Unterschied zwischen Faul und Depressiv

Verluste, belastende Veränderungen oder Herausforderungen gehören zum Leben. Sie führen dazu, dass wir uns traurig, einsam, niedergeschlagen fühlen. Häufig lässt sich eine solche belastende Situation aushalten und verarbeiten. Wenn nicht, dann kommt es zu einer Depression.

Depression - und auch ihre Sonderformen - kann jeden treffen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Beruf und persönlichen Lebensverhältnissen. Betroffene sind keine Versager, auch nicht faul oder wehleidig, sie leiden an einer ernsthaften Krankheit. Wenn diese erkannt wird, ist sie in den meisten Fällen gut behandelbar.

Eine Depression bahnt sich meist langsam an. Dies macht es so schwierig, sie zu erkennen. Hauptkennzeichen sind eine anhaltende oder wiederkehrende traurige Verstimmung, das Gefühl innerer Leere, Denk-, Konzentrations- und Schlafstörungen. Die daraus resultierende emotionale, körperliche und geistige Erschöpfung kann auch gereizt und wütend machen und innerlich unruhig.

Depression kann zu Appetitlosigkeit führen und das Verlangen nach Körpernähe und Sexualität deutlich reduzieren oder ganz nehmen. Depressive Menschen verlieren die Freude und das Interesse am Leben. Alltägliche Aufgaben, berufliche Verpflichtungen, Freizeitaktivitäten, soziale Kontakte werden zunehmend vernachlässigt. Das Bedürfnis nach Rückzug wird zentral, viele Betroffene schaffen es kaum mehr aus dem Haus, resp. aus dem Bett zu kommen und verbringen viel Zeit mit Schlafen. Auch körperliche Beschwerden können auftreten, ohne dass Fachleute eine Ursache dafür feststellen.

Depression hat viele Gesichter, verschiedene Symptome zeigen sich unterschiedlich. Es gibt leichte, mittelgradige und schwere Depressionen. Bei leichten Depressionen können die Erwartungen des privaten und beruflichen Umfeldes meist noch erfüllt werden, von aussen ist oftmals nichts ersichtlich. Bei einer mittelgradigen Depression wird es bereits schwieriger. Es kommt vermehrt zu Fehlern, Unzuverlässigkeit, Ausfällen. Abmachungen und Verabredungen werden vermehrt abgesagt. Bei einer schweren Depression wird schliesslich fast alles vernachlässigt. Alltägliche Verrichtungen wie Aufstehen, Duschen, zur Toilette gehen, Kochen, Essen, Putzen etc. werden nahezu unmöglich.

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Burnout bedeutet so viel wie ausgebrannt, überfordert, total erschöpft zu sein. Diese Symptome entsprechen auch denjenigen einer diagnostizierten Depression. Beim Burnout wird jedoch ein Unterschied in der Ursache gemacht. Es wird davon ausgegangen, dass die Erschöpfung in erster Linie im anhaltendem Stress bei der Arbeit (auch unbezahlte) zu finden ist. Es handelt sich also um eine arbeitsbezogene Störung, die sowohl berufliche Mehrbelastung in der Erwerbsarbeit als auch in der Erziehungs- und Familienarbeit und der Pflege von dementen Eltern einschliesst.

Es gibt Menschen, die depressive Phasen durchmachen, aber daneben erleben sie noch etwas ganz Anderes: Phasen, in denen es ihnen enorm gut geht. Man spricht von einer bipolaren affektiven Störung (=manisch-depressive Erkrankung). In den manischen Phasen machen Betroffene Dinge, die sie sonst nie tun würden: Etwa Geld ausgeben und dabei ihre finanziellen Möglichkeiten enorm überschreiten oder von heute auf morgen die Arbeitsstelle kündigen. Gleichzeitig reduziert sich der Schlaf extrem. Menschen in der Manie verlieren den Realitätsbezug, fühlen sich durch normale soziale Grenzen eingeengt und missachten sie. Der Wechsel von der Manie zur Depression erfolgt häufig plötzlich. Einige Betroffene haben nur eine einzige manische Episode.

Psychische Krankheiten sind behandelbar. Bei den meisten ist eine Kombination von Psychotherapie, Medikamenteneinnahme und Angehörigenberatung am wirksamsten. Bei saisonalen Depressionen können Lichttherapien die Gesundung begünstigen. Bei einer bipolaren Störung erfolgt oft nicht eine Psychotherapie im engeren Sinne, sondern ein Coaching, das sehr praxisorientiert ist. Schwerpunkte dabei sind die Krankheitswahrnehmung und die Krankheitsakzeptanz. Symptome und Behandlung ähneln sich, doch die Ursachen nicht.

