Schweizer sind gestresst. Zumindest wenn man dem Job-Stress-Index glaubt. Der zeigt nämlich: Die Zahl der Schweizer, die ihre Belastungen nicht mehr mit ihren eigenen Ressourcen bewältigen können, steigt. Die Anzahl der Burnout-Erkrankungen steigt ebenfalls.
Nichts beschreibt den Zustand totaler Erschöpfung besser als der Begriff «Burn-out». Körper und Psyche ziehen die Notbremse. Totale Erschöpfung - körperlich, emotional, geistig. Wer ein Burn-out hat, fühlt sich leer, energielos und eben: ausgebrannt. Treffen kann es jede:n. Manche Studien gehen von 7 Erwerbstätigen unter 100 Menschen aus. Andere Zahlen liegen deutlich darüber oder darunter.
Der Begriff Burnout ist abgeleitet aus dem Englischen «to burn out» und bedeutet «ausbrennen». Ein Burnout ist ein emotionaler, geistiger und körperlicher Erschöpfungszustand. Laut WHO handelt es sich bei dem Syndrom um «Stress am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich verarbeitet werden kann». Doch es geht nicht nur um die Belastung im Arbeitsalltag: Auch das Privatleben ist in vielen Fällen betroffen.
Positiv für Betroffene ist, dass Burnout seit 2022 gemäss der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) zwar nicht als eigenständige Krankheit, aber dennoch als ein Syndrom mit klar definierten Dimensionen anerkannt wird, was eine eindeutige Diagnose durch Fachpersonen erleichtert.
Im Gegensatz zu anderen psychischen Erkrankungen ist Burnout weniger stark stigmatisiert, da es als Problem mit arbeitsbezogenem Ursprung betrachtet wird. Daher fällt es Menschen häufig leichter, es zu akzeptieren und mit anderen darüber zu reden.
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Laut dem «Job-Stress-Index» der Gesundheitsförderung Schweiz leiden etwa 30% der 16- bis 65-jährigen Erwerbstätigen unter emotionaler Erschöpfung, ein Wert mit steigender Tendenz.
Symptome von Burnout
Um zu erkennen, ob Sie möglicherweise an Burnout leiden, können Sie auf verschiedene Warnzeichen und Symptome achten, die typisch für dieses Syndrom sind:
- Sie fühlen sich chronisch erschöpft, ausgebrannt und energielos - nicht nur körperlich, sondern auch emotional und geistig.
 - Sie entwickeln eine zunehmend negative, zynische Einstellung gegenüber Ihrer Arbeit und vielleicht auch gegenüber Kolleg:innen und Kundschaft.
 - Trotz Anstrengungen haben Sie das Gefühl, nicht die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
 - Sie erleben Schlafstörungen wie Schlaflosigkeit oder übermässiges Schlafen.
 
Weitere Symptome können sein:
- Chronische Müdigkeit: Betroffene fühlen sich ständig erschöpft, auch nach ausreichendem Schlaf.
 - Verminderte Leistungsfähigkeit: Die Fähigkeit, Aufgaben zu erledigen, nimmt ab, und die Produktivität sinkt.
 - Emotionale Erschöpfung: Menschen mit Burnout können sich leer, ausgebrannt und emotional taub fühlen.
 - Kognitive Probleme: Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme und Schwierigkeiten beim Treffen von Entscheidungen sind häufig.
 - Veränderungen im Schlafmuster: Schlafprobleme, wie Schlaflosigkeit oder häufiges Erwachen, treten oft auf.
 - Physische Symptome: Dies können Kopfschmerzen, Magenprobleme, Muskelverspannungen und andere körperliche Beschwerden sein.
 - Soziale Isolation: Menschen mit Burnout ziehen sich häufig von sozialen Aktivitäten zurück und ziehen sich zurück.
 - Veränderte Einstellung zum Arbeitsplatz: Eine zunehmend negative Einstellung gegenüber der Arbeit und Zynismus sind mögliche Anzeichen.
 
