Mit Diabetes zu leben, beinhaltet nicht nur das Management der körperlichen Symptome von Diabetes. Emotionale und psychische Herausforderungen begleiten oft die Krankheit, was das Leben mit Diabetes zu einer vielschichtigen und komplexen Erfahrung macht.
Wer an Diabetes leidet, muss lernen, seinen Alltag der Krankheit anzupassen. Das geht teilweise mit einer massiven Fremdbestimmung einher. Zu den starken Einschnitten in die Lebensqualität gesellen sich Sorgen um Folgeerkrankungen - eine grosse psychische Belastung, die sich häufig in depressiven Symptomen zeigt.
Längst nicht alle auf der Welt haben Zugang zu einer Diabetesbehandlung, die sie brauchen. Weltweit gibt es rund 425 Millionen Betroffene. Es soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass längst nicht alle Erkrankten Zugang zu der Diabetesbehandlung haben, die sie brauchen.
Psychische Belastung durch Diabetes
Diabetes-Distress: Darunter versteht man Diabetes-Distress - eine Art diabetesbezogenen emotionalen Dauerstress. Diabetes-Distress ist ein negativer emotionaler Zustand, der mit Gefühlen wie Frustration, Schuld, Scham, Versagen, Selbstzweifel, Angst und Hoffnungslosigkeit im Zusammenhang mit dem Diabetes und dem Diabetes-Management einhergeht.
Es gibt keine «richtigen» oder «falschen» Gefühle und doch gibt es Gefühle, die darauf hindeuten, dass der Diabetes einem zu viel wird:
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- Sie ärgern sich über den Diabetes und sind frustriert über die hohen Anforderungen, die das Diabetes-Management an Sie stellt.
 - Sie machen sich Sorgen, dass Sie Ihren Diabetes nicht gut genug «managen», sind aber nicht motiviert genug, daran etwas zu ändern.
 - Sie vermeiden es, ihre Blutzuckerwerte zu kontrollieren oder zögern Kontrolltermine bei Ihrem Diabetologen/Ihrer Diabetologin heraus.
 
Einige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass jede vierte Person mit Typ 1 Diabetes und jede sechste mit Typ 2 Diabetes irgendwann ein höheres Mass an Diabetes-Distress erlebt.
Diabetes-Burnout: Haben Sie das Bild einer Kerze im Kopf, die brennt, bis sie von selbst erlöscht? In Englisch nennt man dies „Burn-out“. Ein „Burn-out“ wird in Verbindung mit Diabetes Typ 1 als Erschöpfung und Gefühl von - Frustration gegenüber dem täglichen Umgang mit der Krankheit beschrieben und bewirkt manchmal inkohärente Verhaltensmuster des Selbstmanagements.
Diabetes-Burnout ist ein relativ neues Konzept: Eine Forschungsarbeit aus dem Jahr 2020 untersuchte wie Diabetesbetroffene Diabetes-Distress und Diabetes-Burnout empfinden. Es zeigten sich eine Reihe von Ähnlichkeiten zwischen den beiden Zuständen: das Gefühl der Ohnmacht im Umgang mit Diabetes, Frustration und Wut auf den Diabetes und seine Behandlung, sich ausgebrannt oder überfordert zu fühlen.
Und trotzdem sahen Betroffene auch Unterschiede zwischen Diabetes-Distress und Diabetes-Burnout: So scheint zusätzlich eine tiefe Erschöpfung charakteristisch für ein Diabetes-Burnout zu sein.
Depression: Rund ein Viertel aller Menschen mit Diabetes leidet an depressiven Verstimmungen. Diabetes und Depression ist eine riskante Kombination, denn die Depression mindert nicht nur die Lebensqualität. Sie trägt auch zu einer schlechteren Einstellung des Diabetes bei und erhöht somit das Risiko für Spätfolgen.
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Laut Zahlen von Public Health Schweiz leidet ein Viertel aller Menschen mit Diabetes an depressiven Verstimmungen. «Für Diabetikerinnen und Diabetiker ist das Risiko, an einer Depression zu erkranken, deutlich höher als für Nichtbetroffene», erklärt Maria Trottmann, Expertin Versorgungsforschung bei SWICA.
Umgekehrt können auch Depressionen die Zuckerkrankheit auslösen oder verschlimmern: Gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit, Konzentrations- und Schlafstörungen stehen einem gesunden Lebensstil mit viel Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung im Weg. Zudem ist es schwieriger, sich an die Diabetestherapie zu halten. Beides wäre aber wichtig, um das Risiko für die Entstehung von Diabetes Typ 2 zu senken oder die Folgen abzuschwächen.
Der mentale Stress hat zudem einen negativen Einfluss auf den Hormonhaushalt und damit ebenfalls auf den Blutzuckerspiegel. Misserfolge im Umgang mit der Zuckerkrankheit sind wiederum Gründe für Selbstvorwürfe und Versagensgefühle - ein Teufelskreis zeichnet sich ab.
