Kinder, die voller Ideen und Tatendrang sind, sich nicht auf das konzentrieren können, was sie gerade sollten, ständig aktiv und häufig impulsiv sind, werden heute oft als Kinder mit ADHS diagnostiziert. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) bezeichnet den Zusammenhang dieser Symptome. So ideenreich wie die besagten Kinder sind auch die Erklärungsversuche und Definitionen dieses Phänomens. Es gibt tausende von Büchern und Artikeln zu diesem Thema. Zum Glück hat die Forschung und das Bewusstsein für Zusammenhänge in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. So gibt es immer mehr Ansätze, die Probleme individuell zu erfassen und mit einer Vielfalt von angemessenen Massnahmen, in ganz verschiedenen Bereichen anzugehen.
Alte und neue Vorstellungen über ADHS
Die heute noch am weitesten verbreitete Vorstellung geht davon aus, dass ein Mangel von Botenstoffen im Gehirn (Dopamin) die Ursache des ADHS ist. Entsprechend werden in der Schulmedizin stimulierende Medikamente (z.B. Ritalin) eingesetzt. Sie sollen die Freisetzung von Dopamin im Gehirn verstärken. Wie dies genau funktioniert ist nicht bekannt, führt aber zu beachtlichen Resultaten, die Kinder werden ruhiger und können sich besser konzentrieren, jedoch nur so lange sie das Medikament einnehmen. Neuere Erkenntnisse aus der Hirnforschung stellen diese Theorie in Frage. Die chemischen Prozesse im Gehirn werden nicht mehr als Ursache gesehen, sondern als das Resultat der Entwicklung des Gehirns. Unser Gehirn wird ständig umgebaut und verändert sich, je nach dem, wie wir es benutzen.
ADHS wird nicht mehr als ein Defekt angesehen, sondern als eine spezielle Art sein Gehirn zu nutzen. Ein neueres Modell geht davon aus, dass es Kinder gibt, die bereits als Neugeborene und während ihrer Kleinkindphase erheblich wacher, aufgeweckter, neugieriger und leichter stimulierbar sind als andere. Da sie bereits besonders unruhig und all zu leicht durch neue Anreize stimulierbar sind, werden die Bereiche im Gehirn besonders gut ausgebaut, die neue Reize aufnehmen und weiterleiten. Dadurch lassen sich diese Kinder immer leichter durch alle möglichen neuartigen Reize stimulieren und sie suchen diese auch. Aus sich selbst heraus ist ein solches Kind ausserstande, seinen überstarken Antrieb zu kontrollieren, es muss ständig rumzappeln, neues entdecken sich darüber begeistern und kann sich nicht auf eine Sache konzentrieren. Durch die Weiterentwicklung der entsprechenden Hirnregionen wird es zu einem immer besseren Zappelphilipp oder zu einem immer besseren Störenfried!
Wenn wir davon ausgehen, dass ADHS eine spezialisierte Art ist, sein Gehirn zu benutzen, gibt es auch einen Weg, diese Entwicklung durch geeignete Massnahmen in eine bessere Richtung zu lenken.
Emotionaler Fastfood: Zucker und Fernsehen
Es gibt alltägliche Gewohnheiten, die eine Überstimulierung fördern. Auf einige Kinder hat z.B. Zucker eine äusserst stimulierende Wirkung. Zucker ist das schnellste Mittel um uns Energie zur Verfügung zu stellen und löst gleichzeitig ein vorübergehendes Glücksgefühl aus. Nach der schnellen Zuckerbefriedigung sinkt mit dem Blutzuckerspiegel aber auch das Glücksgefühl und so verlangt das Kind schon bald wieder nach noch mehr Süssigkeiten oder anderen Stimulanzien.
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Wenn uns etwas gelungen ist, haben wir ein Glücksgefühl: die Belohnung nach getaner Arbeit. Zucker erzeugt ein ähnliches Gefühl. Zucker zu essen ist wie den Lohn der Arbeit zu bekommen, ohne die Arbeit getan zu haben. Normalerweise müsste auch unser Körper die Lebensmittel erst verdauen, Arbeit leisten, um die Nahrung aufzuschlüsseln und in Zucker (Energie) umzuwandeln. Zucker ist die Abkürzung zu Energie und Glück, bloss ohne dass wir es uns verdient haben. Das Zuckerglück hält nicht lange und danach bleibt nicht viel zurück an dem wir uns freuen können. Die Freude des Erarbeitens des Glücks haben wir nicht erfahren und somit auch keine Freude in der Tätigkeit gefunden.
