Gewohnheit: Definition und psychologische Aspekte

Die Positive Psychologie ist die wissenschaftliche Untersuchung positiver Aspekte des menschlichen Lebens. Sie beschäftigt sich unter anderem mit den Grundlagen eines „guten Lebens“, mit dem, was das Leben lebenswert macht und mit begünstigenden Eigenschaften und Bedingungen des Wohlbefindens. In erster Linie werden deshalb Determinanten der Zufriedenheit beschrieben, gemessen und Interventionen für psychisch gesunde Menschen entwickelt, um deren Lebenszufriedenheit zu steigern bzw. zu stabilisieren.

Die Geschichte der Positiven Psychologie

Die Geschichte der Positiven Psychologie reicht bis zu antiken Philosophen zurück, die sich in ihren Schriften bereits mit dem guten Leben, Tugenden und der Erfüllung im Leben befasst haben. Aristoteles hat sich beispielsweise vor über 2300 Jahren mit dem Studium des Glücks (Eudaimonie) auseinandergesetzt. Sein einflussreiches Werk „Nikomachische Ethik“ (Aristoteles, 2000) prägt bis heute Vorstellungen von Wohlbefinden. Seiner Auffassung nach sind die Kultivierung von Tugenden und im Einklang mit ihnen zu leben Bedingungen für das gute Leben. Jedoch treten Tugenden nicht natürlich im Menschen auf, sondern müssen durch Bildung und Gewohnheit erlangt werden (Jørgensen & Nafstad, 2005).

Erstmals verwendete Abraham Maslow 1954 den Begriff „Positive Psychologie“, welcher von Martin Seligman 1998 in seiner Ansprache für die American Psychological Association wieder aufgegriffen wurde: Zur Reduktion des entstandenen Ungleichgewichts in der Psychologie solle der Erforschung der positiven Aspekte des Lebens wieder vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet werden. Diese Bestrebungen fasste Seligman unter dem Schlagwort „Positive Psychologie“ zusammen.

Positive Psychologie ist ein wachsendes und pulsierendes Gebiet, welches sich strenger wissenschaftlicher Methoden bedient und danach strebt Wohlbefinden, Exzellenz und das optimale menschliche Funktionieren zu untersuchen und die Ergebnisse auch publik zu machen.

Definition des Begriffs Gewohnheit

„Die Gewohnheit ist die zweite Natur“, sagt ein Sprichwort. Tatsächlich neigen wir im Leben immer wieder dazu, gewohnheitsmässig zu agieren oder zu reagieren. Jede Gewohnheit führt mit der Zeit zu einer Fixierung, zu einem Festhalten und zu einer ,Versteinerung‘. Ein weiteres Sprichwort sagt: „Leben heisst sich verändern“. Eine Veränderung drängt sich meistens von selbst auf. Wer dabei stur an einer Lebensgewohnheit festhält und den Veränderungsschritt nicht mitmacht, wird deswegen früher oder später leiden müssen.

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Gewohnheiten sind Automatismen, welche uns im Alltag helfen können. Vor allem aber steuern sie unser Verhalten und beeinflussen unser Denken und unsere Emotionen sowie den Umgang mit anderen und mit uns selbst.

In der deutschen Sprache wird das Wort, das sowohl dem lateinischen habitus als auch consuetudo entspricht, seit frühneuhochdeutscher Zeit verwendet, so bei Johannes Tauler und Paracelsus. …Gewohnheitsbildung hat eine Entlastungsfunktion; sie enthebt das Individuum der Notwendigkeit, immer wieder neue vernünftige Überlegungen anstellen zu müssen. Sie kompensiert also Defizite der Vernunft.

Gewohnheiten wirken auf verschiedenen Ebenen als:

  • Denkgewohnheiten
  • Gefühlsgewohnheiten
  • Gewohnheiten auf der körperlichen Ebene
  • Verhaltensbezogene Gewohnheiten

Die Summe aller Gewohnheiten macht unseren Charakter aus und ist auch verantwortlich für unser zukünftiges Schicksal (Karma).

„Der Mensch sät einen Gedanken und erntet eine Handlung. Er sät eine Handlung und erntet eine Gewohnheit. Er sät eine Gewohnheit und erntet einen Charakter. Er sät einen Charakter und erntet ein Schicksal. Daher ist das Schicksal Dein eigenes Werk. Du hast es geschaffen. Du kannst es aufheben, indem Du edle Gedanken pflegst, tugendhaft handelst und deine Denkweise änderst.“

Vor allem sollten wir ein Auge auf unsere schlechten Gewohnheiten werfen und mit der Zeit versuchen, diese in gute Gewohnheiten umzuwandeln. Das Ziel ist unter anderem, ein tugendhaftes Leben zu führen.

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Gewohnheiten und ihre Wurzeln

Wie im oben erwähnten Blogbeitrag ‚Leben - Tod - Reinkarnation‘ beschrieben, ist unser jetziges Leben eine Verdichtung von universalen Kräften, welche unsere Persönlichkeit bildet. Durch ein bewusstes und achtsames Leben können wir mit der Zeit erkennen, welchen Kräften und Mächten der Gewohnheit wir ausgesetzt sind.

