Arbeitsunfälle können passieren - bei jeder Tätigkeit und in jeder Branche. Die negativen Folgen tragen dabei nicht nur Ihre Angestellten, sondern auch Sie als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Sie im Notfall gut reagieren und gibt Ihnen Tipps und weiterführende Infos für eine professionelle Notfallorganisation.
Gesetzliche Grundlagen und Definitionen
Laut dem schweizerischen Unfallversicherungsgesetz (UVG) sind Sie als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber dazu verpflichtet, Ihre Angestellten gegen Berufsunfälle zu versichern. Wenn Arbeitnehmende bei Arbeiten verunfallen, die von Ihnen aufgetragen oder in Ihrem Interesse verrichtet wurden, spricht man von einem Arbeitsunfall. Auch ein Unfall während der Arbeitspause fällt in diese Kategorie.
Als Unfall gilt die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper. Bei allen anderen die Gesundheit beeinträchtigenden Vorkommnissen handelt es sich um Krankheiten.
Unterscheidung zwischen Berufs- und Nichtberufsunfällen
- Berufsunfälle: Unfälle, die bei der beruflichen Tätigkeit oder in der Arbeitspause geschehen.
 - Nichtberufsunfälle: Alle anderen Unfälle, die sich auf dem Arbeitsweg, in der Freizeit, beim Sport, Verkehrsunfälle, im Haushalt etc. ereignen.
 - Berufskrankheiten: Krankheiten, die bei der beruflichen Tätigkeit ausschliesslich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten gemäss einer Liste des Bundesrates verursacht worden sind.
 
Pflichten im Falle eines Arbeitsunfalls
Wenn ein Arbeitsunfall passiert, gilt sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende eine Meldepflicht. Um bei einem Unfall eine Lohnfortzahlung sowie weitere Leistungen von der Versicherung zu erhalten, müssen Arbeitnehmende diesen zunächst bei Ihnen melden. Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber melden Sie den Unfall anschliessend über eine Unfallanzeige bei der Unfallversicherung.
Generell gilt: Kommt die oder der Versicherte der Meldepflicht rechtzeitig nach, so kann die Versicherung auch rasch entschädigen.
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Meldepflicht
- Arbeitnehmende: Melden Sie den Unfall unverzüglich Ihrem Arbeitgeber.
 - Arbeitgebende: Melden Sie den Unfall unverzüglich dem zuständigen Versicherer.
 
Art. Unfälle und Berufskrankheiten, die eine ärztliche Behandlung, eine Arbeitsunfähigkeit oder den Tod zur Folge haben, sind unverzüglich zu melden (Art.). Der Arbeitgeber meldet die Unfälle dem Versicherer. Er verfügt über die notwendigen Meldeformulare, die nebst der Unfallmeldung auch das Arztzeugnis, den Apothekerschein und den Unfallschein enthalten. In den Unfallschein trägt der Arzt laufend die Daten der Konsultationen und gegebenenfalls der Arbeitsunfähigkeit ein.
Versäumen der Versicherte oder seine Hinterlassenen die Unfallmeldung in unentschuldbarer Weise, so kann der Versicherer die Leistungen kürzen. Er kann die Leistungen ganz verweigern, wenn ihm absichtlich eine falsche Unfallmeldung erstattet worden ist (Art. 46 Abs.). Versäumt der Arbeitgeber die Unfallmeldung in unentschuldbarer Weise, so kann er vom Versicherer für die sich daraus ergebenen Kosten haftbar gemacht werden (Art. 46 Abs.).
Unfall im Homeoffice
In vielen Branchen wird die Arbeit heutzutage von zu Hause aus erledigt. Dies wirft einige Fragen hinsichtlich der Unfallversicherung auf: Was passiert, wenn es im Homeoffice zu einem Unfall kommt? Gelten dieselben Bedingungen wie bei einem Unfall am Arbeitsplatz?
- Rein versicherungstechnisch ist die Tätigkeit am Schreibtisch zu Hause mit der Anwesenheit am Arbeitsplatz gleichgestellt.
 - Allerdings sollten Sie dabei bedenken, dass womöglich niemand einen Unfall bezeugen kann.
 - Unfall auf dem Arbeitsweg: Wer im Homeoffice arbeitet, hat in der Regel keinen Arbeitsweg. Allerdings müssen einige Mitarbeitende zum Beispiel ihre Kinder morgens in die Kinderkrippe bringen und sie abends wieder abholen. In diesem Fall gilt sowohl der Hin- als auch der Rückweg als Arbeitsweg.
 