Depressionen und Burnout: Ein Vergleich

Vorweg: weder eine Depression noch ein Burnout sollten Sie auf die leichte Schulter nehmen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert die Depression als «psychische Krankheit, die durch anhaltende Traurigkeit und einem Mangel an Interesse oder Freude an zuvor angenehmen Aktivitäten gekennzeichnet ist». Das trifft es ziemlich gut, doch kann sich eine Depression auch durch andere Symptome bemerkbar machen. Als Hauptsymptome gelten gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit, zu den Nebensymptomen gehören Konzentrationsschwierigkeiten, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit und Schlafstörungen.

Die Ursachen für Depressionen setzen sich aus körperlichen, genetischen und psychischen Auslösern zusammen. Ausserdem sind wir nach traumatischen Ereignissen oder in schwierigen Lebensphasen besonders gefährdet, eine Depression zu entwickeln.

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Anders als die Depression anerkennt die Weltgesundheitsorganisation das Burnout nicht als reguläre Krankheit. Vielmehr handelt es sich gemäss der WHO «um ein durch unverarbeiteten Stress am Arbeitsplatz ausgelöstes Syndrom». Erkennen lässt sich ein Burnout am starken Erschöpfungsgefühl, der steigenden geistigen Distanz und/oder negativen Haltung zum eigenen Job sowie einer Verringerung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Das Syndrom verläuft phasenweise, der zu Anfang von vielen Betroffenen empfundene Enthusiasmus führt erst zur Überforderung, dann zur Frustration und schliesslich zur vollkommenen Erschöpfung, die in eine Depression (sogenannte Erschöpfungsdepression oder Stressdepression) münden kann.

Burnouts werden vorwiegend mit Psychotherapie behandelt, in der Betroffene lernen, besser mit Stress umzugehen. Antidepressiva kommen nur zum Einsatz, wenn Patient:innen Symptome einer Depression zeigen. Der grösste Unterschied zwischen einem Burnout und einer Depression besteht einerseits in der Definition: während ersteres als Syndrom gilt, ist zweiteres eine anerkannte Krankheit. Weiter lassen sich die Krankheitsbilder dadurch voneinander trennen, dass bei einem Burnout eine klare Ursache ausgemacht werden kann, wird es doch durch Stress oder Überlastung am Arbeitsplatz ausgelöst. Bei einer Depression hingegen kommen erstens mehrere Faktoren hinzu und zweitens spielt die Ursache bei der Behandlung nur eine untergeordnete Rolle.

Freudlos, antriebslos und innerlich leer: Eine Depression fühlt sich für viele Betroffene an wie ein grosses schwarzes Loch. Depressionen sind etwas sehr Häufiges: jede fünfte Person ist im Verlauf ihres Lebens davon betroffen. Eine Depression bei sich selbst oder bei anderen zu erkennen, ist jedoch oft nicht einfach. Betroffene Personen verspüren also nicht nur eine ausgeprägte Traurigkeit und Niedergeschlagenheit, sondern verlieren auch jegliches Interesse an Dingen, die ihnen sonst Freude bereitet haben.

«Wenn man nur will, dann geht das schon», bekommen Betroffene oft zu hören. Bei Frauen zeigt sich eine Depression zum Teil anders als bei Männern. Männer verspüren nicht immer bekannte Symptome wie innere Leere, ein geringes Selbstwertgefühl und Stimmungsschwankungen. Natürlich kann man das nicht verallgemeinern.

Eine Depression hat nichts mit schlechten Angewohnheiten oder gar Faulheit zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine schwerwiegende Krankheit, bei der auch der Stoffwechsel im Gehirn eine erhebliche Rolle spielt. Bei Depressionen ist oft das ganze Stresshormonsystem des Körpers überaktiviert.

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Symptome und Anzeichen einer Depression

Depression sollte nicht mit einer vorübergehenden negativen Stimmung verwechselt werden. Negative Gefühle wie Trauer, Niedergeschlagenheit oder Lustlosigkeit erleben alle Menschen und gehören zum Leben dazu. Besonders nach Schicksalsschlägen oder in Zeiten von hohem Stress sind negative Gefühle völlig normal und sogar Teil einer «gesunden Reaktion».

Was jetzt? Für den Entscheid, ob man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollte, sind zwei Punkte relevant: der individuelle Leidensdruck und die wahrgenommene Beeinträchtigung. Was heisst das konkret? Wenn ich die aktuelle Situation als sehr belastend wahrnehme und darunter leide, sollte ich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Ebenso, wenn ich durch die Symptome eine Beeinträchtigung in Beruf, Privatem oder in der Freizeit spüre.