Die in unserem Unterbewusstsein gespeicherten Eindrücke, welche in unserer Vergangenheit gebildet wurden, werden saṁskāras genannt. Diese saṁskāras sind die Ursachen der Gewohnheiten.

„Das Unterbewusste ist die Stütze der gewohnheitsmäßigen Tätigkeit - es kann sowohl gute wie schlechte Gewohnheiten stützen. “

Weiter schreibt Sri Aurobindo in Briefe über den Yoga, Band 1:

„In unserem Yoga meinen wir mit dem Unterbewussten jenen ganz versunkenen Teil unseres Wesens, in dem es keinen wachbewussten, zusammenhängenden Gedanken und Willen, keine Empfindung oder geordnete Reaktion gibt und der dennoch dunkel die Eindrücke aller Dinge empfängt und sie in sich speichert; aus ihm können auch alle Arten von Reizen, von beharrlichen, gewohnheitsmäßigen Regungen unverarbeitet wiederholt oder in fremdartige Formen verkleidet in den Traum oder die Wachnatur auftauchen.

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Die Neigung, dass die gleichen Dinge in unser physisches Bewusstsein hartnäckig zurückkehren, jene Neigung, die es uns so schwer macht, uns von seinen Gewohnheiten zu befreien, hat ihre Ursache großenteils in einem unterbewussten Rückhalt. Das Unterbewusste ist voller vernunftwidriger Gewohnheiten. …“

Damit die Wurzeln der Gewohnheiten (saṁskāras) beseitigt bzw. umgewandelt (transformiert) werden können, muss mit der Zeit das Unterbewusstsein geläutert und harmonisiert werden.

Leben heisst sich verändern

Die ganze Schöpfung verändert sich dauernd. In der Yoga-Philosophie wird die Natur (Sanskrit: prakṛti) als ewig wandelbar beschrieben, welche sich in der Welt der Erscheinungen offenbart.

„Prakṛti [die Natur] ist die ewige Quelle der Energie, welche unbegrenzt und nicht veränderbar ist. Sie ist wie ein großer Behälter, der die ganze Welt in sich aufnimmt und deren Form sich dauernd ändert.“

Es gibt Veränderungen, welche sehr langsam ablaufen und wir Menschen aufgrund der begrenzten Lebensdauer nicht direkt erkennen können, wie z.B. das Verschieben der Kontinentalplatten, usw.

Auslösepunkt für Veränderungen im Leben

Gewohnheiten machen uns träge. Nur selten sind wir bereit, bequeme Gewohnheiten ‚freiwillig‘ aufzugeben.

Veränderungen im Leben werden meistens durch Probleme und Krisen, welche auf uns innerlich oder äusserlich wirken, initiiert. Wie das Wort ‚Notwendigkeit‘ meint, ist eine Wende, bzw. eine Veränderung erst nach einer Not möglich.

Mit einer positiven Einstellung gegenüber Problemen und Krisen gelingt es uns besser, auf notwendige Veränderungen im Leben einzugehen.

Bibel, Matthäus 16.25:„Denn wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.“

Einstellung zu Krisen und Problemen

Probleme sind für uns im ersten Moment immer etwas Negatives. Sie stören unsere innere Ruhe und wir möchten sie möglichst schnell gelöst haben. Wir wissen aber nicht, dass Probleme und Krisen immer Auslöser für Lernprozesse sind.

Das Wort ‚Problem‚ hat die Vorsilbe ‚pro‘ = ‚für‘ und nicht ‚anti‘ oder ‚kontra‘ = gegen. *)Ein Problem ist also für etwas und nicht gegen etwas. Es kurbelt unsere Entwicklung an und ist der Motor für unseren Lernprozess. Wir leben nicht nur zum Vergnügen auf dieser Erde, sondern wir sind da, um uns weiterzuentwickeln.

Je mehr wir ein äusseres Leben führen, ohne verinnerlicht zu sein, desto mehr leiden wir. Die wahre Zufriedenheit kommt von innen. Wenn wir stärker verinnerlicht sind, kann uns ein äusseres Problem viel weniger anhaben.

Alltagsgewohnheiten und ihre Auswirkungen

38% aller Österreicher und Österreicherinnen geben ihrem Partner jeden Morgen ein Küsschen. Im Bad verbringen sie dann im Schnitt etwa 15 Minuten mit Zähneputzen, Körperpflege und Styling. Und 83% von ihnen konsumieren täglich - bevor sie aus dem Haus gehen - eine Form von Medien.

Jüngere bevorzugen vor allem digitale Inhalte, Ältere gedruckte Tageszeitungen. Schweizer und Schweizerinnen sind täglich im Schnitt etwa 1,5 Stunden im Verkehr unterwegs. Häufig zur gleichen Zeit und auf derselben Strecke, etwa im allmorgendlichen Pendlerzug.

In einer Studie, in der die Teilnehmenden stündlich angaben, was sie gerade tun und woran sie denken, fanden Forschende um die Psychologin Wendy Wood heraus, dass 40% unseres Alltags durch Gewohnheiten bestimmt sind.

