Psychologie des Zuspätkommens: Ursachen und Strategien

Zuspätkommen ist ein Phänomen, das viele Menschen betrifft und oft zu Frustration und Unannehmlichkeiten führt. Doch warum kommen manche Menschen ständig zu spät? Die Psychologie des Zuspätkommens ist komplex und vielschichtig, beeinflusst von verschiedenen Faktoren wie Persönlichkeit, Zeitwahrnehmung und individuellen Umständen.

Ursachen für chronisches Zuspätkommen

Forscher haben verschiedene Gründe identifiziert, warum manche Menschen häufiger zu spät kommen als andere.

Planungsfehler

Einer der Hauptgründe ist ein Planungsfehler, bei dem Menschen die Dauer von Aufgaben um durchschnittlich 40 Prozent unterschätzen.

Multitasking

Ewig-Zuspätkommer neigen auch dazu, Multitasking zu bevorzugen, was das Bewusstsein für das eigene Handeln erschwert.

Persönlichkeitsmerkmale

Persönlichkeitsmerkmale spielen ebenfalls eine Rolle: Menschen vom Typ A zeichnen sich dadurch aus, dass sie leistungsorientierter, ehrgeiziger und besser organisiert durchs Leben gehen - diese Menschen sind auch eher pünktlich. Währenddessen besitzen Typ-B-Personen die eher entspannteren Charaktere und kommen häufiger zu spät.

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Der Psychologe Jeff Conte von der Universität San Diego führte eine Studie durch, die zeigte, dass Menschen die Zeit unabhängig von äusseren Umständen unterschiedlich wahrnehmen.

Tabelle: Persönlichkeitstypen und Pünktlichkeit

Persönlichkeitstyp Merkmale Pünktlichkeit
Typ A Leistungsorientiert, ehrgeizig, organisiert Eher pünktlich
Typ B Entspannt, gelassen Häufiger zu spät

Psychologische Wurzeln

Unpünktlichkeit kann tiefe psychologische Wurzeln haben. Personen, die ein Autonomieproblem haben, fühlen sich durch eine Vereinbarung in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt und rebellieren mit Zuspätkommen dagegen. Unbewusst. Ihre Unpünktlichkeit habe narzisstische Gründe, sie bleiben garantiert nie unbeachtet, jeder nimmt sie wahr, wenn sie kommen. Auffallen um jeden Preis, auch wenn sich alle nerven. Negative PR ist auch PR.

Machtdemonstration

Unpünktlichkeit ist oft eine Machtdemonstration. Man zeige damit, dass man wichtig sei, viel beschäftigt und am längeren Hebel sitze. Nur wer es sich leisten kann, darf den anderen warten lassen. Man signalisiert: Du bist mir nicht so wichtig. Und man lässt den anderen spüren: Du bist abhängig von mir. Der Wartende ist ohnmächtig.

Strategien für mehr Pünktlichkeit

Obwohl es schwierig sein kann, die Persönlichkeit zu ändern, gibt es einige Strategien, die helfen können, die eigene Pünktlichkeit zu erhöhen:

  • Aufteilung von Aufgaben in Einzelschritte: Um eine genauere Zeitabschätzung zu ermöglichen.
  • Vorstellen der Aufgabe im Geiste: Um realistischere Abschätzungen zu treffen.
  • Akzeptanz der eigenen Neigung zum Zuspätkommen: Dies kann der erste Schritt zur Veränderung sein.

Daneben gibt es Faktoren, die man selbst nicht direkt beeinflussen kann. So spielt die Erwartungshaltung der anderen eine Rolle. Wer davon ausgeht, dass alle anderen pünktlich sein werden, ist selbst auch motivierter, pünktlich zu sein. Sanktionen oder negative Konsequenzen können ebenfalls die Pünktlichkeit fördern.

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Die subjektive Wahrnehmung von Zeit

Die subjektive Zeitwahrnehmung ist bei jedem Menschen variabel. Sie hängt von Moment zu Moment von seinen Emotionen und von seiner Aufmerksamkeit auf etwas ab. Wenn ich mich immer auf mein eigenes Zeitgefühl verlassen würde, würde ich dauernd zu früh oder zu spät zu einem Termin kommen. Ein Termin jedoch ist ein soziales Erfordernis, wofür ich mich an der Uhr orientieren muss.

Wie wir die Zeit wahrnehmen, hängt damit zusammen, was wir gerade erleben und tun. Normalerweise richten wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf die Zeit. Aber wenn wir uns langweilen oder warten, dann fühlen wir uns selbst, und die Zeit vergeht langsam. Eigentlich könnte man meinen, dass dies ja perfekt sei, weil wir dann mehr vom Leben haben. Denn manchmal bedauern wir, dass die schöne Ferienzeit schon wieder rum ist. Wenn wir im Flow sind und viel Neues erleben, vergessen wir die Zeit, und sie vergeht gefühlsmässig schnell.

Pünktlichkeit in verschiedenen Kulturen

In unserer Kultur ist Warten ein Affront und eine Plage. Die senegalesische Bäuerin begibt sich morgens zur Bushaltestelle, der Bus wird irgendwann im Verlauf des Vormittags kommen, so Gott will. «In unserer industrialisierten und automatisierten Welt sind hingegen alle Kreisläufe eng miteinander verzahnt», sagt Zeitforscher Marc Wittmann, «und oft sekundengenau getaktet.»

Auch die geographische Lage spielt eine Rolle. Je weiter eine Kultur vom Äquator entfernt ist, desto mehr ist sie von den Jahreszeiten abhängig. Skandinavier müssen die warmen Monate besonders gut nutzen, sie müssen für den Winter Vorräte anlegen. Sie sind zukunftsorientierter, planen mehr, die Uhrzeit strukturiert ihre Tage. So wie bei uns.

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