Leistungen der Unfallversicherung
Liegt ein anerkannter Berufsunfall vor, trägt die obligatorische Unfallversicherung alle Unfallkosten. Wenn Sie mindestens acht Stunden in der Woche beim gleichen Arbeitgeber arbeiten, sind Sie bei diesem gegen Berufs- und Nichtberufsunfall wie auch gegen Berufskrankheiten versichert. Es gilt das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG). Anders sieht es aus, wenn Sie nicht oder weniger als acht Stunden pro Woche beim gleichen Arbeitgeber angestellt sind. Dann sind Sie durch die obligatorische Unfallversicherung nur gegen Berufsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Bei Ihrer Krankenversicherung müssen Sie deshalb die Unfalldeckung einschliessen.
Die Krankenversicherung übernimmt genau wie die Unfallversicherung die Heilungskosten, jedoch stellt sie wie bei einer Krankheit Franchise und Selbstbehalt in Rechnung. Die Franchise müssen Sie aber pro Kalenderjahr für Krankheit und Unfall nur einmal bezahlen. Die Krankenversicherung macht nämlich bei der Abrechnung keinen Unterschied zwischen Krankheit und Unfall. Ein weiterer Unterschied besteht bei den Geldleistungen. Bei der Unfalldeckung der Krankenversicherung besteht kein Anspruch auf ein Taggeld. Genauso werden keine Invalidenrente und keine Todesfallleistung ausbezahlt.
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Entschädigungen nach Arbeitsunfällen
- Medizinische Kosten: Alle medizinischen Kosten, die im Zusammenhang mit dem Berufsunfall stehen, werden von der Unfallversicherung übernommen.
 - Taggeld: Arbeitnehmer:innen, die durch einen Unfall arbeitsunfähig sind, haben Anspruch auf Taggeld. Dieses orientiert sich am letzten Lohn, den Arbeitnehmer:innen bezogen haben, und entspricht höchstens 80 % des versicherten Verdienstes.
 - Invalidenrente: Sollten Arbeitnehmer:innen nach dem Unfall nicht mehr arbeiten können und auf lange Dauer invalide sein, sodass auch medizinische Massnahmen keine Besserung erzielen, erhalten sie Invalidenrente. Auch diese beträgt 80 % des versicherten Verdienstes.
 - Hilflosenentschädigung: Sollten Arbeitnehmer:innen nach einem Berufsunfall auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sein, erhalten sie eine Hilflosenentschädigung.
 - Hinterlassenenrente: Wenn die/der versicherte Arbeitnehmer:in verstirbt, erhalten Hinterlassene eine Hinterlassenenrente, die sich prozentual je nach Beziehung berechnet. So erhalten beispielsweise Vollwaisen 25 % des versicherten Verdienstes, Witwen und Witwer 40 %.
 
Prävention von Arbeitsunfällen
Treffen Sie Schutzvorkehrungen, um Arbeitsunfälle in Ihrem Unternehmen zu vermeiden. So schützen Sie Ihre Angestellten sowie sich selbst vor gesundheitlichen und wirtschaftlichen Unfallfolgen. Schutzmassnahmen können je nach Branche und Tätigkeitsbereich unterschiedlich aussehen.
Analysieren Sie die Situation und besprechen Sie diese mit allen Anwesenden. Besonders Arbeiten mit schweren Lasten sollten mit klaren Vorschriften verbunden sein. Sorgen Sie also im gesamten Büro für Ordnung und stellen Sie sicher, dass alle Gänge und Treppen frei sind. Besonders herumliegende Kabel oder flauschige Teppiche können zur Stolperfalle werden.
Beispiele für Schutzmassnahmen
- Auf der Baustelle: Arbeitsbereiche sichern.
 - Im Transport: Klare Vorschriften für Arbeiten mit schweren Lasten.
 - Im Büro: Für Ordnung sorgen und Stolperfallen beseitigen.
 
