Homöopathische Mittel bei ADHS: Eine sanfte Alternative?

Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) ist die am häufigsten diagnostizierte psychische Störung im Kindes- und Jugendalter. Drei bis fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden an der Krankheit, welche die Familie und das soziale Umfeld stark beeinflusst. Kinder mit ADS werden häufig als Unruhestifter, Störenfriede, Schulversager, Aussenseiter oder Faulpelze wahrgenommen.

Eine Studie der KIKOM, der kollegialen Instanz für Komplementärmedizin der Universität Bern, und der Medizinischen Universitätskinderklinik Bern belegt die Wirksamkeit homöopathischer Medikamente bei Kindern mit dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS). Sie wurde nun im «European Journal of Pediatrics» publiziert.

ADS-spezifische Veränderungen des kindlichen Verhaltens wurden während der Medikamenteneinnahme anhand eines ADS-Eltern- und Lehrer-ADS-Fragebogens detailliert aufgezeichnet.

Forschungsergebnisse der Universität Bern

Ein interdisziplinäres Forscherteam der Universität Bern unter der Leitung von Dr. med. Heiner Frei kommt zu dem Schluss, dass die ADS-Symptome wie Hyperaktivität, Impulsivität, Schüchternheit oder Ängstlichkeit während der homöopathischen Therapie um 37 bis 63 Prozent abnehmen, sich das Lernverhalten bessert und die positive Wirkung langfristig anhält. Die Forscher hatten in den Jahren 2001 bis 2005 die Wirkung einer homöopathischen Behandlung von Kindern mit ADS untersucht.

Nach einer neuropsychologischen und neurologischen Untersuchung an der Kinderklinik des Inselspitals Bern wurden Kinder mit eindeutiger ADS-Diagnose an einen homöopathischen Arzt weitergeleitet. Dieser suchte das individuell geeignete homöopathische Medikament aus.

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Die Daten wurden nach der Doppelblind-Cross-Over-Methode erhoben: Weder der Arzt noch die Eltern oder das Kind wussten, ob ein Placebo oder ein homöopathisches Mittel eingenommen wird. Nach sechs Wochen wurden die Mittel ausgetauscht. Patienten, denen ein Placebo verabreicht wurde, erhielten nun die geeignete homöopathische Substanz und umgekehrt. Auf Basis des Elternfragebogens wurde in mehreren Abständen das Ausmass der ADS-Symptomatik erfasst.

Dank diesen positiven Resultaten weist der homöopathischen Behandlung von ADS-Patienten einen ähnlichen Stellenwert zu wie der Schulmedizin: «In der konventionellen Behandlung erhalten viele Kinder schulmedizinische Medikamente mit Substanzen, die auf die Psyche einwirken und oft Nebenwirkungen erzeugen können. Für Eltern von Kindern mit ADS-Symptomen stellt die Homöopathie hingegen eine wirksame, zweckmässige und risikofreie Alternative dar.

Die Kontrollen des Langzeitverlaufs umfassten auch eine Elternbewertung und eine Lehrerbewertung. Der Unterschied zwischen Placebo und Verum war signifikant. Die im offen erhobenen Langzeitverlauf beobachteten neuropsychologischen Besserungen der visuellen Wahrnehmung, der Impulsivität und der Aufmerksamkeit erreichten gar hochsignifikante Werte. Auch die von den Eltern beobachteten Verbesserungen des allgemeinen, des sozialen und des Lernverhaltens waren hochsignifikant, ebenso die Abnahme psychosomatischer Symptome. In den Lehrerfragebogen zeigte sich lediglich eine signifikante Besserung des Verhaltens und ein Trend zur Besserung von Hyperaktivität/Impulsivität und Passivität.

Hyoscyamus als homöopathisches Mittel

Das homöopathische Mittel Hyoscyamus wird vor allem bei auffallenden Symptomen der Psyche und bei Störungen des zentralen Nervensystems verwendet - beispielsweise bei ADHS oder manischen Zuständen. Es soll sowohl Erwachsenen als auch Kindern helfen können. Das schwarze Bilsenkraut ist die Ausgangsbasis für Hyoscyamus niger. Die Einsatzmöglichkeiten des homöopathischen Mittels sind sehr vielfältig.

