Depression: Symptome, Ursachen, Behandlung und das Morgentief

Alle Menschen erleben Phasen guter und weniger guter Stimmung. Oft gibt es Gründe für eine schlechte Stimmung, wie einschneidende Lebensereignisse, Trauer oder Konflikte. Von solchen Stimmungstiefs erholt man sich in der Regel rasch.

Manifestiert sich die schlechte Stimmung aber über Tage und Wochen und beeinflusst zunehmend die Tagesaktivitäten, sozialen Beziehungen oder die Leistungsfähigkeit, könnte sich eine Depression entwickeln. Depression ist eine Krankheit, die den Menschen auf physischer und psychischer Ebene erfasst und damit in seinem ganzen Denken und Erleben beeinträchtigt. Es werden die Arbeitsfähigkeit, die familiären und sozialen Beziehungen und Kontakte beeinträchtigt.

Das Verhalten der Betroffenen verändert sich.

Diagnose von Depressionen

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Kriterien zusammengestellt, aufgrund derer eine Depression festgestellt (diagnostiziert) werden kann. Dafür müssen die depressiven Symptome für mindestens zwei Wochen vorherrschend sein.

Depressive Menschen haben in der Regel folgende Hauptsymptome: Sie verspüren eine niedergedrückte Stimmung und innere Leere, verlieren ihre Interessen und fühlen sich antriebslos und müde. Lesen Sie hier ausserdem, wie sich eine Depression noch äussern kann!

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Hauptsymptome

  • Niedergedrückte Stimmung: Ich leide fast den ganzen Tag sowie fast jeden Wochentag unter gedrückter, depressiver Stimmung. Meine Stimmung ist dabei nicht von irgendwelchen bestimmten Umständen oder Ereignissen beeinflusst. Die Betroffenen leiden sehr unter einer tiefen Niedergeschlagenheit. Die depressive Stimmung ist fast ununterbrochen vorhanden, stark ausgeprägt und hält mindestens zwei Wochen an.
  • Interessensverlust und Freudlosigkeit: Aktivitäten, die ich sonst gerne gemacht habe, machen mir nun keine Freude mehr bzw. Innere Leere und Verlust von Interessen: Charakteristisch ist auch, dass Betroffene weder Freude noch andere Gefühle empfinden. Innerlich fühlen sie sich leer und gefühlstot. Das Interesse an sozialen Kontakten, Arbeit und Hobbys erlischt. Aufmunterungsversuche durch die Mitmenschen haben keinen Effekt. Positive Erlebnisse verbessern die Stimmung nicht.
  • Antriebslosigkeit und Müdigkeit: Depressive Menschen sind nur schwer oder gar nicht in der Lage, alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Sie fühlen sich ständig geistig und körperlich erschöpft. Selbst das morgendliche Aufstehen wird zum Kraftakt, sodass manche das Bett gar nicht mehr verlassen wegen ihrer Depression. Müdigkeit wird zum Normalzustand.

Nebensymptome

Typisch für Depressionen sind zudem die folgenden Nebensymptome:

  • Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit: Ich kann mich schlecht konzentrieren oder ich habe Schwierigkeiten, mich zu entscheiden oder ich fühle mich unschlüssig, wie ich mich verhalten soll.
  • Starke Selbstzweifel
  • Schuldgefühle und Gefühle der Wertlosigkeit: Ich mache mir Selbstvorwürfe bzw. habe Schuldgefühle, die reichlich übertrieben und unbegründet sind.
  • Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven: Ich fühle mich innerlich angespannt und verhalte mich ruhelos und getrieben.
  • Suizidgedanken, erfolgte suizidale Handlungen: Ich beschäftige mich mit Gedanken über Tod oder Selbstmord.
  • Schlafstörungen: Ich kann nicht mehr Einschlafen oder erwache nachts und liege lange wach, oder erwache frühmorgens. Ich fühle mich morgens nicht ausgeruht. Oft ist der Morgen die schlimmste Zeit am Tag. Extremes Schlafbedürfnis oder Schlafstörungen
  • Starke Unruhe und innere Erregtheit
  • Verlust des sexuellen Interesses

Die Zusammensetzung und Schwere der Symptome kann von Person zu Person sehr verschieden sein.

Verbreitung von Depressionen

Depressive Erkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. In einem Jahr leiden ca. 7% der Bevölkerung an einer depressiven Störung. Die Lebenszeitprävalenz von Depressionen beträgt ca. 17%. Dies bedeutet, dass 17% der Bevölkerung im Leben mindestens einmal eine depressive Störung erlebt. Frauen sind mit ca. 20% Lebenszeitprävalenz häufiger betroffen als Männer mit ca. 13%.

