Kennen Sie Phasen von himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt? Die bipolare Störung ist eine Sonderform der affektiven Störungen und äussert sich im Wechsel von depressiven zu manischen Phasen. Bipolare Störungen können behandelt werden. Solche extremen Gefühlsschwankungen können zu grossen sozialen und zwischenmenschlichen Problemen für die Betroffenen und ihre Familien führen.
Was ist eine bipolare Störung?
Die bipolare Störung ist durch das phasenhafte Auftreten von extrem gegensätzlichen emotionalen Zuständen gekennzeichnet. Diese reichen von schweren Depressionen auf der einen bis zu manischen Phasen mit gesteigertem Antrieb und Euphorie auf der anderen Seite. Dazwischen gibt es auch Phasen von Normalität sowie verschiedene Zwischenstufen wie Hypomanie, subdepressive Zustände oder Mischformen.
Aufgrund des unberechenbaren Verlaufs und der extremen Gefühlsschwankungen ist das berufliche und soziale Leben der Betroffenen oft stark beeinträchtigt. Als Ursache nimmt man nach heutigem Wissensstand eine genetische Veranlagung an.
- phasenhafter Wechsel von Depression zu Manie
 - Phasen von Wochen bis Monaten, auch kürzere Phasen und schnellerer Phasenwechsel möglich (rapid cycling)
 - Mischzustände wie beispielsweise depressive Stimmung mit gesteigertem Antrieb
 
Weil manische und submanische Phasen seltener zu Abklärungen und Behandlungen führen, werden Patienten oder Patientinnen mit bipolarer Störung manchmal nicht erkannt (fälschlich als rein depressiv beurteilt). Es besteht ein hohes Risiko sozialer und beruflicher Folgeprobleme und oft ein chronischer Verlauf mit wiederholten Krankheitsphasen.
Typische Symptome der bipolaren Störung
- gesicherte manische und depressive Phasen
 - Auftreten von Mischzuständen und subklinischen Phasen
 - unterschiedliche Phasendauer möglich
 - Risiko von zusätzlichen psychischen Krankheiten wie beispielsweise Suchtmittelkonsum
 - deutlich erhöhtes Suizidrisiko
 
Wie äussern sich die beiden Phasen?
Bei der bipolaren Störung handelt es sich um eine ernsthafte und oft folgenschwere Erkrankung, die Betroffene als Veranlagung oft ein Leben lang begleitet. Eine sorgfältige Diagnosestellung ist die Voraussetzung für eine wirksame Behandlung. Diese sollte durch einen erfahrenen Psychiater oder eine erfahrene Psychiaterin aufgrund einer sorgfältigen Untersuchung und Datenerhebung vorgenommen werden. Oft ist es sehr hilfreich, Angehörige miteinzubeziehen - sowohl für die Sicherung der Diagnose als auch, um die Behandlung durchführen zu können.
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Behandlung bipolarer Störungen
In der Behandlung ist zu unterscheiden zwischen der Behandlung akuter Phasen (Depression oder Manie) und der Vorbeugung und Verhinderung zukünftiger Krankheitsphasen. In jeder Behandlungssituation spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Es gibt internationale Leitlinien, nach denen Psychiaterinnen und Psychiater akute Phasen therapieren sowie zukünftige Phasen vorbeugen. Die medikamentöse Einstellung dieser schwerwiegenden Erkrankung setzt grosse Erfahrung voraus.
Neben der medikamentösen Akutbehandlung von Depressionen und Manien ist die Phasenprophylaxe (Vorbeugung) äusserst wichtig. Für die Erhaltung der Therapietreue ist eine sorgfältige Aufklärung von Betroffenen und Angehörigen zentral. Teilweise sind in akuten depressiven und manischen Phasen stationäre Behandlungen unvermeidlich. Aufgrund fehlender Krankheitseinsicht in meist manischen Phasen können Behandlungen ohne Zustimmung (nach Art. 426 ZGB) erforderlich sein. Neben der Medikation sind auch verhaltenstherapeutische Interventionen sinnvoll.
Bipolare Störungen sind eine Erkrankungsgruppe mit grosser epidemiologischer und gesundheitspolitischer Bedeutung. Wenngleich Emil Kraepelin bereits Anfang des 20. Jahrhunderts das Interesse der Wissenschaft auf bipolare Störungen lenkte - er sprach vom «manisch-depressiven Irresein» -, besteht weltweit immer noch ein beträchtliches Defizit in der Erforschung und Behandlung dieser Erkrankung.