Ähnlich wirkt auch das Fernsehen. Wir sind mitten drin in einer Welt voller Spannung und Emotionen, ohne dass wir etwas dazu beitragen. Kinder werden hier mit ständig neuen, emotional erregenden Eindrücken und angstauslösenden Vorstellungen überflutet. Auf ihre Fragen bekommen sie keine Antworten, ihre Vorschläge hört niemand und sie können nicht eingreifen. Sie werden so leicht zu Konsumenten, die nur noch „haben“ wollen und nur „nehmen“ kennen. Weil sie sich nicht einbringen konnten fehlt ihnen die Erfahrung des „Gebens“, des „Selbermachens“ und des „Austauschens“.
Kinder die viel Zucker essen und/oder viel Fernseh schauen verpassen es zu lernen, wie sie selbst etwas erarbeiten, erleben, entdecken können. Deshalb sind sie oft unmotiviert und gelangweilt wenn sie keinen emotionalen Fastfood wie Zucker, Fernseh oder Videogames bekommen.
Motivation - Lernen - Schule - Lernschwierigkeiten
Das Gehirn des Kindes wird durch dessen Gebrauch geformt. Daher ist es wichtig, das Kind zu selbstständigem Denken und Handeln zu motivieren. Es gibt eine Menge Spielsachen, die der Kreativität viel Raum lassen (z.B. Lego Bausteine) und es gibt andere, die perfekt ausgearbeitet sind und nur noch zu einseitigem Gebrauch einladen. Dann gilt es den Ideen und Leistungen des Kindes Raum zu geben und sie zu würdigen. Kleine Errungenschaften eines Kindes mögen uns nichtig erscheinen und wir wissen es vielleicht besser. Für das Kind sind dies aber erste Schritte eigene Lösungen zu finden. Ein abschätziger Kommentar oder selbst ein wohlwollendes zeigen wie man es noch besser machen könnte, setzt die Leistung des Kindes herab.
Viele mit ADHS diagnostizierte Kinder haben Probleme in der Schule. Sie können sich nicht konzentrieren, werden von allem möglichen abgelenkt oder stören den Unterricht. Oft empfinden sie den Unterricht als langweilig. In einem anderen Umfeld, das ihren Bedürfnissen entspricht, können diese Kinder oft sehr erfolgreich sein. Wenn sie in ihrer Kreativität herausgefordert werden und selber Lösungen erarbeiten, klappt es plötzlich mit der Konzentration und der Motivation. Es gibt auch Kinder, die konzentriert am Unterricht teilnehmen können, wenn sie zwischendurch aufstehen oder umhergehen dürfen. Hier bieten einige Privatschulen Alternativen, weil sie mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen können und neue Lernmethoden anwenden.
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Homöopathische Behandlung
Ziel der homöopathischen Behandlung ist es, die Kinder in Ihrer Entwicklung zu stärken und in Ihrer Selbstständigkeit zu fördern. Von einer Konstitutionsbehandlung erwarte ich, dass sich die Konzentrationsfähigkeit verbessert und die Motivation zunimmt. Allfällige Wutausbrüche sollen abnehmen, so dass das Kind insgesamt ausgeglichener und zufriedener wird. Um ein Kind homöopathisch behandeln zu können, muss ich es in seiner Eigenheit, seiner Individualität verstehen. Je nach Temperament gibt es Kinder, die von sich aus keine Antworten geben oder allerlei Geschichten erzählen. Deshalb sind die Informationen der Eltern und betreuenden Personen ebenso wichtig wie das Erleben des Kindes selbst.
Begleitende Massnahmen
Eine grosse Bedeutung hat, wie bereits beschrieben, das Umfeld der Kinder. Auch eine psychologische Betreuung ist daher oft sinnvoll, erfordert aber meist den Miteinbezug der betreuenden Personen wie Eltern und LehrerInnen (Systemische Psychotherapie).
Die Rolle von Mikronährstoffen bei ADHS
Bereits in den 1970er-Jahren beobachtete der US-amerikanische Allergologe Dr. med. Benjamin Feingold (Buch «Why your child is hyperactive»), dass eine Ernährung ohne künstliche Zusatzstoffe die Symptome von ADHS deutlich reduzieren kann. In den 1980er-Jahren stellte die deutsche Apothekerin Hertha Hafer die sogenannte Phosphat-Hypothese auf. Sie postulierte, dass phosphathaltige Lebensmittel das Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwächen und Hyperaktivität begünstigen. Diese These wird heute jedoch nicht mehr vorrangig diskutiert.
