Der Einfluss sozialer Medien auf die psychische Gesundheit: Eine umfassende Betrachtung

Digitale Medien prägen den Alltag junger Menschen wie nie zuvor. Soziale Plattformen, Online-Games und digitale Inhalte bieten Chancen für Austausch und Bildung, bergen aber auch Risiken. Studien zeigen, dass exzessive Mediennutzung mit erhöhtem Stress, Schlafmangel und psychischen Belastungen wie Angststörungen oder Depressionen in Verbindung stehen kann.

Die Rolle sozialer Medien im Leben junger Menschen

In der Schweiz sind die sozialen Medien zu einem integralen Bestandteil des täglichen Lebens junger Menschen geworden, die im Durchschnitt vier Stunden täglich online sind (SWI Swissinfo.ch, 2019). Für junge Menschen, die sich in ihrem täglichen schulischen oder häuslichen Umfeld einsam fühlen, können digitale Communities ein wertvolles Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln.

Die sozialen Medien stellen nicht nur eine Möglichkeit dar, soziale Kontakte zu knüpfen, sondern sie sind zu einer signifikanten Informations- und Lernquelle geworden. Mehr als die Hälfte der jungen schweizer Medienkonsumentinnen und -konsumenten informieren sich hauptsächlich online oder über Social-Media-Plattformen (Meyer, 2017). Diese Plattformen dienen als Räume zur Unterhaltung und helfen jungen Menschen, die aktuellen Ereignisse, die Politik und für sie wichtige soziale Themen zu verstehen. Die sozialen Medien bieten einen schnellen Zugang zu einem breiten Wissensspektrum und ermöglichen ihnen, unterschiedliche Themen zu erschließen und neue Perspektiven zu entdecken.

Soziale Medien bieten außerdem einzigartige Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, sich kreativ darzustellen (Bichsel, 2023). Digitale Tools und Plattformen ermöglichen es ihnen, sich künstlerisch auszudrücken, indem sie Fotos, Videos und Musik erstellen, bearbeiten und teilen (Bichsel, 2023). Dieser Prozess hilft ihnen, ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entwickeln, mit verschiedenen kreativen Techniken zu experimentieren und möglicherweise Feedback zu ihren Kreationen zu erhalten.

Negative Auswirkungen sozialer Medien

Trotz der Vorteile wird die Nutzung sozialer Medien mit nachteiligen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit in Verbindung gebracht. In der Schweiz gibt fast jeder dritte Heranwachsende an, sich durch die sozialen Medien gestresst zu fühlen (SWI swissinfo.ch, 2022). Jüngste Entwicklungen weisen darauf hin, dass die Zahlen für Cybermobbing und sexuelle Belästigung im Internet alarmierend steigen (Külling et al., 2022).

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Laut der JAMES-Studie von 2022 berichtet 29 % der befragten Jugendlichen, sexuelle Belästigung im Internet erfahren zu haben (verglichen zu 14 % im Jahr 2014), wobei Mädchen viel öfter betroffen sind als Jungen (Jeunes et Médias, n.d.; SWI swissinfo.ch, 2022). In einer von EU Kids Online Switzerland durchgeführten Studie fand man heraus, dass ein Viertel der Kinder und Jugendlichen, die von Cybermobbing betroffen sind, es nicht erzählen (ProJuventute, n.d.). Dieses Schweigen kann zu schweren psychologischen Auswirkungen führen wie Depressionen, Angstzuständen oder sogar Selbstmordgedanken (Pro Juventute, n.d.).

Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl

Die Besorgnis über das problematische Nutzen der sozialen Medien und die Internetsucht wächst. Das übermäßige Nutzen digitaler Medien ersetzt oft wichtige menschliche Beziehungen und körperliche Aktivitäten. Statistiken zeigen, dass mehr als 3,8 % der Schweizer ab 15 Jahren unter Internetsuchstörungen leiden (Beeli, 2024). Mädchen im Teenageralter sind besonders anfällig für diese Störung sowie für andere psychische Gesundheits probleme in Zusammenhang mit den sozialen Medien, wie zum Beispiel die Angst, etwas zu verpassen (FOMO- Fear of Missing Out), ein geringeres Selbstwertgefühl, Konzentrationsschwächen und Schlafstörungen (Beeli, 2024). Diese Sucht kann die Zeit für körperliche Aktivitäten und soziale Interaktionen im wahren Leben einschränken, was zu Gefühlen der Einsamkeit und zu Depressionen führt.