Ein Burn-out verläuft in Phasen. Nur: Eindeutig kategorisieren lassen sich diese nicht, denn jede betroffene Person erlebt das Ausbrennen anders. Einzelne Phasen können übersprungen oder in anderer Reihenfolge durchlaufen werden. Je nach Quelle wird von einem 3-, 5-, 7- oder 12-Phasen-Modell gesprochen, wobei sich die meisten nicht grundlegend widersprechen. Auch wenn die Phasenmodelle nicht wissenschaftlich belegt sind, geben sie dennoch wichtige Hinweise, wie ein Burn-out verlaufen kann. Nicht zuletzt regen sie zur Selbstreflexion an.
Ein oft zitiertes Modell geht auf den Pionier der Burn-out-Forschung Herbert Freudenberg zurück. Erste Fehler passieren, diese werden genauso ignoriert wie erste körperliche Beschwerden. Betroffene werden zynisch und reagieren zunehmend aggressiv. Betroffene ziehen sich zurück, verlieren die Hoffnung. Deutliche Veränderungen im Verhalten. Betroffene fühlen sich losgelöst von ihrem Körper, Geist und ihren Gefühlen. Betroffene fühlen sich nutzlos, leer und erschöpft. Nebst dem psychischen Zusammenbruch sind auch körperliche Erkrankungen möglich.
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Anmerkung: Burn-out ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Risikozustand für psychische und körperliche Erkrankungen wie Depression.
Diagnostik von Burnout
Die Diagnose von Burnout kann komplex sein, da es sich um einen Zustand handelt, der oft mit anderen psychischen Gesundheitsproblemen wie Depression oder Angststörungen verwechselt werden kann. Die Diagnose erfolgt in der Regel durch einen qualifizierten Fachmann im Gesundheitswesen, wie einen Psychiater, Psychologen oder Arzt.
Hier sind einige Schritte und Aspekte, die bei der Diagnose von Burnout berücksichtigt werden:
- Klinische Anamnese: Der Arzt oder Therapeut wird eine ausführliche Anamnese durchführen, um die Symptome des Patienten zu verstehen, die Dauer der Symptome und mögliche Auslöser oder Stressoren.
 - Ausschluss anderer Erkrankungen: Um Burnout sicher zu diagnostizieren, müssen andere medizinische oder psychische Gesundheitszustände ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome verursachen könnten. Dazu gehören Depressionen, Angststörungen, chronische Erschöpfungssyndrome und andere.
 - Symptombeurteilung: Der Arzt wird die Symptome des Patienten bewerten und dabei auf Schlüsselmerkmale von Burnout achten, wie anhaltende Erschöpfung, emotionale Erschöpfung, reduzierte Leistungsfähigkeit und Veränderungen im Verhalten und Denken im Zusammenhang mit der Arbeit.
 - Fragebögen und standardisierte Tests: Es gibt verschiedene standardisierte Fragebögen und Tests, die verwendet werden können, um den Schweregrad von Burnout und anderen psychischen Gesundheitsproblemen zu bewerten. Beispiele sind der Maslach Burnout Inventory (MBI) und der Beck-Depressions-Inventar (BDI).
 - Gespräche und Interviews: Der Arzt kann ausführliche Gespräche mit dem Patienten führen, um mehr über seine Arbeitsbedingungen, den Stress und die Belastungen am Arbeitsplatz zu erfahren.
 - Beobachtung und klinische Einschätzung: Die klinische Einschätzung durch den Fachmann basiert nicht nur auf den vom Patienten gemeldeten Symptomen, sondern auch auf Beobachtungen des Verhaltens und der emotionalen Reaktionen während der Gespräche.
 