Erinnern Sie Ihre Angestellten regelmässig an diese Vorsichtsmassnahmen. Und das Wichtigste ist: Stoppen Sie alle Arbeiten, wenn Gefahr besteht.
Kündigungsschutz und Wiedereingliederung
Arbeitnehmende, die infolge Unfalls arbeitsunfähig sind, geniessen einen Kündigungsschutz, ebenso wie bei Krankheit oder Schwangerschaft. Der Kündigungsschutz beträgt gemäss Gesetz bei einem unterjährigen Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Probezeit 30 Tage, vom 2. bis 5. Arbeitsjahr 90 Tage und ab dem 6. Arbeitsjahr 180 Tage (Art. 336c des Obligationenrechts OR).
Arbeitnehmer:innen sollten nach einem Arbeitsunfall alles daransetzen, Arbeitnehmer:innen die Wiedereingliederung nach einem Berufsunfall zu vereinfachen. Es lohnt sich, schon während der Zeit der Krankschreibung gemeinsame Lösungen zu finden, um den Übergang so einfach wie möglich zu gestalten und ggf. vor Ort Vorkehrungen zu treffen. Auch ein Rückkehrgespräch zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen nach Wiedereintritt ins Unternehmen ist sinnvoll.
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Verhaltensregeln nach einem Unfall
- Sichern Sie die Gefahrenstelle.
 - Schützen Sie sich selbst.
 - Alarmieren Sie.
 - Melden Sie den Unfall. Verunfallte sollten ihren Unfall möglichst schnell ihrem Arbeitgeber melden.
 
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Arbeitgeberpflichten im Detail
Kommt es zu einem Berufsunfall im Unternehmen, müssen Arbeitgeber:innen den Unfall umgehend der Versicherung melden. Die Arbeitsunfallmeldung ist von absoluter Dringlichkeit. Zudem müssen Arbeitgeber:innen Lohnfortzahlungen von 80 % für die Zeit tätigen, während die Arbeitnehmer:innen nicht arbeitsfähig sind.
Arbeitnehmerrechte im Detail
Auch Arbeitnehmer:innen müssen den Arbeitsunfall unverzüglich dem Unternehmen melden. Die Unfallversicherung erwägt, ob es sich um einen Unfall im Unternehmen oder um einen privaten Unfall handelt. Arbeitnehmer:innen können im Zweifelsfall das Sozialgericht miteinbeziehen. Wer in der Schweiz arbeitslos gemeldet ist, wendet sich ausserdem an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) oder die Regionale Arbeitsvermittlung (RAV).
Finanzielle Unterstützung und Taggeld
Die Unfallversicherung bezahlt ab dem 3. Tag nach dem Unfall für jeden Kalendertag ein Taggeld. Im Weiteren bezahlt die Unfallversicherung die Heilbehandlung, gegebenenfalls eine Invalidenrente. Die Taggeldzahlung von 80 Prozent des versicherten Verdienstes wird vom Unfallversicherer bezahlt. Arbeitgebende sind verpflichtet, im Minimum diese 80 Prozent an die verunfallte Person weiterzuleiten.
Bei längerer Arbeitsunfähigkeit erfolgt in den meisten Fällen bei der Pensionskasse nach 3 Monaten eine Beitragsbefreiung. Für die anderen Sozialversicherungen muss keine spezielle Meldung erfolgen, die Beiträge werden Ende Jahr aufgrund der ausbezahlten Löhne berichtigt.
Checkliste nach einem Arbeitsunfall
- Berufstätige sind für Berufsunfälle beim Arbeitgeber versichert.
 - Teilen Sie Ihrem Arbeitgeber mit, dass Sie einen Unfall hatten.
 - Teilen Sie Ihrem Arzt oder einer Mitarbeiterin unserer Praxis die Unfallversicherung, das Unfalldatum sowie die Schadensnummer mit (alle Kontaktdaten finden Sie hier). Am besten schicken Sie uns eine Kopie der Schadensmeldung, die Sie von der Unfallversicherung erhalten haben.
 
Wenn Sie nicht berufstätig sind und den Unfall in Ihrer Krankenversicherung mitversichert haben, teilen Sie uns dies bitte mit. In diesem Fall schicken wir die Rechnung direkt an Ihre Krankenkasse oder direkt an Sie (je nach Krankenkasse).
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