Gehört Psychologie zu den Sozialwissenschaften? Eine umfassende Betrachtung

Die Frage, ob die Psychologie zu den Sozialwissenschaften gehört, ist vielschichtig. Psychologie lässt sich weder gänzlich den Naturwissenschaften noch den Sozialwissenschaften oder Geisteswissenschaften allein zuordnen. Um diesen komplexen Vorgängen gerecht zu werden, vereint ein Psychologiestudium Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften miteinander.

Psychologie als Wissenschaft

Die Psychologie ist eine empirische Wissenschaft. Ihr Ziel ist es, menschliches Erleben und Verhalten, deren Entwicklung im Laufe des Lebens sowie alle dafür maßgeblichen inneren und äußeren Ursachen und Bedingungen zu beschreiben und zu erklären.

Historische Entwicklung der Psychologie

Psychologie wurde als eigenständige akademische Disziplin Ende des 19. Jahrhunderts etabliert. In Leipzig gründete Wilhelm Wundt gemeinsam mit Gustav Theodor Fechner 1879 das Institut für experimentelle Psychologie. Um diese beiden sammelte sich binnen kurzer Zeit ein Kreis engagierter junger Forscher. Insbesondere Johann Friedrich Herbart bemühte sich mit zahlreichen Veröffentlichungen um eine eigene Lehre der Psychologie. Neben Herbart ist ebenfalls Friedrich Beneke als einer zu nennen, die den Weg zur experimentellen Psychologie ebneten. Seine Überzeugung brachte Beneke zunächst in Schwierigkeiten, und er verlor seine Tätigkeit an der Uni Berlin. 1896 verwendete Sigmund Freud erstmalig den Begriff Psychoanalyse.

Methodische Ansätze in der Psychologie

Als empirischer Wissenschaft vom Erleben und Verhalten obliegt es der Psychologie, Theorien und daraus abgeleitete Modelle, Hypothesen, Annahmen für die Beantwortung einer konkreten Fragestellung usw. mit geeigneten wissenschaftlichen Methoden empirisch zu prüfen. Die Methodik ist überwiegend naturwissenschaftlich, mithin quantitativ, in Verbindung mit experimentellem oder quasi-experimentellem Vorgehen, ausgelegt. Methodisch finden sich heute neben den naturwissenschaftlichen Ansätzen auch solche der empirischen Sozialwissenschaften. Eine Schwerpunktsetzung schwankt je nach Ausrichtung eines psychologischen Fachbereiches. Vorherrschend sind hier quantitative Methoden, wiewohl auch qualitative Methoden zum Repertoire gehören, zum Beispiel Grounded Theory oder Inhaltsanalyse.

Die Rolle der Psychologie innerhalb der Sozialwissenschaften

Zu den Sozialwissenschaften gehören alle Studienfächer, die sich mit dem Zusammenleben der Menschen beschäftigen. Sämtliche Sozialwissenschaften versuchen, das Verhalten von Individuen und Gruppen im Rahmen der ihnen eigenen Methoden zu beschreiben und zu erklären. Um Erklärungen bestimmter sozialer Phänomene zu erklären, müssen Sozialwissenschaftler zunächst einmal genau beobachten. Dazu müssen sie unterschiedliche Quellen studieren: Texte, Reden, Filme, aber auch Kartenmaterial und manchmal auch Statistiken.

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Je nach Fachrichtung kann der Mensch und sein Verhalten in den Mittelpunkt der Untersuchungen gerückt werden. Dazu wird auch untersucht, wie Verhalten vorausgesagt und ins Positive verändert werden kann. Dies geschieht teilweise in der Erziehungswissenschaft, vor allem aber in der Psychologie, in der Heilpädagogik und der Sozialen Arbeit. Absolventen dieser Studienrichtungen beraten und betreuen Menschen und Gruppen, die in psychosoziale Notlagen geraten sind - wobei sie teilweise auch therapeutisch tätig sind.

Psychologie als Brücke zwischen verschiedenen Disziplinen

Wirtschaftswissenschaften, Allgemeinen Linguistik, Medizin, und Zahnmedizin oder Biologie, durch naturwissenschaftlich-experimentelle Ausrichtung: Mentale Prozesse, konkrete Verhaltensmechanismen sowie Interaktionen von mentalen Prozessen und dem Verhalten von Menschen werden beschrieben und erklärt, wobei Überschneidungen bis hin zur Interdisziplinarität möglich sind.

Das Psychologiestudium

Das Studium der Psychologie führt die Studierenden an die Wissenschaft der Psychologie heran, die sich mit dem menschlichen Erleben und Verhalten befasst. Die psychologische Praxis stützt sich auf Bestandteile dieses wissenschaftlichen Wissens und auf die sogenannten Alltagstheorien der Psychologinnen und Psychologen.

Studienstruktur

Das erste Jahr des Bachelorstudiums führt in die allgemeinen Grundlagen der Psychologie, ihre verschiedenen Teilgebiete sowie in Statistik und Forschungsmethoden ein. Im zweiten und dritten Studienjahr kommen Wahlfächer hinzu. Das Masterstudium ermöglicht, bestimmte Teilgebiete zu vertiefen. An den Universitäten wird das Einführungsjahr (Propädeutikum) mit mehreren Prüfungen abgeschlossen. Die Studienstruktur an den Fachhochschulen erlaubt es, rascher eigene Schwerpunkte zu setzen.

Voraussetzungen und Anforderungen

Studierende der Psychologie sollten Interesse für das menschliche Erleben und Verhalten sowie Lust am wissenschaftlichen Arbeiten und am wissenschaftlichen Disput mitbringen. Dazu gehört auch die Bereitschaft, sich mit Statistik und methodischen Grundlagen zu beschäftigen. Wichtig sind auch Offenheit, Intuition und die Bereitschaft, sich selbst und andere Menschen aus unterschiedlichen Perspektiven wahrzunehmen sowie sich selbst und das eigene Handeln stetig zu reflektieren.

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Berufliche Perspektiven

Klinische Psychologie, Wirtschaftspsychologie, Psychotherapie und mehr - ein Abschluss eines Studiums im Bereich der Psychologie bietet dir ein breites Spektrum an beruflichen Spezialisierungsmöglichkeiten. Im Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie bist du in verschiedensten Unternehmen gefragt und auch beratende Tätigkeiten in Marketing (Stichwort Werbepsychologie) oder Politik und Wirtschaft stehen dir offen.

Die Bedeutung des Masterabschlusses

Der Bachelorabschluss reicht nicht als Qualifikation für eine Berufsausübung als Psychologin oder Psychologe. Die Berufsbezeichnung «Psychologin» oder «Psychologe» ist geschützt. Gemäss Bundesgesetz über die Psychologieberufe (PsyG) darf sich nur als «Psychologin/Psychologe» bezeichnen, wer ein Psychologiestudium auf Masterstufe an einer schweizerischen Hochschule (Universität oder Fachhochschule) absolviert hat oder über einen vom Bund als gleichwertig anerkannten ausländischen Psychologieabschluss verfügt.

Für die berufliche Tätigkeit als Psychologin oder Psychologe sind für die meisten Berufe neben dem Bachelor unbedingt der Master erforderlich und teilweise wird eine praktische Zusatzqualifikation benötigt.

Viele Psychologie-Berufe erfordern einen Fachtitel, der nach dem Studium berufsbegleitend über eine postgraduale Ausbildung erworben werden kann.

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