Besonders die psychische Verfassung eines Kranken kann entscheidende Hinweise liefern: So sollen besonders Übererregbarkeit, Geschwätzigkeit und anormal extrovertiertes Verhalten anzeigen, dass Hyoscyamus der homöopathischen Lehre zufolge ein geeignetes Mittel sein kann.

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Körperliche Beschwerden, die durch Hyoscyamus positiv beeinflussbar sein sollen, beruhen hauptsächlich auf übermässig aktiver oder passiver Muskulatur. Das kann die Skelettmuskulatur ebenso betreffen wie die Muskelfasern in den Organen. Übermässige Muskelaktivität kann Krämpfe verursachen, auffallende Passivität Inaktivität der Muskeln begünstigen. Beide Zustände sollen gut mit Hyoscyamus behandelbar sein.

Typische Krankheiten und Zustände, die gut auf Hyoscyamus ansprechen sollen:

  • Verhaltensauffälligkeiten wie zum Beispiel manische oder hysterische Zustände
  • Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS)
  • Epilepsie
  • wiederholte, unwillkürliche Muskelkontraktionen (Tics)
  • Schlaflosigkeit
  • Husten
  • Schluckauf
  • Harn- und Stuhlinkontinenz
  • Stuhlzurückhaltung

Folgende Symptome und Beschwerden sollen auf Hyoscyamus hinweisen:

  • Krämpfe der willkürlichen und unwillkürlichen Muskulatur
  • epileptische Krampfanfälle
  • Ruhelosigkeit
  • Geschwätzigkeit
  • Eifersucht
  • Fluchen und unzüchtiges Reden
  • Exhibitionismus
  • albernes Verhalten
  • Gestikulieren
  • Flockenlesen
  • Ängste

Die Beschwerden werden besser durch:

  • Aufsetzen
  • Bewegung
  • Wärme
  • Bücken und Vorbeugen

Die Beschwerden werden schlimmer durch:

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  • Gemütsbewegungen wie Eifersucht, Schreck, Liebeskummer
  • vor und während der Menstruation
  • durch Berührung
  • durch Kälte
  • im Schlaf und im Liegen

Hyoscyamus ist ein Mittel, das sehr gut bei verhaltensauffälligen Kindern geeignet sein soll. Es soll nervösen, unruhigen und zappeligen Kleinkindern helfen, besonders wenn diese schlecht schlafen.

Aber auch grössere Kinder mit Schlafstörungen können der homöopathischen Lehre zufolge von Hyoscyamus profitieren. Wenn Ihr Kind nachts oft mit Alpträumen erwacht oder nach einer Aufregung nicht schlafen kann, können Sie einen Versuch mit Hyoscyamus machen.

Hyoscyamus ist ein homöopathisches Mittel, das häufig bei typischen ADHS-Symptomen empfohlen wird. Zappelige und unruhige Kinder, die langsam begreifen und sich Dinge schlecht merken können, sollen besonders gut auf Hyoscyamus ansprechen. Hier empfiehlt sich aber keine Selbstbehandlung: Bei ADHS und anderen Verhaltensauffälligkeiten sollten Sie zunächst einen Kinderpsychiater aufsuchen. Ergänzend kann ein Besuch bei einem erfahrenen Homöopathen erfolgen. Er wird die Krankengeschichte erheben (Anamnese) und eine geeignete Behandlung vorschlagen.

Kinder, die den Urin oder den Stuhl entweder nicht halten können oder im Gegenteil bewusst zurückhalten, sollten zuerst vom Kinderarzt untersucht werden. Die schulmedizinische Behandlung soll durch Homöopathie unterstützt werden können.