Depressionen treten meist in Episoden auf, gefolgt von depressionsfreien Zeiten mit teilweiser oder völliger Symptomfreiheit. Eine depressive Episode dauert im Durchschnitt zwischen einem halben und einem Jahr, bis sich die Stimmung spontan normalisiert. Als Konsequenz davon sollte eine antidepressive Behandlung, auch nach einer guten Besserung der Symptome, bis zu einem Jahr andauern.

Die allermeisten Personen erleben mehrere depressive Episoden, die in unterschiedlich langen Zeitabständen auftreten können. Je mehr depressive Episoden jemand bereits erlebt hat, desto grösser wird das Risiko, eine weitere Episode zu erleben.

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Formen der Depression

Die Art und der Schweregrad der Symptome einer Depression können von Person zu Person sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Es gibt Depressionsformen, bei denen körperliche Beschwerden im Vordergrund stehen (maskierte Depression oder larvierte Depression) wie Kopfschmerzen, Rücken- und Nackenbeschwerden, Unterleibschmerzen, Verdauungsstörungen bis hin zu Herzbeschwerden.

Bei einer weiteren Unterform, der melancholischen Depression, sind ein ausgeprägtes Morgentief, Gewichtsverlust, Freudlosigkeit, Libido- und Interessensverlust charakteristisch.

Bei manchen Menschen kann sich die Depression auch ganz anders zeigen. Statt mit Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit reagieren sie mit Gereiztheit, Aggressivität, Ärger oder erhöhtem Alkoholkonsum. Unter Umständen wird übermässig viel Sport getrieben. Die Betroffenen fühlen sich gestresst und ausgebrannt.

Treten ausschliesslich depressive Episoden auf, so spricht man von einer unipolaren Depression. Einige Patienten erleiden jedoch nicht nur depressive, sondern dazwischen auch manische Episoden oder Episoden, bei denen sowohl manische als auch depressive Symptome vorkommen (gemischte Episoden). Manische Episoden sind gekennzeichnet durch einen unbändigen Tatendrang, eine gehobene Stimmung, ein fehlendes Schlafbedürfnis, Grössenideen, die häufig in Kaufrausch oder Start von überambitionierten Geschäftsprojekten münden. In diesen Fällen spricht man von einer bipolaren affektiven Erkrankung oder bipolaren Depressionen.

Saisonale Depression (Winterdepression)

Dunkle und neblige Wintertage können die Stimmung verschlechtern. Bei einigen Personen kann dies zu einer sogenannten saisonalen Depression oder Winterdepression führen. Die Symptome der «Winterdepression» sind neben der depressiven Stimmung oft atypisch mit grösserem Schlafbedürfnis, Hunger nach Kohlehydraten und Gewichtszunahme. Ursache ist der jahreszeitlich verminderte Lichteinfall durch das Auge und allenfalls eine Verschiebung der zirkadianen Rhythmik (verschiedene Körperfunktionen wie z.B. Temperatur, Herzschlag, geistige Wachheit und andere unterliegen einem Tagesrhythmus, der u.a. durch Tageslicht gesteuert wird). Winterdepressionen treten in nordischen Gebieten mit kürzeren Wintertagen häufiger auf als in südlichen Ländern.

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Postpartale Depression

Depressive Episoden nach der Entbindung (=postpartale Depression) treten bei rund 10-15% der Frauen auf und beginnen meist in der ersten oder zweiten Woche nach der Entbindung. Oftmals ist der Verlauf schleichend über Wochen bis Monate. Das Krankheitsbild ist von einer typischen depressiven Episode nicht zu unterscheiden. Die Postpartalphase ist durch ausgeprägte und rasche hormonelle Veränderungen charakterisiert. Während der ersten 48 Stunden nach der Entbindung kommt es zu einem deutlichen Abfall der Hormone Progesteron, Östrogen, Kortisol und Thyroxin. Weshalb diese hormonellen Veränderungen jedoch bei einigen Frauen zur Erkrankung führen, ist noch immer unklar.

Von der postpartalen Depression sind die viel häufigeren sogenannten «Heultage» (auch «Baby Blues» genannt) abzugrenzen. Sie beginnen in der ersten Woche nach der Entbindung, in der Regel jedoch nicht vor dem dritten Tag und dauern nur wenige Stunden bis Tage. Sie treten bei ca. 50% der Wöchnerinnen auf.