Außerdem ist das Risiko, durch ein negatives Körperbild und ein geringes Selbstwertgefühl zu leiden, in der Pubertät am größten. Der ständige soziale Vergleich auf diesen Plattformen kann Probleme mit dem Selbstwertgefühl verschlimmern, da die Nutzer ihr Leben am Leben von Gleichaltrigen oder Influencern messen.

In den letzten zehn Jahren hat die wachsende Zahl sozialer Plattformen dazu geführt, dass Teenager immer mehr idealisierten Darstellungen ausgesetzt sind (SWI swissinfo.ch, 2015). Dieser Druck kann zu Problemen mit der eigenen Körperwahrnehmung und zu Essstörungen beitragen und so das Selbstwertgefühl der Jugendlichen schwächen.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Medienkompetenz in der Schweiz

Viele junge Internetnutzer in der Schweiz sind mit wenig Überwachung unangemessenen und schädlichen Online-Inhalten ausgesetzt. Es existieren wenig Kontrollen zum Umgang von Social-Media-Unternehmen mit den Daten der Kinder oder zum Gebrauch von zielgerichteten Algorithmen. Politiker haben zu einem stärkeren Schutz der Daten von Kindern und einer verstärkten Kontrolle von Social-Media-Unternehmen bezüglich ihrer Strategien gegenüber Kindern aufgerufen.

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Daher hat die Schweiz angefangen, einige dieser Internetgefahren anzusprechen. Als Unterzeichnerin der UN- Kinderrechtskonvention hat die Schweiz die Pflicht, Kinder vor jeder Form von Gewalt schützen, wozu auch digital Gewalt gehört. Artikel 17 betrifft speziell den Zugang zu Informationen sowie den Schutz vor schädlichen Inhalten unter Berücksichtigung des Kindeswohls (United Nations, 1989).

Die Regierung der Schweiz hat zum Beispiel das Jugend- und Medien-Programm (Jeunes et Médias auf Französisch) eingeführt, um die Medienkompetenz und Digital-Citizenship-Fähigkeiten der Heranwachsenden und ihrer Eltern zu verbessern (e-media.ch, n.d.; Office fédéral des assurances sociales, 2022). In den Schulen gibt es verstärkt Unterricht in digitaler Kompetenz, um sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche sicher und verantwortungsbewusst mit dem Internet umgehen können (Domenjoz, 2022).

Trotz dieser Maßnahmen ist eine umfassende Politik notwendig, um Minderjährige online zu schützen, einschließlich starker Maßnahmen gegen Cybermobbing sowie strengeren Vorschriften für die Daten der Jugendlichen und die Algorithmen. Aber die Umsetzung wirksamer politischer Maßnahmen ist komplex und erfordert einen ständigen Dialog und Zusammenarbeit (Külling et al., 2022).

Strategien zur Förderung der psychischen Gesundheit im digitalen Zeitalter

Stärkung der digitalen Bildung und der Beteiligung der Eltern

Die sozialen Medien sind zu einem wesentlichen Bestandteil im Leben der Kinder und Heranwachsenden in der Schweiz geworden und die Auswirkung auf die psychische Gesundheit sollte nicht unterschätzt werden. Es erfordert eine Zusammenarbeit zwischen Entscheidungsträgern, Familien, Lehrern, Technologieunternehmen, Forschern, Kindern und Heranwachsenden, um die Kinder und Jugendlichen effektiv zu schützen.

Bildungsanstrengungen zur Förderung der digitalen Medienkompetenz, der Netiquette und der Prävention von Cybermobbing sollten verstärkt werden. Diese Programme können Schülerinnen und Schülern helfen, Internetrisiken zu erkennen und mit ihnen umzugehen und gleichzeitig einen gesunden Umgang mit der Bildschirmzeit sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Online- und Offline-Aktivitäten zu fördern. Schulen benötigen aber ausreichende finanzielle Mittel, um diese wesentlichen digitalen Citizenship-Fähigkeiten zu unterrichten.

