Der Unterschied zwischen bipolarer Störung und Borderline-Persönlichkeitsstörung

Borderline-Persönlichkeitsstörungen werden oft mit der bipolaren Störung verwechselt. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung eine ernsthafte psychische Erkrankung ist.

Borderline-Persönlichkeitsstörung

Borderline steht für Grenzlinie. Gemäss ICD 10, dem Diagnosehandbuch für Psychische Störungen, ist Borderline ein Subtyp der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und gehört zu den häufigsten Persönlichkeitsstörungen. Alleine in der Schweiz leben rund drei Prozent der Bevölkerung mit der Persönlichkeitsstörung.

Menschen mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung haben starke Angst vor Zurückweisung und Schwierigkeiten, emotionale Erlebnisse zu verarbeiten und einzuordnen.

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) kann zu verschiedenen Symptomen führen. Auch Impulsivität, Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen deuten auf das Borderline-Syndrom hin. Borderline hat einen grossen Einfluss auf den Alltag. Vor allem Emotionen und Verhalten sind stark betroffen:

«Jede Emotion kann sich bis zu neunmal stärker anfühlen als für Menschen ohne Borderline. Bei Menschen mit Borderline reicht oft ein kleiner Auslöser aus, damit die Stimmung kippt. Gefühle von Wut, Angst oder Verzweiflung setzen schlagartig und sehr intensiv ein, wechseln aber auch schnell wieder.

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Der impulsive Borderline-Typ: Mangelnde Kontrolle über die Emotionen und die emotionale Instabilität stehen im Fokus.

Für eine Diagnose der Borderline-Persönlichkeitsstörung müssen mehrere der oben genannten Symptome vorliegen. Zudem müssen die Symptome bereits über längere Zeit bestehen und bis ins Jugendalter zurückverfolgt werden können. Psychiater:innen bewerten die Fähigkeit der Patient:innen, Beziehungen zu gestalten, die sozialen und beruflichen Auswirkungen, den Umgang mit Emotionen sowie potenzielle Selbst- oder Fremdgefährdung. Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden oft auch unter anderen psychischen Erkrankungen.

Ursachen

Die häufigste Ursache einer Borderline-Störung sind traumatische Erlebnisse in der Kindheit. Gemäss Theodor-Wenzel-Werk in Berlin finden sich bei Borderliner:innen in mindestens siebzig Prozent der Fälle Traumata wie sexueller Missbrauch und/oder emotionale Vernachlässigung.

Auch die Gene spielen eine Rolle: Die Forschung geht davon aus, dass etwa vierzig Prozent der Borderline-Störungen auf den genetischen Einfluss zurückzuführen sind. Zuletzt können neurobiologische Ursachen eine Borderline-Störung auslösen. Das heisst vereinfacht, dass bei Betroffenen das Hirnareal für die Impulskontrolle mangelhaft funktioniert.

Therapie

Wie die anderen Persönlichkeitsstörungen wird Borderline mittels Psychotherapie und allenfalls ergänzender medikamentöser Therapie behandelt. Bei Borderline-Störungen sind kognitive Verhaltenstherapien besonders wirksam. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) ist eine spezielle Form davon, sie wurde unter anderem für Menschen mit Borderline entwickelt.

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Mit der DBT hat Stephanie besonders gute Erfahrungen gemacht: «Sie hat mir mein Leben gerettet. In der Einzeltherapie, wie auch in Gruppen und stationär.» Dank DBT habe sie gelernt, sich von dysfunktionalen Verhaltensweisen zu lösen.

Umgang für Angehörige

Was für Menschen ohne die Erkrankung wie eine einfache Meinungsverschiedenheit erscheint, kann bei Borderliner:innen rasch zu einer Eskalation führen. Vor allem für Angehörige kann das belastend sein.

Als Angehörige:r ist es nicht möglich, den oder die Betroffene:n selbst zu therapieren oder ihnen ausreichend zu helfen. Lediglich auf den eigenen Umgang mit der Erkrankung können Angehörige Einfluss nehmen.

  • Ruhig und gelassen bleiben: Die eigene Ruhe kann sich positiv auf das Gegenüber auswirken.
  • Verständnis zeigen: Versuchen Sie, die Gefühle und Sorgen der Person nachzuvollziehen.
  • Auf sich selbst achten: Es ist wichtig, klare Grenzen zu setzen und diese auch zu kommunizieren.
  • Raum und Zeit geben: Manchmal braucht die Person Zeit, um sich zu beruhigen.
  • Professionelle Hilfe suchen: Ermutigen Sie die betroffene Person dazu, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um ihre Emotionen und Bewältigungsstrategien besser zu verstehen.

Bipolare Störung

Eine bipolare affektive Störung ist eine schwere psychische Erkrankung. Menschen, die darunter leiden, erleben ein ständiges Auf und Ab der Gefühle. Zeitweise fühlen sich die Betroffenen sehr niedergeschlagen, dann wiederum sind sie euphorisch, aufgedreht, hyperaktiv und überschätzen sich.