Dysthymie

Dysthymie ist eine chronische Depressionsform mit gleicher Symptomatik wie bei einer depressiven Episode. Die Symptome sind aber weniger stark ausgeprägt, dafür dauern sie sehr lange an. Wenn sich dieser schleichende depressive Zustand über mehr als zwei Jahre erstreckt, spricht man von einer Dysthymie.

Männerdepression

Hinter einer Männerdepression liegt nichts anderes als eine «normale Depression», die sich einfach anders äussert - eben «männlich-aggressiv» nicht «weiblich-traurig». Solche eher bei Männern auftretende Symptome können Gereiztheit, Aggressivität, erhöhtes Risiko- und Suchtverhalten wie beispielsweise ein gesteigerter Alkoholkonsum, übermässiger und gefährlicher Sport oder riskantes Verhalten im Strassenverkehr sein.

Altersdepression

Bei einem Erkrankungsalter über 65 Jahre spricht man generell von einer «Altersdepression», obwohl die grossen Unterschiede im Alterungsprozess von Person zu Person keine solche Altersgrenze rechtfertigen würden. Insgesamt treten depressive Erkrankungen im höheren Lebensalter nicht häufiger auf. Es gibt sogar zunehmend Hinweise, dass sie im Alter zwischen 65 und 75 Jahren etwas seltener auftreten.

Zu beachten gilt aber, dass bei Patienten im höheren Lebensalter eine Depression übersehen und damit oft auch lange nicht behandelt werden kann. Ältere Patienten tendieren eher dazu, depressive Symptome zu verschweigen und klagen vermehrt über körperliche Erkrankungen. Unklare Schmerzen können oftmals Ausdruck einer zugrundeliegenden Depression sein. Eine Altersdepression kann auch im Rahmen einer Mangel- und Fehlernährung oder durch unzureichende Flüssigkeitsaufnahme entstehen oder begünstigt werden.

Einschneidende Lebensereignisse, Verlust von Angehörigen oder Freunden, schwere Erkrankungen oder finanzielle Probleme gewinnen im Alter als Risiken von Depressionen an Bedeutung. Insbesondere auch bei älteren Personen ist ein aktiver Lebensstil mit regelmässiger körperlicher Aktivität, ausgewogener Nahrung, genügend Flüssigkeit und ein gutes soziales Netzwerk ein Schutz vor depressiven Störungen.

Nicht ausreichend behandelte und bleibende kognitive Störungen sind gerade im fortgeschrittenen Lebensalter ein Risikofaktor für das spätere Auftreten einer Demenz - daher ist ihre Therapie besonders wichtig.

Depressionen bei Kindern und Jugendlichen

Auch bei Kindern und Jugendlichen sind depressive Störungen weit verbreitet. Zwischen drei und zehn Prozent der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren sind von Depressionen betroffen. Zudem haben verschiedene Angststörungen wie die soziale Angst oder Zwangsstörungen ihren Beginn oft im Jugendalter. Werden diese Angststörungen nicht adäquat behandelt, erhöht sich das Risiko, in der Folge auch an einer Depression zu erkranken. Bei Kindern unter 12 Jahren liegt die Häufigkeit von depressiven Störungen zwischen 0.3 und 2.5%.

Burnout-Syndrom

Das Burnout-Syndrom wurde in den 70er Jahren erstmals beschrieben als ein psychischer Erschöpfungszustand bei Personen, die chronisch unter starker beruflicher Belastung stehen. Die Symptome sind emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung (Gleichgültigkeit bis zu zynischem Verhalten) und eine reduzierte Leistungsfähigkeit. Im Fokus standen hoch engagierte Personen in Berufen mit vielen Sozialkontakten wie Pflegende, Ärzte, Lehrer etc.

Burnout ist mittlerweile ein weit bekanntes und diskutiertes Phänomen, das in der zunehmend stressiger und kurzlebiger werdenden Berufswelt in aller Munde ist. Es ist keine eigentliche medizinische Diagnose, sondern als berufliches Stresskonzept zu verstehen. Oft bestehen diffuse körperliche Beschwerden wie verstärktes Schwitzen, Schwindel, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme und Muskelschmerzen sowie sehr oft auch Schlafprobleme.

Steigende Erwartungen an die Arbeitnehmer, stark zunehmender Druck am Arbeitsplatz und mangelnde Anerkennung haben zu einer Zunahme von Burnout geführt.