Gewohnheiten laufen oftmals wie von alleine, quasi im «Autopiloten» ab. Laut einer Studie von Lally et al. muss man ein Verhalten über 66 Tage täglich wiederholen, um es zu einer automatisierten Gewohnheit zu verdichten.

Studie Ergebnis
Lally et al. Verhalten muss über 66 Tage wiederholt werden, um zur Gewohnheit zu werden.
Wood et al. 40% unseres Alltags sind durch Gewohnheiten bestimmt.

Überwindung alter Gewohnheiten und Entwicklung neuer Ziele

Hast du schon einmal vor einem neuen Ziel gestanden, aber alte Gewohnheiten haben dich daran gehindert, den ersten Schritt zu wagen? Keine Sorge, du bist nicht allein. Doch die gute Nachricht ist: Es gibt praktische Tipps und Tools, die dir helfen können, über deinen Schatten zu springen, in Bewegung zu kommen und schlussendlich erfolgreich neue Ziele zu erreichen.

Wenn eine Aktivität erst einmal zur Gewohnheit wird, ist es unwahrscheinlich, dass sie so einfach wieder aus dem Alltag verschwindet.

Teile grosse Visionen in kleine Schritte auf, um den Prozess überschaubar und machbar zu gestalten. Statt alte Gewohnheiten zu bekämpfen, konzentriere dich darauf, positive Routinen zu etablieren. Diese neuen Gewohnheiten können die alten nach und nach verdrängen.

Praktische Tipps zur Veränderung von Gewohnheiten:

  1. Visualisiere deine Ziele
  2. Teile grosse Visionen in kleine Schritte auf
  3. Konzentriere dich auf positive Routinen
  4. Suche dir Gleichgesinnte
  5. Nutze Habit Tracker
  6. Effizientes Zeitmanagement

Die Überwindung alter Gewohnheiten ist eine Herausforderung, aber nicht unmöglich. Durch klare Ziele, positive Gewohnheiten und unterstützende Tools kannst du den inneren Widerstand brechen und neue Wege beschreiten. Vergiss dabei aber nicht, geduldig mit dir selbst zu sein und erinnere dich daran, dass jede Reise mit dem ersten Schritt beginnt. Das neue Jahr liegt in deinen Händen - gestalte es aktiv und mit Zuversicht.

Steigerung der Selbstwirksamkeit

Sie möchten Ihre Selbstwirksamkeit steigern? Es gibt Übungen und Techniken, mit denen Sie gezielt Ihr Selbstbewusstsein und -vertrauen gezielt fördern können. Denken Sie daran, dass dies ein Prozess ist. Haben Sie also Geduld.

Techniken zur Steigerung der Selbstwirksamkeit:

  • Setzen Sie sich klare und realistische Ziele
  • Visualisieren Sie Ihre Erfolge
  • Sehen Sie Fehler als Lernmöglichkeiten
  • Führen Sie positive Selbstgespräche
  • Üben Sie Techniken wie Meditation, Achtsamkeit und Yoga
  • Erweitern Sie Ihr Wissen und Ihre Fähigkeiten
  • Pflegen Sie soziale Kontakte

Neurowissenschaftliche Perspektive auf Gewohnheiten

Per Definition sind Gewohnheiten mehr als nur sich wiederholendes Verhalten. Sie verlangen wenig bis gar keine Kontrolle und erfordern damit meist minimales Nachdenken. Kein Wunder also, dass wir ausgeführte Tätigkeiten, wie das Abschliessen der Haustüre, manchmal nur wenige Augenblicke später wieder vergessen.

Ähnlich wie das Beispiel des Autofahrens demonstriert, bauen wir in unserem Leben unzählige Routinen auf. Bereits im Kindesalter entwickeln wir Automatismen, jedoch gewöhnen wir uns auch in allen späteren Lebenslagen immer wieder neue Verhaltensmuster an.

Gewohnheiten dominieren unser Leben. Vom Wecker abschalten, über das Starten der Kaffeemaschine bis zum Zähneputzen nach dem Aufstehen erledigen wir über 80 % unseres Tuns automatisch. Weshalb ist das so? Unser Gehirn strebt nach Effizienz. Es sucht nach Mustern und Routinen, um Energie zu sparen und Entscheidungsprozesse zu vereinfachen. Gewohnheiten sind das Ergebnis dieses Bestrebens.

Um eine günstige Balance aus Fluch und Segen unserer Gewohnheiten zu erreichen, kommt wortwörtlich das Spiel ins Spiel. Das Spiel hat die bemerkenswerte Fähigkeit in unserem Gehirn eine Irritation zu erzeugen. Durch die Irritation ist in unserem Gehirn ein Feuerwerk neuronaler Aktivität zu beobachten.

Beispiele aus dem Arbeitsalltag für Gedankenspiele:

  • Arbeitsplatzwechsel
  • Neue Meetingstruktur
  • Neuer Gesprächspartner
  • Challenge Mittagessen
  • «Ämtlitausch»
  • Neuer Heimweg

tags: #gewohnheit #definition #psychologie