Weit gehend unklar ist bis heute die Ätiologie, wobei eine multifaktorielle Genese mit sowohl biologischen als auch psychosozialen Faktoren angenommen wird (Müller-Oerlinghausen et al., 2002). Die genetische Komponente scheint bei bipolaren Störungen stärker ausgeprägt zu sein als bei unipolar depressiven Störungen.
Dass bipolare Störungen häufig nicht frühzeitig erkannt und therapiert werden. Möglicherweise als Konsequenz einer zu selten gestellten Diagnose von Hypomanie, sind Depressionen, vor allem die unipolare Major Depression, häufig überdiagnostiziert auf Kosten bipolarer Depressionen. Hinzu kommt, dass die bipolare Erkrankung viele Facetten hat und zur Abgrenzung eine umfassende Differenzialdiagnostik notwendig ist.
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In der Beurteilung bipolarer Erkrankungen steht daher neben der Erhebung der aktuellen Psychopathologie insbesondere die Erfassung hypomaner beziehungsweise manischer Episoden in der Vorgeschichte im Vordergrund. Eine endgültige Diagnose kann allerdings häufig erst im Lauf der Zeit gestellt werden.
Bipolare (manisch-depressive) Störungen sind schwere, wiederkehrende und häufig chronisch verlaufende Leiden mit einer Prävalenz von etwa 1 bis 2 Prozent für Bipolar-I-Störungen und von mehr als 3 Prozent für die Bipolar-II-Form (MüllerOerlinghausen et al., 2002). Fasst man die Kriterien weiter und bezieht subsyndromale Erscheinungsformen mit ein, so wird geschätzt, dass in der Bevölkerung bis zu 5 Prozent der Menschen von einer bipolaren Störung betroffen sind (Baldessarini und Tondo, 2003).
Bipolare Erkrankungen zeichnen sich durch einen rezidivierenden und sehr variablen Verlauf aus. 60 Prozent der bipolaren Patienten erleben nach einer affektiven Episode mindestens zwei weitere innerhalb der nächsten fünf Jahre. Dabei sind eher Patienten mit einer hohen Phasenfrequenz (= Phasen innerhalb eines Zeitraumes) als Patienten mit einer hohen Absolutzahl von Phasen gefährdet (Greil und Kleindienst, 1997). Die meisten Betroffenen erkranken vor dem 30. Lebensjahr. Neuere Erkenntnisse legen aber nahe, dass der Erkrankungsbeginn häufig auch viel früher, vor dem 20.
Man unterteilt bipolare Erkrankungen in Bipolar-I- und Bipolar-II-Erkrankungen. Erstere beziehen sich auf «klassische» Formen mit depressiven und manischen oder gemischten Episoden. Bipolar-II-Erkrankungen umfassen depressive und lediglich hypomane Episoden. Zum bipolaren Spektrum zählt ferner noch die Zyklothymie, die sich durch Stimmungsschwankungen auszeichnet, die weder die Schwere von depressiven noch von manischen Episoden erreichen (Müller-Oerlinghausen et al., 2002; Licht et al., 2003).
Weiterhin wird als Sonderform das so genannte Rapid Cycling unterschieden; hierunter versteht man Verläufe mit schnellen Phasenwechseln (per definitionem müssen mindestens vier Episoden pro Jahr auftreten, entweder entgegengesetzter Polarität oder abgegrenzt durch ein genügend langes symptomfreies Intervall). 10 bis 15 Prozent aller Patienten mit bipolarer Störung erleben zumindest vorübergehend RapidCycling-Verläufe.
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der Allgemeinbevölkerung 2- bis 3fach höher (Müller-Oerlinghausen et al., 1994). Grund hierfür ist in erster Linie die etwa 20fach erhöhte Suizidmortalität bei bipolarer Erkrankung (Baldessarini und Tondo, 2003). Aber auch die kardiovaskuläre Sterblichkeit und das Risiko für Tumorerkrankungen sind bei unbehandelten bipolaren Patienten erhöht (Angst et al., 2002).