Zur Selbstbehandlung mit Hyoscyamus soll sich trockener, krampfartiger Husten eignen, der beginnt, sobald sich das Kind hinlegt. Allerdings können dies auch die Symptome von Keuchhusten sein. Dann ist der Gang zum Kinderarzt unbedingt notwendig. Hyoscyamus sollte dann nur begleitend zur schulmedizinischen Therapie angewendet werden.

Der Hyoscyamus-Typ

Der Hyoscyamus-Typ hat der homöopathischen Lehre zufolge viele Facetten. Er kann fröhlich und zu Scherzen aufgelegt sein. Unangenehm für andere können sein albernes Verhalten sein: Der Hyoscyamus-Typ spielt oft mutwillig Streiche oder macht verletzende Witze. Er kann aber auch bösartig und berechnend sein und zu Gewalttätigkeit und Aggressivität neigen.

In jedem Fall beobachtet man eine gewisse Schamlosigkeit und das Fehlen von moralischem Empfinden und ethischen Hemmschwellen. Um andere Menschen zu provozieren und zu schockieren, stellt der Hyoscyamus-Typ manchmal sogar seine Geschlechtsteile zur Schau. Überhaupt soll dieser Typ sexuell übermässig erregbar sein.

Ein weiterer Charakterzug der Hyoscyamus-Persönlichkeit ist eine krankhafte Eifersucht. Sie kann sich in Liebesbeziehungen ebenso zeigen wie im Umgang mit Geschwistern (Rivalität). Das Misstrauen kann sich zu echter Paranoia steigern und zu Wahnvorstellungen führen. Dies geht so weit, dass der Hyoscyamus-Typ Angst hat, vergiftet oder verletzt zu werden. Er hat auch Angst vor Hunden und anderen Tieren sowie vor Wasser.

Anwendung von Hyoscyamus

Das homöopathische Einzelmittel Hyoscyamus können Sie klassisch in Form von kleinen Streukügelchen (Globuli) anwenden. Auch homöopathische Tropfen oder Tabletten sind erhältlich.

Bei akuten Krankheiten oder leichteren psychischen Problemen können Sie Hyoscyamus selbstständig einsetzen. Haben Sie an sich oder Ihrem Kind passende Symptome festgestellt, beginnen Sie die Selbstbehandlung mit Hyoscyamus D6 oder D12. Empfohlen wird, mehrmals täglich drei Globuli einzunehmen. Dabei gilt:

Hyoscyamus D6 können Sie im Akutfall halbstündlich einnehmen, aber insgesamt nicht öfter als zehnmal in 24 Stunden. Wenn die Beschwerden ausgeprägter sind oder schon länger bestehen oder der Kranke sehr leidet, greifen Sie am besten zu Hyoscyamus D12. Diese Potenz sollten Sie allerdings nicht öfter als sechsmal am Tag einnehmen.

Auch bei Verhaltensauffälligkeiten oder heftigeren psychischen Problemen wird Hyoscyamus D12 empfohlen, manchmal auch die Potenz D30. Aber wiederholen Sie die Globuli-Gabe in diesen Fällen nicht öfter als zweimal täglich.

In den meisten Fällen wird das homöopathische Mittel aber in höheren Potenzen verwendet, etwa in Form von Hyoscyamus C12, C30, C200 oder C1000. Diese hohen Potenzen sind aber auf keinen Fall für eine Selbstbehandlung geeignet. Die Behandlung sollten Sie nur von einem Homöopathen vornehmen lassen, der die Reaktionen auf die Mittelgabe und den Behandlungsfortschritt genau kontrolliert.

Homöopathische Arzneimittel haben keine Nebenwirkungen. Wenn sich die Beschwerden aber nach Einnahmebeginn verstärken (Erstverschlimmerung), muss die Einnahme von Hyoscyamus unterbrochen werden.