Die Ursachen für ADHS sind vielschichtig und nicht abschliessend geklärt. Man geht davon aus, dass die Entstehung von ADHS auf einer komplexen Wechselwirkung verschiedener Einflussgrössen beruht. So führen wohl genetische Dispositionen und andere Einflussfaktoren, z. B. Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen sowie Umweltfaktoren, zu Abweichungen in der neuronalen Entwicklung, die für die Entstehung der ADHS-Symptomatik verantwortlich sind. Im Gehirn von ADHS-Patienten zeigen sich zudem Veränderungen im Neurotransmittersystem, insbesondere bei der Verfügbarkeit und dem Abbau von Dopamin und Noradrenalin.
Mehr als die Hälfte der ADHS-Patienten weist erhöhte Histamin-Blutspiegel auf, was auf eine mögliche Beteiligung des Histamin-Stoffwechsels hinweist. Chronische Belastungen mit toxischen Metallen wie Blei, Cadmium, Kupfer, Quecksilber, Arsen und Aluminium sind bei ADHS sehr häufig. Sie können bereits in der Schwangerschaft von der Mutter zum Kind übertragen worden sein oder aus exogenen Quellen stammen. Wie z.B. von Bleibelastungen bekannt, können sie bereits in kleinsten Mengen zu kognitiven Symptomen führen. Organische Substanzen (z.B. Pestizide).
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Mikronährstoffe können als begleitende Massnahme in der Therapie von ADHS eine sinnvolle Rolle spielen. Studien deuten darauf hin, dass gezielte Supplementierungen helfen können, Defizite auszugleichen und bestimmte Symptome zu lindern.
Ein gestörtes Darmmilieu sowie eine erhöhte Darmdurchlässigkeit werden häufig in Zusammenhang mit ADHS beobachtet. ADHS und die damit verbundenen Erscheinungsbilder sind ein multifaktorielles Problem. Für eine möglichst gezielte Verbesserung der Situation sollten stets die im Einzelfall eine Rolle spielenden Einflussfaktoren sorgfältig eruiert (auch mithilfe von Laboranalysen) und in der Folge auch in der begleitenden Therapie berücksichtigt werden.
Für die Beratung sollte die Hilfe von Fachpersonen aus Medizin, Pharmazie und Naturheilkunde in Anspruch genommen werden, die sich besonders gut mit der ADHS-Problematik, mit der Ernährung, mit Mikronährstoffen sowie auch mit chronisch toxischen Einflüssen auf den Stoffwechsel auskennen. Für eine bessere Compliance können vor allem bei Kindern individuell zusammengestellte Mikronährstoffmischungen sowie eine gestaffelte Gabe der Supplemente hilfreich sein (z. B. alle 2-3 Monate Wechsel zwischen verschiedenen Produkten).
Tabelle: Mikronährstoffe und ihre mögliche Wirkung bei ADHS
| Nährstoff | Mögliche Wirkung | 
|---|---|
| EPA+DHA (Omega-3-Fettsäuren) | Verbesserung der Symptome bei Patienten, die nicht auf Ritalin und Verhaltenstherapie ansprechen. | 
| GLA (Gamma-Linolensäure) | Kann phasenweise bzw. in Abwechslung zu EPA-/DHA-Präparaten gegeben werden. | 
| Kalzium und Magnesium | Optimieren die Wirkung von Methylphenidat (Ritalin®), positive Effekte auf Verhalten und Konzentrationsfähigkeit. | 
| Eisen | Nur bei niedrigem Serumferritin supplementieren, kann die mentale Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. | 
| Zink | Kann ADHS-Symptome moderat verbessern, reduziert die Stressempfindung. | 
Alternative Therapieansätze
Zur Standardbehandlung von ADHS gehören heute das Medikament Ritalin und Verhaltenstherapien, vor allem auch Elterntraining. In der Alternativmedizin werden andere Wege erprobt:
- Homöopathie: Ein individuelles, am behandelten Kind orientiertes Programm von potenzierten Mitteln soll die «innere Balance» wieder herstellen.
 - Ginkgo: Der Extrakt soll die Durchblutung des Gehirns verbessern und so die ADHSSymptome lindern.
 - Beruhigende Pflanzenextrakte: Baldrian und ähnliche Extrakte werden von manchen Ärzten angewendet, ohne dass die Wirksamkeit je systematisch untersucht worden wäre.
