Psychische Erkrankungen können jede und jeden treffen und haben viele Gesichter. Am bekanntesten sind Depressionen und Burnouts, aber auch Essstörungen gehören dazu. Etwa jede zweite Person in der Schweiz ist im Laufe des Lebens einmal von einer psychischen Krise betroffen.
Leider erkennen Betroffene oft viel zu spät, dass sie psychisch angeschlagen sind. Entweder werden erste Anzeichen ignoriert, verdrängt oder fehlinterpretiert. Die aktive Ansprache der oder des Betroffenen durch Angehörige kann helfen, psychische Belastungen frühzeitig zu erkennen.
Die meisten Menschen machen ein oder mehrere Male in ihrem Leben psychische Krisen durch. Unabhängig von der Art und der Stärke der Symptome sollte man sich deshalb frühzeitig an eine Ärztin oder einen Arzt wenden.
Selbstheilung: Die Kraft des eigenen Körpers
Selbstheilung ist die Fähigkeit des Körpers, Krankheitszustände zu überwinden und wieder gesund zu werden. Das hat nichts mit Esoterik zu tun. Ein einfaches Beispiel: Eine Wunde, die sich von selbst schliesst, ist eine typische Form der Selbstheilung. Allerdings können bestimmte Umstände, wie eindringende Keime oder Stress, diese Heilung behindern.
Heilung basiert auf drei Säulen: Erstens auf dem, was der Arzt mit dem Patienten macht, von der Diagnose über Röntgenbilder bis hin zur Operation. Und drittens auf der Selbstheilungskraft des Patienten.
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Der Begriff „innerer Arzt“ zielt auf die enge Verflechtung zwischen Geist und Körper ab. Mentale Faktoren haben einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit.
Stressreduktion: Übermässiger Stress ist der grösste Saboteur der Selbstheilungskräfte. Es ist bekannt, dass mehr als 80 Prozent aller Diabetes-Typ-2-Erkrankungen mit dem Lebensstil zusammenhängen. Durch eine gesunde Ernährung, regelmässige Bewegung, Stressvermeidung und Entspannung können die Symptome deutlich gemildert werden - in manchen Fällen ist sogar eine Heilung möglich.
Stress ist eine evolutionäre Reaktion auf lebensbedrohliche Situationen. In der heutigen Zeit erleben wir jedoch häufig psychosozialen Stress im Büro oder in der Familie, der schnell zur Dauerbelastung wird. Der Körper befindet sich dann langfristig im Ausnahmezustand, und eine vollständige Regeneration findet kaum mehr statt.
Chronischer Stress macht Körper und Seele krank. Wichtig ist, der Belastung rechtzeitig gegenzusteuern.
Ausreichende Bewegung bringt die Regenerationsfähigkeit des Körpers in Schwung. Sie verbessert die Durchblutung und lässt Wunden schneller heilen. Auch die Abwehr wird fitter.
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Genug Schlaf ist wichtig. Schon eine durchwachte Nacht - und die Abwehr schwächelt nachweislich. Die Antikörperproduktion läuft vor allem im Schlaf auf Hochtouren.
Noch immer tut sich die moderne Medizin schwer, anzuerkennen, welch grossen Einfluss die Psyche auf die körperliche Gesundheit hat. Wie stark dieser Einfluss ist, beweist allein schon der Placebo-Effekt.
Manche nennen es den «inneren Arzt». Gemeint ist dasselbe: Flösst der Arzt dem Patienten Vertrauen ein, weckt er mit seiner Behandlung sowie den richtigen Worten eine positive Erwartung, dann bringt er über die Psyche etwas in Bewegung. Und das hilft letztlich dem Körper, sich selbst zu helfen.
Das heisst allerdings nicht, dass der Körper jede Krankheit selbst besiegen kann, wenn man ihm nur Zeit dazu lässt. Bei manchen Symptomen ist schnelles Eingreifen überlebenswichtig.
Ignorieren Sie die Anzeichen einer psychischen Belastung nicht. Reden Sie darüber und lassen Sie sich rasch helfen.