Typische Hyoscyamus-Anwendungsgebiete

Symptom/KrankheitBegleitfaktorenDosierung
Verhaltensauffälligkeiten- Exhibitionismus- manisches Verhalten- Angstzustände- Flockenlesen- Ruhelosigkeit- hysterisches VerhaltenKeine Selbstbehandlung, sondern Behandlung durch einen Homöopathen.
Epilepsie- mit Schreien- hochrotes Gesicht- sehr heftige Zuckungen- nach dem Anfall sehr tiefe Betäubung.Keine Selbstbehandlung, sondern Behandlung durch einen Homöopathen.
ADHS- körperliche Unruhe- gereizt, bis hin zu Zornesausbrüchen- Berührungen sind unangenehm- überempfindliches Gehör und Geruchssinn- Lernschwierigkeiten- schwaches Gedächtnis- besonders schlimm am Abend3 Globuli Hyoscyamus D12 zweimal täglich oder Hyoscyamus D30 einmal täglich für zwei Wochen. Lassen Sie ADHS besser vom Homöopathen behandeln!
TICS (unkontrollierte Gebärden, „nervöses Zucken“)- Zucken und Rucken der Extremitäten- bizarr anmutendes Gestikulieren- oft rhythmisch- zupft an Dingen herumTICS sind oft nicht behandlungsbedürftig und werden durch die Beschäftigung mit dem Thema oft noch verstärkt. Versuch mit Hyoscyamus C30 einmalig, nach 3 Tagen wiederholen. Besser ist eine Behandlung durch einen Homöopathen.
Schlafstörungen- schlimme Träume- Auffahren aus dem Schlaf mit Schreien- Schlaflosigkeit durch aufgewühlte Gefühle- Zähneknirschen im Schlaf3 Globuli Hyoscyamus D12 morgens und abends. Eine Woche lang wiederholen.
Husten- Rauheit im Kehlkopf- grosse Trockenheit im Hals- krampfartiger, trockener Kitzelhusten- schlimmer durch Hinlegen, besser durch Aufrichten- rasselnde Atmung mit viel Schleim in den Atemwegen, trotzdem trockener Husten- Beklemmungsgefühl in der Brust3 Globuli Hyoscyamus D6 bis zu zehnmal täglich oder 3 Globuli Hyoscyamus D12 bis zu sechsmal täglich.
Unwillkürlicher Abgang von Harn und/oder Stuhl- als Folge von Aufregung- bei Fieber- als Folge von psychischen Belastungen- während eines KrampfanfallsIn akuten Situationen 3 Globuli Hyoscyamus D6 bis zu viermal täglich oder 3 Globuli Hyoscyamus D12 bis zu zweimal täglich. Ansonsten Behandlung durch Homöopathen nach Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese).
Stuhlverhalt- besonders bei Kindern und älteren MenschenAbklären lassen, ob ein krankhafter Zustand vorliegt. Wenn nicht: Behandlungsversuch mit 3 Globuli Hyoscyamus D6 bis zu viermal täglich oder 3 Globuli Hyoscyamus D12 bis zu zweimal täglich.

Das Konzept der Homöopathie und ihre spezifische Wirksamkeit sind in der Wissenschaft umstritten und durch Studien nicht eindeutig belegt.

Weitere Studien und Erkenntnisse

Ein interdisziplinäres Forscherteam der Universität Bern unter der Leitung von Dr. med. Heiner Frei, Laupen, und Dr. André Thurneysen, KIKOM, hat in den Jahren 2001 bis 2005 eine wissenschaftliche Studie mit homöopathischer Behandlung von 62 ADS/ADHS-Kindern durchgeführt. Erstmals wurde die Studie im «European Journal of Pediatrics» publiziert.

In diesem Artikel behandeln die Autoren das unkonventionelle Vorgehen eine randomisierte, Placebo kontrollierte Doppelblindstudie mit einer offenen Screeningphase, in der das bestpassende homöopathische Arzneimittel bestimmt werden musste, zu beginnen. Erst im Anschluss folgte die randomisierte Kontrollphase.

Bekannt ist zudem das Buch von Dr.med. Heiner Frei „Die homöopathische Behandlung von Kindern mit ADS/ADHS”, das 2005 im Haug-Verlag erschienen ist. In diesem Buch gibt H. Frei seine Erfahrungen wieder, die er durch eine intensive und jahrelange Beschäftigung mit der homöopathischen Behandlung von Kindern mit ADS gesammelt hat.

