Arbeitsunfähigkeiten aus psychischen Gründen nehmen in der Schweiz, wie auch in anderen Industrieländern, seit langem stetig zu. Sind Arbeitnehmende über längere Zeit krankgeschrieben und arbeitsunfähig, hat das sehr häufig psychische Gründe.
Psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeiten dauern deutlich länger als die meisten Krankschreibungen aus somatischen Gründen. Die aufwendige Auswertung der Versichertendaten ergab: Psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeiten dauern im Durchschnitt 218 Tage und sind in 95 Prozent der Fälle Vollzeit-Krankschreibungen.
Ursachen und Auslöser
In 57 Prozent der Fälle sind gemäss der Analyse Konflikte, Kränkungen oder eskalierende Probleme am Arbeitsplatz der Auslöser für die psychische Arbeitsunfähigkeit. Es sind dies Reaktionen auf Arbeitsplatzkonflikte, Kränkungen, Frustrationen oder Veränderungen im Betrieb (Reorganisationen, Chefwechsel).
Gewisse besonders belastende Arbeitsbedingungen begünstigen eine sehr lange Dauer der Krankschreibung: emotionale und interaktionelle Anforderungen sowie kognitive und hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit.
Die Branchen unterscheiden sich deutlich nach Dauer der Krankschreibungen.
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Die Rolle des Burnouts
Menschen, die unter einem Burnout leiden, müssen oft krankgeschrieben werden. Die Krankschreibung ist ein wichtiger Teil der Burnout-Behandlung. Personen, die von einem Burnout betroffen sind, leiden unter einer Reihe von einschneidenden Symptomen. Im vielen Fällen sind sie zumindest temporär oder sogar permanent nicht mehr in der Lage zu arbeiten.
Arbeitsplatzbezogene Krankschreibung
Bei psychischen Erkrankungen und folglich auch bei einem Burnout wird meist eine besondere Art der Krankschreibung, die arbeitsplatzbezogene Krankschreibung, vorgenommen. Bei einer solchen bezieht sich die Krankschreibung ausschliesslich auf den konkreten Arbeitsplatz und nicht auf die Leistungsfähigkeit ausserhalb davon. Das heisst, dass betroffene Personen durchaus dazu berechtigt sind, währenddessen arbeitsplatzunabhängigen Tätigkeiten nachzugehen.
Kritik an der gängigen Praxis
Die gängige Praxis bei der Krankschreibung von unter Burnout leidenden Personen hat aber auch Kritiker. Diese kritisieren vor allem, dass Burnout-Patienten und -Patientinnen zu früh, zu lang und zu schnell zu 100 Prozent krankgeschrieben werden. Dies geschehe durch eine Art Beschützer-Reflex des ärztlichen Personals, das den Schutz der Patienten und Patientinnen vor weiterem Stress zu hoch gewichten würde. Die Befürwortenden dieser These argumentieren stattdessen, dass es oft für alle Beteiligten besser wäre, die Arbeitslast in Absprache mit der Unternehmensseite nur auf eine Teilzeitbeschäftigung zu reduzieren.
Auswirkungen und Konsequenzen
Gemäss der Studie des Krankenversicherers Swica verliert die Hälfte der Krankgeschriebenen in der Folge ihren Job. Rund die Hälfte der Krankgeschriebenen verliert den Arbeitsplatz.
Krankheit ist einer der häufigsten Gründe für den Verlust des Arbeitsplatzes. Wenn es sich um eine längere psychische Erkrankung handelt, besteht die Gefahr, dass man danach keine neue Stelle findet.
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Die Kombination von langer Abwesenheit und Vollzeit-Arbeitsunfähigkeit führe zu einem langen Kontaktabbruch zwischen der betroffenen Person, den Vorgesetzten und Arbeitskollegen. Dies sei in Hinblick auf den Wiedereinstieg in den Job allerdings ungünstig.
Was tun bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz?
Lösen gewisse Bemerkungen oder Handlungen aus Ihrem Arbeitsumfeld negative Gefühle in Ihnen aus? Nehmen Sie Ihre Wahrnehmung ernst und beginnen Sie, diese Momentaufnahmen zu notieren: Handlungen, Bemerkungen und was das in Ihnen auslöst.