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Die moderne Medizin kann das aktive Mitwirken des Patienten nicht ersetzen. Ein wichtiger Schritt ist deshalb, sich bewusst zu werden: Ich kann meine Gesundheit beeinflussen.
Jeder zieht seine seelische Kraft aus anderen Quellen.
Ein wichtiger Aspekt hierbei ist sicher das «Zuhören». Dadurch entlarven sich beispielsweise Ängste oder negative Gedanken in Zusammenhang mit einer Erkrankung, welche dann in etwas Positives umformuliert werden können.
Wenn man also eine höhere Erwartung hat, dass etwas hilfreich ist, kann es sein, dass sich diese Erwartung positiv auf die Genesung auswirkt. Ein vertrauensvolles Verhältnis und aufrichtiger Umgang zwischen Arzt und Patient fördert also die Motivation der Heilung. Wir arbeiten ganzheitlich und auch komplementär.
Rehabilitation als Weg zu einem selbstbestimmten Leben
Die Rehabilitation in der psychischen Gesundheit ist ein zentrales, jedoch oft wenig bekanntes Konzept. Im Gegensatz zur traditionellen Vorstellung von Heilung handelt es sich dabei um einen Prozess, der darauf abzielt, trotz psychischer Krankheiten oder Abhängigkeiten ein sinnvolles und selbstbestimmtes Leben zu führen.
Seit sieben Jahren begleitet Roxane Mazallon Menschen in ihrem individuellen Rehabilitationsprozess und schult zudem Fachkräfte in diesem Ansatz. Die Rolle der Peer-Berater:innen basiert auf der zentralen Idee, die eigene Erfahrung zu nutzen, um andere zu inspirieren und zu begleiten.
Durch das Teilen ihres Erlebten und der Werkzeuge, die ihnen bei ihrer Genesung geholfen haben, unterstützen sie Betroffene dabei, ihre Krankheit und Symptome besser zu bewältigen. Im Gegensatz zu einer rein medizinischen Begleitung hebt dieser Ansatz Menschlichkeit, Zuhören und Empathie hervor, die aus der geteilten Erfahrung entstehen.
Die Genesung basiert auf universellen Prinzipien, die für alle Arten psychischer Krankheiten anwendbar sind, unabhängig von deren Schweregrad. Betroffene haben die Möglichkeit, aktive Gestalter:innen ihres Rehabilitationsprozesses zu werden.
Rehabilitation bedeutet, über Symptomkontrolle hinauszugehen, Autonomie, Lebenssinn und Hoffnung zu stärken und soziale Beziehungen zu fördern.
Ein Leben mit psychischen Krankheiten bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden.
Was kann ich tun?
Ja, auf jeden Fall! Es ist wichtig, die eigene psychische Gesundheit zu pflegen. Stärken Sie deshalb Ihre Abwehrkräfte, achten Sie auf Ihre Work-Life-Balance und setzen Sie Ihre Ressourcen optimal ein. Dadurch beugen Sie Krankheiten und Depressionen vor.
Bleiben Sie sozial aktiv und pflegen Sie Kontakte zu Menschen, die Ihnen guttun. Die Neugierde und das Dazulernen von Neuem halten Sie geistig frisch. Leben Sie Ihre Kreativität aus und bewegen Sie sich regelmässig.
Genauso nötig ist die Entspannung: Lassen Sie zwischendurch einfach einmal die Seele baumeln.
Die Expertinnen und Experten der AXA und von Pro Mente Sana raten Ihnen Folgendes:
- Ignorieren Sie die Anzeichen einer psychischen Belastung nicht.
 - Reden Sie darüber und lassen Sie sich rasch helfen.
