicht isoliert anzuschauen, sondern auch das Umfeld meiner Klientinnen und Klienten zu berücksichtigen. Denn wir sind alle in einem Netz eingebunden und jede unserer Entscheidungen hat Einfluss auf unser ganzes Leben. Darum werfe ich hier als Coach und psychosoziale Beraterin auch einen Blick auf den Kontext. Aus all diesen Puzzleteilen, die unterdessen zusammengekommen sind, erarbeiten wir einen klaren Beratungsauftrag - ein Beratungsziel. Dieses Ziel hilft uns, den Fokus für die aktuelle Sitzung zu behalten.
 - Arbeits- oder Veränderungsphase: Erst mit einem klaren Beratungsauftrag, bzw. In der Arbeitsphase oder Veränderungsphase geht es darum, die gewünschte Entwicklung zu unterstützen und Lösungen zu entwickeln. Gemeinsam fokussieren wir uns auf das vereinbarte Ziel. Ich überlege mir, wie ich intervenieren kann, welche Hypothesen ich berücksichtigen möchte und welche Methode für deine Fragestellung hilfreich sein kann. Aus einem breiten Methodenkoffer biete ich Vorschläge an, um dir damit Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Eine meiner Stärken ist meine Kreativität in der Beratung. Je nach Thema, können das ganz unterschiedliche Vorgehen sein, um deine gewünschte Veränderung zu bewirken. Gewählt wird immer von dir als Klientin bzw. Klient. Während ich für den Prozess verantwortlich bin, liegt die Verantwortung für die Inhalte bei dir als Klientin oder Klient.
 - Abschlussphase: Ein angemessener Abschluss ist wichtig, damit wir den Prozess gut beenden können. In dieser letzten Phase schaue ich mit dir bewusst hin, was du aus dieser Sitzung mitnimmst und was sich im Hinblick auf deinen Beratungsauftrag verändert hat. Hier lade ich dich nochmals bewusst ein, zu reflektieren, um Wichtiges festzuhalten.
 
Ein Phasenmodell ist für ein Coaching oder eine psychosoziale Beratung sehr hilfreich und gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass auch zwischen den Sitzungen oft ganz besonders viel passiert. Als strukturierte Person liebe ich es eine Struktur und einen Plan zu haben. Das Phasenmodell hilft mir, mich an einem Ablauf festzuhalten und so den Überblick zu behalten. M.W.
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