Expertinnen und Experten empfehlen, die Konfliktpartei möglichst früh auf das Problem anzusprechen. Vielleicht handelt es sich um ein Missverständnis?
Falls die Aussprache unter vier Augen nicht zur Verbesserung der Situation führt, gehen Sie einen Schritt weiter: Wenden Sie sich an Ihre Chefin oder Ihren Vorgesetzten.
Wenden Sie sich an eine Vertrauensperson und besprechen Sie die Situation. Melden Sie sich beim Vorgesetzten jener Person, von der Sie sich gemobbt fühlen. Leiten Sie rechtliche Schritte ein.
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Das Ziel bei einer spezialisierten Beratungsstelle ist, die Situation vertrauensvoll und diskret zu analysieren, Lösungsansätze zu finden und weitere Schritte zu planen. Dazu eignen sich vor allem das Case-Management, betriebliche Mentorinnen und Mentoren oder Coaches, Psychotherapeutinnen, Anwälte, das HR im eigenen Unternehmen oder das betriebliche Gesundheitsmanagement sowie spezifische externe Fachstellen für Mobbing.
Präventive Massnahmen und Empfehlungen
Unternehmen sollten stärker sensibilisiert werden, nicht erst zu reagieren, wenn eine Situation eskaliert. Die Arbeitgeber sollten stärker sensibilisiert werden, nicht erst spät oder zu spät zu reagieren, wenn eine Situation eskaliert ist - sondern präventiv eine förderliche Haltung und Frühintervention zu verankern.
Die behandelnden Ärzte sollten stärker unterstützt und besser geschult werden für einen bewussten Umgang mit Arbeitsunfähigkeitszeugnissen, der den Patientinnen und Patienten hilft, ihre Stelle zu behalten. Hilfreich wäre, wenn Ärzte, Versicherungen und Arbeitgeber Leitlinien entwickeln, wie in schwierigen Situationen so gehandelt werden könnte, dass die Betroffenen längerfristig im Arbeitsmarkt bleiben.
Hier sollten auch die Versicherungen die Unternehmen unterstützen, damit solche negativen Verläufe verhindert werden können.
Rechte und Pflichten während der Krankschreibung
Krankgeschriebene Personen haben Anrecht auf eine zeitlich beschränkte Fortsetzung der Lohnzahlungen. Dies gilt auch für Personen, die aufgrund eines Burnouts krankgeschrieben wurden. Allerdings können krankgeschriebene Personen vom Arbeitgeber für alternative Tätigkeiten eingesetzt werden, sofern diese mit dem Arztzeugnis vereinbar, vorübergehend und zumutbar sind.
Generell gilt für Krankgeschriebene auch ein Kündigungsschutz während der Zeitdauer der Krankschreibung.
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Statistik: Stress am Arbeitsplatz nimmt zu
Tatsächlich: Der Anteil Personen, die sich bei der Arbeit gestresst fühlen, hat in den letzten zehn Jahren um 5 Prozent zugenommen. Im Jahr 2012 waren es noch 18 Prozent, 2022 bereits 23 Prozent, so das Ergebnis der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB). Das Resultat der SGB zeigt, dass vor allem mehr Frauen am Arbeitsplatz Stress erleben: 2012 waren es noch 17 Prozent, 2022 bereits 25 Prozent. Bei den Männern stieg die Zahl von 18 Prozent auf 21 Prozent.
Nebst Stress sind auch die Zahlen bei der emotionalen Erschöpfung gestiegen. Somit ist auch das Risiko eines Burn-outs höher. 2012 litten 20 Prozent Frauen darunter, zehn Jahre später bereits 25 Prozent. Bei den Männern blieb der Anteil stabil und belief sich 2022 auf 19 Prozent.
Falls aber die Erschöpfung oder die emotionale Belastbarkeit zunimmt, lohnt es sich, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen und die weiteren Schritte zu besprechen.
| Indikator | Geschlecht | 2012 | 2022 | 
|---|---|---|---|
| Stress am Arbeitsplatz | Frauen | 17% | 25% | 
| Stress am Arbeitsplatz | Männer | 18% | 21% | 
| Emotionale Erschöpfung | Frauen | 20% | 25% | 
| Emotionale Erschöpfung | Männer | 19% | 19% | 
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