Bedeutung der Prophylaxe
Die grossen psychosozialen Belastungen Erkrankter und Angehöriger, das häufige Vorkommen in der Bevölkerung sowie das hohe Rezidivrisiko, verbunden mit einem hohen Suizidrisiko und der Gefahr der sozialen Selbstschädigung, machen klar, wie wichtig eine adäquate Therapie ist. Bei der medikamentösen Behandlung bipolarer Erkrankungen - und darauf beschränkt sich dieser Beitrag - wird zwischen Akuttherapie, Erhaltungstherapie (im ersten halben Jahr nach Abklingen einer akuten Episode) und prophylaktischer Therapie (Rezidivprophylaxe) unterschieden.
Indikation zur Rezidivprophylaxe
Die Indikation zur rezidivprophylaktischen Behandlung bipolarer Erkrankungen wird in der Regel nach der zweiten affektiven Episode (manisch oder depressiv) gestellt. Von einer Langzeitbehandlung abgesehen werden kann bei milden Episoden ohne Suizidalität bei fehlender familiärer Belastung. Umgekehrt sollte bereits nach der ersten Episode eine phasenprophylaktische Behandlung initiiert werden, wenn die Episode schwer ist, Suizidalität auftritt oder eine familiäre Belastung besteht (Berghöfer et al., 2003).
Erkrankungen ist eine Langzeitbehandlung, die häufig lebenslang fortgeführt werden muss. In Einzelfällen kann eine Beendigung der Behandlung in Erwägung gezogen werden, wenn der Verlauf einige Jahre stabil war. Die Medikation muss aber auch dann langsam, das heisst über mehrere Monate, ausgeschlichen werden, um frühe Rezidive zu vermeiden. Essenziell für eine erfolgreiche Langzeitbehandlung ist eine ausführliche und anhaltende Psychoedukation.
Derzeit werden für die Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Erkrankungen Lithium, Carbamazepin, Valproinsäure sowie neuerdings auch Lamotrigin eingesetzt. In jüngerer Zeit wurde das atypische Neuroleptikum Olanzapin in einigen Ländern in dieser Indikation zugelassen. Daneben gibt es eine Reihe experimenteller Methoden bei Prophylaxeresistenz (z.B. Lithium
Seit dem Bericht von Cade (1949) über die Wirksamkeit bei der Behandlung der akuten Manie wurde Lithium in dieser Indikation und später auch als Phasenprophylaktikum eingesetzt.1 Bereits 1967 konnten Baastrup und Schou (1967) eine deutliche Reduktion sowohl manischer als auch depressiver Episoden bei Patienten unter Lithium im Vergleich zum Verlauf vor Lithium zeigen. Aber auch andere Studien zum intraindividuellen Verlauf vor und unter Lithium-Behandlung zeigten zumeist eine signifikante Reduktion der Episodenzahl beziehungsweise zumindest eine Abschwächung der Schwere der einzelnen Episoden; etwa die Hälfte der Patienten wurde in diesen Studien unter Lithium gänzlich rezidivfrei.
erlebten, kann ein deutlicher Behandlungserfolg für etwa drei Viertel dieser Patienten beschrieben werden (Greil und Kleindienst, 1997). In kontrollierten Studien mit Beobachtungszeiträumen von über zwei Jahren traten unter Lithium signifikant weniger Rezidive auf. Vor allem manische Rezidive können durch Lithium effektiv reduziert werden (Greil und Kleindienst, 1997). Frühe Untersuchungen zeigten ResponseRaten von 70 bis 80 Prozent. In neueren Studien konnten diese optimistischen Zahlen jedoch nicht aufrechterhalten werden (Müller-Oerlinghausen et al., 2000).
Dies mag unter anderem mit der Ausweitung der diagnostischen Kriterien für bipolare Erkrankungen zusammenhängen: Während atypische bipolare Erkrankungen (Rapid Cycling, stimmungsinkongruente psychotische Symptome, gemischte Episoden, psychiatrische Komorbidität) weniger gut auf Lithium respondieren, sprechen typische («klassische») Bipolar-I-Erkrankungen mit manischen und depressiven Episoden sowie interepisodischer Remission nach Ergebnissen der M.A.P.-Studie weiterhin gut auf Lithium an (Greil et al., 1998).