Behandlung von Burnout
Die Behandlung von Burnout besteht aus verschiedenen Komponenten und wird auf die betroffene Person abgestimmt. Umso früher die Intervention erfolgt, umso besser verläuft die Behandlung. Sind die Beschwerden des Burnout-Syndroms sehr stark ausgeprägt, ist es unter Umständen sinnvoll, die psychotherapeutische Behandlung stationär in einer Klinik durchzuführen.
Die Behandlung eines Burn-outs richtet sich nach den Ursachen und vor allem nach der betroffenen Person. Bei sehr schweren Fällen ist ein stationärer Aufenthalt in einer Klinik notwendig, etwa wenn jemand suizidgefährdet ist. Ansonsten ist eine ambulante Therapie in der Regel ausreichend.
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Zusätzlich zur psychologischen Behandlung gilt es, die Balance wiederherzustellen und die Energiespeicher aufzufüllen. Auch da gibt es kein 08/15-Rezept: Was der einen Person guttut, findet die andere langweilig. Grundsätzlich bewährt haben sich Entspannungsmethoden, Körpertherapien, Sport und Achtsamkeitsübungen. Besonders wichtig sind das Erlernen von langfristigen Strategien, um mit Stress umzugehen, die Fähigkeit, Nein zu sagen, und das Ablegen des Perfektionismus.
Hier sind einige Behandlungsansätze:
- Psychotherapie: Die Teilnahme an einer Psychotherapie, insbesondere einer Verhaltenstherapie oder einer kognitiven Verhaltenstherapie, kann hilfreich sein. Sie kann dabei helfen, die zugrundeliegenden Stressoren zu identifizieren und zu bewältigen, sowie gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
 - Medikamente: In einigen Fällen können Antidepressiva oder andere Medikamente verschrieben werden, um die Symptome zu lindern. Die Verordnung von Medikamenten sollte jedoch von einem qualifizierten Arzt/Psychiater erfolgen.
 - Stressbewältigungstechniken: Das Erlernen von Stressbewältigungstechniken wie Entspannungsübungen, Achtsamkeitstraining und Stressmanagement kann helfen, die psychischen und körperlichen Symptome zu reduzieren.
 - Ruhe und Erholung: Eine der wichtigsten Massnahmen ist die vorübergehende Reduzierung oder Unterbrechung der beruflichen und persönlichen Verpflichtungen, um dem Körper und Geist Zeit zur Erholung zu geben. Das kann bedeuten, dass man vorübergehend vom Arbeitsplatz fernbleibt.
 - Änderungen im Lebensstil: Eine gesunde Lebensweise, einschliesslich regelmässiger Bewegung, ausgewogener Ernährung und ausreichendem Schlaf, kann dazu beitragen, die Genesung zu fördern.
 - Soziale Unterstützung: Sich mit Freunden, Familie oder Unterstützungsgruppen in Verbindung zu setzen, kann ein wichtiger Schritt sein, um soziale Unterstützung zu erhalten und sich weniger isoliert zu fühlen.
 - Berufliche Anpassungen: In einigen Fällen kann es notwendig sein, berufliche Anpassungen vorzunehmen, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren oder bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen.
 - Langfristige Prävention: Es ist wichtig, langfristige Strategien zur Prävention von Rückfällen zu entwickeln, wie die Pflege eines gesunden Work-Life-Balance und das Erkennen von Stresssignalen, bevor sie zu schwerwiegenden Problemen führen.
 
Prävention von Burnout
Jeder kann zur eigenen Burnout-Prävention beitragen. Dabei geht es vor allem darum, Stress abzubauen.
Stress komplett zu umgehen ist in den meisten Fällen nicht möglich. Und auch nicht nötig. Denn in einem gesunden Mass ist er nicht schädlich - solange Erholungsphasen folgen und sich keine konstante Überforderung einstellt.
Um einem Burnout oder einer Erschöpfungsdepression vorzubeugen, lohnt es sich, regelmässig auf die eigenen Bedürfnisse zu achten - und rechtzeitig gegenzusteuern:
- Pausen fest einplanen, nicht nur zwischendurch.
 - Bewegung in den Tagesablauf integrieren, auch bei wenig Zeit.
 - Ausgewogen essen, statt im Stress zu Snacks zu greifen.
 - Schlaf priorisieren, vor allem durch feste Schlafroutinen.
 - Soziale Kontakte pflegen, um emotionale Ausgeglichenheit zu fördern.
 
Eigene Bedürfnisse erkennen und Rücksicht auf diese nehmen: Wie viel Schlaf brauche ich? Esse ich ausgewogen und regelmässig? Wo liegen meine Grenzen? Welche Aufträge schaffe ich realistischerweise? Was tut mir gut?
Stressauslöser erkennen: In welchen Situationen fühle ich mich überfordert?
Verhaltensmuster analysieren und aufbrechen: Welches sind die Gründe für meinen Stress? Sind die Ansprüche an mich selbst zu hoch?