 
Anlaufstellen und Unterstützung in der Schweiz
Es gibt zahlreiche Organisationen und Beratungsstellen in der Schweiz, die Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörigen Unterstützung anbieten.
| Organisation | Angebot | 
|---|---|
| Die Dargebotene Hand (Tel 143) | Rund um die Uhr für Menschen da, die ein helfendes und unterstützendes Gespräch benötigen. Bietet allen Anrufenden völlige Anonymität. | 
| Pro Juventute (Tel 147) | Kostenlose Telefonberatung rund um die Uhr. Bietet auf der Webseite auch Chatberatung an. | 
| Rettungsnummer | In Notfällen, etwa bei Suizidgefahr oder anderer Gefahr von Selbst- oder Fremdgefährdung: 144 | 
| Pro Mente Sana | Bietet (auch arbeitsrechtliche) Beratung für psychisch kranke Menschen und deren Angehörige an. Zudem bietet Pro Mente Sana ensa Erste-Hilfe-Kurse an. | 
| LGBTIQ-Helpline | Erste Anlaufstelle für alle Anliegen zum Leben als lesbische, schwule, bisexuelle, trans, nicht-binäre, intergeschlechtliche oder queere Person. | 
| SRK (Schweizerisches Rotes Kreuz) | Vielfalt an Angeboten in den Bereichen Gesundheit, Integration und Rettung. | 
| Caritas | Setzt sich mit verschiedenen Angeboten dafür ein, dass von Armut betroffene und armutsgefährdetet Menschen ihre Situation besser meistern können und einen Weg aus der Armut finden. | 
| traversa | Netzwerk für Menschen mit einer psychischen Erkrankung. | 
| Selbsthilfe Luzern Obwalden Nidwalden | Bietet verschiedene Dienstleistungen zur Stärkung der Selbsthilfe an. | 
| gesundheit schwyz | Fachstelle für Gesundheitsförderung und Prävention. | 
| Abteilung Jugend, Familie, Sucht des Kantons Nidwalden | Beratung für Eltern, Erziehungsberechtigte und Familien in Erziehungsfragen, bei familiären Konflikten und Krisen oder in Phasen familiärer Neuorientierung. Beratung und Begleitung für Jugendliche sowie junge Erwachsene bei persönlichen Lebensfragen. | 
Zusätzlich gibt es zahlreiche weitere Angebote auf kantonaler und regionaler Ebene, wie:
- Psychiatrie Baselland (Abklärungs-, Therapie- und Behandlungsangebote für alle psychischen Erkrankungen)
 - Familien-, Erziehungs- und Jugendberatungsstellen beider Basel
 - Wegweiser psy.ch (Portal bietet Orientierung zu psychischer Gesundheit und psychischen Erkrankungen)
 - Beratung und Information bei Suchtfragen
 - Triagestelle des SRK Kanton Solothurn (Vermittlung des passenden Beratungsangebots)
 
Finanzielle Aspekte
Diese Frage ist - wie bei allen Krankheitsfällen - sehr wichtig. Schliesslich können psychische Probleme durch Therapiekosten und Arbeitsausfall teuer werden. Aber keine Angst: Mit grosser Wahrscheinlichkeit sind Sie so versichert, dass der Grossteil der Kosten übernommen wird.
Je nach Art der Behandlung werden die Kosten von der Grundversicherung oder von der Zusatzversicherung der Krankenkasse gedeckt oder müssen selber getragen werden.
Ärztliche Psychotherapien - also Therapien durch eine Psychiaterin oder einen Psychiater - werden von der Grundversicherung übernommen. Dasselbe gilt seit dem 01.07.2022 auch für psychologische Psychotherapien (durchgeführt von Psychologinnen und Psychologen), sofern diese durch eine Ärztin oder einen Arzt angeordnet werden.
Wenn psychologische Psychotherapien nicht durch eine Ärztin oder einen Arzt angeordnet sind, werden die Kosten je nach Versicherung durch die freiwillige Zusatzversicherung gedeckt. Informieren Sie sich über die Leistungen bei Ihrer Versicherung.
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Von Gesetzes wegen müssen Arbeitgebende für eine bestimmte Zeit weiterhin Lohn an erkrankte Angestellte entrichten. Über die konkrete Länge der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht entscheiden - nebst einer vertraglichen Lohnfortzahlungsvereinbarung - die Anstellungsdauer sowie der Kanton, in dem ein Betrieb wirtschaftet.
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