Emotionales Essen und Depression: Was Sie dagegen tun können

Emotionales Essen - auch emotionaler Hunger genannt - beschreibt ein Muster, bei dem Menschen aus Gefühlen heraus essen und nicht, weil sie wirklich hungrig sind. In diesen Momenten greifen Betroffene zu bestimmten Lebensmitteln, um sich besser zu fühlen und emotionalen Stress abzubauen.

Was ist emotionales Essen?

Emotionales Essen gilt in der Psychologie nicht als Essstörung, denn emotionaler Hunger ist zunächst nicht krankhaft. Erst wenn Betroffene unkontrolliert und anfallsartig essen, sprechen Fachpersonen von einer Störung des Essverhaltens.

Ursachen für emotionales Essen

Die Auslöser für emotionales Essen sind vielfältig, haben jedoch eines gemeinsam: Sie alle sind negative Gefühle. Laut der Psychologie ist emotionales Essen erlerntes Verhalten. Betroffene versuchen, negativen Gefühlen durch emotionales Essen entgegenzuwirken.

Für kurze Zeit beruhigt das Essen, baut Stress ab, tröstet oder vertreibt Langeweile. Ob Stress-Essen oder Frustessen, die Auswirkungen des emotionalen Essens sind immer gleich: Betroffene greifen unbewusst zu Nahrungsmitteln, die ihre negativen Gefühle kompensieren. Knusprige Lebensmittel wie Chips dienen beispielsweise dazu, Frust und Ärger durch Kauen abzubauen. Auch Schokolade wird häufig gewählt. Im Gegensatz dazu äussert sich echter (physischer) Hunger durch körperliche Anzeichen.

Folgen von emotionalem Essen

Emotionales Essen hat verschiedene Folgen - vor allem, wenn es zur Gewohnheit wird. Betroffene nehmen dann häufig zu und fühlen sich mit ihrem Essverhalten unwohl. Das wiederum führt zu einer psychischen Belastung. Ausserdem greifen emotionale Esserinnen und Esser oft zu fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln. Dies erhöht langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht.

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Was tun gegen emotionales Essen?

Emotionalem Essen können Sie mit verschiedenen Massnahmen entgegenwirken, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Am besten gehen Sie Schritt für Schritt vor und setzen die einzelnen Methoden langsam um. Bei emotionalem Essen kommen verschiedene Übungen zum Einsatz. Sie helfen Betroffenen, sich zum Beispiel Stress-Essen abzugewöhnen.

  • Führen Sie ein Ernährungstagebuch: Notieren Sie, was Sie essen, und versuchen Sie, die Motivation hinter Ihrem emotionalen Essen zu verstehen. Wann tritt Stress-Essen auf? Welches Gefühl geht dem emotionalen Essen voraus? Warum helfen mir bestimmte Lebensmittel, mit diesem Gefühl umzugehen?
  • Alternativen zum Essen suchen: Überlegen Sie, was Ihnen statt des Essens noch guttun würde. Was würde Ihre Sinne in gleicher Weise ansprechen? Vielleicht der Geschmack eines feinen Tees, die frische Luft auf Ihrer Haut bei einem Spaziergang oder der Duft ätherischer Öle bei einem heissen Bad? Nehmen Sie diese heraus, wenn Sie Lust auf etwas Süsses haben oder Ihre Gefühle die Oberhand gewinnen.
  • Entspannungstechniken anwenden: Machen Sie progressive Muskelentspannung oder Yoga.
  • Süssigkeiten und ungesunde Snacks weniger zugänglich machen: So umgehen Sie impulsives, emotionales Essen.

Tipps für Eltern

Emotionales Essen entwickelt sich bei Betroffenen oft schon in der Kindheit und bleibt als erlerntes Verhalten bestehen. Dabei spielen die Eltern eine entscheidende Rolle. Erlebt Ihr Kind emotionalen Stress, trösten Sie es nicht mit Essen. Bieten Sie ihm lieber emotionale Unterstützung durch ein Gespräch. Beruhigen Sie Ihr Kind auch nicht mit Süssigkeiten.

Die Rolle des Darms und des Mikrobioms

Die Glückszentrale im Gehirn hat aber noch eine Dépendance im Körper: den Darm. Er enthält, ganz wie die obere Etage, Unmengen von Nervenzellen; nicht umsonst spricht man von Bauchhirn und Bauchgefühl. Über einen grossen Nerv, den Nervus vagus, ist der Darm direkt mit dem Gehirn verbunden - eine Datenautobahn, die Unmengen von Signalen übermittelt, und zwar fast nur von unten nach oben.

Eine grosse Rolle spielen die zahllosen Mikroben, die den Darm bevölkern: «Wenn man so will, sind die Bakterien schlau. Sie leben vom Menschen und wollen, dass es ihrem Wirtskörper gut geht. Also sorgen sie für dessen Wohlbefinden und haben für die Gesundheit förderliche Mechanismen entwickelt. Wir nennen das eine positive Interaktion zwischen Besiedelung und Wirt, eine Win-win-Situation», sagt die Psychiaterin Lang.

Die Mikroben bei Laune zu halten, sei daher ein Glücksrezept, meint Undine Lang: «Ernährung kann die psychische Gesundheit steuern, das zeigen Studien zur mediterranen und japanischen Ernährung mit viel Fisch und Gemüse.