Körperliche Symptome bei Depressionen

Depressionen gehen oft mit körperlichen Beschwerden einher, die keine erkennbare organische Ursache haben. Solche Symptome nennt man somatisch. Typische körperliche Symptome sind beispielsweise:

  • Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • Kopf- und Rückenschmerzen
  • Magen- und Darmprobleme
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit, seltener: gesteigerter Appetit
  • Morgentief
  • Sexuelle Unlust

Manchmal stehen die körperlichen Beschwerden sogar so stark im Vordergrund, dass die Depression nicht gleich erkannt wird. Mediziner sprechen dann von einem somatischen Syndrom. Die körperlichen Symptome treten phasenweise auf und klingen mit der Behandlung der Depression wieder ab.

Findet der Arzt keine organische Ursache für die Beschwerden, deckt er durch gezieltes Nachfragen die versteckte Depression als eigentliche Ursache auf. Ist das der Fall, wird er eine sogenannte Somatisierungsstörung diagnostizieren. Das bedeutet nicht, dass die Patienten sich die Beschwerden nur einbilden, sondern nur, dass sich die Depression in körperlicher Form äussert.

Behandlung von Depressionen

Ganz wichtig ist vorerst, dem Betroffenen die Krankheit zu erklären, ihm Zuversicht zu geben, dass es bessern wird. Dann ist es wichtig, sich Gedanken zu machen, was als Auslöser in Frage kommt und ob Probleme vorhanden sind. Vor allem aber eines, Verständnis für die Krankheit zeigen. Bei leichten Formen kann dies genügen.

Oft sind aber Medikamente nötig, allen voran die sogenannten Antidepressiva. Dies sind sehr dankbare und wirkungsvolle Mittel ohne Gefahr der Gewöhnung oder Abhängigkeit. Nachteilig ist, dass sie oft zwar harmlose, aber z.T. unangenehme Nebenwirkungen verursachen. Sie wirken erst nach 1-3 Wochen. Wichtig ist, dass sie genügend lang und in genügend hoher Dosis eingenommen werden.

Das für den Patienten ideale Medikament muss nicht so selten durch Probieren gefunden werden. Es gibt leider keine Kriterien, um zum Voraus das für den Patienten optimale Mittel zu eruieren. Nur zu Beginn werden Beruhigungs- und Schlafmittel eingesetzt. Diese wirken zwar schnell und gut, meist mit wenig Nebenwirkungen, aber haben den Nachteil des Gewöhnens oder gar der Abhängigkeit bei längerer Einnahme.

Weitere Therapiemöglichkeiten sind Alternativmedizin, Mal- und Musiktherapie, diverse Formen der Psychotherapie, abgeraten wird bei tiefer Depression hingegen von autogenem Training.

Eine wichtige Funktion haben die Angehörigen, welche vor allem bei schwereren Formen immer in die Behandlung miteinbezogen werden sollen. Wenn möglich sollen Depressive von der Arbeit entlastet werden, denn schon einfache Sachen wie Einkaufen und Kochen können Probleme bereiten.

Man soll vermeiden, gute Ratschläge zu geben, denn die verstärken nur das schlechte Gewissen. Die Betroffenen wissen nämlich genau, was sie machen sollten, können dies aber nicht.

Wichtige Hinweise

Schon bei den ersten Anzeichen einer Depression ist es wichtig, professionelle Hilfe zu suchen. In Form von Psychotherapie und ev. einer begleitenden Psychopharmakotherapie (Medikamente).

Die Bedingungsfaktoren für eine Depression sind komplex und schlussendlich meist nicht zu ergründen. Genetische Veranlagung und psychologische und soziale Faktoren sind meist mitverantwortlich. Tiefgreifende Lebensereignisse / Traumata sind oft in Krankheitsgeschichte zu finden. Auch längeranhaltende Belastungsphasen können zu Überlastung und Depressionen führen. Oft spricht man dann von Burnout und Burnoutsymptomen.

Die Unterscheidung zwischen Depression und Trauerreaktionen ist zu beachten.

Eine geeignete fachgerechte Behandlung ist für die meisten Menschen hilfreich. Unbehandelt können langwierige Krankheitsverläufe die Folge sein, welche die Lebensqualität und die existenzielle Sicherheit der Betroffenen massiv beeinträchtigen können.

Die Behandlung hat nach wissenschaftlichen Standards und durch ausgewiesene Fachleute zu erfolgen. Oft ist auch der Miteinbezug von Bezugspersonen und Partnern hilfreich.

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