Der Autor versteht sein Werk als „Arbeitsbuch für die Praxis auf wissenschaftlich fundierter Grundlage. Das Buch gibt dem homöopathisch Ausgebildeten klare Richtlinien für eine effiziente Fallaufnahme, Hinweise über die Zuverlässigkeit und die Gewichtung der Symptome und enthält eine Einführung in den Materie medica-Vergleich mit Hilfe von Polaritätssymptomen. Es zeigt zudem, welche Dosierung zu stabilen Besserungen führt und wie der Verlauf auf präzise Art kontrolliert werden kann. Ein eigenes Kapitel mit nachzuvollziehenden Fallbeispielen, die als Übungsfälle konzipiert sind, ergänzt den praktischen Teil des Buches”.

Eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung - kurz ADHS - kommt bei Kindern häufig vor. Etwa eines von 20 Kindern hat ADHS. Typischerweise können sich Kinder mit ADHS nicht lange konzentrieren und/oder sind hyperaktiv und handeln impulsiv. Eine Diagnose wird gestellt, wenn die Auffälligkeiten über sechs Monate bestehen und zu Beeinträchtigungen in der Schule sowie im sozialen Bereich führen.

Bei gesicherter Diagnose wird eine mittelschwere bis schwere ADHS ab dem sechsten Lebensjahr mit Psychoedukation und Medikamenten behandelt. Obwohl Medikamente die ADHS-Beschwerden meist verbessern, können sie auch zu Nebenwirkungen führen. Dazu gehören beispielsweise ein verminderter Appetit, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen.

Eine Möglichkeit zur Behandlung von ADHS sind Homöopathika. In der klassischen Homöopathie werden diese individuell verordnet. Um die Wirksamkeit einer Behandlung zu untersuchen, gilt ein randomisiertes, placebo-kontrolliertes Studiendesign als Goldstandard. Die Teilnehmenden wissen dabei nicht, welche Behandlung sie erhalten. Bei individualisierten Behandlungen wird das Studiendesign entsprechend angepasst, sodass zuerst das individuell passende Mittel bestimmt wird, bevor es mit einem Placebo verglichen werden kann.

An der Studie nahmen 83 Kinder mit ADHS im Alter von sechs bis 16 Jahren teil. Die Studie bestand aus zwei Teilen. Zunächst erhielten alle Kinder eine individualisierte homöopathische Behandlung. Die Behandlung dauerte so lange, bis das individuell passende Mittel gefunden wurde (Screening). Im zweiten Teil der Studie wurde den Kindern das individuell passende homöopathische Mittel oder ein Placebo verabreicht. Alle Kinder wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt und durchliefen drei Behandlungen von jeweils sechs Wochen.

Um die Wirksamkeit der Homöopathika zu beurteilen, füllten die Eltern der Kinder vor und nach jeder Behandlung einen Fragebogen aus. Das Studiendesign ermöglicht es, individuell verschriebene Medikamente in einer Doppelblindstudie zu untersuchen.

Mit dem individuell passenden Homöopathikum zeigten die Kinder im Schnitt signifikant weniger ADHS-Verhaltensweisen im Vergleich zum Placebo. Auf einer Skala von null bis 30 betrug der Unterschied 1,7 Punkte. Die Studie zeigt erste Hinweise, dass individuell verschriebene Homöopathika ADHS-Beschwerden bei Kindern reduzieren können - und das über den Placeboeffekt hinaus.

Im ersten Teil der Studie verbesserten sich die Aufmerksamkeit und die Impulsivität der Kinder deutlich. Die individualisierte Behandlung mit Homöopathika hat also Wirkung gezeigt. Um einen Placeboeffekt ausschliessen zu können, haben die AutorInnen daraufhin den zweiten Teil der Studie durchgeführt.