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Ernährungstipps für eine gesunde Psyche

  • Kochen Sie selbst! Verwenden Sie dazu frische Nahrungsmittel - besonders Gemüse, keine Fertigprodukte, vermeiden Sie viel Zucker oder Salz. Selbstgekochte Gerichte sind voller wichtiger Nährstoffe für den Körper. Fühlt sich der Körper genährt, spürt dies auch die Psyche.
  • Essen Sie ausgewogen: Ihr Körper und Ihre Psyche benötigen täglich Mineralstoffe, Vitamine, gesunde Fette, Proteine und Ballaststoffe. Vermeiden Sie es, ständig das Gleiche zu essen.
  • Nehmen Sie sich Zeit fürs Essen: Ohne Handy oder Fernseher und nicht zwischen Tür und Angel. Setzen Sie sich hin und kauen Sie bewusst - aktivieren Sie dabei Ihre Sinnesorgane: Schmecken und riechen Sie, was auf Ihrer Zunge und an ihrem Gaumen liegt. Nehmen Sie die Textur der Nahrung wahr.
  • Essen Sie öfter mit Freund:innen und Familie: Kochen Sie zum Beispiel für Gäste.
  • Mini-Fasten: Lassen Sie die Zwischenmahlzeiten und Snacks weg. Essen Sie Frühstück, Mittag- und Abendessen.
  • Hören Sie mehr auf Ihren Bauch: Viele von uns haben verlernt, wirklich auf den Bauch zu hören. Oft essen wir zu gewohnten Uhrzeiten, obwohl wir nicht wirklich hungrig sind.

Lebensmittel, die die Stimmung aufhellen können

Studien haben gezeigt, dass die traditionelle Kost im Mittelmeerraum gegen milde bis starke Depressionen hilft. Unser Gehirn benötigt bestimmte Fettsäuren, damit es richtig funktioniert - und damit auch unser Wohlbefinden steuert. Zu den wichtigsten dieser Fettsäuren zählen Omega-3 und Omega-6. Neben weiteren gesundheitlichen Vorteilen erhöhen diese Fettsäuren den Spiegel des Glückshormons Serotonin. Die Forschung empfiehlt 1-2 Mal in der Woche fetten Seefisch zu essen oder Fisch- bzw. Algenöl einzunehmen.

Vitamin D unterstützt die Produktion des Stimmungshormons Serotonin. Zudem helfen die B-Vitamine unserem Nervensystem - und damit unserer Psyche. Zu den Nervenvitaminen zählen u.a. B1, B6, B12 und B9. Letzteres ist uns als Folsäure besser bekannt.

Achtsamkeit als Schlüssel zur Veränderung

Wer sich in Achtsamkeit übt und sie immer weiter vertieft, kann wieder viele wundervolle Facetten der Lebensmittel und der Natur entdecken. Oft ändert sich dadurch - gemäss unserer Erfahrung in der Arbeit mit psychiatrischen Patienten - auch die Ernährung immer mehr in Richtung einer ausgewogenen, abwechslungsreichen Kost. Denn frische Lebensmittel riechen und schmecken einfach besser als stark verarbeitete.

Zudem isst man in einem achtsamen Zustand bewusster: Das Hunger- und Sättigungsgefühl wird wieder wahrgenommen. Man kann zu essen aufhören, wenn ein Sättigungsgefühl eintritt. Somit lässt sich das Risiko für übermässige Kalorienzufuhr reduzieren. Auch regelmässig zwei tiefe bewusste Atemzüge vor dem Essen zu machen, kann bereits eine Wirkung zeigen.

Steigt die Achtsamkeit, verbessert sich auch die Körperwahrnehmung. Es kann wieder differenziert werden, ob tatsächlich Hunger vorliegt oder ob gerade aus Langeweile, Frust, Einsamkeit oder Ähnlichem gegessen wird. Achtsamkeit lässt uns auch erforschen, warum wir gerade essen wollen, obwohl kein Hungergefühl gegenwärtig ist.

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Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Manche Betroffene brauchen professionelle Unterstützung, wenn sie das emotionale Essen überwinden möchten. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Lebensqualität durch das emotionale Essen stark eingeschränkt ist. Hier bringt eine psychotherapeutische Behandlung gute Ergebnisse. Sprechen Sie zunächst mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt darüber.

Emotionales Essen können Sie wieder verlernen. Befolgen Sie dazu die verschiedenen Tipps und integrieren Sie die Übungen in Ihren Alltag. Wenden Sie sich an Fachpersonen, wenn Sie zusätzliche Unterstützung benötigen. So entwickeln Sie ein ausgewogenes Essverhalten und gewinnen an Lebensqualität.

Beispiele für Rezepte, die die Stimmung aufhellen können

  • Haferflocken-Porridge mit Banane und Kakao: Haferdrink mit Wasser und Salz aufkochen. Haferflocken und Chiasamen einrühren und köcheln lassen. Zerdrückte Banane, Kakao und Vanille unterrühren.
  • Himbeer-Randen-Pancakes: Himbeeren abspülen. Randen, Haferdrink, Eigelb und Honig pürieren. Kichererbsenmehl, Backpulver und Salz mischen und unterrühren. Pancakes in der Pfanne backen.
  • Pilz-Tofu-Pfanne mit Sauerteigbrot: Zwiebeln dünsten. Tofu, Shiitake, Champignons und Kräuterseitlinge braten. Zwiebeln, Tomaten, Thymian und Rosmarin hinzugeben. Tofu anbraten und zu den Pilzen geben. Brot in Butter rösten und mit Salzflocken bestreuen.

Kostenübernahme durch die Krankenkasse

Wenn Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Ihnen eine Ernährungsberatung verordnet, übernehmen wir die Kosten aus der Grundversicherung - vorausgesetzt, die Beratung erfolgt durch eine anerkannte Fachperson für Ernährungsberatung oder im Spital und die gesetzlichen Bestimmungen sind erfüllt.

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