Lithium ist bislang die einzige für die Rezidivprophylaxe bipolarer Erkrankungen verwendete Substanz, für die neben dem prophylaktischen ein eigenständiger suizidpräventiver Effekt beschrieben worden ist. So konnte beispielsweise in einer Studie mit 471 mit Lithium behandelten Patienten gezeigt werden, dass die initial 16fach erhöhte Suizidmortalität bipolarer Patienten bereits nach einem Jahr der Behandlung auf das Niveau der Allgemeinbevölkerung sinkt (Müller-Oerlinghausen et al., 1994). Eine aktuelle Arbeit untersuchte die Daten zweier grosser Versicherungsträger in den USA. Hier wurde eine 2,7fach höhere Suizidrate unter einer laufenden Behandlung mit Valproinsäure als unter einer Lithium-Langzeitbehandlung gefunden (Goodwin et al., 2003b). Andererseits zeigte eine Studie an Patienten, die eine Lithium-Behandlung beendet hatten, einen Wiederanstieg der Suizidrate (Müller-Oerlinghausen et al., 1996).
auf das Niveau der Allgemeinbevölkerung senken (Ahrens et al., 1995). Neuerdings wird ein neuroprotektiver Effekt von Lithium diskutiert (Bauer et al., 2003). An Zellkulturen und in Tiermodellen wurde eine protektive Wirkung von Lithium gegenüber glutamaterger Exzitotoxizität gefunden. Auch Gehirnschädigungen durch Neurodegeneration und Schlaganfälle waren nach langfristiger Lithium-Applikation im Tiermodell geringer (Chuang et al., 2002).
Dosierung von Lithium
Lithium wird gewöhnlich nach dem Serumspiegel dosiert; es werden Spiegel zwischen 0,6 und 0,8 mmol/l angestrebt. Dies wird in der Regel unter einer Dosierung von 12-16 mmol/Tag erreicht. Bei älteren Patienten oder intolerablen Nebenwirkungen kann eine Reduktion auf 0,5 mmol/l versucht werden. Umgekehrt kann bei primärem Nicht-Ansprechen auf Lithium häufig eine Anhebung des Spiegels auf bis zu 1,0 mmol/l zum Erfolg führen. Steady-State-Bedingungen sind nach fünf bis sieben Tagen erreicht; danach sollte der Serumspiegel bestimmt werden. Blutentnahmen zur Spiegelbestimmungen sollten etwa zwölf Stunden nach der letzten Einnahme stattfinden (Berghöfer et al., 2003).
Nebenwirkungen und Intoxikation von Lithium
Bei unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) stehen Gewichtszunahme, Händetremor, vermehrtes Durstgefühl, Polyurie, Diarrhö und Schilddrüsenfunktionsstörungen (Hypothyreose, Struma) im Vordergrund. Da diese UAW in der Regel dosisabhängig sind, sollte individuell die niedrigste wirksame Dosis gewählt werden; so lassen sich bei den meisten Patienten Nebenwirkungen vermeiden. In der Regel sind diese Nebenwirkungen nach Absetzen von Lithium reversibel. Irreversible Schädigungen der Niere treten sehr selten auf und sind pathogenetisch ungeklärt. Lithium besitzt nur eine enge therapeutische Breite. Daher muss in regelmässigen Abständen (unter stabilen Bedingungen etwa alle drei Monate) der Lithiumserumspiegel bestimmt werden.
In subjektiv unterschiedlichem Ausmass kann es ab Spiegeln über 1,2 mmol/l zu (neuro-)toxischen Symptomen kommen. nischen Symptomen einer Intoxikation. Typische Symptome einer Lithium-Intoxikation sind Übelkeit, Diarrhö, Tremor, kognitive Störungen, Müdigkeit, Verlangsamung, Bewusstseinsstörungen, Ataxie und Krampfanfälle. Alle unklaren Symptome bei Patienten unter Lithium-Behandlung sollten Anlass zur Spiegelkontrolle sein, da sich dahinter eine Intoxikation verbergen kann.
Bei Intoxikation muss Lithium sofort abgesetzt und der Patient stationär (Intensiv/ Nephrologie) überwacht werden. Da die Nierenfunktion eingeschränkt sein kann, ist eine engmaschige Kontrolle des Lithium-Spiegels obligat. Nötigenfalls muss eine Hämodialyse durchgeführt werden. Irreversible Schäden nach einer LithiumIntoxikation können neben der Niere auch das Kleinhirn betreffen.