Die Bipolare Störung gehört wie die Depression zu den sogenannten affektiven Störungen. Das bedeutet, dass sie sich auf die Gefühle der Betroffenen auswirkt. Die Patienten erleben starke Stimmungsschwankungen, für die es meist keinen äusseren Auslöser gibt. Manische Phasen mit grosser Euphorie, Energie und Selbstüberschätzung oder aber Gereiztheit und Misstrauen wechseln sich mit depressiven Phasen ab, in denen die Betroffenen niedergeschlagen und antriebslos sind. Oft wird die Bipolare Störung daher heute noch umgangssprachlich als Manische Depression bezeichnet.

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Bipolare Störungen betreffen schätzungsweise ein bis drei Prozent der Bevölkerung.

Formen der bipolaren Störung

Bei einer Bipolaren Störung wechseln sich in unregelmässigen Abständen Phasen oder Episoden mit gedrückter (depressiver) Stimmung und solche mit auffälligem Stimmungshoch oder gereizter Stimmung (manische Phasen) ab. Nichtsdestotrotz handelt es sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild. Vielmehr gibt es verschiedene Erscheingunsformen einer Bipolaren Störung, darunter vor allem folgende:

  • Bipolar-I-Störung: Depression und Manie wechseln einander ab. Eine depressive Episode dauert mindestens zwei Wochen an, eine manische Episode mindestens sieben Tage. Letztere ist stark ausgeprägt (Unterschied zu Bipolar-II-Störung).
  • Bipolar-II-Störung: Hier kommt es zu depressiven Episoden und mindestens einer hypomanischen Epidsode. Letztere unterscheidet sich von manischen Episoden in der Mindestdauer (mindestens vier Tage) und im Vorliegen bestimmter Symptome (z.B. verstärkt Konzentrationsschwierigkeiten statt Gedankenrasen oder Ideenflucht; weniger Selbstüberschätzung und tollkühnes Verhalten etc.).
  • Rapid Cycling: Diese Sonderform ist durch einen besonders schnellen Wechsel zwischen depressiven und manischen Episoden gekennzeichnet (innerhalb von zwölf Monaten mindestens vier voneinander abgrenzbare Episoden). Sie betrifft bis zu 20 Prozent aller Patienten mit Bipolarer Störung, und zwar vor allem Frauen.
  • Zyklothymia: Hier besteht über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren eine instabile Stimmung. Sie ist aber nicht so stark ausgeprägt, dass die Kriterien einer Manie oder einer mindestens mittelgradigen depressiven Episode erfüllt wären. Daher wird die Zyklothymia manchmal zu den anhaltenden affektiven Störungen statt zu den bipolaren affektiven Störungen gezählt.

Diagnose

Die Bipolare Störung ist nicht leicht zu diagnostizieren, weil sie mit anderen psychischen Störungen wie einer klassischen Depression oder Schizophrenie verwechselt werden kann. Da die manische Phase von den Angehörigen und Betroffenen oft als lediglich aufgedrehte Stimmung interpretiert wird, dauert es oft Jahre, bis eine richtige Diagnose gestellt wird.

Vor allem die Bipolar-II-Störung und die Zyklothymia sind schwer zu erkennen, da die Symptome hier schwächer ausgeprägt sind als bei der Bipolar-I-Störung. Es ist daher besonders wichtig, dem Arzt oder Therapeuten Erleben, Stimmungen und Gefühle detailliert zu beschreiben.

Umfangreiche Befragung

Zur Abklärung einer möglichen Bipolaren Störung wird sich der Arzt zuerst ausführlich mit dem Patienten unterhalten, um die Krankengeschichte zu erheben (Anamnese). Folgende Fragen könnte der Arzt oder Therapeut dabei stellen:

  • Haben Sie sich in den letzten Wochen niedergeschlagen oder antriebslos gefühlt?
  • Hatten Sie Schwierigkeiten, morgens aufzustehen?
  • Hatten Sie Schwierigkeiten, nachts durchzuschlafen?
  • Hatten Sie einen guten Appetit?
  • Welche Gedanken haben Sie momentan? Was beschäftigt Sie?
  • Haben Sie manchmal Gedanken an den Tod oder daran, sich das Leben zu nehmen?
  • Waren Sie in den letzten Wochen ungewöhnlich aufgedreht?
  • Hatten Sie das Gefühl, Sie stehen unter Strom?
  • Hatten Sie den Eindruck, dass Sie mehr und schneller geredet haben als sonst?
  • War Ihr Schlafbedürfnis verringert?
  • Waren Sie sehr aktiv und haben viele Dinge innerhalb kürzester Zeit erledigt?
  • War Ihre Stimmung in letzter Zeit wechselhaft?
  • Sind in Ihrer Familie Fälle von manisch-depressiver Erkrankung bekannt?