Depressive Menschen werden vom eigenen Organismus ausgebremst, sagt der Zürcher Psychiater Daniel Hell. Wer traurig ist, ist fähig zu weinen. Ein depressiver Mensch hingegen kann oft gar nicht mehr traurig sein, seine Tränen stocken. Ihre Lebensdynamik ist wie angehalten, es ist ein kummervolles Innehalten. Ihre Gefühle erleben sie gedämpft, auch wenn sie meistens eine quälende innere Unruhe verspüren.

An erster Stelle steht die gedrückte Stimmung. Als Zweites kommen Interessenverlust beziehungsweise Freudlosigkeit hinzu, als Drittes verminderter Antrieb oder erhöhte Ermüdbarkeit.

Depressive Menschen sind verlangsamt, und sie interessieren sich für nichts mehr. So kann der Eindruck entstehen, sie seien träge und faul. Aber sie sind es gegen ihren Willen. Nichts wäre ihnen lieber, als wieder aktiv sein zu können. Deshalb ist es falsch, an ihren Willen zu appellieren. Dadurch wird ihr Problem eher grösser.

Wer depressiv ist, wird vom Organismus ausgebremst. Solange sich die Bremse nicht lösen lässt, führt jedes Ankämpfen dagegen zu noch grösserer Spannung und Erschöpfung. Um die Bremse zu lockern, brauchen Betroffene Hilfe. Bei leichten bis mittelschweren Depressionen rate ich zur Psychotherapie. Meistens sind keine Antidepressiva nötig.

Wenn Menschen Verluste, belastende Veränderungen oder anhaltende Herausforderungen erleben, kann es sein, dass sich daraus eine Depression entwickelt. Eine Depression hat nichts mit einem momentanen Stimmungstief zu tun. Eine weitere Erkrankung, bei der Depressionen vorkommen, sind die bipolaren Störungen. Wer an einer Depression erkrankt, ist nur noch begrenzt belastbar.

Anhaltende oder wiederkehrende Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit
Interessensverlust und Freudlosigkeit bis hin zu einem Gefühl innerer Leere
Konzentrations- und Schlafstörungen
Emotionale, geistige und körperliche Erschöpfung, aber auch Angetrieben sein
Schuldgefühle und Gefühl von Wertlosigkeit
Appetitlosigkeit
Negative oder pessimistische Zukunftsaussichten
Vernachlässigung von alltäglichen Aufgaben, beruflichen Verpflichtungen, Freizeitaktivitäten und sozialen Kontakten
Körperliche Beschwerden, u.a.

Wichtig: Betroffene sind keine Versager. Sie sind auch nicht faul oder wehleidig. Die postpartale Depression ist eine Sonderform der Depression.

Behandlung und Unterstützung

Depressionen sind behandelbar. Meist ist eine Kombination von Psychotherapie, Achtsamkeitsübungen und bei schweren Verläufen, von Medikamenten am wirksamsten. Als unterstützend im Genesungsprozess kann sich auch die Beratung von Angehörigen erweisen. Auch bei bipolaren Störungen haben sich Psychotherapien, vor allem Verhaltenstherapie, als wirksam erwiesen. Oftmals werden diese gekoppelt mit praxisorientierten Coachings, die helfen einen Umgang mit der Krankheit zu finden. Fühlen Sie sich überfordert? Über Belastendes zu reden, tut gut.

Ausgelöst wird eine Depression laut dem Psychoanalytiker «meist durch längere Phasen von Überlastung und Überforderung, durch schwierige Konstellationen in der Familie, problematische Beziehungen, anhaltenden Stress am Arbeitsplatz, Enttäuschungen, Verlust und Krisen oder auch Mobbing». Mit Faulheit oder einer falschen Einstellung zu den Dingen haben Depressionen dagegen nichts zu tun. Im Gegenteil sind Betroffene «häufig sehr engagiert, gewissenhaft und auf der Suche nach Lösungen».

«Die Depression verändert das Wesen des Betroffenen sehr stark», sagt Brezina. Depressive leiden erheblich, aber auch ihr Umfeld, die Familie, die Kinder werden belastet. Der Hausarzt oder die Hausärztin behandeln eine depressive Erkrankung oft mit Medikamenten. Reicht dies nicht aus, überweisen sie Betroffene in eine psychiatrische oder psychologische Behandlung, die sie darin unterstützen soll, die entscheidenden Veränderungen einzuleiten. Ist eine Depression erst einmal diagnostiziert, braucht es aber genau dies - und die richtigen Fachleute an der Seite. Eine rasche Unterstützung und psychische wie physische Entlastung sind wichtig. Die oft gehörte Aufforderung, sich einfach zusammenzureissen, ist kontraproduktiv. Vielmehr müssen alle Beteiligten viel Geduld und Wohlwollen aufbringen.

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