 - Diäten: Es gibt verschiedene Theorien, die von einem Einfluss der Ernährung auf die ADHS-Symptome ausgehen - von Lebensmittelallergien bis zum Mangel an gewissen Substanzen. Die zum Teil überaus komplizierten Diäten haben sich in Studien als unwirksam erwiesen und werden heute nur noch in Einzelfällen angewendet.
 
Eine multimodale, an möglichst vielen Punkten ansetzende Therapie von ADHS ist heute die Norm. Allerdings wird die medikamentöse Behandlung mit Methylphenidat als therapeutischer Baustein immer noch häufig von Beginn an eingesetzt. Daher sollte die multimodale Therapie ohne Medikamente immer das erste Mittel der Wahl für Kinder mit ADHS-Diagnose sein. Je ausgeprägter die ADHS-Symptome ausfallen, desto mehr Strategien sollten verfolgt werden.
Weitere Empfehlungen
Industrielle Lebensmittel führen zu einem Mangel an Mikronährstoffen, ohne die Nerven schlecht funktionieren. Bei Kindern führt Mangel- oder Fehlernährung der Nerven zu ADHS-Symptomen. Leider entwickelt der Körper der Kinder Lust auf genau jene Stoffe, die Schaden können: raffinierte Kohlehydrate, zuckerhaltige Lebensmittel, Säfte und Fertigprodukte. Auf diese Stoffe sollte die Familie verzichten und den Ernährungsplan umstellen. Bei sensitiven Kindern sollten ausserdem künstliche Farbstoffe vermieden werden. Die Faustregel lautet: Iss das Essen, das schon Grossmutter gekannt hat.
Zusätzlich zur Nahrungsumstellung sind ausserdem Präparate aus der Apotheke zu empfehlen. Gut wirksam gegen ADHS-Symptome sind Omega-3- und -6-Fettsäuren. Kinder, die einen Mangel an Vitaminen und Spurenelementen aufweisen, seien Vitamin-B-Komplex, Vitamin D, Biotin, Niacin, Zink, Jod, Kalium, Kupfer, Magnesium und Pantothensäure empfohlen. Was genau für das eigene Kind in Frage kommt, sollte man im Gespräch mit dem Apotheker, der Apothekerin klären. Die Kosten werden nicht von der Krankenkasse übernommen.
Kinder haben einen grossen Bewegungsdrang. Der Anteil an Sport in der Schule ist jedoch nur gering und sollte erhöht werden. Ein Mangel an Bewegung kann ADHS-Symptome verursachen. Kinder mit ADHS sind manchmal wegen Unaufmerksamkeit, impulsiven Verhaltens, geringen Körperbewusstseins, Verspannung und Schwächen in Feinmotorik schlechter in leistungsorientierten Sportarten. Gemäss Studien führt etwa fünf Mal pro Woche Bewegung in Form von Intervalltraining, Kinder-Yoga, Tai-Chi oder Aerobic zur Reduktion von ADHS-Symptomen bei Kindern.
Die Verhaltenstherapie stellt eine Kombination aus Elterncoaching bzw. Eine spezielle Form von Verhaltenstherapie ist das Neurofeedback, das ADHS-Symptome reduzieren kann. Hier wird die aktive Steuerung von Hirnaktivität angestrebt, denn Kinder mit ADHS können Schwierigkeiten haben, einen aufmerksamen Bewusstseinszustand zu erreichen. Dies kann in etwa 20 Sitzungen in drei bis vier Monaten erreicht werden. Alternative Ansätze wie Homöopathie und Akupunktur können die körpereigenen Selbstheilungskräfte aktivieren.
Wichtig ist, dass bei jeder Therapie zwischen Nutzen und gesundheitlichem Risiko abgewogen wird. Die multimodale Therapie ohne Medikation ist hinsichtlich dieser Perspektive eine sichere und nachhaltige Wahl. Welche Kombination im individuellen Fall Wirkung zeigt, wird erst im Laufe der Zeit deutlich werden.
Je mehr folatreiches Gemüse wie Zwiebeln, Tomaten und Blattsalat die Mütter während ihrer Schwangerschaft zu sich nahmen, umso besser fiel die psychomotorische Entwicklung ihrer Kinder im Alter von 18 Monaten aus.
Waren die Mütter schlecht mit Folsäure versorgt, zeigten ihre Kinder im Durchschnittsalter von 8,75 Jahren häufiger Symptome von Hyperaktivität und gestörter sozialer Einordnung sowie Aufmerksamkeitsdefizite.
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