Sehr sinnvoll ist es, wenn neben dem Patient auch Angehörige vom Arzt befragt werden (und später in die Behandlung mit einbezogen werden). Besonders wenn der Betroffene keine Krankheitseinsicht hat, sind die Beobachtungen und Mithilfe von nahestehenden Personen extrem wichtig. Denn Angehörige können die verschiedenen Stimmungsphasen des Betroffenen oft gut einschätzen. Die gleichberechtigte Zusammenarbeit von Betroffenen, Angehörigen und Professionellen (Therapeuten), wie sie die moderne Psychiatrie vorsieht, nennt sich "Trialog".

Zum Einsatz kommen bei der Diagnostik einer Bipolaren Störung auch klinische Fragebögen. Einige dienen der Beurteilung manischer Symptome, andere die der Einschätzung depressiver Symptome. Ausserdem gibt es solche Fragebögen sowohl für die Selbstbeurteilung als auch für die Fremdbeurteilung (etwa durch den Partner).

Differenzialdiagnosen

Bei der Diagnosefindung muss der Arzt vor allem auf die Unterscheidung zwischen Manie und Schizophrenie achten, was nicht immer leicht ist. Auch andere psychische Erkrankungen können anstelle von Bipolarer Störung für die Symptome des Patienten verantwortlich sein. Zu diesen Differenzialdiagnosen zählen etwa die Borderline-Persönlichkeitsstörung und ADHS.

Ebenso muss der Arzt diverse organische Erkrankungen als mögliche Ursachen für manische bzw. depressive Symptome ausschliessen, bevor er die Diagnose Bipolare Störung stellen kann. Zu diesen Erkrankungen gehören zum Beispiel Epilepsie, Hirntumoren, Multiple Sklerose, Schilddrüsenerkrankungen, Alkohol-, Drogen- oder Medikamentensucht, Neurosyphilis (Entzündungen im Nervensystem als Folge von Syphilis), Frontotemporale Demenz, Parkinson, Morbus Cushing und Morbus Addison. Diverse körperliche Untersuchungen helfen dabei, solche organischen Erkrankungen nachzuweisen beziehungsweise auszuschliessen.

Begleiterkrankungen

Diagnostiziert der Arzt eine Bipolare Störung, muss er auch sorgfältig eventuelle Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) erfassen. Solche sind bei Bipolarer Störung nicht selten und können deren Verlauf und Prognose beeinflussen. Das muss der Arzt bei der Therapieplanung berücksichtigen.

Viele Menschen mit Bipolarer Störung leiden etwa noch an anderen psychischen Erkrankungen. Zu den häufigsten zählen Angst- und Zwangsstörungen, Alkohol- oder Drogensucht, ADHS, Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen.

Ausserdem haben Bipolare oft noch eine oder mehrere organische Erkrankungen, darunter vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, Migräne sowie Erkrankungen des Bewegungsapparates (Muskulatur und Skelett).

Therapie

Psychische Krankheiten sind behandelbar. Bei den meisten ist eine Kombination von Psychotherapie, Medikamenteneinnahme und Angehörigenberatung am wirksamsten. Bei saisonalen Depressionen können Lichttherapien die Gesundung begünstigen. Bei einer bipolaren Störung erfolgt oft nicht eine Psychotherapie im engeren Sinne, sondern ein Coaching, das sehr praxisorientiert ist. Schwerpunkte dabei sind die Krankheitswahrnehmung und die Krankheitsakzeptanz.

Ergänzend zur medikamentösen Behandlung kommt auch oft eine Psychotherapie zum Einsatz. Hier geht es in erster Linie um den Austausch über Gedanken, Gefühle, Beschwerden und Probleme im Alltag. Auch die sogenannte Psychoedukation wird häufig angewandt.

Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Bei der EKT (früher auch Elektrokrampftherapie genannt) wird ein generalisierter Krampfanfall künstlich durch elektrische Erregung des Gehirns erzeugt.

Hauptunterschied

Der grosse Unterschied zwischen den zwei Diagnosen ist, dass die Stimmung bei Borderliner:innen innert kürzester Zeit kippen kann, während die manischen und depressiven Phasen bei der bipolaren Störung in der Regel mehrere Wochen bis Monate andauern.

Der Hauptunterschied zu einer Borderline-Störung liegt aber darin, dass bei einer bipolaren Störung sich die Stimmungen nachhaltiger und weniger reaktiv (also als Reaktion auf das Verhalten anderer) verändern. Bei einer Borderline-Störung hingegen ändern sich Verhalten und Stimmung sehr viel schneller und meist als Reaktion auf äussere Stressoren wie zwischenmenschliche Vorfälle.

Hilfe

Die Konfrontation mit einer manisch-depressiven Störung stellt sowohl für Betroffene als auch für Angehörige eine Herausforderung dar.

Informieren Sie sich über die Erkrankung bzw. Holen Sie sich professionelle Unterstützung bzw.

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