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Eltern spielen in diesem pädagogischen Rahmen auch eine entscheidende Rolle. Klare Regeln für die Bildschirmzeit und offene Gespräche mit ihren Kindern über ihre Erfahrungen im Internet sind wichtig, um mit Internetrisiken umzugehen und das Selbstwertgefühl ihrer Kinder zu unterstützen (Addiction Suisse, 2023).

Verstärkung der Regulierungsmaßnahmen und Betreuungsdienste

Zusätzlich zu den pädagogischen und elterlichen Bemühungen erwägt die Regierung der Schweiz strengere Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören eine strengere Kontrolle der Inhalte, härtere Strafen für Cybermobbing und verstärkte Datenschutzanforderungen für Social Media-Plattformen. Diese Regulierungsbestrebungen werden ergänzt durch nationale Sensibilisierungskampagnen mit dem Ziel, die Öffentlichkeit über die Risiken der sozialen Medien und Strategien zur Risikominderung aufzuklären.

Außerdem bedarf es strengerer Vorschriften und einer besseren Überwachung - wie etwa Altersfreigaben, Inhaltskontrolle und Durchsetzung, Datenminimierung und algorithmische Transparenz - um einen größeren Schutz für Minderjährige auf Social-Media-Plattformen zu gewährleisten. Es werden zusätzliche Vorschriften auf europäischer Ebene benötigt, um die globale Reichweite dieser Plattformen zu berücksichtigen. Kinder und Jugendliche sollten auch in die Entwicklung von Lösungen für die Internetsicherheit einbezogen werden, wie dies in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention garantiert wird (Commission fédérale pour l’enfance et la jeunesse, 2024; United Nations, 1989).

Schlussendlich ist der Zugang zu psychologischen Betreuungsdiensten für Kinder und Heranwachsende, die unter dem Einfluss der sozialen Medien stehen, von großer Bedeutung. Wesentlich ist der erweiterte Zugang zu psychologischen Diensten - besonders für Ängste im Zusammenhang mit den sozialen Medien, Süchten, der eigenen Körperwahrnehmung sowie Selbstmordgedanken.

Schulen und Gemeinden sollten Anlaufstellen, vertrauliche Beratungsstellen und Unterstützungsprogramme anbieten, um Kindern und Jugendlichen dabei zu helfen, Stress und Ängste, die im Zugsamenhang mit ihrer Internetnutzung stehen, zu bewältigen und gleichzeitig das Stigma abzubauen, das mit der Suche nach Hilfe verbunden ist.

Die Rolle der Gesundheitsförderung in der Prävention

Ein zentraler Ansatz der Gesundheitsförderung ist Empowerment, also die Stärkung der Eigenverantwortung für das eigene Wohlbefinden. In Bezug auf die Auswirkungen von Social Media auf die psychische Gesundheit könnte dies bedeuten, dass Jugendliche im Umgang mit Social Media gestärkt werden, etwa durch eine Förderung der Medienkompetenz und eine Sensibilisierung auf potenzielle Risiken der Social Media-Nutzung.

Aktuelle Forschungsergebnisse

Eine neue Metastudie zeigt auf, dass die Auswirkungen von Social Media auf die mentale Gesundheit weniger stark sind als bisher angenommen. Sie wirft auch «gesellschaftlichen Anführern» moralische Panik vor.

Das Team untersuchte Studien zu den Auswirkungen von Social-Media-Gebrauch auf die psychische Gesundheit von Minderjährigen, die in den letzten zehn Jahren publiziert worden waren. Die Metaanalyse kritisiert die vorangegangenen Studien in der Qualität ihrer Resultate. Diese stehe in grosser Diskrepanz zu den öffentlichen Aussagen einiger Wissenschaftler, Befürworter und politischer Entscheidungsträger. Die grösste Kritik, die Ferguson und seine Kollegen an vergangene Studien richtet, ist deren Fokus auf die Zeit, die man auf Social Media verbringt. Dies sei zu wenig aussagekräftig.