Eine Depression ist im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Belastungszuständen eine psychische Erkrankung, die zwar als Begleiterkrankung bei Menschen mit Diabetes auftreten kann, aber nicht spezifisch mit dem Diabetes oder dem Diabetes-Management zusammenhängt.
Umgang mit Diabetes und psychischer Gesundheit
Achten Sie auf Ihre Gefühle und fragen Sie nach Hilfe: Fortgesetzter Stress und andauernde Frustration können bedeuten, dass Sie bei Ihrem Diabetesmanagement mehr Unterstützung benötigen.
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Nehmen Sie sich Zeit für sich: Konzentrieren Sie sich auf eine Sache, teilen Sie sich Ihre täglichen Aufgaben ein und nehmen Sie sich die Zeit für Dinge, die Sie gerne tun - z. B. Erstellen Sie einen Zeitplan, der für Sie passt: Denken Sie an Situationen, die Sie als belastend empfinden und entwickeln Sie Problemlösungsstrategien, um den Stress unter Kontrolle zu halten.
Wenn Sie z. B. Angst haben, dass Ihr Blutzuckerspiegel nachts abfällt, überprüfen Sie ihn vor dem Schlafengehen.
- Beschreiben Sie das Problem, dem Sie sich gegenübersehen.
 - Erstellen Sie eine Liste von praktischen Lösungen.
 - Wählen Sie eine Lösung, probieren Sie sie aus und prüfen Sie, ob sie funktioniert.
 
Das Management von Diabetes dreht sich nicht nur um Insulindosen oder Ernährungsentscheidungen; es geht auch darum, Ihre geistige Gesundheit zu achten. Indem Sie emotionale Unterstützung, ganzheitliche Pflege (hallo, 5 C’s!) und eine Prise Gnade kombinieren, rüsten Sie sich für einen stabileren Weg in die Zukunft.
Geben Sie sich selbst Anerkennung - Sie schaffen eine der schwierigsten Aufgaben: Sich um sich selbst zu kümmern.
Spezialisierte Berater oder Therapeuten helfen, realistische Ziele zu setzen und Ihre Erfahrungen zu bestätigen. Wenn persönliche Optionen überwältigend wirken, ist virtuelle Therapie immer eine Alternative.
Achtsamkeitspraktiken: Atemübungen, Meditation oder einfach ein achtsamer Moment während der Blutzuckermessung können helfen, geerdet zu bleiben.
Peer-Support-Gruppen beitreten: Manchmal gibt es nichts Heilsameres, als zu wissen, dass jemand anderes es voll und ganz versteht. Diabetes-Selbsthilfegruppen, online oder offline, sind fantastische Räume der Solidarität.
Fortschritte verfolgen ohne Besessenheit: Tracking-Tools wie Glukosetagebücher können sehr hilfreich sein, aber denken Sie daran, sie sollen unterstützen und nicht stressen. Seien Sie freundlich zu sich selbst auf Ihrem Weg.
Die Einstellung zählt wirklich. Es geht nicht darum, die Schwierigkeiten zu leugnen oder zu ignorieren, sondern vielmehr darum, Freude und Gnade in eine anspruchsvolle Routine zu bringen.
Betrachten Sie Essensplanung als kreative Chance. Entdecken Sie zufriedenstellende, neue Rezepte. Machen Sie aus Bewegung ein Vergnügen - Tanzen, Spaziergänge mit Freunden oder Wochenendwanderungen können energetischer wirken als verpflichtende Fitnessstudio-Sessions.
Integrierte Versorgung
Diese doppelt belasteten Patientinnen und Patienten bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. Sinnvollerweise erfolgt die Behandlung innerhalb eines koordinierten Versorgungsprogramms. So wird sichergestellt, dass die Betroffenen eine optimale medizinische Betreuung erhalten und die einzelnen Fachpersonen untereinander vernetzt sind. Die medizinische Situation wird regelmässig und sorgfältig evaluiert, Therapieziele sowie die notwendigen Massnahmen werden gemeinsam festgelegt.
Weil Diabetes selten alleine kommt und mit vielen weiteren Krankheiten wie Adipositas, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Krebs oder - zwar keine Krankheit, aber auch ein nachgewiesener Einflussfaktor - Armut korreliert, ist eine integrierte Versorgung mit speziellem Fokus auf die individuellen Bedürfnisse besonders wichtig.
Kontinuierliche Blutzuckermessung
Eine kontinuierliche Blutzuckermessung könnte für psychisch erkrankte Menschen mit Typ-2-Diabetes eine Erleichterung darstellen. Geht es doch darum, auch bei ihnen zuverlässig Hypoglykämien zu vermeiden.
Patienten mit psychischen Erkrankungen wie beispielweise Schizophrenie, schizoaffektive Störungen, bipolare Störungen und Psychosen haben ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Typ-2-Diabetes-Erkrankung als die Normalbevölkerung.
Die Therapie des Typ-2-Diabetes erfordert allerdings ein zuverlässiges Management hinsichtlich Blutzuckermessung und Medikamenteneinnahme. Das können diese Patienten nicht oder nur unzureichend leisten.
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