Im zweiten Teil der Studie verbesserten sich die ADHS-Verhaltensweisen mit Homöopathika signifikant stärker als mit Placebo. Die Verbesserungen waren im Schnitt weniger deutlich als von den AutorInnen erwartet. So bestimmten die AutorInnen vor der Studie, dass eine Verbesserung von fünf Punkten (auf einer Skala von null bis 30) klinisch bedeutsam ist. Die Kinder verbesserten sich jedoch im Schnitt um lediglich 1,7 Punkte.

Eine mögliche Erklärung ist, dass sich die Beschwerden besonders im ersten Teil der Studie stark reduzierten. Im Sinne der klassischen Homöopathie zeigt die Studie auch, dass eine Erkrankung nicht bei allen Personen mit dem gleichen Mittel behandelt werden muss. Je nach individuellem Beschwerdebild waren unterschiedliche Mittel wirksam.

Eine Stärke der Studie ist, dass die Wirksamkeit einer individuellen Behandlung mit einer randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudie untersucht wurde, dem Goldstandard zur Bestimmung der Wirksamkeit einer Behandlung. Da weder die Teilnehmenden noch das Studienteam wussten, wer welche Behandlung erhält, konnte die Wirkung der Behandlung nicht beeinflusst werden.

Eine Schwäche der Studie ist, dass ungefähr zehn Prozent der Kinder für den zweiten Teil der Studie ausgeschlossen wurden, weil sie nicht wie erwartet auf ein Homöopathikum angesprochen haben. Auch wenn es sich dabei um eine kleine Anzahl handelt, könnten die Ergebnisse dadurch verzerrt worden sein. Die Ergebnisse gelten damit nur für Kinder, bei welchen ein wirksames Homöopathikum gefunden wurde.

Die Studie zeigt erste Hinweise, dass Homöopathika typische ADHS-Beschwerden bei Kindern reduzieren können, und das über den Placeboeffekt hinaus. Das gewählte Studiendesign ermöglichte es, eine individualisierte homöopathische Behandlung mit einem Placebo zu vergleichen.

Den ADS/ADHS und ASS liegen Wahrnehmungsstörungen zugrunde. Homöopathische Mittelbestimmungen bei diesen Patienten sind relativ schwierig. Wir haben deshalb die Checkliste für Wahrnehmungsstörungen geschaffen (Arbeitsinstrumente), auf der wir zuverlässige, weniger zuverlässige und unzuverlässige Symptome unterscheiden. Wichtig ist der Fokus auf die zuverlässigen Symptome, mit denen sich die Auswahl meistens bereits auf wenige Arzneimittel einschränken lässt. Ist dies nicht der Fall, können auch die weniger zuverlässigen Symptome einbezogen werden. Die unzuverlässigen Symptome auf der Rückseite der Checkliste dienen lediglich als zusätzliche Bestätigungssymptome für die Endauswahl des Mittels.

Natürlich erfassen wir wie bei den anderen chronischen Erkrankungen auch Leiden, die nichts mit der Wahrnehmungssymptomatik zu tun haben. Dazu müssen die Patienten auch den Fragebogen für Diagnosen und Hauptsymptome und die Checkliste der zuverlässigen Symptome ausfüllen.

Das Beurteilungsblatt für Wahrnehmungsstörungen (Conners Global Index, CGI) dient als Therapiekontrolle. Der CGI umfasst die 10 häufigsten Symptome bei Wahrnehmungsstörungen. Deren Intensität wird auf einer Skala von 0 (nicht vorhanden) bis 3 (sehr stark ausgeprägt) bewertet. Die Patienten oder Eltern füllen das Blatt vor der Behandlung und bei jedem Follow-Up aus. Die Summe der Beurteilungspunkte ergibt einen guten Eindruck der Intensität der Symptomatik. Ist die Behandlung erfolgreich, so sinkt sie kontinuierlich. Es ist wichtig den Patienten mitzuteilen, dass diese Besserung langsam zunehmend ist, und es sich um eine Langzeit-Behandlung handelt.

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