Zusammenhang zwischen Social-Media-Nutzung und Wohlbefinden

Eine Studie des BAG, der Universität Bern und Sucht Schweiz untersucht den Zusammenhang zwischen Social-Media-Nutzung und dem Wohlbefinden von Jugendlichen in der Schweiz. Die Ergebnisse bestätigen internationale Studien zu alters- und geschlechtsspezifischen Sensibilitätsfenstern für soziale Medien.

Handlungsempfehlungen für Eltern

Wie viel Bildschirmzeit ist gesund und vertretbar für Kinder und Jugendliche? Wann ist es zu viel? Diese Fragen beschäftigen viele Eltern. Jugendliche brauchen Begleitung Im Jugendalter befindet sich das Gehirn im Umbau. Jugendliche werden stark von Lust und Neugierde gelenkt. Sie können noch nicht so gut vorausdenken und sich kontrollieren. Deshalb sind die Risiken von digitalen Medien für sie erhöht. Jugendliche brauchen darum Begleitung durch Erwachsene.

Auf dieser Doppelseite finden Eltern Tipps, um ihre Jugendlichen im Umgang mit digitalen Medien zu begleiten. Der Flyer enthält auch Anlaufstellen und den Hinweis auf Broschüren zum Thema. Die Tipps eignen sich zum Weiterverteilen, z.B. an einem Elternabend.

Die Rolle der Schule

Viele Schulen verbieten Handys, um die psychische Gesundheit von Jugendlichen zu fördern. Die SMART Schools-Studie untersuchte 1'227 Jugendliche aus 30 Schulen und verglich Schulen mit und ohne Handyverbot. Ergebnis: Schülerinnen und Schüler mit Verbot nutzten ihr Handy in der Schule weniger, aber ihre gesamte Nutzungszeit und ihr Wohlbefinden unterschieden sich nicht.

82 % der Schweizer Bevölkerung unterstützen ein Handyverbot an Schulen, zeigt eine Sotomo-Umfrage. Besonders Konzentrationsprobleme und Suchtverhalten bei Jugendlichen sind Gründe dafür. Selbst 60 % der 18- bis 25-Jährigen wären dafür.

Die wachsende Bedeutung der Online-Beratung

In der Suchthilfe und Suchtherapie gewinnt die Beratung über Online-Kanäle an Bedeutung. Eine erfolgreiche Methode ist «Blended Counseling» - eine Beratung, bei der Gespräche gemischt stattfinden: wechselnd online und vor Ort.

Unterstützungsangebote für Jugendliche

Infoportal zur Depression und psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen. Sie bietet einen Raum, in dem man sich ohne Tabus zu einer Vielzahl von Themen rund um die Gesundheitsförderung und -prävention äussern kann, angereichert mit professionellen Antworten und dem Austausch unter Gleichaltrigen.

Überblick über die Mediennutzung Jugendlicher in der Schweiz

Laut aktueller Erhebung nimmt die Bildschirmzeit bei Jugendlichen kontinuierlich zu. An einem durchschnittlichen Wochentag sind es über drei Stunden, am Wochenende fast fünf Stunden.

Zwei Drittel der 11- bis 15-Jährigen in der Schweiz sind täglich auf den sozialen Medien aktiv, ein Fünftel spielt jeden Tag Online- oder Videospiele.

Zusammenfassende Tabelle: Einflussfaktoren und Maßnahmen

EinflussfaktorenMaßnahmen
Leistungsdruck und StressProgramme zur Stressbewältigung, gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen
Soziale Medien (Cybermobbing, unrealistische Schönheitsideale)Förderung der Medienkompetenz, Sensibilisierung für Risiken, strengere Vorschriften
KörperbildFörderung eines positiven Körperbildes, Aufklärung über unrealistische Schönheitsideale
GeschlechterrollenFörderung von Gleichberechtigung, Abbau traditioneller Geschlechterrollen
InternetsuchtZugang zu psychologischen Diensten, Beratungsstellen

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