Um Intoxikationen zu vermeiden, müssen zu Beginn der Behandlung und in regelmässigen Intervallen der Patient und seine Angehörigen sorgfältig über Symptome einer Vergiftung aufgeklärt werden. Dazu gehört auch die Aufklärung über Dehydratation durch fieberhafte Infekte, Durchfälle und Erbrechen, verminderte Flüssigkeitszufuhr, Salz- und Flüssigkeitsverlust durch starkes Schwitzen sowie die Gefahr durch salzarme Ernährung (z.B. Nulldiät) (Licht et al., 2003). Ferner ist es bei Lithium sehr wichtig, auf mögliche pharmakokinetische Nebenwirkungen zu achten.
Alle Medikamente, die die renale Elimination von Lithium beeinträchtigen, können zu einer Erhöhung des Spiegels und im schlimmsten Fall zur Intoxikation führen. Zu solchen Medikamenten gehören insbesondere Diuretika (v.a. Thiazide, ACE-Hemmstoffe) und nichtsteroidale antiinflammatorische Substanzen (z.B. Diclofenac, Ibuprofen) (Licht et al., 2003).
Kontrolluntersuchungen bei Lithium-Behandlung
Vor Behandlung mit Lithium sollten Elektrolyte und Kreatinin bestimmt werden. Ferner ist es sinnvoll, die Schilddrüsenfunktion vor Behandlung zu untersuchen (TSH-basal). Bei Verdacht auf eine kardiale Erkrankung und bei älteren Menschen sollte ein EKG gemacht werden.
Carbamazepin
Carbamazepin gehört zur Gruppe der Antikonvulsiva. Als solches ist es in Deutschland seit etwa 30 Jahren zugelassen. In der Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Erkrankungen ist es seit Mitte der Neunzigerjahre als Mittel zweiter Wahl zugelassen. Es gibt zahlreiche Studien zu Carbamazepin in der Behandlung bipolarer affektiver Erkrankungen, vor allem zur Rezidivprophylaxe. Wie in einer Metaanalyse gezeigt wurde, zeigen ältere Studien allerdings keinen überzeugenden Effekt von Carbamazepin (Dardennes et al., 1995); die zugrunde liegenden Studien sind jedoch methodisch anfechtbar, zum Beispiel wegen des breiten Einsatzes psychotroper Komedikation.
Eine Studie über 2,5 Jahre zeigte, dass Carbamazepin bei Bipolar-II-Erkrankung gleich wirksam ist wie Lithium, bei atypischer Erkrankung möglicherweise sogar besser (Greil et al., 1998). Bei Rapid-Cycling-Verläufen, wo unter Lithium deutlich weniger Erfolge zu verzeichnen sind, ist Carbamazepin eine wichtige und gut wirksame Alternative. Ein spezifischer suizidpräventiver Effekt, wie er für Lithium beschrieben ist, konnte für Carbamazepin bislang nicht beschrieben werden (Emrich und Dietrich, 1997).
Dosierung von Carbamazepin
Es gibt bislang keine Studie zur optimalen Dosierung von Carbamazepin bei bipolaren Erkrankungen. Daher richtet man sich gewöhnlich nach dem in der Epilepsiebehandlung üblichen Serumspiegel von 4 bis 8 mg/dl. Bei Nicht-Ansprechen kann eine Anhebung des Spiegels auf bis zu 10 mg/dl sinnvoll sein. Gewöhnlich wird der therapeutische Spiegel unter einer Dosierung von 600 bis 1200 mg/Tag erreicht. Es wird einschleichend über zwei bis vier Wochen aufdosiert (Emrich und Dietrich, 1997; Berghöfer et al., 2003; Licht et al., 2003).
Nebenwirkungen von Carbamazepin
Im Vordergrund stehen dosisabhängige, relativ ungefährliche Nebenwirkungen wie gastrointestinale (z.B. Übelkeit, Appetitlosigkeit) und neurologische Nebenwirkungen (z.B. sowie Mundtrockenheit. Viele dieser UAW bestehen nur zu Behandlungsbeginn und bilden sich von selbst zurück. Eine langsame Aufdosierung kann derartige UAW weit gehend vermeiden. Als meist harmlos einzuschätzen sind leichte Erhöhungen der Leberenzyme bei 5 bis 15 Prozent der Patienten. Jedoch sind auch Fälle schwerer Leberschädigungen bekannt, teils mit fatalem Ausgang. Weitere seltene, jedoch potentiell bedrohliche Nebenwirkungen können schwere allergische Hautreaktionen (bis hin zu StevensJohnson-Syndrom und Lyell-Syndrom) sowie Blutbildv...
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